Hamburg: UniAStA zeigt umstrittenen Imagefilm

Montgomery 04.02.2011 03:14 Themen: Antirassismus Bildung Kultur
Im Vorfeld der gestrigen Filmpremiere war schon einiges an Kritik an den im Film verbreiteten rassistischen Klischeebildern zu hören. Doch die Vorführung ließ selbst AStA-Anhänger erschaudern. Nach unten treten, das scheint das Motto des derzeitigen AStAs der Uni Hamburg zu sein.
Der AStA dreht einen „Image-Film“. Dieses Gerücht stand seit Dezember im Raum. Zu Anfang war es vor allem die Frage „Und wie teuer wird das?“, die das hochschulpolitische Spektrum an der Uni Hamburg beschäftigte. Eine veranschlagte Summe von 10.000 € wollte der AStA auf der Dezember-Sitzung des Studierendenparlaments weder bestätigen noch dementieren. Nach und nach wurden mehr Details bekannt, z.B. dass niemand vom AStA in diesem Film zu sehen sei und alle Rollen von eingekauften Schauspielern übernommen worden seien. Diese Tatsache verursachte zwar Kopfschütteln, stellte aber ansich nicht neues da. Das Prinzip, viel Geld an persönlich befreundete Unternehmen für wirkungslose Imagekampagnen zu vergeben, hatte der neoliberale AStA schon immer vertreten. Daraus entstand z.B. die Kampagne „Mellemen“ (  http://www.youtube.com/watch?v=L0iQ2JtWA8w ) , die allen Ernstes damit begründet wurde, das hochschulpolitische Interesse der Studierenden zu erwecken. Der AStA besteht seit fünf Jahren aus Jusos, Liberalen und den ihnen angeschlossenen Fachbereichslisten, die für den AStA eine ähnliche Rolle einnehmen wie seinerzeit die „Blockparteien“ für die SED.

Im Januar waren dann erstmals Fotos aus dem Film und ein entsprechender Einladungstext öffentlich einzusehen. Gleich der Eingangstext „Der Morgen dämmert über dem Hamburger Univiertel – seine Bewohner schlafen natürlich noch. Nur im prächtigen Kuppelsaal des historischen Hauptgebäudes regt sich was: farbenprächtig gewandete afrikanische Reinigungskräfte gehen gospelnd ihrer Arbeit nach – und wehren sich dabei routiniert gegen den Versuch einiger Kommilitonen, ihre Flyer auf der soeben gewischten Bestuhlung auszulegen.“ sorgte für Unmut. Was für ein Menschenbild wird dort bloß vertreten? Und werden hier nicht rassistische Klischeebilder vertreten? Und das ausgerechnet im ehemaligen Kolonialinstitut? So gab es bereits vor der Veröffentlichung des Films einigen Wirbel (  http://www.abendblatt.de/hamburg/kommunales/article1770410/Rassismus-an-der-Uni-Streit-um-Imagefilm-vor-der-Premiere.html  http://de.indymedia.org/2011/01/298898.shtml
 http://www.hwp-netz.de/asta-vorsitzende-zurueckgetreten-diskussion-ueber-rassismus-und-nationalismus  http://de.indymedia.org/2011/02/299239.shtml  http://blog.derbraunemob.info/2011/02/01/asta-der-uni-hamburg-praesentiert-sich-in-imagefilm-mit-white-supremacy/  http://gewstudis.blogsport.de/2011/02/02/rassismus-im-imagefilm-des-asta-der-uni-hamburg-oder-alles-bloss-satire/ ), zumal sich der AStA auch auf der Januar-Sitzung nicht näher zu dem Film äußern wollte. Am Donnerstag den 3. Februar fand dann die Uraufführung im Kino Abaton statt, und es sollte noch viel schlimmer kommen.

