[Köln] Neues aus dem Autonomen Zentrum

squattheworld 14.10.2010 16:29 Themen: Freiräume Kultur Repression Soziale Kämpfe
Trotz eines sechsmonatigen Duldungsstatus wandten sich die Besetzer_innen des Autonomen Zentrums in der Wiersbergstraße 44, Köln-Kalk, am 19. September mit einem Legalisierungsvorschlag an die Eigentümerin des Gebäudes. Eine Antwort folgt drei Wochen später: die Stadtsparkasse Köln-Bonn kappt die Wasserzufuhr zum besetzten Haus.
Gleichzeitig gibt es gute Neuigkeiten: Das Haus in der Wiersbergstraße wird von der Stadt gekauft.
Bereits im August wurde dem Autonomen Zentrum die Stromversorgung abgestellt. Beides geschah ohne Vorankündigung, was schwere Folgen hätte nach sich ziehen können. Lutz, ein Besetzer, ist aufgebracht: „Als damals die Lichter ausgingen war es nach 21 Uhr und es haben sich viele Menschen im Haus aufgehalten. Es hätte sonst was passieren können! Und nun stellen die das Wasser einfach so ab, wo sie ganz genau wissen wie viele Menschen
hier auf trinkbares Wasser und funktionierende Sanitäranlagen angewiesen sind. Das ist verantwortungslos!“ Fallbezogene Gerichtsurteile früherer Hausbesetzungen untersagen aus hygienischen Aspekten ausdrücklich das Abstellen von Wasser. Insbesondere müssen die Besetzter_innen der Wiersbergstraße auch über die Auflagen von Brandschutzmaßnahmen hinaus
weitere Vorkehrungen treffen.

In Ihrem Legalisierungsanschreiben an die Sparkasse berufen sich die Besetzer_innen auf die Gutachten des Architekten Bodo Marciniak und des Bauaufsichtamtes der Stadt Köln, in denen beide eine Eignung des Gebäudes zur Nutzung als Veranstaltungsort bestätigen. Des Weiteren erklärten sie sich bereit, im Rahmen eines legalen Mietverhältnisses alle
Renovierungsarbeiten am Haus und die Nebenkosten zu übernehmen. Sie sind bereit, einen Verein zu gründen, der der Eigentümerin als Rechtspartner dienen soll. Dazu Peter aus dem Autonomen Zentrum: „Unser Legalisierungsvorschlag bietet allen Parteien Vorteile. Wir könnten das Haus zu realistischen Konditionen legal nutzen – und die Sparkasse würde
Kosten sparen, weil wir es in Stand halten und alle Nebenkosten übernehmen. Der derzeit von der Sparkasse beschäftigte und sowieso überflüssige Sicherheitsdienst würde auch wegfallen.“

Die Sparkasse hat sich einem direkten Dialog mit den Hausbesetzern verschlossen. Zwei Tage nach Versand des Schreibens wurde jedoch bekannt, dass die Stadt Köln die Sparkassen-Tochterfirma Savor Immobilien, die Eigentümerin der Wiersbergstraße 44 ist, kaufen will. Dazu Besetzer Peter: „Letztendlich freuen wir uns, dass wir ab dem nächsten Jahr direkt mit der Stadt Köln über die Legalisierung des Autonomen Zentrums verhandeln können. Wir sehen die Stadt in der Pflicht, die Etablierung des Autonomen Zentrums als wichtigen Ort für Politik, Kunst und Kultur anzuerkennen. Die in unserem Schreiben an die Sparkasse genannten Eckpunkte für eine Legalisierung gelten natürlich auch für die neue Eigentümerin.“ Die Wassersperre sieht er eher als Herausforderung und eine Bestätigung: „Der unproduktive Dialogverlauf der letzten Monate zeigt mir, dass mein Einsatz
für die Schaffung von Freiräumen notwendig ist. Das Anliegen hunderter Menschen von Köln, speziell im rechtsrheinischen Bereich, wird nicht gehört. Ja, sogar angegriffen. Aber eben dieses Verhalten gibt uns die Ausdauer weiter zu machen. Wir haben eine Lösung für die Stromversorgung gefunden, also werden wir uns von diesem Problem auch nicht einschüchtern
lassen!“

Die Besetzer_innen der Wiersbergstraße werden in den nächsten Monaten ein Legalisierungskonzept fertigen, dass der Stadt direkt nach dem Kauf des Gebäudes vorgelegt werden kann.

