[bln] 48 Stunden Neukölln 2011
Vom 17. bis 19. Juni findet in Berlin das Kunstfestival 48h Neukölln statt. Das diesjährige Thema ist „Luxus Neukölln“. Schirmherr des Festivals ist Wolfgang Joop. Das Festival will sich, wie der Chef von 48h Neukölln Martin Steffens in einem Interview mit dem Bezirksamtnahen Blog Neuköllner Nachrichten beschreibt, vom „Sauftourismus“ der Weserstraße abgrenzen und die Gefährdung künstlerischer Freiräume durch Gentrifizierungsprozesse in Neukölln thematisieren. Soziale oder rassistische Verdrängung, wie sie auch vom Bezirksamt im Allgemeinen und dem Migrationsbeauftragten Arnold Mengelkoch im Besonderen forciert werden, wird allerdings kein Thema sein.
Steffens schafft es im Interview kein einziges die Verdrängung marginalisierter Menschen zu erwähnen. Eine soziale Perspektive ist weit und breit nicht zu finden. Die massive Vertreibung von Menschen aus Rumänien und Bulgarien sowie anderen Migrant_innen aus Osteuropa aus den Kiezen , die vor allem der Antiziganist Arnold Mengelkoch vorantreibt, kommt gar nicht vor. Die soziale Kontrollmaßnahme Hartz-IV wir ebenfalls nur marginal und verklausuliert erwähnt. Steffens heult rum, daß das Festivals selbst bedroht sei, weil „die Zahl der Stellen auf dem zweiten Arbeitsmarkt […] im Moment ganz drastisch reduziert“ wird. Schließlich sind es vor allem arbeitslose Menschen in „MAE Maßnahmen“ - die sogenannten 1-Euro-Jobber_innen – die das Festival organisieren und durchführen. So wird die Zwangsmaßnahme 1-Euro-Job, die weder eine existenzsichernde Beschäftigung darstellt noch eine ernsthafte soziale Teilhabe ermöglicht, von Steffens gerechtfertigt und der Druck auf lohnabhängige Menschen offensiv verteidigt.
Die paßt vorzüglich in die Konstruktion von Künstler_innen als eigentliche Opfer der Gentrifizierung. Schließlich sind sie, wie Steffens erläutert, „grundsätzlich arm“, verdienen in der Regel weniger als das Existenzminimum und sollen dennoch neidisch „als Luxusgeschöpfe“ wahrgenommen werden. Hinzu kommt, daß sie laut Steffens „latenten Drohungen“ ausgesetzt sind. Das Hohelied auf die Künstler_innen kulminiert in dieser selbstgestrickten Legende in der Feststellung, daß sie die genuinen ersten Opfer der Gentrifizierung sein sollen.
Steffens ersetzt die soziale Verdrängung in den Kiezen, die zunächst Migrant_innen und in Neukölln vor allem Sinti und Rroma betrifft, durch einen neuen Opferdiskurs, in dem nicht marginalisierte Menschen unterstützt werden müssen, sondern unkritische und unpolitische, staatsloyale Kunstnetzwerke in den Vordergrund gestellt werden. Mit Wolfgang Joop tritt ein Schirmherr auf, der wie Steffens analysiert eine „exzeptionelle Persönlichkeit ist, die mit dem Thema Luxus eng verbunden ist“, der das kapitalistischen Spektakel als Modeschöpfer_in in Gang hält. Mit dem Aktion Karl-Marx-Straße, eine kommerzielle Imagekampagne für die Neuköllner Karl-Marx-Straße für welche die Brandenburgischer Stadterneuerungsgesellschaft mbH (BSG) verantwortlich zeichnet, und dem Bezirksamt sind sowohl der ausschlaggebende konzeptionelle und politische Akteur im Boot, die seit Jahren die soziale Verdrängung in den Kiezen betreiben.
Das Kunstfestival 48h Stunden Neukölln wurde geschaffen und hat immer noch die Aufgabe Neukölln als kreative Marke zu „verkaufen“. Steffens erklärt im Interview mit den Neuköllner Nachrichten, daß „48 Stunden Neukölln immer noch ein Aushängeschild des Bezirks“ ist, daß selbstverständlich selbstorganisierte und „unangemeldete“ Veranstaltungen kontrollieren möchte. Gentrifizierungs- und Verdrängungsprozesse werden hierbei aus ihrem sozialen Rahmen geschält, entpolitisiert und lediglich ästhetisiert. Freiräume sollen nur als Konsum- und Kunsträume verfügbar sein, ohne jeden Anspruch auf soziale Intervention jenseits des kapitalistischen Mainstreams.