Rassistische Klischeebilder finden in diesem Film nicht nur abstrakt statt, sie ziehen sich wie ein roter Faden durch den Plot. Tatsächlich besteht der siebeneinhalbminütige Streifen aus praktisch nichts anderem als Treten auf die unteren Statusgruppen der Uni. Die schwarzen Putzfrauen, die die AStA-Leute verprügeln, die Obdachlosen auf dem Campus, die im Müll herumsuchen, die politischen Aktivisten (ein Student im Ché-Guevara-T-shirt wird erwischt, wie er „Amis raus aus Brokdorf“-Flyer im AStA-Trakt kopiert), selbst die eigenen Mitarbeiter im AStA-Infocafé, denen Inkompetenz unterstellt wird, sie alle werden gnadenlos verarscht. Höhere Statusgruppen werden nicht thematisiert, außer dem Uni-Präsidium, das in einem Moment hoher Ehrfürchtigkeit erwähnt wird. Der AStA, bzw. die Schauspieler die ihn darstellen, ist derweil im Beratungsgespräch einem konfusen Pärchen verstrickt. Dass die Probleme, die die Studierendenschaft tatsächlich bewegt, wie Leistungs- und Konkurrenzdruck sowie Geldsorgen in den Film überhaupt keine Rolle spielen, ist dabei fast unnötig zu erwähnen. Der AStA, eine überflüsige Einrichtung auf der unteren Stufe der Karriere-Leiter? Laut Film ist es wohl so, und dies dürfte auch tatsächlich der Rolle entsprechen, die der derzeitige AStA sich selbst zuschreibt.

Die gestrige Premiere im Abaton wurde so zu einer Verhöhnung der Studierenden, die diese dann auch überwiegend mit Buh-Rufen aufnahmen. Die Gruppe „Black Students Network“ und andere Hochschulgruppen ließen sich vor und nach dem Film den Mund nicht verbieten und sagten klar ihre Meinung zu dem Film. Der zuständige AStA-Refefrent erklärte immer wieder, dass es sich um Inside-Jokes handele, die im Film verbraten würden. Auch im AStA-Trakt war nach der Vorführung einiges an Unmut zu hören. „Die Leute im Info-Café machen wirklich einen guten Job und sie werden in diesem Film völlig mies dargestellt“, äußerte sich eine Vertreterin des teilautonomen Behinderten-Referats.

Der Verantwortliche für das Werk, der „Sonderbeauftragte für Kultur“ Timo Hempel war erstmals im letzten Jahr aufgefallen, als er sich vehement gegen die Kritisierung der Präsentation von „Die Feuerzangenbowle“ im Uni-Kino wehrte. Dabei war er sich nicht zu schade, die Feuerzangebowle zu einem subversiven Film gegen das Nazi-Regime umzudeuten. Der von Uni-Kino und Kritikern getroffene Kompromiss in Form einer kritischen Einführung in den 1944 gedrehten Film (  http://www.youtube.com/watch?v=eOhTT7bMnXI ), lehnte er ebenfalls ab. „Ihr habt den Leuten 15 Minuten ihren Spaß genommen“, so sein Statement. Der Film „Die Feuerzangenbowle“ ist natürlich keine offene Propaganda, sonst würde man ihn wohl kaum im TV und im Uni-Kino zeigen. Dennoch enthält er subtile Botschaften im Sinne des Faschismus, die wenigstens einer kritischen Kommentierung bedürfen. Doch dies wollte Hempel nicht einsehen. Nun hat er selbst einen Film mit subtilen Botschaften drehen lassen, bei dem er seinem Parteifreund Thilo Sarrazin in nichts nachsteht.

Die derzeitige AStA-Koaltion hat bei der letzten Wahl ihre Mehrheit verloren. Es liegt nun an der Gruppe CampusGrün, ob sie dem alten AStA zu einer weiteren Legislatur verhelfen möchten oder mit der jetzigen Opposition einen neuen AStA bilden wollen.