Währenddessen feiert das Autonome Zentrum am Samstag, den 16.Oktober, sein halbjähriges Bestehen. Zu diesem Anlass gibt es ab 18:00 Uhr ein Veranstaltungsprogramm mit Theater, Kino, Konzerten und einer Infoveranstaltung. Jede Woche finden weiterhin zwischen 5 und 15
Veranstaltungen im Autonomen Zentrum statt.
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Ergänzungen

Freiräume verteidigen - IMK versenken!

Squat this! 15.10.2010 - 08:29
Wir rufen auf zu einem Block "Autonome Projekte verteidigen - Innenministerkonferenz versenken" auf der Leerstand zu Wohnraum Demonstration am 23.10. in Hamburg. Außerdem fordern wir alle auf, sich an den Protesten und bundesweiten Demonstrationen gegen die Innenministerkonferenz von 13-19.11.2010 zu beteiligen.
Moderne Zeiten

Besetzungen sind wie der Widerstand gegen staatliche Repression kein Anachronismus einer fernen Zeit, sondern ein notwendiger Bestandteil aktueller Kämpfe und Auseinandersetzungen. Die Praxis der kollektiven Aneignung ist ein antikapitalistisches Konzept, welches als Antithese zur heiligen Kuh des privaten Eigentums eine solidarische Umverteilung und temporäre Freiräume möglich macht.
Steigende Mieten sind ein wesentlicher Faktor von Vertreibung und Gentrifizierung. Deshalb wehren sich z.B. Mieter_innen von Saga Wohnungen, die sich Mieterhöhungen nicht bieten lassen, gegen dieselben Auswirkungen von Standortpolitik, wie diejenigen, die bestehende Normen übertreten und Räume besetzen und dem Wohnungsmarkt entziehen oder sich Freiräume erkämpfen.

Wir unterstützen deshalb Initiativen wie Fette Mieten Partys oder Aktionen wie die Besetzung des Gängeviertels,von leerstehenden Gebäuden in Hamburg wie in der Marktstrasse oder im ehemaligen Erotic Art Museum auf dem Gelände des geplanten BNQ. Diese Praxis findet auch an anderen Orten ihren Ausdruck in der Entstehung des AZ in Köln oder Besetzungen in anderen Städten, wie Dresden, Darmstadt oder Freiburg.

Ebenso wichtig wie der Prozeß der Aneignung selbst ist uns die Verteidigung von bedrohten Projekten wie der Roten Flora, der Köpi, Liebig14 oder Rigaer94 in Berlin. Die Scharnweberstraße in Berlin und die Alge in Oschersleben waren erst vor wenigen Tagen von einer Räumung betroffen. Besetzte Räume und Hausprojekte sind in dieser Auseinandersetzung für uns kein Rückzugsort oder Selbstzweck, sondern sollten sich als Teil und Motor sozialer Bewegungen und Proteste verstehen.

Rote Flora bleibt!

Ab März 2010 ist auch die Rote Flora in Hamburg von einer Räumung bedroht. Wir fordern alle auf, sich für deren Erhalt einzusetzen. Die Kampange "Unverträglich Glücklich" hat im Rahmen einer Erklärung dazu erklärt: "Wir empfinden die jetzige Situation der Roten Flora nicht primär als Bedrohung, sondern vor allem als Chance, die Aktualität linksradikaler Positionen mit Gewicht in die Auseinandersetzung zu werfen. Dabei steht die Rote Flora nicht alleine. Kämpfe und Konflikte um städtischen Raum und gesellschaftliche Ressourcen nehmen zu, die „Recht auf Stadt“-Bewegung ist ein Ausdruck davon. Gleichzeitig verschärft sich die repressive Situation im Zusammenhang einer bürgerlichen Extremismusdiskussion. Hier wird suggeriert, dass linke Aktivist_innen die Hitparade des Extremismus in Sachen Gefährlichkeit anführen und damit besonders aggressiv überwacht und bekämpft werden müssten. Gerade unter diesen Bedingungen sind gesamtgesellschaftlich radikale Veränderungen hinsichtlich der Verteilung von Macht, Kapital und Raum notwendig, um eine emanzipatorische Politik zu realisieren.

