Wer arbeitet wie in Fukushima?

Pressefreiheit! 13.03.2011 12:53 Themen: Atom Medien Weltweit
Wer arbeitet derzeit konkret in Fukushima? In den Stunden, die unmittelbar auf die Explosion in der Atomzentrale folgten, sollen die dort tätigen Techniker und Arbeiter die Flucht ergriffen und damit die Erbringung weiterer Dienste verweigert haben. Das geht aus dem Bericht eines italienischen Journalisten für den Sender Sky Tg24 Italia hervor, der gestern kurz nach 11 Uhr MEZ bei einer Direktübertragung die drastische Live-Zensierung einer unmittelbar zuvor im japanischen Staatsfernsehen NHK ausgestrahlten Nachricht bezüglich des Vorfalls bezeugte.
Wortlaut der Korrespondenz aus Japan in deutscher Übersetzung:

Korrespondent: Ja, also, zunächst gilt es zum Thema Staatsfernsehen auf eine Nachricht... auf etwas hin zu weisen, das ich soeben mit eigenen Augen auf dem uns zur Verfügung stehenden Bildschirm des japanischen Staatsfernsehens NHK gesehen habe. Es hat sich ein ziemlich unerfreulicher Vorfall ereignet, der wahrscheinlich einiges über den Grad der Spannung verrät. Ein Sprecher des nationalen japanischen Staatsfernsehens hat die im Übrigen bereits im Netz kursierende Nachricht gegeben, dass das Fukushima-Werk im Zuge eines allgemeinen Sich-in-die-Flucht-Schlagens zur Stunde von den Belegschaften verlassen wurde. Er hat diese Nachricht gegeben und wurde dann - wahrscheinlich von einem Senior, also von einem älteren Kollegen, der anschließend über das offene Mikrofon sagte: "Diese Nachricht ist eine, die nicht verlesen gehörte" - live auf Sendung mit Widerspruch belegt und blockiert. Das gibt ein wenig ein Gefühl dafür, wie angespannt die zur Stunde herrschende Lage ist. Der Ministerpräsident hat die Pressekonferenz absagen müssen, die er nach dem Treffen mit der Opposition angekündigt hatte, die - nur ein kleiner Hinweis - weiterhin damit fortfährt, vehement ein Misstrauensantrag gegen die Regierung zu fordern, was uns in diesem Augenblick als wenig angebracht erscheint. Die zweite Sache ist dieses Geheimnis, das dieses Kraftwerk umgibt. Wir sind nicht in der Lage, Euch hierzu mit Nachrichten zu versorgen, weil wir seit heute morgen versuchen, diese 200 - 220 km von Tokio gelegene Zentrale zu erreichen und leider immer noch ca. 30 bis 40 km entfernt sind, es gelingt uns nicht, näher heran zu kommen, wir kommen wirklich nur im Schritttempo voran und entnehmen unserem Navigationsgerät, dass Gefahr besteht, an den Kontrollposten, die dabei sind, sämtliche Autos zurück zu weisen, blockiert zu werden - wir hoffen, dass sie wenigstens die Journalisten durch lassen.

Studiosprecher: Du hast mit uns von der womöglich gerechtfertigten Zurückhaltung der Regierung zu dem, was sich gerade im AKW abspielt gesprochen. Die Bitte um Auskünfte kommt aber nicht nur von der japanischen und internationalen Presse, sondern auch von der internationalen Atombehörde, die genau bezüglich dessen, was sich bei der Explosion ereignet hat, ein dringendes Auskunftsersuchen an Japan gerichtet hat.

Korrespondent: Sicher, sicher. Das ist, wie wir in den vergangenen Tagen leider schon wiederholt zur Kenntnis gaben, aber auch heute Morgen bei unseren Zuschaltungen, ein nicht nur in Japan, sondern auch in vielen anderen Ländern wiederkehrender Umstand... wenn die internationale Behörde eingreift, dann ist es, weil sie größere Klarheit haben will, weil sie - leider - wahrscheinlich über interne Quellen im Bilde ist - wir wissen alle genau, dass sich die Wissenschaftler und Vorstände untereinander alle kennen und dass die tatsächlichen Informationen ausgetauscht werden. Vermutlich... ich wiederhole, wie auch immer: im Vergleich zu 1996, als es den Zwischenfall in Takimura gab, verging mehr als eine ganze Woche, bevor die Regierung den Austritt von Radioaktivität zugab. Dieses Mal haben sie es immerhin eingeräumt, und sie sind wahrscheinlich dabei, selbst erst den tatsächlichen Schaden und das tatsächliche Risiko zu evaluieren, um dann, so ist zu hoffen, die Bevölkerung zu instruieren. Was ein weiteres Mal erwähnt werden muss - ich hoffe, dass ich später in der Lage sein werde, Euch die von uns aufgenommenen Bilder zu senden - ist die absolute Ruhe der Japaner, die absolute Abwesenheit von Panik. Selbst hier, wenige Kilometer von diesem vorhersehbaren atomaren Desaster, von dem wir hoffen, dass er sich in Grenzen halten möge, gibt es nicht die kleinste Panikszene. Die Leute halten sich in ihren Autos auf, sie stehen Schlage, ganz ruhig, sie sitzen, gegebenenfalls hören sie Musik oder sie schauen TV. Niemand betritt die Straße, niemand unterbricht etwas, niemand belegt die Gegenfahrbahn. Aus anthropologischer und soziologischer Sicht ist es ein wirklich beeindruckender Anblick.

