Connewitzer Kiezkonflikte

ja 31.10.2011 10:21 Themen: Freiräume Kultur Soziale Kämpfe
Entschiedener Protest gegen "Kiezkiller" in Leipzig Connewitz zeitigt offenbar Teilerfolg, führt jedoch auch zur Festnahme von Stencil-Aktivisten. Plenum im alternativen Kulturzentrum Conne Island fühlt sich übergangen.
In Leipzig Connewitz haben private Sicherheitsleute, die ein saniertes Haus in der Wolfgang-Heinze-Straße vor illegalen Degentrifizierungsmaßnahmen schützen sollten, Stencil-Aktivisten überwältigt und an die Polizei ausgeliefert. Das berichtet Stadträtin Juliane Nagel in ihrem Blog.(1) Das Haus wurde in den vergangenen Monaten wiederholt von Unbekannten attackiert, weil der Sanierer Hildebrand & Jürgens als "Kiezkiller" gilt.(2) Inzwischen hat der Sanierer "das Objekt" wieder abgestoßen, ein Teilerfolg des Protests?

Ohnehin ist im Viertel seit einiger Zeit eine neue Entschlossenheit sichtbar, die schleichende Verdrängung durch "Aufwertung" nicht mehr passiv zu erdulden. Diverse Abwertungsaktionen verleiteten die Bildzeitung zur Schlagzeile: "Leipzig hat das Problemviertel längst den Chaoten überlassen".(3)

Doch auch auf der Gegenseite äußern sich die Hüter der Meinungshoheit unglücklich. Das linksalternative Zentrum Conne Island beklagt, selbst Opfer von Farbbeutelattacken geworden zu sein, ohne dass dem der Versuch vorangegangen wäre, im Plenum eine Aussprache herbeizuführen.(4)

Möglicherweise hatten die Aktivisten keine Lust, mit Leuten zu diskutieren, die sich - "…saving the scene from the forces of evil" - im Kampf gegen Kufiyas ("Palästinensertücher") gefallen(5) und programmatisch vom Centraltheater überholt zu werden drohen?

Juliane Nagel sieht "unausgesprochen eine Debatte um die Gestaltung von Stadt bzw. eines Stadtteils entbrannt. Eine Debatte, die nicht verbal, sondern praktisch ausgetragen wird". Wie das Conne Island hält die Stadträtin "verbalen Austausch" für notwendig.

Doch wer kann diese Debatte führen? Diejenigen, die sich nachts auf der Straße positioniert haben, dürften schon aus Selbstschutz nicht mehr zur Verfügung stehen, auch ist ihre Botschaft klar. Diejenigen, die bereits Opfer der Immobilienverwertungsmaschine - billig kaufen, gewinnorientiert sanieren, teuer verkaufen oder vermieten - geworden sind, dürften auch nur noch wenige Gesprächsbedarf haben. Stadt und Immobilienspekulanten dürften wiederum kein Interesse an Hausprojekten und Selbstverwaltung haben. Bewohnerfreundliche Politik findet nicht statt, wie aktuell die Entwicklung in der Windmühlenstraße belegt.(6)

Nun ist zu hören, dass auch das Haus, in dem sich die Kiezkneipe Frau Krause befindet, verkauft wurde, jedoch nicht an die Nutzer, die Kaufinteresse hatten. Wenn Juliane Nagels gebloggten Informationen stimmen, dann konnte der "Kiezkiller" das Haus erwerben.

Dass es an Information mangelt, wird schon daran deutlich, dass es des Blogs einer Stadträtin bedarf, um über Ereignisse im Viertel unterrichtet zu werden.

Quellen:
(1)  http://jule.linxxnet.de/index.php/2011/10/bewegung-in-leipzig-connewitz/
(2)  http://de.indymedia.org/2011/08/314491.shtml
(3)  http://www.bild.de/regional/leipzig/leipzig/warum-verkommt-connewitz-18941710.bild.html
(4)  http://www.conne-island.de/nf/190/3.html
(5)  http://www.taz.de/!78158/
(6)  http://deinkiez.blogspot.com/
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Ergänzungen