Timo Hempel kandidiert währendessen für die Bürgerschaft:  http://www.abgeordnetenwatch.de/timo_hempel-294-40923.html
Creative Commons-Lizenzvertrag Dieser Inhalt ist unter einer
Creative Commons-Lizenz lizenziert.
Indymedia ist eine Veröffentlichungsplattform, auf der jede und jeder selbstverfasste Berichte publizieren kann. Eine Überprüfung der Inhalte und eine redaktionelle Bearbeitung der Beiträge finden nicht statt. Bei Anregungen und Fragen zu diesem Artikel wenden sie sich bitte direkt an die Verfasserin oder den Verfasser.
(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)

Ergänzungen

Erklärung des Abendplenum vom 03.02.2011

MB 04.02.2011 - 09:26
Studierende erschreckt von Rassismen und Sexismen im AStA-Film

Am Donnerstag, den 03.02.2011 fand um 19 Uhr im Abaton Kino die Premiere des AStA-Imagefilms „Inside AStA“ statt. Bereits der Ankündigungstext zum Film stieß bei den Studierenden der Universität Hamburg auf heftige Kritik. Schwarze Studierende, Hoch-schulpolitische Gruppen und Fachschaftsräte veröffentlichten Kritiken an den rassistischen Klischees im Einladungstext sowie den vorveröffentlichen Bildern.

Die Befürchtungen werden durch den gezeigten Kurzfilm noch übertroffen. Die Mehrheit der Zuschauer ist während und nach der Vorstellung sichtlich entsetzt und empört. Schwarze Frauen werden zu gewalttätigen und ungebildeten Reinigungskräften degradiert. Diesen Schwarzen Frauen wird im Film zusätzlich eine klischeehafte „afrikanische Folklore“ angedichtet, bevor sie als gewalt-tätige Gegenkräfte der „gebildeten weißen AStA-Leuten“ antreten. Auch andere Menschengruppen werden auf Klischees reduziert, beleidigt und lächerlich gemacht, z.B. Frauen, Homosexuelle, Wohnungslose, Werkstätige.

Bereits vor Filmbeginn tragen antirassistische und Schwarze Studierende ihre Argumente im Vorführungsraum gegen die mit Rassismen und Sexismen gefüllte Einladung im AStA-Newsletter vor. Auf Flyern des Black Students Network (BSN) wird der Rücktritt vom Kultursonderbeauftragen Timo Hempel (Juso-HSG) gefordert.
Nach dem Film entsteht aus der Empörung heraus eine spontane Diskussion aus den Zuschauerreihen. Nach heftiger Kritik an Timo Hempel und den AStA müssen die Zuschauer_innen das Abaton für die nach-folgende Filmvorführung verlassen.

Es bildete sich ein studentisches Abendplenum um weiter darüber zu diskutieren. Nach Meinung der Studierenden ist es Aufgabe des AStA und der gesamten Verfassten Studierendenschaft, sich gegen diese rassistische Zuschreibungen und die Verhält-nisse, die sie hervorbringen, zu stellen. Als Plenum stellen wir uns entschieden gegen dieses rassistische und sexistische Machtwerk. Wir als Studierende sind nicht damit einverstanden, dass mit unseren Geldern solche diskriminierenden Inhalte finanziert und verbreitet werden. Die Studierenden des Abendplenums kündigen im Bewusstsein der besonderen Verantwortung aus der Universi-tätsgeschichte heraus an, gemeinsam mit den diskriminierten Kommilitonen_innen gegen diesen Rassismus und allen weiteren Diskriminierungen anzugehen. Wir streiten für eine emanzipatorische Entwicklung für alle Menschen.

Das nächste Plenum findet am Montag, den 07. Februar um 18 Uhr im Café Paranoia statt.

Abendplenum vom 03.02.2011 an der Universität Hamburg

Ich war dabei...

Bono 04.02.2011 - 09:40
Da ich während der Premiere dabei war, kann ich auch einige Dinge zu dem Thema beitragen. Der Kinosaal war gut gefüllt, die Mobilisierung hier und anderswo hat wohl ihre Wirkung gezeigt. Interessant war aber, dass viele Anwesende den Film schon verurteilt haben, bevor er überhaupt gezeigt wurde.

