Ein anderer Blick auf Griechenland

sandankoro 08.03.2010 13:08 Themen: Globalisierung Repression Soziale Kämpfe Weltweit
Dieser Artikel soll ein Aufrauf sein, die aktuelle Situation in Griechenland im historischen sowie wirtschaftlich-politischen Kontext zu sehen.
Griechenland steht am Rande des wirtschaftlichen Ruins und das nicht erst seit gestern. Trotzdem überschlagen sich sowohl in den Printmedien wie auch auf Indymedia die Artikel mit einem, leider oftmals stark verzerrten, Blick auf die Situation.

Fakt ist, dass sich in Griechenland konkretisiert, was vielen anderen Länder wohl noch bevorsteht, nämlich der Staatsbankrott in Folge der Finanzkrise. Dennoch sollte nicht vergessen werden, dass Griechenland seit Jahren wirtschaftlich schlecht aufgestellt ist, dass dringend nötige Reformen nicht oder nur unzureichend ausgeführt wurden, dass die Verwaltung bis hin zu medizinischem Personal teils offen korrupt ist. All dies ist nicht neu, so waren die finanziellen Tricksereien der Regierung Papandreou bei genauerem Hinsehen auch für die Kontrolleure von Weltbank und EU ersichtlich. Nur sehen und bennenen wollte sie keiner.
Wenn jetzt in den hiesigen "Zeitungen" wie der Bild über die bösen und angeblich so durch und durch korrupten "Pleite-Griechen" schwadroniert wird, so geht das genauso an der Relatität vorbei wie das Herbeireden einer angeblichen Deutsch-Imperialistischen Verschwörung.
Deutschland und die EU haben durch das jahrelange Gewährenlassen völlig pervertierter Finanzmärkte den Zusammenbruch Griechenlands mit verschuldet, gleichwohl war das nur der letzte Tropfen, der ein eh schon übervolles und teils auch morsches Fass zum Überlaufen brachte.
Wenn sich jetzt in einem breiten "revolutionären" Konsens auf die Seite der "armen" Griechen gestellt wird, sollte nicht vergessen werden, dass es eben diese "armen" Griechen waren, die trotz Korruptionsskandalen und Inkompetenz die Machthaber im Rotationsprinzip immer wieder gewählt haben. Auch jetzt richtet sich der durchaus berechtigte Zorn meist gegen eine diffuse Bedrohung von aussen und nicht in erster Linie gegen die eigenen Machthaber.
Mit den Folgen der Krise werden die Griechen noch lange zu tun haben, umsolänger, falls keine Reformen und ein wirklicher Kampf gegen Korruption angepackt wird.
Die EU und eben auch Deutschland ist in der Pflicht finanziell und strukturell zu helfen, dennoch sollten Hilfen auch an nötige Reformen geknüpft werden. Wenn sich hier Leute über das Vorhaben aufregen in Greichenland eine funkionierende Krankenversicherung aufzubauen, dann sollen diese Leute doch auch einmal erläutern, was denn die Alternativen sind für Leute die sich ansonsten eine Behandlung nicht leisten können?! Da wird gegen Windkraftanlagen gehetzt, wobei auf vielen Inseln bis heute völlig veraltete und umweltschädliche Generatoren laufen.

Die kommenden Monate werden schmerzhaft für Griechenland und es werden sicherlich auf beiden Seiten auch weiterhin Fehler gemacht werden. Mit einer blossen "No" Haltung und dem Verrennen in Verschwörungstheorien wird die radikale Linke in Kürze keine Rolle mehr spielen. Das wäre dann wirklich schade, denn gerade in einer Krise sind realistische linke Lösungsansätze als Alternative zum medialen Einheitsbrei vonnöten. Nicht nur im Hinblick auf Griechenland, sondern auch und gerade in Anbetracht der weiteren wirtschaftlich wackelnden Länder.

