Kosovo-Abschiebung - Protest D-Dorf Flughafen

Bleiberecht für alle! 18.03.2010 15:09 Themen: Antifa Antirassismus
Mit Pressekonferenz und Samba wurde gestern gegen eine Sammel-Charterflug-Abschiebung von 150 Roma in das Kosovo protestiert. Während die Pressekonferenz draußen vor der Tür zur Abflughalle stattfand, machten drinnen trommelnd und rufend UnterstützerInnen die Reisenden auf die elendige Situation der in diesem Moment und von diesem Flughafen abgeschobenen Roma aufmerksam.
Düsseldorf 17.03.2010
Vor dem Eingang Abflughalle B des Düsseldorfer Flughafens, war sie einberufen worden, die Pressekonferenz. Der Grund: eine Sammelabschiebung in den Kosovo. Mit einer Chartermaschine der Czech-Air sollten 150 Roma und Angehörige anderer Minderheiten in das Kosovo abgeschoben werden. Dort erwartet sie Elend, Leben in Slums oder slumähnliche Zustände. Eine soziale Absicherung gibt es nicht, die Familien stehen vor dem absoluten Nichts. Hinzu kommen die tagtägliche Ausgrenzung und der Rassismus seitens der albanischen Bevölkerung.

Eingeladen hatten der Rom e.V., die Initiative Stay!, Diakoniepfarrer Torsten Nolting, Frank Laubenburg, Landtagskandidat Die Linke und Monika Düker MdL, Flüchtlingspolitische Sprecherin von Bündnis 90/Grüne.
Aufgrund von Problemen bei früheren, ähnlichen Protestveranstaltungen am Düsseldorfer Flughafen wurde die Pressekonferenz außerhalb des Gebäudes, am Eingang und auf offener Straße abgehalten. Das Medienecho war dann auch erstaunlich groß.

Nach Willen der Bundesregierung soll ein „Kontingent“ von 2500 Roma jährlich in das Kosovo abgeschoben werden. Kritik kommt bundesweit von unterschiedlichen Menschenrechtsgruppen, Kirchen, Parteien und Verbänden, selbst das UNHCR (UN-Flüchtlingshilfswerk) hatte in seinem Bericht 2009 ausdrücklich von Abschiebungen in das Kosovo abgeraten.

„Die BRD trägt eine besondere Verantwortung. Über 500.000 Sinti und Roma wurden während der Nazizeit ermordet, Basis war der so genannte Runderlass von Himmler „zur Regelung der Zigeunerfrage aus dem Wesen der Rasse heraus“. Die BRD als Nachfolgestaat Nazideutschlands hat eine besondere historische Verantwortung gegenüber Angehörigen von Gruppen, die während des Faschismus verfolgt wurden. Sie wird aufgefordert dieser historischen Verantwortung gerecht zu werden und als Konsequenz den Roma ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht zu geben, anstatt sie in den Kosovo abzuschieben.“ sagt Iris Biesewinkel, von Rom e.V.
Sie kennt die Situation der Roma im Kosovo gut und weiß wovon sie spricht, wenn sie von Verelendung der Abgeschobenen redet.

Viele der Betroffenen leben seit Jahren in der Bundesrepublik, die Kinder sind hier geboren, hier zur Schule gegangen sprechen nur deutsch. An eine Fortsetzung der Schulbildung im Kosovo ist jedoch nicht zu denken. Die Arbeitslosigkeit beträgt schon in der albanischen Bevölkerung 70-80%, unter den Roma liegt sie bei annähernd 100%. Hinzu kommt der noch immer stark vorhandene Rassismus gegenüber Roma, Ashkali, Kosovo-Ägypter und anderen Minderheiten.

Zunächst sah es nach einer kleinen Runde aus, 5-10 VertreterInnen der verschiedenen Beratungsstellen und Flüchtlingsorganisationen standen der Presse gegenüber, einige mit Luftballons mit der Aufschrift „Hier geblieben“.
Doch noch während Interviews geführt wurden und die Presse ihre Fragen stellten,
konnten aus dem Inneren der Abflughalle Trommeln und Sprechchöre „Bleiberecht für alle! Abschiebung ist Folter! etc“ vernommen werden.
Rythms of Resistance und andere UnterstützerInnen machten lautstark die Reisenden auf die in diesem Moment und in diesem Flughafen vorbereitete Abschiebung der 150 Roma aufmerksam. Entgegen den letzten Jahren war ihnen der Zutritt zur Halle gelungen und die ca. 30 Leute konnten mit viel Lärm und bei guter Akustik eine große Runde in der Abflughalle drehen. Draußen bei der Pressekonferenz angekommen wurde aufgehört zu trommeln, 2 große Transparente entrollt. („Abschiebestopp jetzt!“ „Grenzen auf! Stop Deportation! Bleiberecht für alle!“) Die letzten Flugblätter waren schnell an das überwiegend wohlwollend interessierte Publikum verteilt.
Und auch die MedienvertreterInnen freuten sich über die schönen Bilder und Soundcollagen…