Um diesen Diskurs eine kritische Öffentlichkeit entgegen zu setzen, findet im Tristeza in der Panierstraße zeitgleich zu 48h Neukölln die jährliche Veranstaltungsreihe „Dein Block – mein Kiez“ statt. Am Mittwoch, dem 15. Juni, soll ab 19 Uhr unter dem Thema 2Solidarität statt Quartiersmanagment“ über rassistische und antiziganistische Verdrängung in Neukölln, vernetzte Repressionsmaßnahmen gegen Bewohner_innen und mögliche Gegeninterventionen diskutiert werden. Am Samstag findet zwischen 17 und 22 Uhr ein HipHop Open Air statt. Am Sonntag wird der in Neukölln hegemoniale antiziganistischen Diskurs durch den Film „Willkommen zu Hause“ (2010) über Abschiebungen von Rroma in den Kososvo gebrochen.
+ + Hintergrund + +
Webseite 48h Neukölln http://www.48-stunden-neukoelln.de
Neuköllner Nachrichten http://neukoellner-nachrichten.de
Tristeza http://tristeza.org
Dein Block Mein Kiez #4 http://deinblockmeinkiez.blogsport.de
Interview mit Steffens http://neukoellner-nachrichten.de/2011/05/09/berlin-geht-an-seiner-attraktivitat-zugrunde-48-stunden-chef-martin-steffens-im-interview-mit-den-nn/
Die paßt vorzüglich in die Konstruktion von Künstler_innen als eigentliche Opfer der Gentrifizierung. Schließlich sind sie, wie Steffens erläutert, „grundsätzlich arm“, verdienen in der Regel weniger als das Existenzminimum und sollen dennoch neidisch „als Luxusgeschöpfe“ wahrgenommen werden. Hinzu kommt, daß sie laut Steffens „latenten Drohungen“ ausgesetzt sind. Das Hohelied auf die Künstler_innen kulminiert in dieser selbstgestrickten Legende in der Feststellung, daß sie die genuinen ersten Opfer der Gentrifizierung sein sollen.
Steffens ersetzt die soziale Verdrängung in den Kiezen, die zunächst Migrant_innen und in Neukölln vor allem Sinti und Rroma betrifft, durch einen neuen Opferdiskurs, in dem nicht marginalisierte Menschen unterstützt werden müssen, sondern unkritische und unpolitische, staatsloyale Kunstnetzwerke in den Vordergrund gestellt werden. Mit Wolfgang Joop tritt ein Schirmherr auf, der wie Steffens analysiert eine „exzeptionelle Persönlichkeit ist, die mit dem Thema Luxus eng verbunden ist“, der das kapitalistischen Spektakel als Modeschöpfer_in in Gang hält. Mit dem Aktion Karl-Marx-Straße, eine kommerzielle Imagekampagne für die Neuköllner Karl-Marx-Straße für welche die Brandenburgischer Stadterneuerungsgesellschaft mbH (BSG) verantwortlich zeichnet, und dem Bezirksamt sind sowohl der ausschlaggebende konzeptionelle und politische Akteur im Boot, die seit Jahren die soziale Verdrängung in den Kiezen betreiben.
Das Kunstfestival 48h Stunden Neukölln wurde geschaffen und hat immer noch die Aufgabe Neukölln als kreative Marke zu „verkaufen“. Steffens erklärt im Interview mit den Neuköllner Nachrichten, daß „48 Stunden Neukölln immer noch ein Aushängeschild des Bezirks“ ist, daß selbstverständlich selbstorganisierte und „unangemeldete“ Veranstaltungen kontrollieren möchte. Gentrifizierungs- und Verdrängungsprozesse werden hierbei aus ihrem sozialen Rahmen geschält, entpolitisiert und lediglich ästhetisiert. Freiräume sollen nur als Konsum- und Kunsträume verfügbar sein, ohne jeden Anspruch auf soziale Intervention jenseits des kapitalistischen Mainstreams.
Um diesen Diskurs eine kritische Öffentlichkeit entgegen zu setzen, findet im Tristeza in der Panierstraße zeitgleich zu 48h Neukölln die jährliche Veranstaltungsreihe „Dein Block – mein Kiez“ statt. Am Mittwoch, dem 15. Juni, soll ab 19 Uhr unter dem Thema 2Solidarität statt Quartiersmanagment“ über rassistische und antiziganistische Verdrängung in Neukölln, vernetzte Repressionsmaßnahmen gegen Bewohner_innen und mögliche Gegeninterventionen diskutiert werden. Am Samstag findet zwischen 17 und 22 Uhr ein HipHop Open Air statt. Am Sonntag wird der in Neukölln hegemoniale antiziganistischen Diskurs durch den Film „Willkommen zu Hause“ (2010) über Abschiebungen von Rroma in den Kososvo gebrochen.