Tatsächlich konnte er gezeigt werden, immer wieder begleitet mit vielen Buhrufen. Nach dem Film entbrannte eine Diskussion, die aber von einigen vorne im Publikum quasi an sich gerissen wurde, darunter auch von diversen HochschulpolitikerInnen, die offensichtlich Wahlkampf betrieben (obwohl die StuPa-Wahl vorbei ist). Schlimm fand ich, dass sowohl die Meinung von Timo Hempel nicht akzeptiert wurde und eine der Filmdarstellerinnen daran gehindert wurde, ihre Meinung zu sagen. Auch daneben fand ich, dass Gegenstände auf Hempel geworfen wurden.

Vor dem Kino gab es weitere Diskussionsrunden, an denen sich unter anderem auch Mitglieder der Black Students Network beteiligten. Eine Beteiligte brach schließlich in Tränen aus und beschimpfte ein Juso-Mitglied als "dreckiger Hund" (oder so ähnlich) und "Wiesel".

Alles in allem kann man sicher der Meinung sein, dass der Film rassistische Klischees bedient, für mich jedoch ist das etwas weit hergeholt. Bezeichnend ist, dass viele Filmgegner ein autoritäres Verhalten aufwiesen, das ich höchst undemokratisch finde und das die Meinungs- und Kulturfreiheit gezielt einschränken sollte.

Statement der oberen Statusgruppe

Olaf Schillz 04.02.2011 - 09:55

puhh

... 04.02.2011 - 12:20
Ich sträube mich ja immer gegen antideutsche Beißreflexe, die hinter jeder Ecke den Rassismus und Antisemitismus (welcher den Film in seiner Dummheit noch gekrönt hätte) lauern sehen, aber in diesem "Filmchen" lauert nichts hinter einer Ecke, sondern es wird offen zur Schau getragen. Würde so etwas an meiner Hochschule produziert werden, würde ich alles was mir möglich ist unternehmen, um zu verhindern, dass dieser Film neuen Studierenden vorgeführt werden darf. Ich bin auch der Meinung, dass Satire fast alles darf, aber dann muss es auch Satire sein. Und dieser Film ist keine Satire, sondern könnte in manchen Szenen schon als Wahlkampfvideo der NPD durchgehen. Es stellt sich die Frage, ob die Machart einiger Szenen nicht schon den Straftatbestand der Volksverhetzung erfüllt und damit einer Strafanzeige würdig wäre. Ich liebe die Kunstfreiheit und die Satire, und ich bin auch ein großer Verfechter der Meinungsfreiheit, aber Rassismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen.

Mopo-Artikel zum Thema

Moi 04.02.2011 - 14:42
Die Mopo berichtet in ihrer heutigen Ausgabe ebenfalls über den angeblich „bizarren Streit“:  http://www.mopo.de/hamburg/panorama/bizarrer-streit-um-uni-film/-/5067140/7154108/-/index.html.

Black Students Network (BSN) HH

An den A$TA der Uni HH 04.02.2011 - 15:28
Aufruf gegen Rassismus und Diskreditierung Schwarzer
Menschen im Imagefilm „Inside AStA“

An den A$TA der Universität Hamburg,
wir als studentische Vereinigung Black Students Network sehen den am 03.02.2011
im Abaton erscheinenden Imagefilm „Inside AStA“ als provokative und absolut
inakzeptable Reproduktion rassistischer Stereotypen und Vorurteile gegen Schwarze
Menschen, insbesondere Schwarze Frauen.

Der selbsternannte Kultur-A$TA, der eigentlich die Interessen aller Studierenden
vertreten soll -und in diesem Zusammenhang auch über Teile unserer Studiengebühren
verfügt- denunziert uns Schwarzen Studierenden mit diesem Film und zeigt, dass
unsere Interessen für den A$TA offensichtlich irrelevant sind.

Das Black Students Network verlangt neben der Nicht-Ausstrahlung einen sofortigen
Rücktritt des für den Film verantwortlichen „Sonderbeauftragten für Kultur“ Timo
Hempel (JuSo HSG). Darüber hinaus, fordern wir eine öffentliche Entschuldigung
seitens des A$TA. Sollte dies nicht geschehen, sehen wir uns gezwungen weiter gegen
den Film und das ignorante weiße Überlegenheitsdenken vorzugehen.

