50 Nazis überfallen Döner in Pforzheim - aktuelles

JW 08.06.2010 15:42 Themen: Antifa Antirassismus
Aktualisierter Bericht 8.6.10 - 16.40 Uhr

50 Nazis überfallen türkischen Laden in Pforzheim (aktualisiert) mit Interview Inhaber

Pforzheimer Behörden und Justiz mitschuldig?

Ein ganzer Stoßtrupp von 50 Nazis hat einen hilflosen Döner-Besitzer in der Pforzheimer Nordstadt angegriffen. Die mit Stahlknüppeln schwer bewaffneten Banditen trugen Jacken mit der Aufschrift "Klagt nicht, kämpft". Sie drohten, das kleine Geschäft anzuzünden und zu zerstören. Der türkische Inhaber konnte sich mit Kunden gerade noch in den Laden retten und die Tür verriegeln. Als die herbeigerufene Polizei endlich kam, waren die Nazi-Schläger verschwunden. Die Suche nach ihnen blieb erfolglos. Der Überfall fand bereits am Freitag, den 21. Mai gegen 21.30 Uhr statt und wurde von der Polizei bis jetzt (8. Juni) nicht bekannt gegeben.
Warum die Beamten bei einem so massiven Verbrechen keine großräumige Fahndung eingeleitet haben, bleibt ein Rätsel. Lediglich die Nebenstraßen seien durchsucht worden, so ein Polizist. Und dies, wenn man weiß, welche Großaufgebote die "Ordnungshüter" bei weit weniger schlimmen Vorkommnissen in Marsch setzen. Der Überfall kam erst durch einen "Zufall" an die Öffentlichkeit, weil der Grüne Bundestagsabgeordnete Memet Kilic auf einer Veranstaltung darüber berichtete. Warum hat die Polizei bis jetzt geschwiegen? Währenddessen muss der angegriffene Türke wohl um sein Leben fürchten.

Der Inhaber Murat Aktas schilderte uns sein bisher schrecklichstes Erlebnis: "Aus allen Ecken kamen Gruppen von Nazis und stürmten dann gemeinsam auf meinen Laden zu. Es waren rund 50 Personen. Sie hatten etwa zwei Meter lange Stahlstangen dabei und brüllten: "Wir zünden dich an." Zum Glück konnte ich mich mit Kunden im Geschäft einschließen, bis die Polizei kam. Eine Frau fiel vor Schreck in Ohnmacht. Natürlich habe ich jetzt Angst. Aber ich will mich nicht beugen, sonst haben die Nazis ja ihr Ziel erreicht. Schließlich habe ich mein Geschäft selbst aufgebaut, arbeite hier und zahle ordentlich meine Steuern. Ein weiteres Problem ist, dass jetzt viele Kunden nicht mehr zu mir kommen, weil sie Angst vor den Nazis haben. Das ist sehr schlecht für mein Geschäft. Aber ich gebe nicht auf. Ich finde es traurig, dass so etwas im Jahr 2010 noch in Deutschland passieren kann. Die Sache ist auch schlimm für das Ansehen von Pforzheim. Ich habe zwar von Anschlägen in anderen Städten gehört, aber ich hätte nie gedacht, dass es mich selber treffen könnte.

So wie mein Geschäft jetzt ein Symbol für den Widerstand geworden ist, so ist die Gaststätte "Pflaumenbaum" ein Symbol für die Nazis. Alle Pforzheimer sollten sich gegen diese kleine Minderheit der Rechtsextremen Gewalttäter wehren und zusammenstehen. Wir wollen deshalb eine Demonstration veranstalten. Ich hoffe sehr, dass viele Menschen kommen. Wir müssen ein gemeinsames Zeichen setzen. Denn ein anderes Mal werden andere Ausländer oder Menschen mit längeren Haaren die Opfer. Das war ja noch vor 70 Jahren in Deutschland mit den Juden schlimm genug. Alle Menschen haben ein Recht zu leben. Zum Glück wird mein Geschäft jetzt von Videokameras überwacht. Einen Polizei-Posten an meinem Laden gibt es jedoch nicht. Warum die Polizei den Vorfall so lange verschwiegen hat, ist mir nicht klar".

Wie wir von jugendlichen Zeugen erfahren haben, sollen sich die Nazi-Schläger in Richtung der einschlägig bekannten Kneipe "Pflaumenbaum" in der Hohenzollernstraße zurückgezogen haben. In diesem Lokal gibt es regelmäßig eine Nacht mit Musik der Gruppe "Böhse Onkelz". Diese gelten unter Neo-Nazis als Kultband. Der Besitzer des "Pflaumenbaum" ist ein bekannter Pforzheimer Gastwirt mit guten Kontakten zur Stadtverwaltung. Ob die Polizei das Lokal durchsucht hat, ist uns bisher nicht bekannt. Die Story über den Anschlag erschien in allen großen türkischen Zeitungen. Das Image von Pforzheim ist wieder einmal ruiniert. Wie auch durch den alljährlichen Nazi-Aufmarsch auf dem Wartberg, der von den Behörden weder unterbunden noch behindert wird. Auf der Webseite der "Pforzheimer Zeitung" konnten nach dem Bericht über den Anschlag jetzt Unbekannte ausländerfeindliche Parolen verbreiten. Die Kommentare wurden mindestens drei Tage lang nicht gelöscht.