Studiosprecherin: Die Haltung der japanischen Bevölkerung ist wahrhaftig bewunderungswürdig, während uns die Haltung der Journalistin, die im Begriff war, eine Nachricht zu verlesen, die sich am Ende als zensierte Nachricht erwies, sehr schwerwiegend erscheint...

Korrespondent: Exakt.

Studiosprecherin: ...weil sie diese Tendenz der Regierung fast bestätigt....

Korrespondent: ... dass es Zensur gibt.

Studiosprecherin: ...Nachrichten zurück zu halten...

Korrespondent: Ja, in der Tat. Es ist eine Sache, die uns beeindruckt hat. Ich habe gleich zu Beginn dieses Berichtes darauf hingewiesen, weil es gerade vor fünf bis zehn Minuten geschehen ist und wir, offen gestanden, wirklich sehr beeindruckt waren.


Originalwortlaut u.a. hier:  http://www.ecoblog.it/post/12230/terremoto-giappone-e-nucleare-informazione-censurata-il-video
Creative Commons-Lizenzvertrag Dieser Inhalt ist unter einer
Creative Commons-Lizenz lizenziert.
Indymedia ist eine Veröffentlichungsplattform, auf der jede und jeder selbstverfasste Berichte publizieren kann. Eine Überprüfung der Inhalte und eine redaktionelle Bearbeitung der Beiträge finden nicht statt. Bei Anregungen und Fragen zu diesem Artikel wenden sie sich bitte direkt an die Verfasserin oder den Verfasser.
(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)

Ergänzungen

Düsteres Gesamtbild

K.A. 13.03.2011 - 14:12
Das Zeugnis bestätigt vollkommen das für kritische Menschen wohl unübersehbare sich verbiegen der Medien, um der japanischen Regierung/der Atomlobby zu helfen, die bestmögliche "Schadensbegrenzung" in eigener Sache zu betreiben.

Das Bild ist jedenfalls düster, Relativieren ist einfach nicht angebracht:

"Lässt sich eine Kernschmelze aufhalten? „Dieser Prozess ist nicht mehr zu stoppen, wenn das Kühlsystem versagt hat“, sagte der renommierte Physiker Lothar Hahn, der bis 2010 Geschäftsführer der Gesellschaft für Reaktorsicherheit war, zu „sueddeutsche.de“. „Für den Experten ergibt sich aus den vielen Mosaiksteinchen ein sehr düsteres Gesamtbild“, sagt Hahn.

Viele erinnert die verwirrende Informationspolitik der Japaner bereits an Tschernobyl, wo das wahre Ausmaß erst nach Tagen zugegeben wurde. Die Betreiber versuchen mit Meerwasser, das mit dem Halbmetall Bor versetzt wurde, den Meiler wieder unter Kontrolle zu bringen. Was mit dem radioaktiv verseuchten Meerwasser anschließend passiert, ist unklar. Als letztes Mittel bleibt, Sand über die Schmelze zu bekommen und sie soweit wie möglich von der Umwelt abzuschirmen. Für Experten sind die derzeitigen Versuche des Betreibers nur Verzweiflungstaten",

so z.B. die Osnabrücker Zeitung

 http://www.noz.de/deutschland-und-welt/politik/52111067/warum-sich-die-kernschmelze-nicht-mehr-aufhalten-laesst-sieben-fakten-zum-atomkraftwerk-fukushima

Auch die mehrfach gemeldete Radioaktivität in Tokio sagt einiges aus. Frankreich und USA haben ihre Staatsbürger schon aufgefordert, den Großraum Tokio zu verlassen, so der Spiegel-online Ticker: [13.04 Uhr] +++ USA und Frankreich raten zur Ausreise +++

scheinbar nur Analog

ant 13.03.2011 - 15:43
Gegenwärtig auf ZDFinfo live Übertragung der Problematik des japanisches Fernsehen.