dann doch lieber conne island newsletter

... 31.10.2011 - 18:35
super text im conne island newsletter über das was da in connewitz gerade passiert. was dieser artikel hier auf indymedia zu suchen hat ist mir allerdings ein absolutes rätsel. eine runde alle anderen doof finden und ganz oft das antideutsche klischee bemühen. das sich hier immer noch einige leute mental in den auseinandersetzungen von vor zehn jahren befinden ist traurig aber nicht sonderlich politisch. ich zolle meinen respekt vor einem projekt das in zwanzig jahren mehr hinbekommen hat, als die "dicke oberarme im kiez militanz runde" die hier so abgefeiert wird. denke das es auch dem verfasser einleuchten sollte das es darum geht eine im kiez verortete und breite politik gegen gentrifizierung hinzubekommen und nicht einen auf räuber und gendarme zu machen. zu hoffen wäre es jedenfalls, für connewitz für das sich widersetzen gegen gentrifizierung in anderen städten und eine linke die mehr kann als die die ihre kapitalistischen verwertungsinteressen umsetzen mal so ganz böse auszuschimpfen.

Aktuelle Situation in Leipzig

jaja 01.11.2011 - 08:31
Hier noch zwei interessante Forenbeiträge zur Windmühlenstraße insbesondere und zur Immobiliensituation allgemein in Leipzig:

 http://www.deutsches-architektur-forum.de/forum/showpost.php?p=316965&postcount=148
 http://www.deutsches-architektur-forum.de/forum/showpost.php?p=316881&postcount=147

Stuck in their ways?

Feindbilder 01.11.2011 - 20:22
Worin sich, wie sich auch hier zeigt, Kiezkämpfer, Conne-Island-Basher, linke soziale Kämpfer und Gentrifizierungsgegner gleichen, ist ihr ständiger Bezug auf Feindbilder. Ob Yuppies, Antideutsche, das Conne Island und viele andere - sie haben keine Kiezberechtigung, gehören nicht zu wem auch immer, stören die Gemeinschaft der noch echten Kiezbewohner und interessieren sich nicht für diese...
Dass die Zugezogenenqoute unter den connewitzer Anwohnern, die die hier postenden wahrscheinlich als Berechtigt bezeichnen würden, sicherlich auch nicht unter 50% liegt, steht anscheinend auch auf einem anderen Blatt.

Ich persönlich bevorzuge es mit jungen Familien statt mit bildungsfernen, aufgebrachten, randalierenden Jugendlichen in meiner Nachbarschaft zusammenzuwohnen. Letztere locken nämlich verstärkt Bullen und zuletzt auch private Sicherheitsfirmen in meine Nähe, deren Anwesenheit mich weitgehender beeinträchtigt als irgendwer sonst.

NOCH EIN PAAR EINZELANMERKUNGEN:

@.

Der Rechtsrock- und Grauzonenvorwurf an das Conne Island ist mittlerweile nur noch peinlich und bleibt unbelegter Internettratsch bzw. Bloggerklatsch.
Was an Mainstream schlecht sein soll ist mir schleierhaft; Musik ist bei mir Geschmackssache, andere suchen sie anscheinend danach heraus wie's zum linken Lifestyle passt. Was die Eintrittspreise angeht: Es gibt Künstler die Leben von ihrer Musik, Produktionen und Shows sind professioneller und größer, natürlich wirkt sich das preislich aus.
Linke Politik und sozialer Kampf, ist im übrigen weniger repräsentativ für mich und meine Belange, als coole Konzerte im Island, bzw. so wie ich's gerade erlebe, nur ne leere Phrase.

@Fuck germany

Der Konjunktiv von geben heißt gäbe, die Dativschwäche, die in deinem Beitrag zum Audruck kommt, geht mit dem Inhalt einher. Wer sich hier als geisttiger Tiefflieger und Schwachtmat darstellt, kannste dir selbst beantworten...

@ZorroFreak

Dass das erste, was du von einem Konzert erwartest, niedrige Preise sind, zeigt wohl recht eindrucksvoll, wie wenig dich ein dir gebotenes Kulturangebot und dessen Qualität interessieren.
Antideutsche als Faschisten zu bezeichnen, disqualifiziert dich im übrigen auch in jeder politischen Auseinandersetzung.
Im Vergleich zu wem oder was das Zoro jetzt besonders frauenfreundlich ist, musst du ,glaube ich, nochmal gesondert und ausführlich erklären.

