Erst Hinrichtung, dann DNA-Tests

Free Mumia Bündnis Deutschland 16.10.2011 23:44 Themen: Repression Weltweit
Obwohl die Geschworenen keine triftigen Beweise geliefert bekamen, und die Hauptzeugin der Anklage ihre Aussage zurück zog, steht dem Gefangenen Hank Skinner am 9. November 2011 zum zweiten Mal ein Hinrichtungstermin bevor.

Im Februar 2012 sollen die von ihm geforderten DNA-Tests in seinem Fall durchgeführt werden.

Wird er sein eigenes Urteil noch miterleben dürfen?

Übersetzung eines Artikels auf der Seite der Huffington Post:
 http://www.huffingtonpost.com/david-protess/texas-to-condemned-man-ex_b_994272.html
Wenn Sie von der Notlage bewegt waren, in der sich Troy Davis befand, dann warten Sie, bis Sie erfahren, was Hank Skinner widerfährt.

Skinner, 49 Jahre alt, befindet sich seit 1995 in Texas im Todestrakt, weil er seine Freundin und ihre zwei erwachsenen Söhne in ihrer Wohnung in Panhandle ermordet haben soll. Er hat unentwegt seine Unschuld beteuert. Vor einigen Jahren wiederrief die Hauptzeugin der Anklage ihre Aussage vor meinen Journalismus-Studenten und anderen und etliche Zeugen erzählten den Studenten, dass der Onkel des weiblichen Opfers (mittlerweile verstorben) der wahrscheinliche Täter war.

Und es gibt DNA. Einige DNA-Proben, auch die von der Blutspur, die vom Haus weg führte, schließen Skinner als Täter aus. Die Ergebnisse anderer DNA-Tests wiederum bringen Skinner mit dem Tatort in Verbindung. (Er besuchte die Wohnung regelmäßig und behauptet, er hätte in der Tatnacht einen Blackout gehabt, da er Kodein und Alkohol konsumiert habe. Ein Zeuge und zwei Experten stützen seine Aussage.)

Doch am erstaunlichsten ist es, dass die Sachbeweise niemals getestet wurden. Die Vergewaltigungsgegenstände wurden nicht getestet. Die Mordwaffen wurden nicht getestet. Etliche Haare, die in der Hand der Frau gefunden wurden, wurden nicht getestet. Eine Windjacke, die der des Onkels unverwechselbar ähnlich sah und blutverschmiert sechzig Zentimeter neben der Leiche gefunden wurde? Nicht getestet.

Seit 2000 forderte Skinner die Staatsanwaltschaft und die Amtsgerichte wiederholt dazu auf, die verbleibenden Beweisstücke zu testen. Er ist überzeugt, dass die Tests seine Unschuld beweisen würden. Jedes Mal wurde sein Gesuch mit der Begründung abgelehnt, dass er den Antrag nicht vor seinem Prozess eingereicht hätte. Der Bundesstaat Texas plante Skinner am 24. März 2010 hinzurichten, während die Beweisstücke in einem Lagerschrank verstaut waren, die von der jetzigen Staatsanwältin Lynn Switzer verwaltet werden.

Weniger als eine Stunde vor Skinners Hinrichtung, wandelte sich sein Schicksal – bis auf weiteres. Während er schmatzend sein Henkersmahl zu sich nahm, wurde er von seinem Anwalt darüber unterrichtet, dass der Oberste Gerichtshof der Vereinigten Staaten eine einstweilige Aussetzung der Hinrichtung erlassen hätte. Ganz unerwartet wurde Skinner von Gefängniswächtern aus seiner Zelle vor der Hinrichtungskammer in Huntsville in seine Zelle im Todestrakt in Livingston verlegt.