es gibt auch andere wichtige Themen

tom 13.03.2011 - 15:51

Energie-Agentur fordert Atomausstiegrückkehr

Pressefreiheit! 13.03.2011 - 17:02
Energie-Agentur fordert Rückkehr zum Atomausstieg

Die Deutsche Energie-Agentur fordert angesichts des Atomunfalls in Japan eine Rückkehr zum Atomausstieg...

 http://www.focus.de/politik/schlagzeilen/nid_66684.html



@ tom
Pressfreiheit! 13.03.2011 - 16:36
Ich bringe genau so viel Zeit auf, um mich mit dem Thema Libyen zu beschäftigen, wie für Japan, daher kann ich nur bestätigen, dass es auch andere Themen gibt. Ich finde allerdings, dass es unfair ist, derart heftige Themen gegeneinander auszuspielen, wie Du es letztlich tust - erst recht weil der hier von mir veröffentlichte Beitrag ein besonderes Dokument darstellt, das außerhalb Italiens so nicht zugänglich ist. Warum schreibst Du/übersetzst Du nicht was zu Brega, statt kluge Sprüche zu klopfen? Wenigstens aber solltest Du Dich bemühen, fairer vorzugehen, wenn Du nicht anders kannst, als zu mahnen, dieses und jenes sei wichtig(er).

@ den/die für die Versenkung der Ergänzung 16:36 verantwortlichen Moderator bzw. Moderatorin:

So Leid es mir tut und so wichtig das Thema Libyen auch ist: inhaltlich ist toms Beitrag wirklich keine Ergänzung zum Thema in diesem Text. Er hat sich nicht einmal die Mühe gegeben, das, was eine inhaltliche Verbindung darstellen könnte zu formulieren, nämlich, dass das, was gerade in Libyen abläuft durch das ganze Japan-Gerede zum Teil durchaus auch sehr unlauter verdeckt wird, bzw. dass Japan Deckung für eine brutale Offensive bietet. Eure Moderationspolitik bleibt unaussprechlich widersprüchlich, willkürlich und bedenklich!


Nebenbei noch so viel: Libyen zu erwähnen hat übrigens selbst Westerwelle bei seiner Japan-PK für nötig gehalten...

andere Quellen?

Astroboy 13.03.2011 - 17:58
Auf der Tg24-Seite, die aus dem Blogpost verlinkt wird, habe ich dazu nichts gefunden, auch über Google nicht. Der Blog redet von anderen Quellen, nennt sie aber nicht (pfui). Könnte natürlich sein, dass das in der allgemeinen Nachrichtenflut untergegangen ist. Könnte aber auch sein, dass es eine Ente war. Wenn das live über NHK ausgestrahlt wurde, muss es doch eine Aufzeichnung oder andere Berichte geben? Es fällt mir schwer zu glauben, dass so eine wichtige Nachricht weltweit so effektiv zensiert worden ist.

English translation

Astroboy 13.03.2011 - 19:14

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Verstecke die folgenden 9 Kommentare

beängstigend

Harry Hosono 13.03.2011 - 13:34
Danke für diesen Bericht. Offiziellen Verlautbarungen sollte man offenbar grundsätzlich misstrauen. Dennoch hoffe ich, dass es nicht so schlimm ist wie zu vermuten.

Watt den dat wida?

Jupp 13.03.2011 - 14:39
alle paar tage must du hier herumstinken - hör doch auf mit der japan-scheisse - will doch kein aas wissen ! wird ja genug bei n24 geglotzt oda ? liba doch gleich gegen den braunenmob und wir sind doch nicht bei der blödzeitung !

Wir sind keine Maschinenstürmer, aber...

