Verbraucherschützer sagen: Danke, BAYER!

Bert Schmelzberg 19.11.2009 03:32 Themen: Medien Ökologie
Heimlich, still und leise hat die Verbraucher Initiative (VI), ein Verein, der sich selbst Verbraucherschutzverband nennt, die Trägerschaft für ein von BAYER, Monsanto & Co. bezahltes "Informationsportal" zu Genfood aufgegeben.
Im diesjährigen Rechenschaftsbericht, vorgelegt zur Mitgliederversammlung am 31. Oktober, teilten Bundesvorstand und Geschäftsführung der VI mit:

Seit dem Start im Jahr 1997 war die VERBRAUCHER INITIATIVE ideelle Trägerin des Internetportals www.transgen.de (Transparenz für Gentechnik bei Lebensmitteln). transgen.de war einer der ersten Versuche, das damals noch wenig verbreitete Medium Internet konsequent für neue Formen der Verbraucherinformation zu nutzen – und das bei einem Thema, das von Beginn an Gegenstand heftiger gesellschaftlicher Auseinandersetzungen war. Inzwischen ist transgen.de als zuverlässige Informationsquelle geschätzt. Die Internetseite wird sowohl von interessierten Verbrauchern genutzt, wie auch von Lehrern, Journalisten und allen, die sich professionell mit Gentechnik, Landwirtschaft und Lebensmitteln beschäftigen. Anfang des Jahres 2009 wurde mit dem „Forum Bio- und Gentechnologie – Verein zur Förderung der gesellschaftlichen Diskussionskultur e. V.“ eine neue Form der Trägerschaft gegründet. Träger sind Wissenschaftler aus mehreren Städten sowie einige Journalisten, die für das Internetportal transgen.de arbeiten. Die VERBRAUCHER INITIATIVE gehört diesem Verein nicht an.
Die VERBRAUCHER INITIATIVE begrüßte im Frühjahr die Entscheidung von Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Ilse Aigner zum Anbauverbot von MON810.

Mit dieser umständlichen und gut versteckten Ausstiegserklärung endet ein besonders krasses Beispiel von Konzern-Greenwashing und NGO-Käuflichkeit. Denn bei TransGen.de geht es nicht um Verbraucherschutz oder Transparenz, sondern um geschickte Gentechnik-Werbung, als scheinbar ausgewogene Information getarnt. Die VI lieferte dabei nur die vertrauenerweckende Fassade. Bezahlt wurde und wird TransGen von BAYER CropScience, BASF, Dow Agro Sciences, Monsanto, Du Pont/Pioneer Hi-Bred und Syngenta Agro.

Es stimmt, dass TransGen eine zuverlässige Quelle ist - nämlich für trojanische Gentechnikpropaganda. Leider stimmt es auch, dass die Seite von LehrerInnen und JournalistInnen genutzt wurde. Nach einer Aufklärungsaktion von Anti-Gentechnik-Aktiven vor einigen Jahren nahmen wenigstens die Umweltverbände ihre Empfehlungen für TransGen zurück.

"Ausgewogene" Berichterstattung bei TransGen

Hier ein Beispiel für die Arbeitsweise von TransGen: Am vergangenen Dienstag wurde der sogenannte Benbrook-Report veröffentlicht, eine Langzeitstudie, derzufolge der Einsatz von Gentechnik zur Ausbreitung von pestizidresistenten Unkräutern führt und die Pestizidrückstände in Lebensmittel ansteigen lässt. Die Studie wertete öffentliche Daten des US-Agrarministeriums aus. Bei TransGen wird daraus eine "ausgewogene" Meldung:

Mehr oder weniger Pestizide? - Zwei aktuelle Studien über die Umweltauswirkungen gentechnisch veränderter Pflanzen kommen zu unterschiedlichen Ergebnissen. ... Eine der Studien, verfasst von Charles Benbrook und herausgegeben von den US-amerikanischen Nicht-Regierungsorganisationen The Organic Center und Union of Concerned Scientists, kommt zu einem negativen Ergebnis: In den USA ist seit der Markteinführung herbizidresistenter gv-Pflanzen 1996 die Menge der ausgebrachten Herbizide um 175 Millionen Kilogramm gestiegen ... In der Studie des britischen Agrarökonoms Graham Brooks (PG Economics) fällt die Bilanz dagegen positiv aus. Er hat als Folge des Anbaus von gv-Pflanzen zwischen 1996 und 2007 weltweit einen rückläufigen Einsatz von Herbiziden ermittelt. Danach sind etwa 200 Millionen Kilogramm weniger ausgebracht worden.

Während TransGen nicht vergisst, die "negative" Studie als NGO-Studie zu kennzeichnen, verschweigt das Portal, dass die positive Bilanz von einem Forscher gezogen wurde, dessen Porträt man auf der Webseite von Monsanto bewundern kann. Auch der Zeitpunkt seiner Veröffentlichung ist kein Zufall: Graham Brooks hat der Gentechnikindustrie auch schon nach anderen kritischen Studien "wissenschaftliche" Munition zur Verteidigung geliefert.

Verbraucherverband schwieg zu Gentechnik

Die Verantwortlichen bei der VI scheinen lange Zeit weder solche "Feinheiten" bemerkt noch überhaupt erkannt zu haben, dass ihnen als Trägerorganisation von TransGen die Rolle des nützlichen Idioten zufiel. Vielleicht waren die Dollarzeichen einfach zu groß. Das Geschäft hat sich jedenfalls für die Gentechindustrie doppelt gelohnt, denn TransGen konnte befriedigt feststellen:

Der einzige große Verbraucherverband, der sich aus Einzelmitgliedern zusammensetzt, klammert "Gentechnik" auf seiner Website nahezu aus - aus gutem Grund: Die Verbraucher Initiative ist Träger von TransGen.