BSN wehrt sich gegen rassistischen Film "Inside AStA":  http://bsnhamburg.jimdo.com/blog-1/

Wie sich die Dinge gleichen

AStA will nur Zasta 05.02.2011 - 14:24
erstaunliche parallelen zu kiel tun sich hier auf... dieses flugblatt wurde anlässlich einer demo, zu der "die linke", die heinrich böll siftung und der kieler asta aufgerufen hatten (quelle: www.altemeierei.de)

Die Kieler Nachrichten, der AStA, "Die Linke" und der "Kieler Bandenterror"

Einige Gaardener AnwohnerInnen zu einer tendenziösen Berichterstattung und einem unmöglichen Demoaufruf

Auf offener Straße, am helllichten Tag, wurde am 7.Januar 2011 ein junger Mann im Kieler Stadtteil Gaarden ermordet.
Eine unfassbare Bluttat - wie auch jene im April 2010, als in Suchsdorf eine junge Frau von einem verschmähten Liebhaber erschlagen wurde; oder der Raubmord im Februar 2009 am Südfriedhof an einem 84 jährigen Kioskbesitzer; nicht minder schockierend war es, als im September 2006 am Exerzierplatz ein Mann im Streit zustach und seinen Kontrahenten tötete - oder als im Januar 2006 eine Studentin von ihrem eigenen Bruder in Diedrichsdorf erschlagen wurde. Mord in Kiel? Dies ist nur eine kleine blutige Auswahl einer Vielzahl solcher und ähnlicher Gewaltakte in dieser Stadt. Doch etwas ist diesmal anders: Anstatt, wie sonst immer, kurz betroffen zu schlucken und dann die KN eine Seite weiter zu blättern, um den gewalttätigen Alltag dieser Gesellschaft schnell wieder ausblenden zu können, wird diesmal demonstriert. Doch demonstriert wird nicht etwa im Gedenken an den Ermordeten; noch nicht einmal abstrakt "Gegen Gewalt" wird sich artikuliert. Nein - die Demonstrierenden wenden sich "gegen den Bandenterror", der, wie der Aufruf nahelegt, ursächlich für den jüngsten Mord in Gaarden sei.

Reden wir Tacheles

Wie den InitiatorInnen der Demo bekannt sein dürfte, handelt es sich bei der besagten Tat allen Anzeichen nach um das, was üblicherweise als "Eifersuchtsdrama" bezeichnet wird - so lange Opfer und Täter "Deutsch" sind. Doch schon ein x-Generationen alter Migrationshintergrund kann dieser Tatbeschreibung einen neuen Terminus bescheren: Mit den reißerischen Bezeichnungen"Ehrenmord", "Bandenkrieg", "Blutrache" werden die immer gleichen Assoziationen von den gewalttätigen Fremden in deutschen Armenvierteln geweckt. Die "Thematisierung in Presse und Politik", wie sie im Aufruf zur Demo gefordert wird - eine Forderung, die angesichts des bundesweiten Medienechos mehr als überflüssig ist - hat, wie unschwer vorauszusehen war, die immer gleiche Stoßrichtung: Das Gewalt nicht in oder gar durch "unsere" deutsche Gesellschaft entstehe, sondern von außen komme. Genauso formulieren es denn auch die VeranstalterInnen der Demo mit den Worten, solch eine Tat sei "in keiner Form zu rechtfertigen" (welch Feststellung!) und habe "überhaupt keinen Platz in unserer Gesellschaft". Gespickt mit Reizwörtern ("menschenverachtende veralterte Traditionen", "Ehrenmord"), die aufs Beste bürgerliche Ressentiments schüren, sind sich ausgerechnet der AStA der Uni Kiel, der Kreisverband der Partei "Die Linke" und die Heinrich Böll Stiftung nicht zu schade, im Stile eines Thilo Sarrazins mit astreinem Populismus aufzuwarten.