einstein 13.03.2011 - 15:26
Wenn ich mir noch einmal die Vorgänge in Tschernobil vor ziemlich genau 25 Jahren ins Gedächtnis rufe, Vorgänge, deren Auswirkungen ich selbst erlebt habe im Gegensatz zu vielen jungen Menschen heute, und ich mir im Netz die entsprechenden Vieos ansehe, wenn ich dann die Nachrichten über die Vorgänge in der Atomanlage in Japan höre und sehe, dann denke ich, es gibt Technologien, die nachweislich nicht beherrschbar sind und deren Auswirkungen die Menschheit nicht nur Jahre sondern Jahrtausende belasten werden (Atommüll!!). Und dann fallen mir die Bilder der mutigen Menschen in Ägypten, Tunesien, Libyen ... ein und ich denke, dass jetzt ein Zeitpunkt und eine Situation ist, dass sich auch und gerade in der westlichen Welt die Menschen gegen Bedingungen zur Wehr setzen, die sie im Namen ihrer Kinder bzw. aller nachfolgender Generationen nicht dulden dürfen. Dabei geht es nicht um Revolution und um die sofortige Veränderung der gesellschaftlichen Verhältnisse, es geht um Widerstand und Rebellion gegen lebensfeindliche Technologien, die wenigen riesige Profite bringen, aber - wie in Japan wieder zu sehen - innerhalb weniger Stunden und Tage langristig Tausende von Menschenleben auslöschen und ganze Landstriche auf lange Zeit unbewohnbar und unnutzbar machen.
Was für ein Wahnsinn ist das denn? Und da soll ich mitspielen?
Nein, und deshalb mein Vorschlag, der sich hoffentlich über alle nicht staatlich kontrollierbaren Medien (internet, facebook, twitter...) verbreiten könnte:

Legen wir am 25.April 2011 um 13.25(ungefähr 12 Stunden vor Beginn des Supergaus in Tschernobil und vielleicht Tage/wenige Wochen nach dem Supergau in Japan)überall auf der Welt überall dort, wo wir sein können oder sind, organisiert für 30 Minuten den öffentlichen Verkehr lahm und fordern nachdrücklich von den Regierungen die sofortige Stilllegung aller Atomanlagen hier und weltweit. Denn den Ausstieg aus der Atomenergie wird uns keine Regierung schenken, letzlich hift nur Widerstand und Rebellion! Beginnen wir damit!

Das war Gaddafi mit seiner

Geheimarmee 13.03.2011 - 15:56
zuerst A-Bombe mit U-Boot gelegt und die Erdachse um 10% gedreht. Jetzt brennen die Brennstäbe durch den Planeten durch und wir kommen alle ins Paradies.

@ tom

Pressfreiheit! 13.03.2011 - 16:36
Ich bringe genau so viel Zeit auf, um mich mit dem Thema Libyen zu beschäftigen, wie für Japan, daher kann ich nur bestätigen, dass es auch andere Themen gibt. Ich finde allerdings, dass es unfair ist, derart heftige Themen gegeneinander auszuspielen, wie Du es letztlich tust - erst recht weil der hier von mir veröffentlichte Beitrag ein besonderes Dokument darstellt, das außerhalb Italiens so nicht zugänglich ist. Warum schreibst Du/übersetzst Du nicht was zu Brega, statt kluge Sprüche zu klopfen? Wenigstens aber solltest Du Dich bemühen, fairer vorzugehen, wenn Du nicht anders kannst, als zu mahnen, dieses und jenes sei wichtig(er).

horror

twitter 13.03.2011 - 17:30
In Libyen töten Bomben unschuldige Menschen. In Japan spricht man immer noch von einem Unfall, der "contained" wird.

Sorry

Tom 13.03.2011 - 18:25
Sorry meine nicht ergänzung ist zum ersten zufällig in deinem artikel erschienen . Einen artikel den ich sehr gut und hilfreich finde.Worauf ich aufmerksam machen wollte, wir sollten den fokus auf das geschehen im arabischen raum nicht verlieren

wir brauchen mehr atomkraft

biblisbefürworter 14.03.2011 - 14:55
 
die agenturen haben eben gemeldet, dass der hilfseinsatz des
US flugzeugträgers abgebrochen worden ist und das schiff wieder
nach hause fährt.
 
die strahlendosis einer "wolke" aus japan habe um das 2000-fache
den normalwert überstiegen - hunderte kilometer vor der küste japans.

daher sei man aus sicherheitsgründen wieder abgezogen.

während die bundesregierung uns weiterhin täglich panik wegen der akuten
gefahr islamistischer terrorangriffe warnt, hält sie gleichzeitig an der
laufzeitverlängerung für das AKW biblis fest.

und das ist ja auch richtig so, denn deutsche atomkraftwerke sind ja sicher.

oder, um einen professor aus dem versuchsreaktor in mainz zu zitieren:

"dass das zweite kühlsystem auch ausfällt, das passiert nicht!"

Deutschen kaufen Geigerzähler

ieo 14.03.2011 - 20:29
Und die dummen Deutschen kaufen Geigerzähler.

Handelsblatt Kurznachrichten....


 http://bcove.me/zdavf39v

 http://www.handelsblatt.com/

Bei Geigerzähler lohnt sich der Einstieg, juppi