David Petereit und der NSU

Antifaschistische Recherche Rostock 19.06.2012 18:41 Themen: Antifa
„Vielen Dank an den NSU, es hat Früchte getragen [...] Der Kampf geht weiter...“. Mit diesem Einzeiler in dem neonazistischen Fanzine der „Weisse Wolf“ im Jahr 2002 wurde erstmalig ein Neonazi aus Mecklenburg-Vorpommern öffentlich in einen Zusammenhang mit den Ermittlungen zum Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) gestellt. Es handelt sich dabei um den Neonazi David Petereit.
David Petereit und der NSU

„Vielen Dank an den NSU, es hat Früchte getragen ;-) Der Kampf geht weiter...“. Mit diesem Einzeiler in dem neonazistischen Fanzine der „Weisse Wolf“ im Jahr 2002 wurde erstmalig ein Neonazi aus Mecklenburg-Vorpommern öffentlich in einen Zusammenhang mit den Ermittlungen zum Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) gestellt. Es handelt sich dabei um den Neonazi David Petereit. Wie das Apabiz auf dem NSU-watchblog am 28. und 29.03.2012 berichtete, verbirgt sich dieser sehr wahrscheinlich hinter dem Pseudonym „Eihwaz“, der sich ab dem Jahr 2000 als Herausgeber des „Weissen Wolf“ verantwortlich zeigt. Der Hack eines neonazistischen Auktionshaues verstärkt diese Vermutung, da der ehemalige Neustrelitzer Petereit auch dort als „Eihwaz“ aufgetreten ist. Eben dieser „Eihwaz und der Weisse Wolf“ wurden darüber hinaus bereits im Herbst 2001 in der Ausgabe Nr. 5 eines weiteren neonazistischen Fanzines „Der Fahnenträger – aus Pommern“ im Vorwort gegrüßt. Des Weiteren war Petereit unter seinem vollen Namen ab 2000 Anmelder der Internetseite des „Weissen Wolf“.
Der Multifunktionär selber behauptet hingegen, erst ab der 20. Ausgabe Herausgeber des neonazistischen Fanzines gewesen zu sein, also ab dem Zeitpunkt, als er seinen Tarnnamen „Eihwaz“ gegen seinen Klarnamen im Impressum der gemeinsamen Ausgabe des „Weissen Wolf“ und „Freya“ eintauschte (vgl. Apabiz, 29.03.2012).

Den NSU-Brief zu Hause

Das Bekanntwerden des Grußes an den NSU in dem Neonazi-Magazin der „Weisse Wolf“ zeigt einmal mehr, dass die Terrorgruppe weiterhin in die Neonaziszene gut vernetzt war. Dieser erstmalige Hinweis nötigte den NPD-Landtagsabgeordneten auf seiner Internetseite MuPInfo eine Erklärung abzugeben. Ihm sei der Textabschnitt weder bekannt bzw. er habe große Erinnerungslücken. Nichtsdestotrotz ließen es sich die ermittelnden Behörden nicht nehmen, Anfang Mai mehrere Wohnungen, Geschäftsräume in der Hundsburgallee in Rostock-Schmarl und sein Abgeordnetenbüro in Schwerin zu durchsuchen. In der Wohnung in Papendorf bei Rostock, die er mit Janine B. bewohnt, wurde das BKA dann auch fündig. Entdeckt wurde ein Brief vom NSU, den die ErmittlerInnen bereits in der letzten Behausung des NSU, die von Beate Zschäpe niedergebrannt wurde, auf einem Datenträger rekonstruieren konnten. Laut Spiegel-Online und anderen Medien beinhaltet dieser Brief mit dem Logo des NSU folgende Textzeile: „Beachte: Beiliegende Unterstützungen ziehen keinerlei Verpflichtungen nach sich. (...) Der Empfänger des Schreibens (...) darf den Brief und die Spende einbehalten und für seine Zwecke nutzen." (zit. n. Spiegel-Online, 03.05.2012). Auf Grund dessen ist zu vermuten, dass der Brief nicht nur eine ideelle, sondern ebenso eine finanzielle Unterstützung enthielt. Wann genau der Brief des NSU entstanden ist oder an wen er noch verschickt wurde, ist derzeit noch nicht bekannt. Die Fassung, die die ErmittlerInnen auf einem PC des NSU in der Wohnung in der Frühlingsstraße fanden, trägt jedenfalls das Datum der letzten Änderung vom 05.03.2002 (Berliner Morgenpost, 18.01.2012).

Es ist davon auszugehen, dass sich David Petereit nicht nur für die „netten“ Zeilen des NSU bedanken wollte, sondern ebenso für seine finanzielle Unterstützung. Doch in welcher Weise könnte die Unterstützung, finanziert aus den vom NSU begangenen Banküberfällen, Früchte getragen haben?