Wir werden uns weder, sollte es überhaupt soweit kommen, widerstandslos von der Polizei aus dem Gebäude räumen lassen, noch unseren Widerstand in Moderationsverfahren selbst aus unseren Köpfen räumen. Wir wollen aufzeigen, dass radikale Kritik nicht nur legitim, sondern zwingend notwendig ist. In Zeiten, in denen sich die Menschen der Stadt und nicht die Stadt den Menschen anpassen sollen, kann nur eins gelten: Die Stadt gehört allen! "

Squatting und Repression in Europa

In den Niederlanden wurde ein neues Gesetz erlassen, das Squatting unter Strafe stellt, weshalb nun zahlreiche Projekte bedroht sind. Seit mehreren Jahren war die CDA (christlich demokratische Arbeiternehmerschaft) darum bemüht, Hausbesetzungen in den Niederlanden zu kriminalisieren. Mit erstem Oktober 2010 ging dieser Wunsch in Erfüllung. Um die notwendige Unterstützung im Parlament zu erhalten, wurde auf Forderung der PVV (Partei der Freiheit) das von der CDA vorgestellte Strafmaß verdoppelt. In der Praxis werden die Folgen so aussehen, dass im kommenden Jahr vermutlich 6 Räumungswellen durchgeführt werden. Die erste wird noch im Oktober 2010 stattfinden.

Beispielhaft für Angriffe auf Projekte in Europa ist auch die Situation des La Friche: Seit 2002 wird die ehemalige Fabrik in Lyon von autonomen politischen Aktivist_innen, Künstler_innen jeden Genres und anderen praktischen Utopist_innen genutzt und bewohnt. Das Ganze begann als Besetzung und war während der letzten acht Jahre im Stand der Duldung. Die 35000m2 werden von ca. 500 Menschen gefüllt und genutzt. Platz wäre aber noch für viele mehr. Nach dem Beschluss vom 8. Juni 2010 sollte "La Friche" Ende Juli leer sein. Inzwischen hat die Stadt nun ein zweites Ultimatum für Ende September gesetzt.
Stürmt leerstehende Wohnungen, Bürotürme und Häuser!

Für den 23.10. wird in Hamburg zu einer Demonstration mobilisiert, um die leerstehenden Astratürme zu besichtigen. Die Astratürme sind ein Büroneubau auf St. Pauli, der zu 70% leer steht. Mehr als genug Platz für neue Formen der Entfaltung im urbanen Raum. Im Aufruf wird festgestellt: "Die Mieten in Hamburg steigen kontinuierlich. In den innerstädtischen Vierteln ist es kaum noch möglich, eine Wohnung unter 10 Euro/qm zu finden. Gleichzeitig stehen zahlreiche Gebäude leer, der Leerstand an Büroflächen beträgt momentan 1,17 Mio. Quadratmeter und trotzdem wird immer mehr Büroraum gebaut. Die Wohnungsnot in Hamburg, die vor allem auf Kosten sozial schwächerer Menschen geht, ist aber kein tragisches Schicksal, sondern Ergebnis eines kapitalistischen Immobilienmarktes und einer Wohnungspolitik des Hamburger Senats, die einseitig die Interessen von Unternehmen und VermieterInnen vertritt." Alle Teilnehmer_innen der Demonstration werden aufgefordert, kreativ zu sein, Möbel, Topfpflanzen, Kopfkissen und alles was mensch zum Einziehen braucht, mitzubringen.

Squat this!

Eigentum unsicher machen - Gegen Räumungen und staatliche Repression!
Solidarität mit allen besetzten oder bedrohten Projekten!

23.10. Antirepressions- und Freiraumblock
Leerstand zu Wohnraum Demo
13 Uhr Unicampus (Treffpunkt hinter dem entsprechenden Transparent)
Mehr Infos:
 http://www.rechtaufstadt.net/leerstandzuwohnraum

13.-19.11. Bundesweite Demos und Aktionen gegen die Innenministerkonferenz
Mehr Infos:
 http://no-imk.blogspot.com
 http://jumpandrun.blogsport.de/

Freiburg: Freiraumaktionstage starten

Radio Dreyeckland 16.10.2010 - 13:58
Freiraumaktionstage starten mit Besetzung

Vom Donnerstag den 14. Oktober bis zum Sonntag den 17. Oktober finden in Freiburg Freiraumaktionstage statt. Am Donnerstagabend wurde gleich versucht ein Haus zu besetzen. Doch schnell rückte ein großes Polizeiaufgebot an und verhinderte eine längere Besetzung des leerstehenden Hauses. Teilweise wurden Stadtverbote bis zum Montag verteilt. Zwei Aktivisten berichten über den Abend und die Aktionstage.....

Programm der Aktionstage gibt es unter:  http://kontrollverlust.blogsport.de/

Audio:  http://www.freie-radios.net/portal/content.php?id=36646

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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Klagen, nicht klagen! — ftuktfuguzlj