Oury Jalloh Prozess kurz vor Ende!

Initiative in Gedenken an Oury Jalloh 09.11.2012 19:19 Themen: Antifa Antirassismus Repression
Am 7. November kűndigte die vorstitzende Richterin Claudia Methling ein baldiges Ende des
Revisionsverfahrens vor dem Magdeburger Landgericht an. Sie wies die Prozessbeteiligten
darauf hin, dass am nächsten Verhandlungstag (Dienstag, 13. November 2012) zum letzten Mal
Beweisanträge gestellt werden kőnnen, bevor die Kammer das Verfahren nach knapp 2 Jahren im Dezember 2012 zum Abschluss bringen wird. Nach wie vor beharren Gericht, Staatsanwalt und Verteidigung auf der fragwűrdigen These, Oury Jalloh habe sich selbst angezűndet.
Dabei haben gerade in den letzten Verhandlungstagen die Indizien, die fűr eine Ermordung
von Oury Jalloh durch Dessauer Polizeibeamte sprechen, zugenommen.
Alles deutet darauf hin, dass das Feuerzeug am 7. Januar 2005 gar nicht in der Zelle war
und nachträglich in den Brandschutt gelegt wurde. Ausserdem verdichten sich die
Anhaltspunkte hinsichtlich der Verwendung eines Brandbeschleunigers:

- Im Juni 2012 wird das Feuerzeug untersucht, welches sich angeblich im Brandschutt
befunden haben soll. Das Feuerzeug enthält keine DNA und keine Faserreste von Oury Jalloh
oder der Matratze, auf der er verbrannt ist. Allerdings wurden Faserreste unbekannter
Herkunft gefunden, die mit dem Feuerzeug verschmolzen sind. Das Gericht weigert sich, diese Spuren untersuchen zu lassen. Einen entsprechenden Antrag der Nebenklagevertretung (Anwälte der Familie Jalloh) lehnte die Kammer ab.

- Die Todesursache von Oury Jalloh ist immer noch absolut ungeklärt. Bisher hatte der
medizinische Gutachter einen „inhalativen Hitzeschock” vermutet, an dem Oury angeblich
gestorben sein soll. Der beisitzende Richter Caspari hatte aber kűrzlich selbst feststellen műssen, dass die Lage des Leichnams dieser Behauptung eindeutig widerspricht. Wenn Oury Jalloh aber nicht in wenigen Sekunden nach Ausbruch des Feuers an einem tődlich heissen Atemzug gestorben ist, műsste er langsam und sehr schmerzvoll verbrannt sein. Dagegen spricht, dass kein Zeuge von Todesschreien berichtet hat. Warum war Oury Jallohs Nase gebrochen?

- Ein Feuerzeugrest war drei Tage später in einem Brandschuttbeutel aufgetaucht. Der eingetűtete Brandschutt soll sich, den Aussagen der zuständigen Tatortgruppe zufolge, unter dem Kőrper von Oury Jalloh befunden haben.
Am letzten Verhandlungstag wurde dieser Brandschutt erneut begutachtet. Er besteht hauptsächlich aus relativ gut erhaltenen Matratzenteilen und ist ohne Umstände leicht zu űberblicken. Daher ist es fűr die Nebenklagevertretung nur schwer vorstellbar, dass dieser Feuerzeugrest, zwischen den grossen, teils gut erhaltenen Matratzenteilen nicht direkt entdeckt worden ist.
Ein Video zur Dokumentation der Tatortarbeit bricht ab, bevor der Leichnam von Oury
vom Podest gehoben wird. An dieser Stelle hätte man sehen kőnnen, was tatsächlich unter seinem Kőrper gelegen hat.
Der fűr die Aufzeichnung zuständige Beamte erklärte dem Gericht, das Video wäre abgebrochen, weil es einen Stromausfall gegeben hätte. Er hätte die Kamera aufgrund eines leeren Akkus aufladen wollen und dann vergessen, sie wieder einzuschalten. Kein anderer Zeuge konnte diesen Stromausfall jedoch bestätigen.

- Der Polizeizeuge Mőbes hatte im April 2011 vor dem Magedeburger Landgericht ausgesagt,
dass er, nachdem er die Zellentűr geőffnet hatte, sehen konnte wie Oury Jalloh auf der Matratze liegend verbrannte. Er beschrieb eine 20-30 Zentimeter hohe, grossflächige Flamme,die unten ganz blau war und oben ins rőtliche űberging. Auf mehrmaliges Nachfragen der Nebenklagevertretung hin, räumte der anwesende Brandsachverständige Portz ein, dass u.a. Brandbeschleuniger eine blaue Flammenfarbe erzeugen. Als mőglicher Brandbeschleuniger kőnnte reiner Alkohol in Frage kommen. Dieser befand sic, leicht zugänglich in Form von Desinfektionsmitteln im Arztzimmer des Gewarsamstraktes.

Es ist unűbersehbar, dass das Magdeburger Landgericht nicht gewillt ist, die Todesursache von Oury Jalloh aufzuklären. Stattdessen beschäftigen sich die Richter ausschliesslich mit der Frage, ob der angeklagte Dienstgruppenleiter Andreas Schubert als „idealer Beamter” in der Lage gewesen wäre, Oury Jalloh das Leben retten zu kőnnen.

Solange nicht bewiesen ist, wie Oury Jalloh gestorben ist, ist die Frage nach der Schuldigkeit des Angeklagten jedoch gar nicht zu klären. Der Einsatz von Brandbeschleunigern wűrde einen ganz anderen Brandverlauf bewirken, als der, der bisher in den Gutachten unterstellt worden war. Demnach wűrden sich die Zeiten, die Schubert eine Rettung mőglich oder unmőglich gemacht hätten, gravierend ändern. Deshalb darf sich das Gericht nicht auf den bisherigen Versuchsergebnissen ausruhen.