+ + Hintergrund + +
Webseite 48h Neukölln http://www.48-stunden-neukoelln.de
Neuköllner Nachrichten http://neukoellner-nachrichten.de
Tristeza http://tristeza.org
Dein Block Mein Kiez #4 http://deinblockmeinkiez.blogsport.de
Interview mit Steffens http://neukoellner-nachrichten.de/2011/05/09/berlin-geht-an-seiner-attraktivitat-zugrunde-48-stunden-chef-martin-steffens-im-interview-mit-den-nn/
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Ergänzungen
Presseerklärung
An die
Berlin-Redaktionen
Kiez-Akteure beziehen Stellung gegen rassistische Politik des Quartiersmanagements in Nord-Neukölln
Podiumsdiskussion am 15. Juni / Großes Hiphop-Konzert am 18. Juni
Mit einem mehrtägigen Event macht die Neuköllner Kollektivkneipe „Tristeza“ unter dem Motto „Solidarität statt Quartiersmanagement!“ auf die staatliche Ausgrenzungspolitik im Neuköllner Schillerkiez aufmerksam.
Mit dem Projekt „Task Force Okerstraße“ soll dort unter Zusammenarbeit mit privaten Akteuren ein Bespitzelungsnetz entstehen, das zum Austausch der bestehenden Mieter_innenstruktur und so zur „Aufwertung“ im Kiez führen soll. Dabei zielt die Strategie offen auf die Verdrängung von Roma, Nicht-Deutschen und „Trinkern“ im Kiez. Das Projekt wurde unter anderem durch Senatsverwaltung, Neuköllner Bezirksamt, Polizeidienststellen und Quartiersmanagement ins Leben gerufen.
„ Zunächst folgte das Projekt der perfiden Strategie über Hilfsangebote Vertrauen zur Anwohnerschaft aufzubauen. Durch den Austausch des Trägervereins wurde nun unmissverständlich die Phase der Überwachung eingeläutet“ , so eine der Veranstalter_innen.
Der ehemalige Träger Integra e.V. hatte sich seinen Kontroll- und Überwachungsaufgaben verschiedentlich verweigert und muss sich dafür nun voraussichtlich vor Gericht verantworten. Ziel und Aufgabe des neuen Trägers, dem Interkulturellen Bündnis für Berlin gGmbH, ist es nun explizit, personenbezogene Daten der Bevölkerung im Schillerkiez zu sammeln und diese mit den Sicherheitsbehörden abzugleichen.
Die Tristeza fordert eine Beendigung des Projekts „Task Force Okerstraße“. „Das Event findet bewusst zeitgleich zum Festival der Neuköllner Quartiersmanagements ,48 Stunden Neukölln’ statt, um jeglicher Zusammenarbeit mit den Berliner QM eine kritische Öffentlichkeit entgegenzusetzen“, erklärt einer der VeranstalterInnen.
Das Programm im Einzelnen:
Mittwoch, 15. Juni 2011, 19 Uhr: Podiumsdiskussion
mit VertreterInnen von: Integra e.V., Initiative gegen Ausgrenzung und Verdrängung in Nord-Neukölln, Analyse Kritik Aktion Berlin, Amaro Drom e.V.
Samstag, 18. Juni 2011, 17-22 Uhr: Hip-Hop Open Air
mit den Acts: Talu, MC Josh, Lena Meyer-Stoerfaktor, BadKat, Amewu, Kobito, RefPolk, Pyro One, TwoFunkSistaz, Sookee.
Sonntag, 19. Juni 2011, ab 21 Uhr: Filmabend
Vorfilm: Saren ani skola! (Kosovo 2010)
Hauptfilm: Willkommen Zuhause (D/Kosovo 2011), in Anwesenheit der Filmemacher_innen.
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Hintergrund:
http://de.indymedia.org/2011/06/309432.shtml
http://akab.noblogs.org/post/2011/06/08/dein-kiez-4-aufruf
http://tfa.blogsport.de/materialien/task-force-okerstrasse
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Balkenbiegende Verlogenheit
http://integraev.de/?page_id=58
Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen
Tristeza = Gentrifikation
Anstatt aber immer nur die anderen anzugreifen, solltet ihr mal eure eigene nicht gerade kleine Rolle in der Gentrifikatin von (Nord)Neukölln kritisch hinterfragen.
Tristezza
auch Spanner...