Eine realistische Analyse und ein progressiver Ansatz wären gerade auf Indymedia ein gelungener Kontrast zum Verkauft-doch-eine-insel/Deutschland-ist-schuld Wahn.
Creative Commons-Lizenzvertrag Dieser Inhalt ist unter einer
Creative Commons-Lizenz lizenziert.
Indymedia ist eine Veröffentlichungsplattform, auf der jede und jeder selbstverfasste Berichte publizieren kann. Eine Überprüfung der Inhalte und eine redaktionelle Bearbeitung der Beiträge finden nicht statt. Bei Anregungen und Fragen zu diesem Artikel wenden sie sich bitte direkt an die Verfasserin oder den Verfasser.
(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)

Ergänzungen

Artikel? wo?

warum nw? 08.03.2010 - 16:46
das ist hoechstens blog-wire...
der autor bleibt zudem noch voellig schuldig, was denn die "so dringend benoetigten reformen" sein sollen, ebenso verzerrt er den blick auf die berichterstattung bei "indymedia" in dem er auf ergaenzungen bezug nimmt, die von irgendwem stammen.
alternativen zu einer krankenversicherung waeren z.b. ein oeffentliches gesundheitssystem, wie es in argentinien gibt - kostenlose grundversorgung und krankenhaeuser...
ist auch nicht der weisheit letzter schluss bei chronischer unterfinanzierung, aber immerhin wird dort niemand nach seinem pass gefragt, wenn er/sie ins krankenhaus geht.
im gegensatz zu deutschland, was ja vom autoren als alternative gepriesen wird.
hier brauchts einen "legalen aufenthaltsstatus" um ueberhaupt in medizinische versorgung zu kommen.

der blick auf griechenland auf indy laesst sich aber meiner meinung nach nicht ueber "wirtschaftsfolgen" etc. aus, sondern (wie fuer indymedia typisch und richtig) nimmt mehr bezug auf die lokalen kaempfe in griechenland. waere natuerlich schoen, wenn mehr aus griechenland uebersetzt werden koennte, aber mir ist es lieber, von aktuellen kaempfen der basis zu lesen als mir von irgendeinem autor erklaeren zu lassen, warum diese "reform" so dringend noetig ist (wie es dieser "artikel" versucht)

griechenland macht hoffnung, die griechischen revolten strahlen bis lateinamerika aus. nur der ruf nach einer europaweiten organisierung, der aus griechenland herueberschwappt, verhallt hier ungehoert - ist man doch mehr mit seiner "szene" beschaeftigt.

Rüstung runter

Herbert Steeg 08.03.2010 - 18:26
Was mir bei der Griechenland-Debatte immer wieder auffällt, ist das Ausblenden der enormen Rüstungsausgaben Griechenlands. Das ist offensichtlich einer der wesentlichen Gründe der Staatsverschuldung. So gibt Griechenland 4,3% des BIP für Verteidigung aus, relativ mehr als doppelt so viel wie Deutschland. Auf einer Liste aus dem Jahr 2006 stand Griechenland in den Rüstungsausgaben pro Kopf der Bevölkerung auf Platz 12 weltweit.
Das ist vor allem Ergebnis des Streits mit der Türkei. Das offiziele Deutschland kritisiert diese Rüstungsausgaben nicht, wahrscheinlich weil Griechenland einen Großteil seiner Waffen in der Bundesrepublik kauft.
Anstatt auf der Spekulationsschiene mitzulaufen, die nichts erklärt, sollten konsequente Linke hier lieber den Blick auf die Abrüstung lenken. Ich weiß nicht wie weit das die griechische Linke macht. Wenn nicht, könnte das was mit griechischem Nationalismus zu tun haben?

das alte Lied

nixpeiler 08.03.2010 - 19:55
nicht gegen die Sparmaßnahmen muss gestreikt und demonstriert werden, sondern gegen das system was sie nun scheinbar erforderlich macht.

so schwer ist das wirklich nicht zu kapieren. aber nichtmal wenn das bürgerliche glücksversprechen in seiner krisenhaften gestalt den leuten vor die eigene haustür kackt, nehmen sie es als illusion wahr! ich weiss auch nicht was man noch machen kann, damit die leute endlich aufhören in ihren reformistischen, alternativlosen kategorien zu denken, oder ihre wut und kritik regressiv zu äußern, indem sich auf "die eu, die sparmaßnahmen und ihre verwalter_innen, das finanzkapital", oder welches personifizierte feindbild auch immer berufen.

so schwer kann es doch nicht sein zu verstehen, dass der ganze laden einfach mal weg muss.

bürgerlicher Mist promoted by Indymedia Mod..

Kapitalism cannot be reformed it must fall 08.03.2010 - 23:11
Wie kann es sein, dass dieser Mainstream-Mist es bei Indymedia Germoney auch noch ins Newswire schafft, während andere wirklich lesenswerte und gute (allerdings kritische) Artikel im Openposting schnell verschwinden?

zum Artikel:

"...Herbeireden einer angeblichen Deutsch-Imperialistischen Verschwörung..."