@Feindbilder

<3 feindbilder 01.11.2011 - 22:41
antwort auf "stuck in their ways":
ist mitleid in deinem fall unangebracht? auf keinen fall! ich bemitleide dich zutiefst, weil du nicht weisst wer du bist. aus dir spricht die reinste charakterlosigkeit. hetzende conne island-wichtigtuer bewegen sich auf der selben ebene wie reflektierende, entschlossende Jugendliche, die direkte demokratie durchsetzen? oh entschuldige, diese jugendlichen sind bildungsfern sagst du? dass diese menschen die verhältnisse begriffen haben und sich in die gefahr begeben, selbstlos agieren, um auch andere, wie zum beispiel dich vollidioten, für missstände zu sensibilisieren ist genug beweis dagegen. hätte es früher diese "bildungsfernen, randalierenden, aufgebrachten jugendlichen" nicht gegeben, würden wir alle- ja, auch du experte - immer noch in totalitären oder monarchistischen systemen leben. die jugendbewegungen, die du zutiefst verachtest, haben dir vor langer zeit, deine scheiß rechte erkämpft, damit du heute an deinem rechner sitzen kannst und die leute mit deinem pseudointellektuellem quatsch stressen kannst. du solltest dich eher bei diesem jugendgesindel bedanken, als hier große töne zu spucken. die einzigen leeren phrasen kommen von dir. im endeffekt stört sich niemand an deinen aussagen, weil du im großen und ganzen ziemlich unwichtig bist und auch deine meinung nicht mal ansatzweise interessiert. falls doch interesse an deiner meinung (kann man das überhaupt so nennen?) besteht, kann man auch getrost die BLÖD-zeitung lesen. "BLÖD"...passt ja irgendwie zu dir. wenn dich die bullen und secus in deiner nachbarschaft ankotzen, solltest du dringend was dagegen unternehmen. was? das machen schon die "bildungsfernen, randalierenden und aufgebrachten" jugendlichen gegen die du wetterst und ist deshalb per se falsch? na dann bleibt dir nur noch der wegzug. It´s time to say goodbye...

noch eine persönliche frage zum schluss: was hat so ein kleiner konservativer, bürgerlicher, zufriedener kasper bei indy und vor allem in connewitz zu suchen?
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seit kurzem (gestern? heute?) liegt ein flyer in einigen connewitzer locations aus, welcher sich auf den conne island-text bezieht:

"Tanzschuppen zu Autonomen Zentren
(Antwort auf "…saving the scene from the forces of evil" aus "Cee IEH # 190")