Die Entwicklung des „Weissen Wolf“

Ein Blick zurück in das oben bereits erwähnte Fanzine „Der Fahnenträger - aus Pommern“ lässt die Annahme zu, dass die finanzielle Unterstützung zugleich in die örtliche Neonaziszene investiert wurde. Dies lässt sich aus einem Interview in der Ausgabe 6 des „Rundbrief für nationale Sozialisten“ aus dem Jahre 2002 mit der Redaktion des „Weissen Wolf“ sowie der weiteren Entwicklung des Blattes vermuten. In dem Interview mit dem Heringsdorfer Magazin kommt der neue Herausgeber des „Weissen Wolf“ zu Wort. Zum Zeitpunkt des Interviews erschien gerade die Ausgabe Nr. 17 (ca. Ende 2001) des Neustrelitzer Fanzines. Auch wenn der interviewte Herausgeber nicht auf die Frage, seit wann er das Fanzine betreut, antworten wollte, so wird jedoch ein Wandel beschrieben, den der „Weisse Wolf“ vollzogen hat: „Seit geraumer Zeit hat sich die Gestaltung positiv verändert und auch neue Rubriken sind hinzugekommen“ (Fahnenträger, 6, 2002, S. 7), was sich nach eigenen Angaben ebenso auf die Auflagenzahlen von 700 Stk/Ausgabe auswirkte. Diese Veränderung in der Gestaltung lässt sich v.a. daran beobachten, dass sich das Cover von einem einheitlichen bis zur Ausgabe Nr. 14 (2000) zu einem individuellen ab der Nummer 15 (2001) verändert hat und die Anzahl der unterschiedlichen Beiträge merklich zugenommen haben. Ab der Ausgabe Nr. 19 (2003) gibt es das Fanzine dann auch in Farbe, d.h. ab der auf die den NSU-Gruß enthaltenden folgenden Ausgabe. Eine solche Professionalisierung des Blattes dürfte nicht ohne eine ausreichende Finanzierung von statten gegangen sein, für die möglicherweise eine Spende des NSU verantwortlich sein könnte. Das neue Layout und die Rubriken ab 2001 ernteten jedenfalls ihre Früchte in einer gestiegenen Auflagenzahl.

Petereit und die Unterstützerstrukturen des NSU

Mittlerweile wird allgemein angenommen, dass die Unterstützungsstrukturen des NSU sich zu großen Teilen aus dem verbotenen Blood & Honour (B&H)-Netzwerk der Bundesrepublik rekrutierten. So waren Kameraden von B&H der erste Unterschlupf des NSU, Waffen wurden aus Konzerteinnahmen der sächsischen B&H-Sektion finanziert und Mundlos, Bönhardt und Zschäpe hatten seit mindestens 1996 enge Kontakte zu B&H (AIB, 94,4, S. 9). Auch soll Mundlos im B&H-Magazin „White Supremacy“ einen anonymen Artikel veröffentlicht haben, in dem er zum aktiven Kampf aufruft (Schmidt, W. & Speit, A., Internationale der Nationalisten, taz, 09.04.2012). Mit diesen Ideen und Vorgehen wurde der NSU in letzter Zeit immer wieder in die Nähe des bewaffneten Armes von B&H gestellt, da sich Parallelen zur „Leaderless Resistance“ eindeutig finden.
Auch David Petereit sympathisierte vielfach mit den verbotenen B&H-Strukturen. Dies lässt sich zum Einen anhand der häufigen Bezugnahme des „Weissen Wolf“ auf B&H- und Combat 18-Bands und Autoren erkennen. Zum Anderen sagt der Herausgeber des „Weissen Wolf“ in dem oben genannten Interview im „Fahnenträger“ „Es gab ein Heft, über welches ich mich immer wieder gefreut habe, aber dieses viel [sic!] ja auch unter das B&H-Verbot *heul*“ (Der Fahnenträger, Nr. 6, S. 7). Gemeint ist damit das Blood & Honour-Magazin, das im Zuge der Verbotsverfügung von B&H-Deutschland ebenfalls verboten wurde.
Neben der Mitgliedschaft bei B&H fällt weiterhin auf, dass ein großer Teil der UnterstützerInnen des NSU darüber hinaus bei der mittlerweile ebenfalls verbotenen „Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige“ (HNG) aktiv war. Auch hierzu positioniert sich David Petereit im „Weissen Wolf“, der 1996 als „Rundbrief inhaftierter Kameraden der 'Justizvollzugsanstalt' Brandenburg“ entstand: „Der Weisse Wolf verstand sich immer als ein Sprachrohr inhaftierter Kameraden... .“ (Der Fahnenträger, Nr. 6). Dies wird im Heft dahingehend deutlich, als dass „Eihwaz“ regelmäßig über Treffen der HNG berichtete (Apabiz, 28.03.2012).

Der Abschied aus der Parteipolitik?

Obwohl Petereit auf seiner Internetseite MuPInfo alles dafür tat, seinen Kopf mit einer vermeintlichen Unkenntnis vom NSU aus der Schlinge zu ziehen, z.B. durch absurde Erklärungen wie, das Kürzel NSU im „Weissen Wolf“ habe auch „Neustrelitzer Skinhead-Union“ heißen können, gilt er spätestens seit dem bei ihm gefundenen Unterstützer-Brief des NSU als Zeuge im Verfahren. Dass dieser Umstand nicht ganz spurlos an der NPD in Mecklenburg-Vorpommern vorbeigegangen sein dürfte, lässt sich aus einer Stellungnahme der Partei vom 30.05.2012 entnehmen. Darin wird erklärt, dass der Abgeordnete David Petereit sein Mandat in der Rostocker Bürgerschaft „aus persönlichen und organisatorischen Gründen“ am Vortag niedergelegt habe. An seiner statt wird nun der Rostocker Thomas Jäger (Jg. 1975) am 20.06. zum ersten Mal die Bühne der Bürgerschaft Rostock betreten können. Wie lange die Parteispitze in MV sich noch hinter Petereit stellen kann, oder ab wann er auch sein Landtagsmandat niederlegen muss, ist derzeit noch offen.
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ahhhh spd — ich