Fahr mal nach Griechenland, da sind massig deutsche Firmen, um nur ein paar zu nennen: MAN, Siemens, Bosch, Lidl (verkauft dort zu ca. 30% höheren Preisen), Grohe (in jedem Laden, der 'nen Klo hat, findest du 'ne Grohe Schüssel), Deutsche Bank, Thyssen Krupp, Rheinmetall (von denen kommt das Tränengas) usw. usf. Gehst du dort in eine Drogerie, denkst du, das du noch in DE bist, fast die gleichen Firmenprodukte, wie bei Schlecker, Rossmann & Co, nur eben einiges teurer, denn es sind ja Importgüter... Ach so auch nicht zu unterschätzen die Deutsche Telekom mit satten 30% Aktienanteil der größte Anteilseigener der ehemals staatlichen OTE A.E. (Hellenic Telecoms S.A.), nebenbei gehört dazu auch die Firma OTEnet, die am liebsten Athens Indymedia vom Netz nehmen möchte. Es ist nicht das Problem, dass es dort deutsche Firmen gibt, sondern mit welchen korrupten Methoden es ihnen ermöglichen, dort den Markt mit ihren Importprodukten zu überfluten und einheimische Konkurrenz problemlos auszuschalten, wenn der Typ von Siemens unbehelligt und ganz offen im deutschen TV zugibt, dass dort Bestechungsgelder geflossen sind, und dass das alltägliche Firmenpraxis ist, wo ist da bitte die Verschwörung???



"...dass es eben diese "armen" Griechen waren, die trotz Korruptionsskandalen und Inkompetenz die Machthaber im Rotationsprinzip immer wieder gewählt haben. Auch jetzt richtet sich der durchaus berechtigte Zorn meist gegen eine diffuse Bedrohung von aussen und nicht in erster Linie gegen die eigenen Machthaber."

1. Durch die Revolte im Dezember 2008 wurde die rechte Regierung (Nea Demokratia) quasi gestürzt, sie war nicht mehr regierungsfähig und musste 2 Jahre vor dem nächsten Wahltermin Neuwahlen ansetzen.

2. Der Anteil der NichtwählerInnen (29,1 %) war genauso hoch wie hier, und dass obwohl es sogar ein Gesetz in gr gibt, dass dich verpflichtet wählen zu gehen... Die Menschen wählten auch vielfach strategisch die Kleinstparteien und in 2,6 % weiß (ungültig).

3. Hast du hier jemals gesehen, dass sogar Menschen über 40 Jahre sich mit der Staatsgewalt anlegen? Ich jedenfalls nicht.

4. Und was erwartest du eigentlich? Wie siehts denn hier aus? Etwa besser? Gehen die Leute in de etwa nich wählen, gibts hier keine Korruptionsskandale (ups ich vergaß, dass Korruption hier vielfach legal ist:  http://www.perlentaucher.de/artikel/5378.html ) und Imkompetenz der Machthaber (schau dir nur ma Westerwelle an, oder Merkel, die alles aussitzt, um bloß nix falsches zu sagen)?


und zum letzten Rest dieses "tollen" Artikels:
Was nützen Krankenversicherungen, die sich kein Mensch leisten kann? Windkraftanlagen auf griechischen Inseln, wo denn da, etwa in den Bergen? Holzen wir doch einfach dort die letzten Bäume ab, die noch nich von den meinstens gelegten Feuern vernichtet wurden, bauen noch mehr Straßen und kacken den Rest doch auch noch mit Beton zu, wirklich klasse Idee, wundert mich nur, dass noch keine Firma hier auf die Idee gekommen ist, Helgoland zu einer großen Windkraftanlage zu machen, is voll ökologisch und schafft Arbeitsplätze!

Dann würd ich auch noch gerne erfahren, welche notwendigen Reformen du eigentlich meinst und wie deine alternativen, realistischen, linken Lösungsansätze aussehen???

Ich habe einen: soziale Revolution jetzt und überall!!!

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Zeige die folgenden 8 Kommentare an

das — ist

@ ist 08.03.2010 - 15:08 — sandankoro

guter artikel — ariadne naxos

Progressivität — Fabian G.

@sandankoro — super

sandankoro 09.03.2010 - 11:22 — capitalism cannot be reformed it must fall

@sandankoro — Vassilis Bakuninos