Liebe Conne Island-Menschen,
wir verstehen euren Unmut, denn er ist Anbetracht eurer Veranstaltungen,
eures Selbstverständnisses und der allgemeinen Entwicklung, allzu logisch und konsequent.
Wenn Farbbeutel gegen eure Räumlichkeiten fliegen, ist der Grund genauso offensichtlich
wie bei dem Haus in der Wolfgang Heinze-Str. mit dem ihr ja soviel Mitgefühl empfindet wie ihr schreibt. Ihr benennt das Problem auch in eurem Text: Gentrifzierung. Und wer hätte es gedacht? Auch ihr fördert die Gentrifizierung in einem Stadtteil, in dem ihr schon längst mehr als entbehrlich seid wie der Inhalt eures Textes auf´s Neue beweist. Niemand hat Lust für eure Schicki-Micki-Yuppie-Partys in euren Lokalitäten 20 Euro oder mehr auszugeben.
Und was passiert beispielsweise mit den Menschen, die kein Geld für eure Veranstaltungen haben? Nichts anderes als bei der Wohnungspolitik von Hildebrandt&Jürgens: Wer kein Geld hat, wird ausgeschlossen. Und so tummelt sich auf euren Veranstaltungen kein selbstbestimmtes Publikum als Gegenkultur, sondern ein apolitisches Klientel, was sich auf blinden Konsum auf euren Events beschränkt hat und, was für euch sehr relevant ist, das nötige Geld dafür mitbringt. Die Sanierungen eurer Lokalitäten, damit sich die konsumierende Masse bei euch auch wohlfühlt, denn schließlich erwarten sie was vom vielen Geld, was sie euch nur so herantragen, gerät dabei zur Randerscheinung. Der Begriff der Aufwertung spielt dabei eine entscheidende Rolle, denn jeder Farbbeutel und jeder Stein gegen solche Objekte tragen zur Abwertung bei. Wir wollen unkommerzielle Freiräume für alle und keine hippen, trendigen, teuren und apolitische Locations für Yuppies, die sich alternativ fühlen!
Emotionen auf politischer Ebene sind notwendig und euch völlig abhanden gekommen. Deswegen immer wieder: HASS, HASS, HASS auf alles und jeden, der das kaputtmacht, was wir lieben!
Eure weiteren Ausführungen werten wir als Denunzierungsversuch, der anmaßend ist und von uns als klare Provokation, Bedrohung und ÖFFENTLICHE Anfeindung wahrgenommen wird. Wieder ein Indiz für euer entpolitisiertes Selbstverständnis. Das, was ihr anprangert und angeblich zu kurz kommt (Stichwort: Nazis in anderen Stadtteilen) läuft seit geraumer Zeit und ist soweit auch bekannt und nichts neues. Stellt euch selbst die Frage warum das Conne Island kein ernstzunehmender Partner im antifaschistischen Kampf ist! Traurigerweise verzweifelt ihr an der Frage für wen im Kiez Platz ist, also wem der Kiez gehört. Aber weil wir uns in unserem "Selbstdarstellungswahn" so angegriffen fühlen, erklären wir es euch natürlich sehr gerne noch einmal: Wir möchten keine Nazis in unserem Kiez, auch Alltagsrassisten, Bullen und erzbürgerliche Subjekte können gerne fernbleiben. Hinzu wollen wir keine "Kiezkiller", die durch profitorientiertes Vorgehen unser Viertel anpassen, befrieden, kurz: kaputtmachen wollen. Da ihr mittlerweile ähnliche Züge tragt wie ebensolche und immer wieder, wie z.B. durch euren letzten denunzierenden Text, diesen Fakt bestätigt, macht ihr euch nicht zu Freunden, sondern zu Feinden.
Wenn es euch in Connewitz nicht mehr gefällt, unterbreiten wir euch einen Vorschlag: Zieht euren Verein in der Provinz auf. Vielleicht könnt ihr euch dann rückbesinnen und erinnert euch, wofür ihr einst standet, was ihr längst verraten habt. Eins ist sicher: Ihr und alle anderen, die offensiv Connewitz kaputtmachen und darüber hinaus denunzieren, hetzen (ihr habt BILD-Niveau erreicht!) werden von uns aufmerksam beobachtet. So sehr ihr es euch auch wünscht- ganz im Sinne eurer Politik- wir lassen uns nicht vertreiben! Weder von euch, noch von Bullen, noch von profitgeilen Immobilienfirmen! Wir lassen, und das betonen wir für euch nochmal, keine ÖFFENTLICHE Denunzierung von linksradikalen Strukturen und Personenzusammenhänge zu! Geht zum Verfassungsschutz, denn da seid ihr aktuell besser aufgehoben als in Connewitz und könnt bei euren Kollegen ebenfalls mit Unwissenheit strotzen!
Im übrigen lehnen wir eure Einladung, bei einem eurer Plena beizuwohnen, dankend ab. Mit Denunzianten und Hetzern möchten wir weder eine Diskussion führen, zumal wir glauben, dass es nichts ändert, noch wollen wir uns nicht für euch erkenntlich und somit angreifbar machen. Wir lieben unsere Annonymität, also nutzen wir sie auch!
Stadtteilkampf ist Klassenkampf!"

Dokumentiert: Inselkoller

Freundeskreis Dr. Georg Sacke 14.11.2011 - 18:38
Quelle

Wir gratulieren zu 20 Jahren Inselkoller

Das Conne Island gefällt nicht allen, und dass der Eiskeller darauf auch nach 20 Jahren keinen Wert legt, muss ihm zugute gehalten werden. Seit je polarisiert der Laden die Polit- und Subkultur-Szene im Leipziger Süden, und auch das ist etwas Gutes - nämlich ein bleibender Anlass zur Selbstkritik.

