Noch ein Bericht zu Dresden gestern

Antifa Westhavelland 19.02.2012 16:17 Themen: Antifa Repression
Tausende Menschen protestierten gegen (Neo)nazis, Geschichtsrevisionismus und staatliche Repression
Gestern versammelten sich in Dresden bis zu 10.000 Menschen um gemeinsam (Neo)nazis, Geschichtsrevisionismus und staatliche Repression zu protestieren. Ausgehend vom Hauptbahnhof zogen die Protestierer_innen dabei in Form einer Demonstration entlang der Altstadt, an der Synagoge, über die Carolabrücke, neben dem sächsischen Innenministerium, am Albertplatz, sowie seitwärts des Neustädtischen Bahnhofs vorbei, bis hin zum Jugendhaus „Roter Baum“.

Der 13. Februar und Dresden

Hintergrund der Veranstaltung waren die Ereignisse um den 13. Februar, die gesellschaftliche Auseinandersetzung mit diesem Tag sowie die staatlichen Reaktionen in der politischen Debatte. Während des zweiten Weltkriegs wurde nämlich auch Dresden, infolge des Zurückdrängens der Aggression des NS Regimes, von Alliierten Bomberstaffeln angegriffen und dadurch weitgehend zerstört. Dabei starben am 13. Februar 1945 ungefähr 25.000 Menschen. Die NS Propaganda verzehnfachte damals jedoch die Zahl der Opfer und legte mit dieser Fälschung den Grundstein für die gesellschaftliche Debatte der folgenden Jahrzehnte. Dresden wurde so nämlich als besonderes Fanal angesehen und immer wieder für politische Zwecke missbraucht. Seit Ende der 1990er Jahre hatten dann auch (Neo)nazis das Gedenken für sich entdeckt um aktiv Geschichtsrevisionismus zu betreiben. Deren Intension ist dabei das Andenken an die Opfer der Shoa durch die Thematisierung und Dramatisierung eines angeblichen „Bombenholocaustes“ zu tilgen. Fataler Weise wurde diese Kampagne lange Zeit durch die Stadt ignoriert, so dass daraus der größte (Neo)naziaufmarsch Europas werden konnte. Erst das Anwachsen antifaschistischer Proteste seit Mitte der 2000er Jahre und die Blockaden der Märsche seit 2010 lassen heute zaghafte Ansätze für ein Umdenken erkennen. Dennoch ließ der sächsische Freistaat in der jüngsten Vergangenheit nichts aus, um mit repressivsten Mitteln, bis hin zur Aufhebung der Immunität von Abgeordneten und der Fabulierung von kriminellen Vereinigungen die Proteste gesellschaftlich zu ächten.

Gemeinsam gegen Repression und Revisionismus

Da das (neo)nazistische Milieu alle Aktionen auf den vergangenen Montag konzentrierte und zu einem Großaufmarsch am 18. Februar 2012 nicht antrat, nutzte die im Bündnis „Dresden Nazifrei“ organisierte bundesweite Protestbewegung den Tag um grundsätzliche Kritik am sächsischen Demokratieverständnis zu formulieren. Als zu einseitig und zu behaftet von der so genannten Totalitarismustheorie wurde es von allen Versammlungsteilnehmer_innen einhellig abgelehnt. Für kurze Redebeiträge konnten diesbezüglich auch die Vorsitzende der Partei „Die LINKE“, Gesine Lötzsch, die Bundestagsvizepräsidentin, Katrin Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) sowie der Fraktionsvorsitzende der Partei „Die LINKE“ im Thüringer Landtag, Bodo Ramelow, gewonnen werden. Als ebenfalls zu einseitig wurde das Geschichtsbild des „unschuldigen“ Dresden verworfen, Tatorte in der Stadt benannt und an die Opfer des NS Regimes erinnert. Auf Pappschildern waren auch vielfach die Namen von Menschen zu lesen, die in den letzten Jahren von (Neo)nazis umgebracht wurden. Auch in diesem Zusammenhang wurde noch einmal Kritik an den staatlichen Behörden geübt, da viele Opfer (neo)nazistischer Gewalt nicht als solche anerkannt werden. Besonders scharf wurden die Sicherheitsbehörden zudem wegen ihres Versagens im Zusammenhang mit den Morden des so genannten „Nationalsozialistischen Untergrundes“ (NSU) gerügt. Hier Steht auch einmal mehr Sachsen in der Kritik, da die Haupttäter über Jahre vom westsächsischen Zwickau aus unerkannt operieren konnten.

Scharmützel am Rande

Die Polizei begleitete die Demonstration nur an wenigen Abschnitten, dort aber vermummt, behelmt und mit Tonfa, Reizgas, Schusswaffen sowie vereinzelt mit Pepperball-Waffen ausgerüstet. Übergriffe durch die Beamt_innen hielten sich dennoch in Grenzen. In der Großenhainer Straße Ecke Röderauer Straße wurden kurzzeitig Versammlungsteilnehmer_innen angegriffen, nachdem Unbekannte Silvesterböller gezündet hatten. Zudem kam es nach der Beendigung der Demonstration ebenfalls in der Großenhainer Straße, jedoch zwischen Ecke Zeithainer und Ecke Coswiger Straße zu einem Scharmützel mit der Polizei. Offenbar waren Beamt_innen auch hier gegen einzelne Versammlungsteilnehmer_innen vorgegangen. Die Situation entspannte sich jedoch nach dem Abzug der Polizeieinheiten.

weitere Fotos hier:  http://westhavelland.wordpress.com/2012/02/19/antifaschistische-grosdemonstration-in-dresden/
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