Infotainment in den Kieler Nachrichten

Wann wurde jemals in den Medien eine so genannte "Familientragödie" oder der Amoklauf eines/einer verzweifelten Deutschen auf spezifisch deutsche kulturelle und gesellschaftliche Ursachen abgeklopft? Nein, in solchen Fällen muss nicht die deutsche Kultur für eine Erklärung herhalten, sondern eine vermeintlich krankhafte Persönlichkeit der TäterInnen. Im Falle des Mordes in Gaarden aber ergehen sich die KN in Hisbollah-Vergleichen und nötigen den Vorsitzenden der Arabischen Gesellschaft in Kiel, zu dem Mord Stellung zu nehmen - als sei es tatsächlich irgendwie naheliegend, sein Verein würde solch eine Tat gutheißen. In diesem Verhältnis zwischen mahnender Stimme einerseits und Rechtfertigungszwang andererseits erscheint das Selbstbild der deutschen Gesellschaft als eine aufgeklärte und überlegene Kultur, der gegenüber eine rückständige Kultur von potentiellen TäterInnen steht. So ist es nicht erstaunlich, dass auf KN Online die Kommentare zum Artikel nur so strotzen vor Statements zu "Überfremdung", Forderungen nach Abschiebungen sowie polizeistaatlicher Härte und Überwachung in Gaarden. Hier offenbart sich, dass die deutsche Mehrheitsgesellschaft MigrantInnen an sich nie als Teil "ihrer Gesellschaft" akzeptieren wird, und jede Meldung über Gewalt dankbar als Beweis ihrer unwiederbringliche Fremdartigkeit interpretiert.

"Die Linke" als Trittbrettfahrer

Auch der Kieler Kreisverband "Die Linke" scheint dem deutschen Mob geben zu wollen, wonach er verlangt, um weiterhin als relevante politische Kraft mitmischen zu können. Häusliche Gewalt, patriarchale Familienverhältnisse und soziale Aggression sind nun auch für diesen Kreisverband keine unmittelbaren Ausdrücke der Brutalität deutscher Verhältnisse, sondern "veraltete Traditionen" ohne "Platz in unserer Gesellschaft", die gar ein "Verbrechen gegen die Demokratie und das Grundgesetz" darstellen. Angesichts der sozialen Entwicklung in der BRD über die letzten Jahrzehnte sind diese Behauptungen kaum mehr als ein schlechter Scherz.

Die AStA-Bande

Mehr als irritierend ist es, dass der sich aufgelöste AStA der Uni Kiel zu der Demo aufruft, quasi als letzte Amtshandlung. Bisher lokalpolitisch nur mit Aktionen gegen das Sparen "an der Zukunft Schleswig-Holsteins" in Erscheinung getreten, gefallen sich nun sozial behütete Studierende mit Ambitionen auf eine politische Karriere darin, die von ihnen so genannten "bildungsfernen Schichten" einer Prüfung auf Gesellschaftstauglichkeit zu unterziehen. Das Geld für die nächste "Born for Korn", "BWL’er sucht Sprotte" oder wie auch immer genannte Studentenparty scheint gesichert, so dass sich an einem Samstagmittag auch mal um das Frisieren des eigenen Lebenslaufes gekümmert werden kann. Mehr Geld für Studierende und mehr Repression für MigrantInnen - so scheint die politische Linie dieses Studierendengremiums zu lauten. Die Studierenden stehen exemplarisch für eine vor allem auf dem Westufer anzutreffende Szene, die kein Problem mit Ein-Euro-ZwangsarbeiterInnen hat, die z.B. den Campus reinigen müssen, oder den vielen Geringverdienenden, die in der Gastronomie ausgebeutet werden, so lange sie die damit einhergehenden sozialen Probleme nicht sehen müssen - der Kieler Förde sei dank.

Der Mord in Gaarden Anfang Januar hat uns als AnwohnerInnen schwer erschüttert. Den Angehörigen des Opfers gilt unser tiefstes Mitgefühl. Freunde von uns wurden AugenzeugInnen, und sie sind betroffen von dem, was sie mit ansehen mussten.
Doch wir werden uns nicht durch die scheinheiligen Debatten in Politik und Medien in "Integrierte" und "Integrationsunwillige" spalten lassen.