Am Ende der Pressekonferenz und nachdem schon einige der FlüchtlingsvertreterInnen gegangen waren, entschlossen sich die noch Verbliebenen zu einem spontanen Spaziergang zum Gate F. An der Seite der Abflughalle gelegen ist dies der Ort, wo die Roma aus ganz Niedersachsen und NRW hingebracht werden und von wo aus der Abschiebe-Charter startet.
Das flache Gebäude war stark mit Polizei abgeriegelt, hoher Zaun und Kameras trennten zusätzlich die Protestierenden von dem Geschehen im Inneren. Trotzdem wurde sich gegenüber niedergelassen und abgewartet.
Eine für viele sehr traurige und schwierige Situation, so machtlos zusehen zu müssen und nicht eingreifen zu können, während der Staat die Abschiebemaschinerie am Laufen hält und per Paragraf und Gesetz über das Leben und Schicksal von Menschen entscheidet. Da half auch nicht das gute Wetter und die ersten warmen Frühlingssonnenstrahlen.
Um 13 Uhr sollte der gecharterte Flug mit Czech-Air starten. Informationen besagten, dass es zu Verzögerungen kommen könnte. Und so wurde um 13 Uhr beschlossen wieder gemeinsam zurückzugehen. Auch jetzt konnte wieder die große Zufahrtsstraße zur Abflughalle genommen werden und trotz Polizeipräsenz eine weitere laute Runde in der Abflughalle gedreht werden, diesmal mit Transparenten.
Wer den stark abgeriegelten Flughafen von früheren Protesten her kennt, konnte sich zumindest hierüber ein wenig freuen!! Gemeinsam ging es dann mit Polizeibegleitung in Skytrain und bis zur S-Bahn zurück.

Alles im allem eine zwar kleine, aber sehr gelungene Aktion. Pressekonferenz und trommelnde Protestierende haben sich prima gegenseitig ergänzt. Wer nicht dabei war hat etwas verpasst.
Und weil wir leider erst am Anfang von einer ganzen Welle von großen Abschiebungen in unterschiedliche Länder stehen, wird es wohl nicht das letzte Mal gewesen sein!

Die menschenverachtende Abschiebemaschinerie nicht kommentarlos hinnehmen!
Das ganze Bleiberecht für alle! – Wer bleiben will soll bleiben!
Kein Mensch ist illegal!
Sand ins Getriebe!
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Ergänzungen

einige Roma konnten "entkommen"

no deportation 18.03.2010 - 15:14
Es gibt Informationen, das mindestens eine Familie vor der Abschiebung ins Kirchenasyl gekommen ist und bei einer anderen Familie Abschiebehindernisse geltend gemacht werden konnten. Laut Verbindungsbüro in Pristina sind gestern
nur 50 Abgeschobene in den Flieger gestiegen. Ob es den anderen gelungen ist, ihrer Abschiebung zu entkommen ist noch unklar.

Czech-Airlines

deportation class 18.03.2010 - 15:23
Die Abschiebung wurde mit einem Charterflug der Czech Airlines ausgeführt.
Schon September 2009 und Dezember 2009 gab es größere Abschiebeflüge in das Kosovo, sehr wahrscheinlich auch mit Czech-Airlines. Ihr deutscher Firmensitz ist in Frankfurt/Main.

CSA Czech Airlines Deutschland
Geleitsstr. 14
60599 Frankfurt/Main
Tel.: +49/69/9200350
FAX 06992003520
Reservierung:0180-5006737
E-mail  fra@czechairlines.com
 http://germany.czechairlines.com/de/portal/passengers.htm

Berichte auf WDR/Funkhaus Europa

media 18.03.2010 - 23:07
Radio Funkhaus Europa (gehört zu WDR) hat ausführlich und gut berichtet:
 http://www.funkhauseuropa.de/sendungen/funkhaus_europa/das_thema.phtml

Kirchenasyl für entkommene Roma Familie

Trinitatis 18.03.2010 - 23:59
Kirchenasyl für Roma Familie in der Moringer Pfarrkirche
Seit Dienstag, den 16. März 2010, befindet sich die Familie Asimi in der Moringer Pfarrkirche, der Ev.­luth. Trinitatis ­ Kirchengemeinde Leine Weper, im Kirchenasyl. Bei den fünf Menschen handelt es sich um Roma aus dem Kosovo, die am Mittwoch, 17. März 2010, nach Pristina (Kosovo) abgeschoben werden sollten. Der Landkreis Göttingen hatte die aus Bösinghausen stammende Familie für den von Düsseldorf startenden Abschiebeflug, der von Czech Airlines durchgeführt wurde, gemeldet. Die Flüchtlinge hatten über ihren juristischen Beistand einen Antrag auf Aussetzung der Abschiebung in den Kosovo gestellt. Die Gerichtsentscheidung am Dienstag dieser Woche ging negativ für sie aus.