Die Umtriebe und Gewalttaten von Neo-Nazis in Pforzheim reißen nicht ab. Der jetzige Angriff auf den Döner-Mann ist wohl das Resultat eines zu laschen Vorgehens der hiesigen Behörden gegen die rechtsextremen Verbrecher. Was soll werden, wenn Neo-Nazis in Pforzheim nur zu milden Bewährungsstrafen verurteilt werden, wie kürzlich durch den CDU-Richter Hermann Meyer? Die "Ex-Goldstadt" entwickelt sich immer mehr zur Nazi-Hochburg im Land. Jedes Jahr am 23. Februar (dem Gedenktag der Bombenzerstörung) dürfen die Rechtsextremen von "Herz für Deutschland" und dem "Heidnischen Sturm" auf dem Wartberg mit einer "Mahnwache" im martialischen Fackelschein ungestört für ihre Ziele werben. Die vorwiegend jungen Gegendemonstranten werden hingegen kriminalisiert und durch Polizei-Großeinsätze behindert. Die Behörden machen sich so für die schlimmen Übergriffe auf ausländische Mitbürger mitschuldig. Die Verantwortlichen bei Stadt, Polizei und Justiz scheinen nichts dazu zu lernen. Und derweil wird das Image unserer Stadt in ganz Deutschland immer schlechter. Und Pforzheim wird von der Gold- zur Nazi-Stadt.

Von der Pforzheimer Polizei bekamen wir bis jetzt (8.6., 16.18 Uhr) auf Anfrage keine Auskunft.

Dieser Bericht über den jetzigen Überfall wurde von vielen Newsseiten (auch türkischen) im Internet übernommen. fit
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Ergänzungen

Bericht aus der Heilbronner Stimme

Xatar 08.06.2010 - 18:49
Jugendliche greifen Dönerimbiss an

Pforzheim - Eine Gruppe von bis zu 25 Jugendlichen mit rechtsradikaler Gesinnung hat im Mai in Pforzheim einen Dönerimbiss und türkische Jugendliche angegriffen. Am Abend des 21. Mai sei es in der Pforzheimer Nordstadt zu der Auseinandersetzung zwischen deutschen und türkischen Jugendlichen gekommen, sagte ein Polizeisprecher am Dienstag auf Anfrage der Nachrichtenagentur dpa. Wegen noch laufender Ermittlungen habe man dies bislang nicht öffentlich gemacht.

Staatsschutz ermittelt

Die Deutschen hätten mit Füßen und Köpfen gegen die Dönerbude geschlagen, in die sich der Besitzer und fünf türkische Jugendliche geflüchtet hätten. Auch eine Kundin sei in dem Imbiss gewesen und habe einen Zusammenbruch erlitten. Der Staatsschutz ermittle wegen Bedrohung, Sachbeschädigung und Körperverletzung. Fünf der Deutschen Jugendlichen wurden vorläufig festgenommen.

Die Angreifer gehörten zwar nicht zu einer der Polizei bekannten rechtsradikalen Gruppe, die Beamten hätten aber eine Jacke mit der Aufschrift „Klagt nicht, kämpft“ gefunden. Dies gehe in Richtung Nazislogan, sagte der Sprecher. Auch ein Schlagrohr habe im Gebüsch gelegen.

Festnahmen

Zuvor hatte es Streit zwischen fünf deutschen und fünf türkischen Jugendlichen gegeben. Alle Beteiligten seien zwischen 17 und 20 Jahre alt. Die Deutschen hätten „Ausländer raus“ geschrien, die türkischen Jugendlichen „Nazis raus“ erwidert. Die Deutschen hätten daraufhin Verstärkung gerufen, woraufhin der Dönerbesitzer sich und die Jugendlichen einschloss. Als die Polizei eintraf, seien bereits alle Beteiligten verschwunden gewesen. Kurz darauf wurden jedoch fünf Verdächtige festgenommen und später wieder auf freien Fuß gesetzt. lsw

Quelle: HSt

 http://www.stimme.de/suedwesten/polizei/art1495,1860523

Alles Nazis?

Der JW 08.06.2010 - 23:09
Sorry, aber sind das alles Nazi-Sympathisanten, die hier Kommentare posten?