Solidarität gegen Gewalt und Vereinzelung, Ausgrenzung und Stigmatisierung, mediale Hetze und Kriminalisierung!

Für einen antirassistischen und selbstbewussten Stadtteil Gaarden!

@ Bono & Filmsympathisant_innen

Kontrarassist_in 05.02.2011 - 14:32
Rassismus ist das, was Rassismus-Betroffene als solchen bezeichnen!

Intentionen, wie die der Filmmacher_innen sind bei der Einordnung (ob rassistisch oder nicht) des Filmes irrelevant. Die Deutungshoheit über Diskriminierungen liegt bei gemeinten Menschen, wie hier Schwarze, Frauen, Erwerbslose usw.. Sie alleine bestimmen darüber, wie sie bezeichnet werden und wie sie dargestellt werden wollen. Darüber haben sie durch Filmunterstützer_innen und ASTA-Hamburgs leider keine Macht, sondern wurden als selbstbestimmte Individuen durch die Filmunterstützer_innen depriviliegiert und fremdbestimmt. Alleine die Vorführung des Filmes ist eine Entrechtung der Betroffenen und jedwede weitere Verteidigung des Filmes in der Diskussion ein Fußtritt ins Gesicht der betroffenen Menschen. Sie zeigen die weiße unreflektierte Arroganz gegenüber Schwarzen. Mit der Vorführung wurde ein öffentlicher Raum und Herrschaft über die Diskriminierten durchgesetzt und diese folglich unterdrückt.

Über Rassismus lässt sich nicht diskutieren sondern reflektieren und lernen, diesen zu erkennen und zu bekämpfen. Rassismus ist ein Verbrechen!

Erklärung der AG Queer Studies

MB 06.02.2011 - 17:11
Der AStA und die Ignoranz gegenüber eigenen Rassismen in einem misslungenen „Image-Film“
 http://agqueerstudies.de/der-asta-und-die-ignoranz-gegenuber-eigenen-rassismen-in-einem-misslungenen-%E2%80%9Eimage-film%E2%80%9C/

wo fängt man da nur an

myself 07.02.2011 - 00:48
"Der Film ist voll von Klischees, diese sind auch eindeutig als solche erkennbar" - ja das lässt sich auch schlecht wegdiskutieren.
"Es handelt sich dabei um Satire" - wirklich? Ich halte es eher für den Versuch billige Lacher auf kosten von Minderheiten zu erzielen. Für Satire reicht das nicht, allenfalls für Schmierenkomödie.

Frauen, in jeder einzelnen Szene, degradierend dargestellt. Reduziert auf Putzkraft, als inkompetente und unhöfliche Cafémitarbeiterin, als faule und unverantwortliche (rauchend im Kinderaufenthaltsraum) junge Mütter (denn kluge, verantwortungsbewusste Vertreterinnen ihres Geschlechts warten offenbar bis nach der Karriere), klammernde dominante Freundin und last but not least schnell zu ergatternde "Kaffee-hostessen" mit Daddy-issues.

Zu den rassistischen Inhalten haben sich mehrere schon geäussert da muss ich jetzt meinen Unmut nicht auch zu loswerden.

Gab´s da nicht noch ein paar gute Lacher vielleicht zu Homosexuellen oder Studenten mit muslimischer Glaubensrichtung?

Fragen muss ich mich: Was wollte der Asta mit diesem Image - Video gespickt mit "Satire" eigentlich mitteilen? "Wir sind ne lustige Gurkentruppe" oder wir leisten uns auch ein diletantisches, bodenlos niveaufremdes Video von euren Studiengebühren?

Als Student der Uni Hamburg wäre ich schlicht persönlich beleidigt dass sich der Asta erdreistet sich als Studierendenvertretung so zu präsentieren.

Wer ist jetzt der Zensor?!

MB 07.02.2011 - 22:58
Da ist wohl jemandem was peinlich.

