Leipzig: Verfahren gegen Critical Mass

Critical Mass Leipzig 19.02.2010 01:34 Themen: Freiräume Repression Ökologie
Die Bußgeldverfahren gegen eine Gruppe von 15 RadfahrerInnen, die im vergangenen Mai an
der Critical Mass in Leipzig teilnahmen, sind eingestellt worden. Damit konnten sie sich
erfolgreich gegen den Vorwurf eines vermeintlichen Rotlichtverstoßes durchsetzen.
Amtsgericht entscheidet zu Gunsten der Critical Mass

Polizeibeamte hatten die Verbandsfahrt der RadlerInnen Ende Mai abrupt und aggressiv gestoppt und nach einer nicht weiter begründeten Aufnahme aller Personalien aufgelöst. In den Folgemonaten wurden gegen einige Teilnehmende Bußgeldverfahren eröffnet. Den RadfahrerInnen wurde vorgeworfen, allesamt gemeinsam eine rote Ampel an der Ecke Uferstraße/ Pfaffendorferstraße missachtet zu haben. Dieser Beschuldigung widersprachen die Betroffenen mehrfach, sodass der Ausgang der Verfahren letztendlich durch das Amtsgericht Leipzig entschieden werden musste.

Für Anfang dieses Jahres wurden zahlreiche Beschuldigte zu gerichtlichen Verhandlungen vorgeladen, einige wenige Verfahren wurden bereits vorab eingestellt. Mit Hinweis auf die gebotene Gleichbehandlung aller Verfahren konnten die Beschuldigten die Einstellung ihrer Verfahren durch das Amtsgericht Leipzig erwirken. Dazu Rechtsanwalt Jürgen Kasek: „Mit der Einstellung der Verfahren ist das primäre Ziel erreicht worden. Es wäre nur schwer nachvollziehbar gewesen, wenn die Betroffenen unterschiedlich behandelt worden wären. Das Gericht hat unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit bei einer schwierigen Beweislage die Verfahren zu Recht eingestellt. Das ist ein wichtiges Zeichen, dass es sich lohnt, gegen zu Unrecht ergangene Bußgeldbescheide vorzugehen“.

Zweifelhafter Polizeibericht und verschwundenes Beweismaterial

Als Critical Mass sind die RadfahrerInnen in einem Verband unterwegs, der auf Grundlage der Straßenverkehrsordnung als ein Verkehrsteilnehmer gilt. In der zentralen Frage, ob dieser Verband im Mai bei Grün oder bei Rot über die Kreuzung fuhr, widersprachen sich die Aussagen des Polizeiberichtes und der VerbandsteilnehmerInnen. Während die Polizei angab, dass alle Teilnehmer bei Rot gefahren seien, äußerten die RadfahrerInnen, dass die Ampel zu Beginn der Überquerung auf Grün gestanden habe.

An der Verbandsfahrt im Mai beteiligten sich über 70 RadfahrerInnen. Dass alle Teilnehmer bei Rot gefahren sein sollen, war bei der Gesamtlänge des Verbandes daher äußerst zweifelhaft. Zudem wäre eine Überquerung bei Rot auf Grund des verhältnismäßig starken Verkehrs an der Kreuzung von Ufer- und Emil-Fuchs-Straße mit der Pfaffendorfer Straße ein äußerst riskantes, nahezu unvorstellbares Unterfangen gewesen. Eine Klärung der Sachlage wäre durch die Auswertung der polizeilichen Videoaufnahmen vom damaligen Einsatz sehr wahrscheinlich möglich gewesen. Allerdings ist der Verbleib dieses Materials bis heute nicht geklärt.

Auch wenn es durch die Einstellung der Verfahren zu keiner wirklich abschließenden Klärung der Sache kam und es somit keine juristische Entscheidung zum Thema Fahrradverband gibt, sehen die Betroffenen die Entscheidung des Amtsgerichtes als Erfolg. „Die Verfahren gegen uns wurden auf Grundlage der Aussagen von Polizeibeamten eröffnet. Wenn man sich das bewusst macht, ist die Einstellung der Verfahren sicherlich als größtmöglicher Erfolg zu werten,“ sagt Claudia Müller, eine der ehemals Beschuldigten. Die Entscheidung des Amtsgerichtes sowie ein mittlerweile entspannterer Umgang der Polizei mit der Critical Mass bestärkt die RadfahrerInnen in ihrem Recht, auch weiterhin Verbandsfahrten durchzuführen.

Umgang der Polizei mit der Critical Mass in Leipzig

Im vergangenen Jahr wurde die Leipziger Critical Mass von Seiten der Polizei sehr unterschiedlich behandelt. Neben den zahlreichen Anzeigen im Mai und einem reibungslosen Ablauf im Juni wurde den Teilnehmenden im Juli die Möglichkeit genommen, überhaupt zu starten: Unter Androhung von Bußgeldern und unter umfangreicher Polizeiaufsicht schoben diese ihre Räder durch die Stadt. Im August gestaltete sich die Critical Mass als Wechselspiel unterschiedlicher Anweisungen seitens der Polizei, zu einem Zeitpunkt, an dem sich Leipziger Medien der Angelegenheit stärker annahmen. Nach einem Gesprächsangebot des Leipziger Polizeipräsidenten Horst Wawrzynski und einem entsprechenden Treffen mit einigen RadfahrerInnen im September hat sich die Lage deutlich entspannt. Die Radfahrten finden nach wie vor mit Polizeibegleitung statt, dabei werden aber deutlich weniger Beamte eingesetzt, zudem setzt man auf Gesprächsbereitschaft und spontane Absprachen.

Die Idee der Critical Mass entstand 1992 in San Francisco. Dort verabredeten sich Radfahrer, um gemeinsam Präsenz auf den Straßen zu zeigen. Seitdem gibt es weltweit ähnliche Aktionen. Bei einer Critical Mass gibt es keinen Organisator, nur einen Termin, meist der letzte Freitag im Monat. Die nächste Critical Mass in Leipzig ist demnach am 26. Februar. Treffpunkt ist um 17:30 Uhr auf dem Augustusplatz.


Hintergründe zur Leipziger Critical Mass:  http://www.rad-le.de/plugin/tag/critical+mass
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Ergänzungen

CM mit team green?

DDner 19.02.2010 - 18:48
Solidarische Grüße nach Leipzig!

Bei dem Stress mit den Bullen ist ein klärendes Gespräch durchaus nachvollziehar, nur, warum läuft eure CM nun in Begleitung der Bullen ab? Das ist doch unglaublich. Was ist an der Regelung CM = 16 Radler = Verband falsch zu verstehen? Dieses Prozedere kann man ja nur noch steigern, wenn das erste Rad ein Videofahrad zur "Beweissicherung" ist (Unschuldsumkehr).

Auf das sich die Zustände für Euch zum Besseren ändern.

Es grüßt ein Singlespeeder.

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Zeige die folgenden 2 Kommentare an

GENERELL NUR BEI ROT — nur totes ist gutes auto

ehm.. ? — zensiert