Einige Wochen später, bevor ein weiterer Versuch unternommen werden konnte, ihm nach dem Leben zu trachten, stimmte das Gericht einer neuen Verhandlung seines Falls zu. In einem bahnbrechenden Urteil Anfang des Jahres entschieden die Richter 6:3, dass Skinner laut des Grundrechts des Bundesstaates das Recht dazu hätte, Staatsanwältin Switzer zu verklagen. Sie müsse ihm Zugang zu den verbleibenden Beweisstücken verschaffen, um mögliche DNA-Tests durchführen zu lassen.

Da ein Bundesrichter in Texas einen Prozess erwägte, der kurz darauf folgte, hatte Skinner vorläufig einen weiteren Schub in Richtung Glück erzielt. Im Mai verabschiedete der Gesetzgeber in Texas mit überwältigender Mehrheit ein Gesetz, das ein Recht auf Nachverurteilung durch DNA-Tests garantierte und im Juni von Gouverneur Rick Perry unterzeichnet wurde. Der Förderer des Gesetzes sagte öffentlich, dass es für Fälle wie die von Skinner und in Gedenken an einen anderen Häftling, Tim Cole, entworfen worden war, der tragischer weise hinter Gittern starb bevor durch DNA-Tests seine Unschuld bewiesen werden konnte.

Und plötzlich boten sich zwei Chancen für Skinners Gerechtigkeit: eine Klage gegen die Staatsanwältin vor dem Bundesgericht, um an die Sachbeweise in seinem Fall zu gelangen und ein neues Staatsgesetz, das DNA-Tests zulässt.

Was dann geschah, trotzt jeglicher Vorstellung. Einige Tage bevor das neue Gesetz in Kraft trat und der Antrag auf DNA-Tests gestellt wurde, wurde durch einen texanischen Richter ein neuer Hinrichtungstemin für Skinner anberaumt. 9. November. Genau. Skinner soll in einem Monat sterben – während zwei Richter weiterhin darüber nachdenken, ob er die Beweisstücke prüfen lassen kann, die ihn möglicherweise entlasten könnten.

Unter anderen Voraussetzungen würden die Gerichte an einer Aussetzung der Hinrichtung festhalten und beiden Parteien Zivilprozesse zugestehen. Der einen durch das höchste Gericht des Landes autorisiert, dem anderen durch die Gesetzgebung des Landes. Zum Bedauern Skinners mangelt es dem Friedensrichter offensichtlich an Befugnis in einem Bundeszivilprozess eine Aufschiebung der Hinrichtung in Texas zu erwirken. Und wie steht es um den Richter des Landesgerichtes, der den Antrag auf DNA-Tests auf seinem Tisch hat? Er ist derselbe Richter, der Skinners Hinrichtungstermin auf den 9. November gelegt hatte.

Ohne der Intervention des Berufungsgerichts für Strafsachen in Texas, des Gouverneurs Perry oder des Obersten Gerichtshofs der Vereinigten Staaten könnte Hank Skinner wahrscheinlich sterben, bevor DNA-Tests durchgeführt werden. Willkommen im Spiegel des Strafjustizsystems, in dem oben unten und unten oben ist.

Die Verteidigung Skinners reichte bei Staatsanwältin Switzer eine Petition ein, „das Richtige zu tun“ und selbst die Tests zu fordern. Und Skinner erhielt unter anderem von sechs Geschworenen, die ihn einst schuldig befanden und seiner Hinrichtung zustimmten, Unterstützung. Obwohl sich dieser elende Vorfall in Texas ereignet – einem Bundesstaat, der in diesem Jahr fast ein Drittel der Hinrichtungen des Landes durchgeführt hat – ist es nicht zu spät dem Bundesstaat Georgia (und natürlich dem Bundesstaat Texas - Anm. d. Ü) die Meinung zu sagen. Troy Davis hätte das gefallen.

Petiation unterschreiben hier:
 http://www.change.org/petitions/in-the-interest-of-justice-grant-dna-testing-to-hank-skinner
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Ergänzungen

Video über Hank Skinner

Internetfund 18.10.2011 - 17:53

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