Kommissarischer AStA versucht sich als Zensor

Redaktion StuPa-News 08.02.2011 - 15:55
Wer sich aktuell die Dokumentation der Premiere des AStA-Image-Films bei Youtube anschauen möchte, bekommt folgende Meldung zu sehen: „Dieses Video ist aufgrund des Urheberrechtsanspruchs von Allgemeiner Studierendenausschuss Universität Hamburg nicht mehr verfügbar.“ Bisher waren die drei Videos jeweils zwischen 1000 und über 2000 mal aufgerufen worden.

Dreisterweise erstreckt sich die Sperrung nicht nur auf den zweiten Teil der Dokumentation, in dem der Image-Film selbst zu sehen ist, sondern auch auf den ersten und den dritten Teil in dem die Diskussion im Kinosaal dokumentiert ist.

Sollte der AStA etwa aktuell mittels seiner Urheberrechtsansprüche genau das betreiben, was er den Kritiker_innen des Films, die sich gegen eine Aufführung des Films im Abaton ausgesprochen hatten, vorgeworfen hatte, nämlich Zensur?!

Der Versuch ist jedoch scheinbar nicht erfolgreich gewesen, denn soeben erreichte uns via „Privacy Box“ der Link zu einer weitere Online-Ressource über die die Dokumentation des Abends verfügbar ist:  http://rapidshare.com/files/446827402/Komplette_Premiere_des_AStA-Image-Films_Inside_AStA_im_Abaton__03.02.2011___37Min.__zensiert__Uni_Ha

So, wie sich dieser AStA momentan verhält, schadet es sicher nicht, den Film herunterzuladen und an weiteren Stellen zu deponieren…

Weitere Quellen aufgetaucht

Stupanews 08.02.2011 - 18:15
Es gibt weitere Online-Ressourcen über die die Dokumentation der Premiere des AStA-Image-Films verfügbar ist:

Youtube:
* Dokumentation der Diskussion VOR Beginn des AStA-Image-Films „Inside AStA“:  http://www.youtube.com/watch?v=Zyj1bAsGkqI
* Dokumentation der Diskussion NACH dem AStA-Image-Film (TEIL 1):  http://www.youtube.com/watch?v=tGqd5NrQsK8
* Dokumentation der Diskussion NACH dem AStA-Image-Film (TEIL 2):  http://www.youtube.com/watch?v=v87ywKMf4QQ

Veoh:
* Mitschnitt des Image-Films anlässlich der Premiere am 03.02.2011 im Abaton:  http://www.veoh.com/browse/videos/category/activism_non_profit/watch/v20777592NcBPx927

Vimeo:
* Mitschnitt des Image-Films bei der Premiere am 03.02.2011 im Abaton:  http://vimeo.com/19707944

Rapidshare:
* zip-Archiv mit allen drei Teilen des Mitschnitts, die ursprünglich bei Youtube online waren:  http://rapidshare.com/files/446869961/asta_image-film__3_teile_.zip (450 MB).
* nur der Image-Film:  http://rapidshare.com/files/446871659/02_image-film.avi (100 MB).

So, wie sich dieser AStA momentan verhält, schadet es sicher nicht, den Film herunterzuladen und an weiteren Stellen zu deponieren…

 http://stupanews.wordpress.com/2011/02/08/asta-versucht-sich-als-zensor-dokumentation-der-image-film-premiere-wieder-online/

Weitere Stellungnahmen

MB 10.02.2011 - 23:01

Video von der Premiere von "Inside AStA"

Zensur fehlgeschlagen 12.02.2011 - 04:55
Die (Gesamt-) Dokumentation der Premiere des AStA-Imagefilms im Abaton Kino am 03.02.2011 steht jetzt Vimeo als Video online:  http://vimeo.com/19704776

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Zeige die folgenden 14 Kommentare an

Lustig... — Furian Fubios

Eklat statt Gelaber — student

AStA stürzen! — Ստեպան Շահումյան

@BONO — egal

Scheiss Asta — astra statt asta

Ergänzungen — Bono

@Bono — Dein Name

"BgHU"-Fake löschen — terraristin

¡Que se vayan todos! — Entdinglichung

Schwarze Putzen vs. weiße Studierende — stereotype mittelschichtsbilder

Frage — egal

wo — ist der film?