Kein rechter „Trauermarsch“ in Marburg

antifa marburg 30.08.2010 22:15 Themen: Antifa Antirassismus

Kein rechter „Trauermarsch“ in Marburg
Es war einmal ein Mann, der einst ein bekannter Nazi aus Mittelhessen war. Doch seit Jahren ging es steil bergab mit ihm. Nachdem er Veranstalter von Demos in Gladenbach („Die Hölle von Gladenbach“) und ein NPD-Kandidat für den Bundestag 2009 war, hatte mensch lange nichts mehr Spannendes von ihm gehört und auch bundesweit wurde er von seinen Kameraden nicht mehr ernst genommen. Im April 2010 hatte es den Anschein, als hätte Manuel den Tiefpunkt seiner Karriere in der rechten Szene erreicht:
Zu einer von ihm angemeldeten Gegendemo erschien er ganz alleine, mit einer Handvoll Transparenten.
Doch weit gefehlt.

Vorgeschichte
In der Nacht vom 13. auf den 14. August kam es in Marburg zu einer Schlägerei. Eine Woche später erlag einer der Beteiligten seinen Verletzungen. Darauf hin gründeten sich Gruppen in sozialen Netzwerken und es gab eine Gedenkseite (samuel-gedenken.de.vu). Auch Altermedia, PI-News und verschiedene weitere Nazi-Websites griffen die Tat auf. Dabei gingen einzelne Seiten davon aus, dass „ein Marburger“ von „zwei Migranten“ getötet worden sei. Andere hielten die Täter für „Zigeuner aus dem Waldtal“.  Auf der Gedenkseite und auf den rechten Seiten wurde für einen Trauermarsch am Samstag, den 28.8.10 geworben. Während auf der Gedenkseite vor allem die Freunde angesprochen werden sollten und jegliche Politik augenscheinlich außen vor bleiben sollte, ging es bei den rechten Seiten nur um den politischen Gehalt einer Demo ohne Rücksicht auf die Familie und Freund_innen des Verstorbenen.
Auf der Gedenkseite war ein Lied von der Rechtsrockband „Sturmwehr“ verlinkt und die Seite selbst wurde auf dem Webspace der Seite vom „Bund freier Bauern“ gehosted. Der Bund ist eines der gescheiterten Projekte von Manuel Mann, allerdings nicht ganz so peinlich wie seine Gesangskarriere (Projekt X- HipHop für Deutsche). Die Seite ist zwar auf einen gefakten Namen angemeldet, allerdings unter seiner richtigen Adresse.
So kam ziemlich schnell heraus, dass die vermeintlich trauernden Initiatoren der Seite in Wirklichkeit Manuel Mann und Patrick Haas waren, die den Tot nur für ihre Hetze gegen Sinti und Roma bzw. zuerst Migrant_innen nutzen wollten. Es kam sogar heraus, dass Manuel das Opfer nicht mal kannte und nur durch einen falschen Namen Zugang zu seinem Umfeld bekam (http://www.mittelhessen.de/lokales/region_marburg/marburg/217333_Trauermarsch_ist_abgesagt.html?em_index_page=1).
Als linke Gruppen aus Marburg diese Informationen  an die Presse gaben, wurde der Trauermarsch durch den OB Vaupel verboten. Auch die Mutter des Verstorbenen erwirkte eine einstweilige Verfügung, dass der Marsch nicht stattfinden und beworben werden dürfe. Auch in den sozialen Netzwerken flog der rechte Instrumentalisierungsversuch auf, so dass Manuel dort beschimpft und bedroht wurde.
Zunächst stellte sich Manuel als Opfer der Justiz dar und sagte den Marsch ab. Erst nach Druck von Altermedia-Kommentaren etc. klagte er gegen das Verbot und bekam Recht. Der Verdacht lag nahe, dass es nun einen rechten Trauermarsch geben würde. Doch Manuel behauptete, der Marsch sei ihm wegen der einstweiligen Verfügung „zivilrechtlich verboten“ worden.  Er rief nun dazu auf, ab 13h am Tatort Blumen und Kerzen abzustellen.
Das Sahnehäubchen auf der Story war, dass am Abend des 26.8.10 Manuel Anzeige erstattete, weil er ein paar aufs Maul bekommen habe. Doch nicht mal die Polizei glaubte ihm die Geschichte…