Und warum glaubt Ihr das, was euch Polizei und etablierte Medien (wie dpa) weismachen wollen?
Lest doch erstmal meinen Artikel genau: Der Döner-Mann hat Kunden verloren, weil viele Angst haben, zu ihm zu kommen. Ist das etwa WERBUNG?
Und es gibt nun mal die regelmäßige Onkelz-Nacht im "Pflaumenbaum", und dort treffen sich nunmal die Rechten. Und dort gibt es nunmal fast jedes Wochenende Krawall und Schlägereien, seit Jahren. Und der Laden wird nunmal nicht geschlossen. Weil der Wirt nunmal gute Beziehungen zur Stadtverwaltung hat. Jetzt kapiert?

Quelle des dpa-Berichtes

JW 08.06.2010 - 23:35
Und noch ne Info: Die DPA bzw. Heilbronner Stimme haben die Infos von mir. Die wussten vorher gar nichts von der Sache. Die Polizei hats ja bis jetzt verschwiegen. Erst als die "mächtige" DPA aufgrund meiner Infos bei der PF-Polizei angefragt hat, haben die es rausgelassen. Soviel zum Thema Machtstrukturen in der Medienlandschaft. Die DPA hat meine Infos übrigens ungefragt geklaut, was auch überhaupt nicht sauber ist. Vielleicht kapiert ihr jetzt mal ein bißchen was.

völlig verfehlte Wortwahl

Kritiker 09.06.2010 - 09:09
"50 Nazis überfallen Döner in Pforzheim"

Einen türkischen Mitbürger mit "Döner" zu titulieren ist allerunterste Schublade. Diskriminierend und einfach nur peinlich.

" JW" NICHT Junge Welt/jungle world

? 09.06.2010 - 19:27
da manche kommentare es andeuteten: " JW" ist NICHT Junge Welt oder jungle world, sondern Jürgen Wiedmann!

Onkelz: Keine Kultband unter NEO-Nazis

Marc 26.06.2010 - 17:04
Ich möchte nur kurz ergänzen, dass die "Böhsen Onkelz" sich im Jahre 1986 offiziell von der Skinheadschiene abgewendet haben. Seit dem engagierten sich die Onkelz GEGEN Rechtsradikalismus und unterbrachen 2005 ein Onkelz konzert um eine Ansage gegen Nationalistische Parteien (NPD) loszuwerden. Deswegen werden die Onkelz von der Rechten Szenemittlerweile als "Verräter" bezeichnet obwohl diese die alten(indizierten) Lieder auflegen, was meiner Meinungnach ein Zeichen für fehlende intelligenz bei Neonazisist. Mit freundlichen Grüßen Marc PS.: Eine Quelle dafür findet ihr in dem Link oben oder hier:

Inhaltlicher Müll

ThinkGreen 26.06.2010 - 17:33
Also JW,

ich kann meinem Vorredner Schallundrauch nur zustimmen! Eine Musikgruppe, die im alter von 15-18 Jahren auf der rechten Schiene gewesen ist für Rechtsradikalismus verantwortlich zu machen halte ich für äußerst fragwürdig. Ich konnte zwar mit dem Musikstil der Onkelz nichts anfangen, habe mich aber intensiv mit dieser Band beschäftigt. Ich habe mich in einem Jugendheim 2005 zusammen mit Heranwachsenden zusammengesetzt um mit ihnen über alles Mögliche zu plaudern. Dort bin dann irgendwie auf das Thema Böhse Onkelz gestoßen.

Diese Band war im jugendlichen Alter eben noch nicht reif genug und sie haben ihren Frust, der durch ihr Privatleben angefallen ist an Ausländern rausgelassen: "Türken Raus"

Man wird erwachsen und entwickelt sich weiter, also folgte wenige Jahre das Lied "Erinnerung", welches mit der Vergangenheit abschließen soll. Sie waren sicherlich auch mal jung und hatten eine Andere Weltanschauung, oder?

Da die Medien diese Aussage (und Sie wahrscheinlich auch nicht) nicht verstanden brachten Sie immer mehr Lieder gegen Rechtsradikalismus wie z.B."Deutschland im Herbst" heraus.
Hören Sie sich dieses Lied doch einmal Vorurteilsfrei an und Sie werden verstehen was ich meine.


Es ist also in der Tat nur ein Klischee diese Band mit Rechtsradikalismus in Verbindung zu ziehen.


Warum sollte man sich dann nicht mit einem Antifa T-Shirt auf einem Onkelzkonzert blicken lassen?
Erkläre ich gerne!

Die Organisation Antifa hat jahre lang versucht die Onkelz weiterhin in die "Rechte Ecke" zu drücken. Sie haben sich AKTIV gegen die Onkelz eingesetzt. Deswegen ist die Antifa in den Augen der Onkelzfans eine heuchlerische Links-Faschistische Organisation.

Überdenken Sie bitte nocheinmal Ihre Aussage und melden Sie sich erst zurück,wenn Sie aufanderen Seiten alsantifa.de recherschiert haben.

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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liebe JW — ...

Ahja... — SchallundRauch

Noch was — JW

@SchallundRauch — ...

jetzt aber mal los — expforzheimer

-Wortwahl voll daneben- — öäüöäü