Tag Y: Party am Ehrenmal der Bundeswehr in Berlin

Treffer 16.12.2009 09:28
Berliner AntimilitaristInnen versuchen nach Kräften, das neue "Ehrenmal" der Bundeswehr zu verhöhnen und rufen dazu auf, am nächsten "Tag Y" (wenn der nächste Bundeswehrsoldat "fällt"), sich am Ehrenmal zur Party zu versammeln: "Feste feiern, wie Sie fallen".
Der Aufruf hat die Form eines Offenen Briefes, der sich an die SoldatInnen richtet. Darin heißt es:
"Sie führen Krieg in aller Welt. Das Töten unschuldiger Zivilisten ist dabei nach Meinung Ihres Vorgesetzten, des sog. Bundesverteidigungsministers, unvermeidlich. Sie setzen diese menschenverachtende Haltung um, indem Sie hin und wieder größere Menschenansammlungen bombardieren oder Ihre Bündnispartner bei solchen „friedenserzwingenden Maßnahmen“ unterstützen."
Durch die Form der scheinbaren direkten Ansprache erklärt sich auch die Großschreibung des "Sie" (Feste feiern, wie Sie fallen). Am Schluss des Briefes steht dann:
"Um den Soldatentod noch ein wenig süßer zu machen als er ohnehin schon sein soll, werden wir künftig jedes Mal, wenn einer von Ihnen „fällt“, eine Runde Schampus schmeißen."

Der Brief ist auf www.bamm.de veröffentlicht. Von dort kam vor Jahren auch schon ein antimilitaristisches Plakat mit ähnlicher Stoßrichtung (es zeigte vier Soldaten, die einen Sarg begleiteten, in dem wohl der fünfte Mann lag, eine Bundesflagge drüber, und dazu den Kommentar: "Schritt zur Abrüstung".)
Oberstes Anliegen der Aktion ist wohl, das Ehrenmal zu entweihen und den Anspruch der Militärs, Ruhm und Ehre zu erheischen, zu konterkarieren. Im Gegensatz zum früheren Plakat wird diesmal allerdings auch inhaltlich argumentiert: Zum Teil schon in dem Offenen Brief, ausführlicher auf www.bamm.de (-->"Ehrenmal", "Zur Kampagne").
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Ergänzungen

Wortlaut des Offenen Briefes

Partygänger 16.12.2009 - 11:35
Quelle: www.bamm.de

Offener Brief an die Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr

Soldatinnen und Soldaten!

Sie führen Krieg in aller Welt. Das Töten unschuldiger Zivilisten ist dabei nach Meinung Ihres Vorgesetzten, des sog. Bundesverteidigungsministers, unvermeidlich. Sie setzen diese menschenverachtende Haltung um, indem Sie hin und wieder größere Menschenansammlungen bombardieren oder Ihre Bündnispartner bei solchen „friedenserzwingenden Maßnahmen“ unterstützen.

Um von Ihrem ehrlosen Treiben abzulenken, haben Sie nun ein „Ehrenmal“ in Berlin. Ein Denkmal für all diejenigen, die sich nicht schämen, für einen schäbigen Sold in die Dienste des Kapitals zu treten und andere Länder zu überfallen.

Sie brauchen dieses Denkmal offenbar. Denn: Wer andern eine Grube gräbt, fällt manchmal selbst hinein. Groß ist das Geheule, wenn mal einer von Ihnen erschossen wird. Diejenigen Ihrer Kameradinnen und Kameraden, die im Kampf für die Interessen der Wirtschaft und der politischen Führung sterben, können dies künftig im Wissen darum
tun, an diesem Schandmal am Berliner Bendlerblock betrauert zu werden. Schön blöd!

Der Name jedes Ihrer „Gefallenen“ wird künftig mit LED-Leuchten acht Sekunden lang an die Wand des „Ehrenmals“ gebeamt. Der „ewige Ruhm“ kommt bei Ihnen ganz schön kurz, was? Um den Soldatentod noch ein wenig süßer zu machen als er ohnehin schon sein soll, werden wir künftig jedes Mal, wenn einer von Ihnen „fällt“, eine Runde Schampus schmeißen. Aus lauter Freude, direkt an Ihrem „Ehrenmal“. Denn wie heißt der Spruch:
Feste feiern, wie Sie fallen!