Samstag, der Tag des Trauermarsches?
Auf der Gedenkseite wurde ein Live-Ticker eingerichtet, der über aktuelle Geschehnisse informieren sollte. Doch leider gab es keine. Dass hielt die Autoren der Seite aber nicht davon ab, welche zu schreiben. Angeblich befanden sich 50 Trauernde in Wehrda. Später war unklar, ob es Trauerende oder „Störer“ waren. Leider wurde dieses Geheimnis nicht gelüftet, sondern nicht wieder erwähnt. Im Ticker stand später, dass Personen Kerzen abgelegt hätten. Die Polizei war die gesamte Zeit über am Tatort und dementierte das Ablegen von Kerzen im Hessischen Rundfunk. Später gab es Fotos von Kerzen auf der Gedenkseite, die aber augenscheinlich nicht in dieser Jahreszeit aufgenommen wurden und auf einem Pflaster, dass weder im Kaufpark Wehrda noch am Tatort aufzufinden sind. Auch der versprochene ausführliche Bericht über den Tag ist bisher ausgeblieben.
In der Oberhessischen Presse hieß es dazu:  „,Alle Darstellungen auf dieser Internetseite sind gelogen’, erklärt Bernd Müller, Leiter des Sachgebietes Staatsschutz der Polizeidirektion Marburg.”
Allerdings hielt sich eine Gruppe von Linken in unmittelbarer Nähe zum Tatort auf, um auf eventuelle Aktionen von Nazis reagieren zu können. Doch diese blieben aus.
Und die Stadt? Vaupel hatte den Marsch verboten. Dies war zwar rechtlich aussichtslos, aber wenigstens ein richtiges Zeichen. Allerdings zeigte sich um 17h, dass es ein reines Lippenbekenntnis war: Vaupel hielt eine Rede zum 100 jährigen Geburtstag der „Kameradschaft der Marburger Jäger“, vor einer Gruppe von Altnazis, extrem rechten Burschis (u.a. Germanen und Rheinfranken) und Soldaten.

Fazit
Manuel hat tatsächlich seine Ein-Mann-Demo von Goßfelden unterboten, indem er eine Demo ohne Teilnehmer_innen organisierte und von 50 Personen im Netz halluzinierte. Er hat sowohl die Menschen aus dem Waldtal gegen sich aufgebracht, als auch das Umfeld der Bremsspur und vom Gremium MC verärgert. Auch das Umfeld vom Opfer dürfte von Manuel nicht begeistert sein, zumal bisher keine Indizien vorliegen, dass das Opfer der rechten Szene zugehörig war. Und bei den Rechten, die er mal wieder nach Strich und Faden verarscht hat, wird er sich auch keine Freunde gemacht haben.
Zwar hat der OB Vaupel sich (mal wieder) durch Charakterlosigkeit ausgezeichnet, jedoch sind die meisten Marburger_innen nicht auf die Hetze gegen Sinti und Roma und gegen den Stadtteil Waldtal hereingefallen.

 

Presse:

Trauermarsch ist abgesagt (MNZ)

Vater: "Trauer wird missbraucht"

Trauermarsch: Parlament stützt Vaupel (OP) [mit weiteren Hinweisen]

Vater des Getöteten ist froh, dass niemand zum Trauermarsch kommt (OP)

PM des AStA Marburg

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Ergänzungen

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3:1

Beobachter 31.08.2010 - 11:02
"n der Nacht vom 13. auf den 14. August kam es in Marburg zu einer Schlägerei. Eine Woche später erlag einer der Beteiligten seinen Verletzungen."
Es war eine Überfall(Rache), 3 gegen 1.

verbindung zum gremium?

Redskin 31.08.2010 - 11:02
Entweder ich habs tüchtig überlesen, oder ihr habts schlichtweg nicht erwähnt: Die "Schlägerei" (eher Hinterhalt mit einseitigem draufdreschen) hat sich vor der "Bremsspur", dem HQ (/Kneipe) des Gremium Motorcycle Clubs / Chapter Marburg, abgespielt. Das später verstorbene Opfer soll aus dem Umfeld kommen.

Danke für den Artikel. Dank Manuel weiß ich, es geht immer noch tiefer.