Wochenendausflug zum Castor

krasse zeiten 19.03.2001 22:23
Wer von Osten kommend die Dömitzer Brücke überquert, wird mit keinem Schild darauf hingewiesen, dass hier das Bundesland Niedersachsen beginnt. Doch bereits beim ersten Straßenschild wird deutlich, dass hier das Wendland begonnen hat.
Wochenendausflug zum Castor

DANNENBERG/GORLEBEN * Wer von Osten kommend die Dömitzer Brücke überquert, wird mit keinem Schild darauf hingewiesen, dass hier das Bundesland Niedersachsen beginnt. Doch bereits beim ersten Straßenschild wird deutlich, dass hier das Wendland begonnen hat: Die Vorfahrt-Schilder sind in der strahlend gelben Raute mit einem schwarzen Atom-Zeichen besrpüht. Weiter duch die flache Landschaft mehren sich die Zeichen des Anti-Atom-Widerstands: Gelbe Holzkreuze als Symbol des Tag-X auf freiem Feld oder in gepflegten Vorgärten, riesige nachgebaute Atomfässer vor Bauernhöfer und Graffiti auf Wänden und Stromkästen: "Besatzer raus!"

Diese "Besatzer" haben sich derweil am Verladekran in Dannenberg eingerichtet. Rund um die neu errichtete Halle sind Absperrgitter aufgebaut, Stacheldrahtrollen verlegt. Rot-weißes Absperrband ist locker drumrumgeschlungen und - deutsche Gründlichkeit - ein kopierter Zettel am nächsten Baum warnt: "Vorsicht Absperrung". Davor ein Bus des Bundesgrenzschutz. "Dürfen wir mal ihre Papiere sehen?!". Wer anhält, aussteigt und gar anfängt das Gebäude zu filmen, der macht sich verdächtig. "Das Gelände ist als gefährdetes Objekt eingestuft", heißt es. Und jovial: "Aber natürlich können Sie es filmen." Gefährdet? Eher gefährlich sieht die grün gestrichene Halle aus. Das gibt auch der BGSler zu: "Vor vier Jahren war das noch ein kleiner Kran, aber die Anwohner haben sich beschwert, so wegen der Strahlen." Ob die Umbauung helfe, das bezweifle er selbst auch.

Auf der anderen Seite des Verladekrans das selbe Spiel. BGS heute noch ganz freundlich. Sie erzählen von den Greenpeace-Aktionen, wie sie übertölpelt wurden. "Ich kann meine Männer da ja nicht einfach hinterherschicken, wir müssen ja zusammenbleiben." Hier wird alle überragt von einem hohen Funkmast, oben Kameras in alle Richtungen montiert.

Auf dem Weg zum Zwischenlager fallen die ziellos umherfahrenden Polizeiwagen auf. "Heute ist es noch ruhig, da stehen viele einfach nur rum", hatte der BGS noch gesagt. Am Zwischenlager berittene Polizei - und vor allem "Protest-Touristen". Bullis, die rund um das Lager fahren, mal gucken. Leicht auszumachen an "Castor-Stoppen"-Plakaten im Fenster. Der Sicherheitsdienst auf den Türmchen mit den fest installierten Wasserwerfen spricht immer mal wieder hektisch in sein Funkgerät. Als ob heute jemand von den Grüppchen wirklich den Versuch wagen würde, nur den ersten Zaun zu überwinden. Dahinter Straße und dann wieder ein Zaun, noch höher, mit Stacheldraht umwickelt.

Die ganze Szenerie hat etwas vom römischen Lager in den Asterix&Obelix-Geschichten. Fest eingegraben, schier uneinnehmbar. Aber drumrum, auf den wendländischen Feldern und in den Wäldern haben andere das sagen... Mit Witz & Wut. Und wie hat jemand auf das hintere Tor der Atom-Festung gesprüht: "Hier kommt keen zweiter Castor rein."
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