In Magdeburg zeigt sich nur einmal mehr, dass die Justiz in Sachsen –Anhalt bewusst eine Aufklärung verschleiert. Dies ist nicht verwunderlich, denn seit Jahren wird in Sachsen-Anhalt gelogen und vertuscht und dass nicht nur, wenn es um den Tod von Oury Jalloh geht.
Dessauer Polizisten haben Oury Jalloh ermordet, aber Polizeifűhrung, Innenministerium, Staatsanwaltschaft und Gerichte deckeln diese Tat. Hier wird deutlich, in welch pervertierter Form staatliche Institutionen die rassistisch motivierten Handlungsweisen der Polizisten legitimieren, die auch vor Mord nicht zurűckschrecken.

Es reicht! Das, was wir im Revisionsverfahren erleben műssen, gleicht dem Desaster der ersten Verhandlung in Dessau. Staatsanwalt und Gericht dűrfen nicht ein zweites Mal űber all die Ungereimtheiten des 7. Januars 2005 hinweggehen!

Kämpfen wir gemeinsam auf der Strasse und vor Gericht! Fordern wir vom Staatsanwalt die
Mordanklage! Schauen wir nicht ruhig zu, wie sie uns ein zweites Mal verarschen wollen!

Oury Jalloh – Das war Mord!
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Ergänzungen

Aufruf zur Belagerung der Staatsanwaltschaft

Wir fordern die Mordanklage 10.11.2012 - 17:24
Die Initiative in Gedenken an Oury Jalloh ruft zur Belagerung der Dessauer Staatsanwaltschaft (Ruststr.5) ab dem 12. November 2012 um 10.00 Uhr auf!

Wir fordern die Mordanklage!
Seit fast zwei Jahren wird der Revisionsprozess um den Tod von Oury Jalloh vor dem Magdeburger Landgericht verhandelt. Obwohl die Beweislage immer eindeutiger fűr die Ermordung von Oury Jalloh durch Dessauer Polizeibeamte spricht, hält die Staatsanwaltschaft an der Selbstmordtheorie fest. Ihrer Meinung nach hat sich der an Händen und Fűssen gefesselte Oury Jalloh mit einem Feuerzeug selbst angezűndet. Dabei wurde im Juni 2012 anhand von Untersuchungen durch das LKA Stuttgart eindeutig festgestellt, dass sich weder Spuren der DNA noch Faserreste von Oury Jallohs Kleidung an dem Feuerzeugrest befanden.
Die Nebenklagevertretung forderte deshalb eine Untersuchung der Faserreste, die dem Feuerzeug tatsächlich anhafteten. Das Magdeburger Landgericht lehnte den Beweisantrag jedoch mit der Begrűndung ab, weitere Untersuchungen in diese Richtung sind im Sinne der Anklageschrift nicht beweisfűhrend.
Mit dieser Haltung machten die Richter einmal mehr deutlich, dass sie nicht gewillt sind, die Todesursache von Oury Jalloh aufzuklären. Hartnäckig beschränken sie die Beweisaufnahme auf die Frage, ob der Angeklagte Dienstgruppenleiter Andreas Schubert zeitlich in der Lage gewesen wäre, dem brennenden Oury Jalloh das Leben retten zu kőnnen. Eigens dafűr bestellte das Magdeburger Landgericht einen neuen Brandgutachter, der den Brandverlauf anhand von Computersimulationen präzise klären soll. Allerdings basieren auch seine Untersuchungen auf den richterlichen Vorgaben und blenden Versuche zur Brandursache komplett aus.
Das offenkundige Desinteresse des Magdeburger Landgerichtes an der Beantwortung offener Fragen steht zudem im Widerspruch zu den Vorgaben des Bundesgerichtshofes. Die Karlsruher Richter hielten es fűr „nicht nachvollziehbar, wie sich der Brand der Matratze im einzelnen entwickeln konnte.” Wie kann es sein, dass das Magdeburger Landgericht űber den Beweis, dass Oury Jalloh gar kein Feuerzeug bei sich hatte, einfach so hinweggeht? Wie kann es sein, dass der Staatsanwalt noch nicht die Mordanklage gegen Unbekannt erhoben hat?
Wir wissen, dass die Mőrder von Oury Jalloh im Polizeirevier Dessau zu finden sind. Aber wir wissen auch, dass die damalige Polizeifűhrung, das Innenministerium Sachsen-Anhalt und die Dessauer Staatsanwaltschaft ein scheinbar undurchdringliches Lűgengespinnst um den Tod von Oury Jalloh aufgebaut haben.

Es reicht! Wir fordern Oberstaatsanwalt Christian Preissner auf, endlich die Mordanklage zu erheben. Wir verlangen von allen Prozessbeteiligten die Feuerzeugfrage und die Todesursache von Oury Jalloh mit Nachdruck aufzuklären.
Wir werden es nicht hinnehmen, dass auch in diesem Prozess űber all die Widersprűche um den Tod von Oury Jalloh hinweggegangen wird.
Die Fakten sprechen fűr sich: Oury Jalloh hatte kein Feuerzeug bei sich!
Wir fordern euch auf, mit uns zusammen vom 12. November bis voraussichtlich zum 19.November 2012 die Staatsanwaltschaft in Dessau zu belagern und unserer Forderung Nachdruck zu verleihen!
Wir brauchen alle helfende Augen, Ohren, Stimmen und Hände!!
Oury Jalloh – Das war MORD!