Die Familie wurde im September 2006 mit brutaler Gewalt aus dem Kosovo vertrieben. Ihnen wurde angedroht, dass wenn sie ihr Haus und ihre Stadt nicht verließen, sie umgebracht würden. Der 34jährige Familienvater, der als Selbstständiger den Beruf des Seilmachers ausübte, wurde mehrfach Opfer von gewalttätigen Übergriffen, bei denen er sogar aus seinem eigenem Haus entführt und ihm sämtliche Zähne ausgeschlagen wurden. In mehreren ärztlichen Gutachten wurde unter anderem eine Schmerzstörung, eine schwere Depression und eine Angsterkrankung diagnostiziert. Die Ärzte stellten fest, dass er eine dringende psychiatrische und psycho­therapeutische Behandlung bedürfe und Reise unfähig sei.

Seit dreieinhalb Jahren lebt die Familie in Bösinghausen und hat in der Dorfgemeinschaft schon sehr viele Freunde gefunden, so beschreibt es eine Nachbarin. Die Mutter hat in der Umgebung mehrere Arbeitsangebote, denen sie aber nicht nachgehen darf, da sie keine Arbeitserlaubnis von der Ausländerbehörde bekommt. Der 16jährige Sohn hat eine Ausbildungsstelle zum Gastronomiefachmann angeboten bekommen, seine Schwester geht wie er auf die weiterführende Schule in Gieboldehausen. Die 13jährige nimmt regelmäßig an dem Projekt „Kindercafe Waake“ teil. Die jüngste Tochter ist im November 2008 zur Welt gekommen.

Durch das Kirchenasyl soll nicht nur auf die prekäre Lebenssituation der Familie aufmerksam gemacht werden. Durch die Abschiebung wären ihnen wichtige rechtliche Schritte versagt worden. Für sie gibt es keine menschenwürdige Zukunft im Kosovo und so sah die Familie keine andere Möglichkeit, der drohenden Abschiebung zu entgehen.

center.tv Beitrag zum Protest

gefunden 20.03.2010 - 00:54

Solidarität muss praktisch werden

Charlie 20.03.2010 - 21:42
Es gab im September 2009 ein Solidaritätsaufruf verschiedener antifaschistischer und kommunistischer Gruppen:
 http://cosmoproletarian-solidarity.blogspot.com/2009/09/solidaritat-mit-den-von-abschiebung.html

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Verstecke die folgenden 5 Kommentare

Antiziganismus in Deutschland

Nie wieder Deutschland 18.03.2010 - 15:32
Eine gelungene Aktion zwar aber nur ein Tropfen auf's deutsch-rassistische Getrieberad, wovon es noch lange nicht anfängt zu rosten.

Im Vornherein müssen die abschiebebedrohten Menschen besser geschützt werden.
Flüchtlinge verstecken!

Keine Grenze, keine Schranke - Deutschland ist nur ein kranker Gedanke!

ist ja egal

es 18.03.2010 - 16:25
dauert ja nicht lange, dann ist der großteil der leute eh wieder hier...

Stichwort: Marcel Haliti

Ferdinando 18.03.2010 - 18:46
Stimmt es, daß der Kreisvorsitzende der NPD Essen, Marcel Haliti, auch abgeschoben wurde?

Danke!

Mincer 18.03.2010 - 19:46
Danke für euer Engagement!

Und?

Nepomuk 19.03.2010 - 00:35
Zitat:

"Mohamed Fakhro wurde abgeschoben!
Freiheit 18.03.2010 - 20:47
Die Demo von Mohameds Familie hat nichts gebracht. Der Serienstraftäter musste trotz Selbstmorddrohungen gestern um 16 Uhr Deutschland verlassen. Sein Bruder wurde wegen ähnlicher Delikte schon vor Jahren abgeschoben und lebt dort unter menschenunwürdigen Bedingungen auf der Straße!!!"


Was ist daran bitte schlimm? Der hat sich hier nicht integriert und stattdessen genügend Straftaten begangen. Von dieser Maßnahme sollte man in ähnlich gelagerten Fällen viel öfters Gebrauch machen.

Ich denke, der Großteil der rechtschaffenden Bundesbürger (und ich meine explizit auch die mit Migrationshintergrund!!Jawoll!) sieht das zum Glück genauso. Fragt mal einen lebensälteren, türkischstämmigen Herrn aus Euer Nachbarschaft, der hier integriert ist, wie der das sieht...

Die Meisten, die hier einen auf Gutmensch machen, wären für einen wie den Herrn Fakhro wahrscheinlich nur Opfer.

Sorry, aber es bleibt so, wer das Gastrecht oder das Asylrecht mißbraucht, hat hier nichts zu suchen. Punkt. Greift man (der Staat) da nicht mal durch, muß man sich nicht wundern, wenn die Rechten immer mehr Zustimmung in der Bevölkerung bekommen.