Tag Y
Wenn ein Bundeswehrsoldat „fällt“,
am selben Tag,
17.30 Uhr
Schampussaufen am „Ehrenmal“
Hildebrandstraße / Bendlerblock



Das ist kein Antimilitarismus

antifa 16.12.2009 - 17:35
Bundeswehreinsätze kritisieren, antimilitaristisch agieren, von mir aus. Aber die personalisierende und menschenverachtende Verhöhnung des Todes einzelner BundeswehrsoldatInnen ist keine Kritik der Verhältnisse, keine Kritik der Zustände, keine Kritik der Ursachen. Das ewige Schweinemasken-Tragen der "Antimilitaristen", das Mit-Schampus-Anstoßen beim Tod anderer Menschen - ist antiemanzipatorisch und mindestens genauso menschenverachtend, wie die Aktionen derjenigen, die kritisiert werden. Wenn man sich auf das gleiche Niveau begibt, welches vermeintlich diejenigen haben, die man kritisiert, dann sollte man nicht für sich beanspruchen, emanzipatorisch und antimilitaristisch zu sein. Die Entmenschlichung des politischen Gegners ist nicht antifaschistisch, sondern faschistisch.

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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Vorschlag

Der Vorschläger 16.12.2009 - 11:17
Wäre es nicht treffender, den Spruch für das Motto etwas zu ändern? "Feste feiern _wenn_ sie fallen" würd meines Erachtens nach besser passen.

Das ist kein Antimilitarismus

antifa 16.12.2009 - 12:01
Bundeswehreinsätze kritisieren, antimilitaristisch agieren, von mir aus. Aber die personalisierende und menschenverachtende Verhöhnung des Todes einzelner BundeswehrsoldatInnen ist keine Kritik der Verhältnisse, keine Kritik der Zustände, keine Kritik der Ursachen. Das ewige Schweinemasken-Tragen der "Antimilitaristen", das Mit-Schampus-Anstoßen beim Tod anderer Menschen - ist antiemanzipatorisch und mindestens genauso menschenverachtend, wie die Aktionen derjenigen, die kritisiert werden. Wenn man sich auf das gleiche Niveau begibt, welches vermeintlich diejenigen haben, die man kritisiert, dann sollte man nicht für sich beanspruchen, emanzipatorisch und antimilitaristisch zu sein. Die Entmenschlichung des politischen Gegners ist nicht antifaschistisch, sondern faschistisch.

Bildfehler

nanu? 16.12.2009 - 12:14
Hi Mods,
was ist denn da mit dem Bildchen passiert, wieso wird das denn nicht angezeigt auf open posting?

nun ja

anmerker 16.12.2009 - 12:24
ehrlich gesagt, ich finde es ziemlich perfide, den tod eines menschen mit einem rauschenden fest zu feiern.
ja klar sind soldaten befehlsempfänger und wissen was sie tun, doch mit tod rechnet hier sicherlich keiner.

Heldenmyhtus brechen!

Desateur 16.12.2009 - 12:46
Wer sich heute als Soldat_in verpflichten lässt und sich an einem Angriffskrieg beteiligt tut das freiwillig!

Die Hauptmotivation dafür kann nur Geld und/oder Gewalt-/Kriegsgeilheit sein! Kurzum, das Bedürfnis Soldat/Mörder zu sein!

Ich halte es für sehr wichtig, potenziellen zukünftigen Söldner_innen klar zu machen, dass es kein "Ruhm und Ehre" für ihren "Heldentot" gibt, sondern nur Spot und Hohn!

Wer für Geld morden geht, hat kein Mitleid verdient!



Provo

Satire 16.12.2009 - 12:59
Hier werden ja gleich wieder die Keulen rausgeholt. "Faschistisch" soll die Aktion sein? Meine Güte, hat "antifa" schon mal was von Satire gehört? Die Gefallenenparty provoziert unheimlich, klar, aber die Absicht wird ja deutlich beschrieben: Den Anspruch der Bundeswehr, "Ehre" einzuheimsen durch die ganze Gessellschaft, durchkreuzen. Und das ist ein Thema, das nicht nur einzelne Soldaten angeht, sondern die ganze Bevölkerung. Ein hochpolitisches Thema.
Außerdem ist doch klar, dass es nicht ernsthaft um das Feiern eines Todes geht, sondern um die Ent-Ehrung des Militärischen. Beachtet außerdem mal, dass die Bundeswehr das Ehrenmal nutzt, um sich selbst zu rechtfertigen, das Schweinemaskentheater das genaue Gegenteil will. Ich find die Idee jedenfalls klasse; es schadet auch nix, wenn so ne Aktion mal spaßig daherkommt.