Jüngster Anlass, aber darüber hinaus ein Aufreger, der Kreise zieht, ist ein Artikel im „Cee Ieh“-Newsflyer: Das Island-Plenum hat einen gehässigen Text durchgewunken, den man als eine generelle Distanzierung von linksradikaler und autonomer Politik in Connewitz verstehen kann. Für das Conne Island ist der Text ein Eigentor: Ohne diese Politik wäre der Laden nie entstanden oder hätte jedenfalls das jüngste Jubiläum nicht erlebt. Noch vor einigen Jahren - und selbst im Island scheinen sich daran nur noch die „Älteren“ zu erinnern - gingen trotz aller Differenzen mehrfach hunderte Linke und Linksradikale für den Erhalt des Projekts auf die Straße. „Aktionismus“ war in dieser speziellen Situation kein Schimpfwort, sondern ausdrücklich erwünscht – und darüber hinaus ziemlich erfolgreich.

Nun allerdings müssen sich die übrig gebliebenen Politniks im Leipziger Süden vom Conne Island anhören, sie bekämen außer „Selbstdarstellung“, „Krawalle und martialische Sprüche“ nichts auf die Reihe und seien obendrein fremdenfeindlich gegen „Neuzugezogene“. Zu dem Schluss kommt das Conne Island, weil zum einen das Thema „Gentrifizierung“ in Leipzig angekommen ist, und weil zum anderen die Fassade des frisch sanierten Island-Vorderhauses mittels Farbe oder Teer durch die Hände Unbekannter „abgewertet“ wurde.

Darauf reagiert das Conne Island eingeschnappt und gibt im „Cee Ieh“ Hinweise auf eine angebliche „Gruppenpraxis“. Das Mittel der Denunzation wird darin nicht zum ersten Mal bemüht; in der März-Ausgabe konnte alle, die es nichts angeht, nachlesen wo sich AntifaschistInnen treffen und dabei erfahren, dass man beim „Cee Ieh“-Newsflyer auch vom Antifaschismus, der mal zum eigenen Selbstverständnis gehörte, nicht viel hält. Was Laden-Leute da noch beschwichtigend zum Ausrutscher erklärten, konnte man pünktlich zur 20-Jahr-Feier in einem Interview mit der gründeutschen TAZ nachlesen: Autonome? Gabs hier nie!

Man sollte hinzusetzen: Auch von einer „Politfraktion“ hört man im Island nichts mehr, denn die „Kulturfraktion“ hat gewonnen, präziser gesagt: Ein Kulturbetrieb für Leute, die regelmäßig über 20 Euro für ein Konzert auf den Tisch legen können. Man kann sich abfinden damit, dass Subkultur so jedenfalls nicht zum Moment einer Politisierung werden kann. Dass aber beim neuesten Polit-Salon-Format am Laden unter einem Zehner auch nichts läuft, zeigt wohin die Reise geht.

Dabei könnte gerade das Stichwort „Gentrifizierung“ ausnahmsweise nicht allen Anderen, sondern dem Conne Island ein Anlass zu Auseinandersetzung und Selbstkritik sein. Denn einem Laden, der sich im Zuge seines Jubiläums zum offiziösen Aushängeschild der Alternativkultur in Leipzig mausert und gerade deswegen durchsubventioniert wird, könnte sich die Frage stellen, ob man nicht selbst ein Faktor der Aufwertung geworden ist – und was davon zu halten sei. Nachdem der Laden vor einigen Jahren vor dem Aus stand, also beinahe der städtischen Politik zum Opfer gefallen wäre, profitiert er mittlerweile von seiner Avantgarde-Position.

Nicht, dass wir es dem Conne Island nicht gönnen würden. Aber auch diese Medaille hat zwei Seiten, und die zweite heißt Entpolitisierung. Es ist kein Geheimnis, dass in der letzten Zeit verstärkt Einzelperson und ganze Gruppen auch deshalb dem Laden den Rücken gekehrt haben und dass nach „I Can‘t Relax In Deutschland“ und dem „Palituch-Verbot“ kaum mehr politische Initiativen vom Eiskeller ausgegangen sind.

Der ehemals antifaschistische Anspruch ist dabei ganz über Bord gegangen. Als AntifaschistInnen im Island-Plenum gegen eine Grauzonen-Band argumentiert haben, wurde mit einem „Stalinismus“-Vorwurf gekontert. Als wiederholt auf das Problem „Rastelli“ hingewiesen wurde – ohne Frage ein Nazi, allerdings einer mit FreundInnen im Island –, wurde die Sache unter den Tisch gekehert. Auch Probleme wie Sexismus wurden auf ganz kleiner Flamme gekocht. Und dass zur „Einlasspolitik“ mitunter gehört, Leute, die sich um den Einlass drücken wollen (Hand aufs Herz: das haben wir alle schon mal versucht), kurzerhand „umzuhauen“, ist leider kein Gerücht.