Wow, hier sprechen die Expert_innen
Tristeza als Gentrifizierunger_in
Tut mir leid, aber dafür war das Tristeza nicht rechtzeitig genug in der Panierstraße. Es sind eher Locations wie das bescheuerte "Ä" usw, die ernsthafte Gentrifizierungsmotoren sind, da sie einem größeren Kundschaftskreis offenstehen und eben kein linkes Szenelokal (von mir aus auch linke Studikneipe)sind. Die Weserstraße war schon davor am "Kommen", City und das verschlafene Tip haben schon davor über "Kreuzkölln" berichtet (Stichwort Weserrakete). Genauso verkürzt wäre es, das Syndikat, Silverfuture, Ori, Lunte, Projektraum, FAQ und anderen Läden vorzuwerfen, dass sie Gentrifizierer_innen sind. Ist es nicht sogar die Neuköllner "Szene", die eine viel größere Rolle in der Gentrifizierung spielt, weil man erstens frecherweise einfach da hingezogen ist und zweitens halt einfach nur aus der Wohnungstür treten und gleich in der Kneipe sein will. Dadurch wurde 2006 doch erst die Nachfrage angekurbelt.
Zu den Nazifantasien mit Sturmgewehr und Munition brauche ich ja eher nichts zu sagen.
Au je
naja, sprechen wir es doch offen aus:
Geld scheffeln, Das 1x1 des Open Air
Da sind:
Bühne, Licht, Anlage, Fahrtkosten, Künstler_Innen, Technicker_innen, Werbungskosten, Anmeldegebühr Bezirksamt (allein diese dürfte bei mindestens(!)150€ liegen), Auflagen vom Bezirksamt (Kostenbeteiligung BSR-Strassenreinigung, Dixieklos) usw. Von sonstiges Kosten wie Strom Wasser ((fast)jede_r will nach dem Scheißen spülen - unerhört!, Kostenlose Getränke und essen für alle die mitmachen) will ich gar nicht erst anfangen
Also alles Kosten auf der Soll-Seite.
Auf der anderen Seite haben wir:
Eintritt: 0€ - Bei bei 200 Besucher_innen sind das also insgesamt dann 0€ (200*0=0)
Bierverkauf: Sterni 1,50€
- Voll der Hammerausbeutungspreis! Zum Vergleich: Bandito (in einem Hausprojekt): 1,10
Ich hab keine Ahnung wie viele da immer kommen, da ich HipHop HASSE WIE DIE PEST!
Aber selbst wenn sie 1000 Sterni an dem Abend verkaufen (eher unwahrscheinlich, sowohl geschmacklich, als auch Mengenmäßig), kommen nach Abzug der Einkaufskosten 1050€ raus.
Wer bekommt das alles von 1050€ hin?!? Ich meine es ist doch kein Wunder, dass es in Berlin nicht jedes Wochenende irgendwo ein gesellschaftskritisches Open Air-Konzert gibt! Schau dir die X- Solipartys für Le monde est a nous und das andere Open Air-Konzert an, welches mir gerade entfallen ist(Resist to exist?). 4-5 Solipartys pro Jahr, damit es einmal was umsonst in der Berliner Pampa (Sorry Marzahn, Lichtenberg und Hellersdorf) gibt.
Nichtsdestotrotz muss auch ich diese Veranstaltung kritisieren. Warum HipHop?!? Was ist denn aus dem guten alten Punk oder Ska geworden?
ich bin der
1x1 des Open Air, Pfand vergessen!
1000 Sterniflaschen müssen ja auch irgendwie zurück. 100 gehen garantiert zu Bruch beim Konzi.
also 900*0,08 sind 72€. Also ist die Rechnung bei 1122€ statt 1050€ auf der Haben Seite. Ich glaube nicht, dass es diese 72€ rausreißen.
Alibi
stimmt
Irgendwas ist immer
Dann ist das alles nur Mittel zum Zweck um Kohle zu ziehen, obwohl es allen Partyerfahrungen nach ein Minusgeschäft zu sein scheint.
Dann sind denen die Roma und Sinti egal, obwohl es im Tristeza schon einige Veranstaltungen zu Gentrifikation, Antiziganismus und anderem gab und gibt.
Es ist halt so wie es immer in Neukölln ist. Es geht gar nicht um dieses Konzert, sondern um was anderes. Betrachtet man sich das Konzert und den Ankündigungstext ohne die ganzen Kommentare hier, scheint das eine interessante Veranstaltung zu werden. Durch HipHop wird abseits der "linke Szene"-musik versucht, die Jugendlichen im Kiez zu interessieren. Cooles Konzept mit politischem Anspruch. Haben auch schon andere in Neukölln (ebenso gut) gemacht, wie z.B. dieses Dennissolikonzert.
Preiserklärung
Wer von Solidarität redet, tritt doch in aller Regel auch für eine faire Bezahlung ein, oder hab ich da was falsch verstanden.