ChaotInnen-Aktionen in Leipzig halten an

chaosismirlieber 04.01.2010 14:54 Themen: Freiräume Repression Soziale Kämpfe
Nachdem bereits am 30.12.2009 das Aktionsbündnis gegen Nazis - Ladenschluss eine Antirepressionsdemonstration durch den Leipziger Süden veranstaltete, am 02.01. zwischen 200 und 300 Menschen auf dem zentralen Platz des Südens, dem Connewitzer Kreuz eine mehrstündige Schneeballschlacht zelebrierten, kam es auch am Sonntag Abend zu erneuten Aktivitäten.
Die öffentliche Ordnung in Leipzig ist gefährdet. Das sollte mensch glauben, liest mensch täglich die Leipziger Volkszeitung (LVZ) und konzentriert sich dabei auf den regionalen Teil. ChaotInnen veranstalten Parties, die freilich nicht angemeldet werden, RadfahrerInnen wollen sich ihr Recht auf Rad fahren mit unangemeldeten Demos sichern und als I-Tüpfelchen versammeln sich immer wieder Menschen am Connewitzer Kreuz um Dummheiten zu begehen. Das Klima in der Stadt ist geprägt von rachsüchtigen NormalbürgerInnen, welche am liebsten den Staat mit den Befugnissen vergangener Zeiten ausgerüstet sehen wollen und gleichzeitigen, ständigen Apellen dass die erkämpfte Demokratie von 1989/1990 in Leipzig ihren Ursprung nahm - aber bitte schön nicht dazu da sei, Spaß zu haben und eigene Vorstellungen von Leben, Kultur und Gesellschaft zu entfalten. Das Leben auf den öffentlichen Straßen und Plätzen ist geprägt von jener Großstadtatmosphäre, wie sie wohl in allen anderen Städten auch üblich ist. Hektik, Routine, Konsum, Anonymität und ständige Überwachung durch private oder staatliche Kameras. Will mensch feiern, demonstrieren oder einfach nur mal aus dem Alltag tanzen, muss dies gemäß geltender Bestimmungen angemeldet werden und wird nach einem Auflagenkatalog vollzogen. Der Staat bestimmt das WO, Wie und das Wie lange - aber auch das Womit und das Wann Schluss sein muss. Diese Kontrollmechanismen erwachsen schließlich nicht aus der staatlichen Willkürr, etwa weil sich Polizistin A gerne in einem Raum befindet und dabei auf 50 Monitore blickt um den Leipziger Frieden zu wahren, sondern viel mehr aus den Bestimmungen und Prinzipien jener staatlichen und kapitalistischen Gesellschaftsordnung. In Zeiten der Krise sind die Menschen bedroht durch ständigen Stellenabbau, Konkurrenzkampf und Steuerversprechungen durch die Regierung, das gelobte Gesetz heißt "Wachstum schafft Wohlstand", aber dafür müssen alle erstmal verzichten. Damit die BürgerInnen nicht die Lust und Laune verlieren gibt es in diesem Jahr gleich zwei Ereignisse die allen suggerieren, dass sie dazu gehören und dass es sich lohnt zu verzichten und keine bösen Forderungen zu stellen - die Fußball WM in Südafrika und die Feierlichkeiten zu 20 Jahren vereinigten Deutschland. Aus diesem Alltag kontrollierter Realität und verodneter Gutgläubigkeit wollen Menschen, zum Glück noch ausbrechen, wollen sie sich non-konform verhalten und Staat, Gesetzen und polizeilicher Überwachung trotzen. Völlig egal ist es dabei in wie weit sich Menschen bewusst oder unbewusst dem Status Quo beugen, interessieren tut dabei stets das Ergebnis dieser Handlungen, nämlich die Repression derjenigen, welche schließlich den Normalzustand aufrechterhalten. So verwundert es auch nicht, dass eine erneute Schneeballschlacht am Connewitzer Kreuz, wohlgemerkt dem zentralen Platz des linksalternativ geprägten Leipziger Südens, von einer Vielzahl herbeieilender BereitschaftspolizistInnen beendet wurde, 2 Personen wurden zudem kontrolliert, mehrere erhielten Platzverweise für das Connewitzer Kreuz. Was war geschehen? Am Sonntag Abend trafen sich vielleicht 50 Menschen um zusammen den Wintereinbruch zu feiern, sie bewarfen sich über eine Fahrbahn hinweg mit Schneebällen. Was ist dabei so schlimm? Dieses Ereignis findet nicht im Park oder Wald statt, wie von den Repressionsorganen gewollt, sondern an einem öffentlichen Platz, in Mitten des gesellschaftlichen Alltags also. Vielleicht nach 30 Minuten eilten die BeamtInenn herbei, nicht um sich an der Schneeballschlacht zu beteiligen, sondern um den WerferInnen mitzuteilen, dass nun Schluss sei. Begründung: "Gestern Abend gingen von ihnen bereits erhebliche Störungen aus, sie erhalten nun alle einen Platzverweis" (Anm. gemeint sind die Vorfälle am 2.1. in Leipzig). 2 Personen wurden später noch aus der Menge rausgegriffen und mussten ihre Personalien abgeben. EineR Person wird zudem der Vorwurf der Beleidigung gemacht.

Diese Vorfälle zeigen, dass das Anliegen der VeranstalterInnen der Demo am 30.12.2009 richtig war. Repression beschränkt sich weder auf politische Protestformen noch auf juristische Verfahren. Sie ist viel mehr ein vielfältiges Mittel, non-konformes Verhalten, gemessen an den Vorstellungen von Kultur und Gesellschaft staatlicher Institutionen und staatshöriger Menschen zu unterdrücken. Dies zeigt sich entweder bei der nächsten Schneeballschlacht oder, wenn es wieder wärmer wird, den "Umtrieben" weniger integrationsfähiger PartyliebhaberInnen, welche dort tanzen wollen, wo sie es für richtig erachten. Eine Kritik der Repression darf aber nicht da enden, wo Polizei und Justiz ihre Hände im Spiel haben, sie muss schließlich immer auf die Ursachen der repressiven Handlungen zielen. Und damit auf eine Gesellschaft die lieber kapitalistisches Subjekt sein will und sich gerne von einem autoirtären Staat verwalten lässt - als eigene, autonome Vorstellungen vom Zusammenleben zu entwickeln.

Bis zum nächsten mal.
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Ergänzungen

Leipzig - Ein Rückblick zur Jahreswende

lesen 04.01.2010 - 18:06

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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Grüße — Randalezentrale Bln

Du hast — nicht

Ernst gemeint? — libertärer Kommunist

Hhhääää — an Randalezentrale

gut überlegte aktion — peter maffay

@M.S. — keine Ergänzung

@M.S. — unnötig