Dass viele politische Leute auf Distanz zum Island gehen und bleiben, hat also handfeste Gründe. Die gebetsmühlenartig vorgetragene Aufforderung, sowas auf dem Ladenplenum zu klären, ist aus dieser Perspektive eine Farce: Die Probleme sind bekannt und werden eben nicht geklärt; und dort etwas klären zu wollen setzt voraus, erst einen Sitzfleischwettbewerb zu gewinnen. Umgekehrt geht es scheinbar auch dem Conne Island nicht um eine Klärung, schon gar nicht um eine politische. Im Cee Ieh werden nämlich Leute, die nicht auf Ladenlinie sind, kurzerhand für dumm erklärt: „Die AngreiferInnen können sich nicht anders artikulieren.“

Klar, außerhalb des Islands läuft in Politzusammenhängen auch vieles, vielleicht noch viel mehr schief. Nur: Mit gegenseitiger Abgrenzung gewinnt niemand. Das Conne Island zementiert so nur sein hart erarbeitetes Image, kein politischer Freiraum, sondern eine Sekte von BesserwisserInnen zu sein und macht es damit Außenstehenden leicht, ihr Feindbild zu bestätigen. Das jüngste Statement im „Cee Ieh“ ist jedenfalls keine Grundlage für einen „Dialog“, denn es bezeugt, dass man die Welt außerhalb der „Insel“ ganz aus den Augen verloren hat. Stattdessen wird das Freund-Feind-Denken gepflegt, als gehöre es zum Ladeninventar. Derselbe Ansatz liegt leider auch dem „Stadtteilkampf“-Text zu Grunde und ersetzt politische Diskussionen.

Die faktenresistente Behauptung, hier gebe es keinen Aufwertungsprozess, hier seien keine Projekte bedroht, hier würde sich niemand um die Miethöhe und die Praxis namhafter EigentümerInnen sorgen, können nur Leute aufstellen, die darunter tatsächlich nicht leiden - weil sie es nicht mehr gewohnt sind, um ihre Projekte und Freiräume zu kämpfen, weil sie Politik gegen Hedonismus eingetauscht haben und die Stadt nur bei Nacht sehen, oder weil sie vielleicht reiche Eltern haben, die ihnen jeden Gedanken an die nächste Mieterhöhung ersparen.

Schön für sie! Aber das bestätigt doch eben, was im „Cee Ieh“ so vehement bestritten wird. Ein „Stadtteilkampf“ ist zwar nicht automatisch „Klassenkampf“, aber „Gentrifizierung“ ist durchaus eine politische Frage. Von einem Laden mit politischem Anspruch könnte man erwarten, sich in so einem Prozess klar zu positionieren, sich in Diskussionen einzumischen und eine eigene Praxis zu entwickeln. Das gelingt beispielsweise in Hamburg der Roten Flora. Das Conne Island bringt anno 2011 nur noch eine Entsolidarisierung zustande.

Mit dem Verzicht auf eine ernstzunehmende Diskussion, auf eine inhaltliche wie auch praktische Einmischung verspielt der Laden sein letztes Pfund und darüber hinaus Möglichkeiten, eigene Probleme zu überwinden. Das Conne Island braucht es nicht jedem recht machen, aber wenn es im „Kiez“ oder sonstwo aneckt – dann bitte auf einem höheren Niveau, also einem mit politischer Ambition.

Freundeskreis Dr. Georg Sacke

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@ interessiert — 04277

einfach mal — xy

Wen Connewitz interessiert .. — Kiezkillerkiller

ih opfer — klsdfnsmvbk

Gentrifizierung... — Gentrifizierung für Sachsen!

Zorro ist best — ZorroFreak Dresden

AntiD´s lächerlich — Fuck germany

Puh... — Dan

@ kiezkiller — ja

langeweile! — lena

nichts über den kiez — connewitz!!!

@ greta — auswärtiger

gentrification — jupp

Re: @Feindbilder — Feindbilder

@ Feindbilder — StayRebel

zu viele justus wertmüller — i <3 bahamas

Genau — Pepe

Ieeronie — E. Thälmann

Ergänzung — Jack Wolfskin

Outdoor-Großstadtfanatiker — Wolf JackSkin