perverser gehts wohl kaum

ejal 16.12.2009 - 16:09
ein prima beispiel dafür, wie die linke es im allgemeinen meistert, sich in ihre traumwelt zurückzuziehen und bei der breiten masse lediglich ein kopfschütteln (oder gar antiphatie) zu verursachen.

doppelplusgut wie ihr euch selbst disqualifiziert.

und laßt dieses blödsinnige ehrengesülze. eine derartige pauschalierung der einzelschicksale ist echt das hinterallerletzte.

wenn die bundeswehr irgendwann auch im landesinneren eingesetzt wird, weil die unter stellenkürzung leidende polizei den feuerteufeln und pseudorevolutionen [mit wem eigentlich - vgl. I.absatz] nicht mehr herr wird, dann haben auch die "berliner antimilitaristinnen" auch mal die chance, einen soldaten im real life kennenzulernen.
obs erfreulich wird, das sei dahingestellt.

schlechter pr-gag

sjl 16.12.2009 - 17:03
ich weiss ja nicht ob das ernst gemeint ist oder nur ein pr-gag. So oder so find ichs nicht nur moralisch, sondern auch von der politischen Analyse her ziemlich daneben.

ich

kenne 16.12.2009 - 17:36
ne menge menschen, die sich nich als linsk verstehen und sowas 100000x mal besser finden als die nächste Soldaten sind so gemein und voll die Mörder Aktion....
wie gesagt, es ist Satire. wers nich versteht, hat Pech gehabt, wer ja, kann sich freuen.

Und: Wer glaubt, das einsetzen der Bundeswehr im inneren sei wg so Sachen wie brennende Autos, und nicht wg allgemeiner Angst vor sozialen Unruhen (In Doofland unbegründet) und aus allgemeinem taktischen Kalkül heraus, der kann sich ja gern freiwillig als zivi bei den Berlienr bullen melden.

@Das ist kein Antimilitarismus

ich 16.12.2009 - 22:50
vielen Dank für deinen Post. Du sprichst mir aus der Seele.
Auch wenn ich die Entscheidung Soldat/in zu werden weder nachvollziehen noch gut heißen kann, ist dies keine Rechtfertigung den Tod von Menschen zu feiern. Ganz nebenbei ist dies auch kein guter Weg "die Bevölkerung" von einer Entmilitarisierung zu überzeugen....

Super Aktion

Anti-D 17.12.2009 - 16:03
Find ich klasse, individuelle Verhöhnung. Warum auch nicht?! JedeR SoldatIn, der/die sich für diesen Beruf entscheidet (vor allem in der BRD, wo mensch im Gegensatz zur USA im Regelfall aufgrund sozialer Ursachen nicht gezwungen ist, zur Armee zu gehen), muss damit rechnen "fürs Vaterland" zu "fallen". Und wenn das dann endlich passiert, ist das für AntimilitaristInnen doch allemal ne Feier wert.

Vergesst Schampus & Häppchen nicht.
Für die Verwesung aller Deutschen Soldaten.

Antimilitarismus ...

ZIVI 17.12.2009 - 22:55
... ist halt vielschichtig.

Die Ablehnung des Militärischen lässt sich dabei auf dessen verschiedene Formen wie Paraden, Kriegerdenkmäler, Kriegsliteratur, öffentliche Gelöbnisse und Waffenschauen übertragen. So heißt es bei Tucholsky:

Jubel über militärische Schauspiele ist eine Reklame für den nächsten Krieg; man drehe diesem Kram den Rücken oder bekämpfe ihn aktiv. Auch wohlwollende Zuschauer sind Bestärkung.

Oder um es mit ein paar anderen Worten von ihm zu sagen:
Soldaten sind Mörder!

Feiert ihr ...

Thomas 24.02.2013 - 20:43
... eigentlich auch, wenn ein Maurer besoffen vom Gerüstf "fällt" und stirbt? Menschenverachtender gehts nicht mehr. Ihr führt euch selbst ad absurdum.