Bei dem neuen Träger von TransGen, dem "Forum Bio- und Gentechnologie – Verein zur Förderung der gesellschaftlichen Diskussionskultur e. V.", handelt es sich praktisch um die MitarbeiterInnen von TransGen selbst. Sie nennen sich als Firma inzwischen "i-bio" und zeichnen auch noch für drei ähnliche Gentechnik-"Informations"-Portale verantwortlich.

Geändert hat sich also bei TransGen fast nichts, außer dass der Name einer wenig bekannten Verbraucherorganisation vom "Türschild" verschwunden ist. Zum Glück gibt es immer noch Wissenschaftlerinnen, Aktivisten und Journalistinnen, die sich nicht kaufen lassen, denn die Wahrheit herauszufinden und zu verbreiten macht einfach viel Spaß.

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Ergänzungen

diese dreckschleudern von monsanto

me 19.11.2009 - 18:38
kontaminieren 2/3 der landflächen kanadas mit gvs. von anderen regionen ganz zu schweigen!
sie sind keine menschen, denn den mensch, macht ethik und moral zum menschen! diese leute sind die krassesten kapitalisten. sie sagen: "mit gentechnik müssen weniger menschen auf der welt hungern." das ist eine lüge, denn die menschheit leidet kein stück daran, dass es zu wenig zu fressen gibt, sie leidet an VERTEILUNGSPROBLEMEN, die gewollt sind. in der blutigen konsequenz bedeutet dies, es ist gewollt, dass jede 3 sek. ein kind in der dritten welt an hunger zu grunde geht.
sorry, aber für mich ist das MORD!
wenn die verteilung von lebensmittel gerecht wäre, könnte jeder mensch mehr als doppelt so viel in sich reinstopfen, wie er/sie überhaupt essen kann. das ist doch pervers.





wer lust auf ein paar richtig krasse dokus hat, hier ein paar gute links:





agent orange - die erfolgsstory des us - multis monsanto

 http://video.google.de/videoplay?docid=3964642172845527387&ei=w34FS5a3GKOm2wK0_cmFCg&q=Agent+Orange+-+Die+Erfolgsstory+des+&hl=de&client=firefox-a#


arme sau - das geschäft mit dem erbgut

 http://video.google.de/videoplay?docid=7746737223581129999&ei=6n4FS7vON6Om2wK0_cmFCg&q=arme+sau&hl=de&client=firefox-a#


monsanto - mit gift und genen

 http://video.google.de/videoplay?docid=-7781121501979693623&ei=gH8FS8PGNY782gLbzeDwCQ&q=Monsanto+mit+Gift+und+Genen+&hl=de&client=firefox-a#


die diskussionsrunde nach der doku

 http://video.google.de/videoplay?docid=3749841508997061961&ei=gH8FS8PGNY782gLbzeDwCQ&q=Monsanto+mit+Gift+und+Genen+&hl=de&client=firefox-a#


tote ernte - der krieg ums saatgut

 http://video.google.de/videoplay?docid=-7992855588272035000&ei=2oAFS46mFpSm2wLPxtVv&q=Tote+Ernte+-+Der+Krieg+ums+Saatgut&hl=de&client=firefox-a#


aber vorsicht! absolute depressionsgefahr!!!!!!

Re: diese dreckschleudern von monsanto

metoo 19.11.2009 - 20:12
das ist völlig richtig, bedeutet aber nicht, dass alles nur im bösen amiland ausgebrütet wird.

hier in d-land haben basf, bayer & co gut funktionierende netzwerke aufgebaut, die bis in die ministerien und genehmigungsbehörden reichen, egal ob die regierung schwarz, gelb, rot oder grün war.
es gibt eine ganz gute doku dazu auf  http://www.biotech-seilschaften.de.vu
oder wer es gern etwas softer und offizieller haben möchte:
 http://www.gen-ethisches-netzwerk.de/gen/2008/bericht-kontrolle-oder-kollaboration

weil wir den genfraß nicht essen wollen, verkaufen sie ihn uns nun als fleisch von tieren, die es fressen müssen, und demnächst als nachwachsende rohstoffe.

Re: Beweise

Bert Schmelzberg 19.11.2009 - 20:57
Weil Nachweise verlangt werden, hier mal die Links, mit denen sich der Artikel nachvollziehen lässt:

VI-Rechenschaftsbericht:  http://www.verbraucher.org/pdf/227.pdf
TransGen-Geldgeber:  http://www.transgen.de/home/impressum/792.doku.html
TransGen-Selbstdarstellung:  http://www.transgen.de/home/impressum/799.doku.html
Kommunikationsstrategie in der Gentechnik-PR:  http://www.hybridvideotracks.org/Kommunikationsstrategien.html
Benbrook-Report:  http://www.keine-gentechnik.de/news-gentechnik/news/de/20951.html
TransGen über den Benbrook-Report:  http://www.transgen.de/aktuell/1132.doku.html
Graham Brookes (sorry, nicht Brooks) bei Monsanto:  http://www.monsanto.com/biotech-gmo/asp/experts.asp?id=GrahamBrookes
Briefing Papers von Graham Brookes zur Abwehr von Gentechnikkritikern:  http://www.pgeconomics.co.uk/
TransGen-Lob für die VI:  http://www.transgen.de/wissen/service/links/umweltverbaende/
Neuer Träger von TransGen, VertreterInnen:  http://www.forum-biotechnologie.de/de/impressum.html
MitarbeiterInnen von i-bio:  http://www.i-bio.info/werwirsind/4.html
Von i-bio betreute Projekte:  http://www.i-bio.info/waswirmachen/internet/1.html

Transgen: in Genversuche involviert!

Bert Schmelzberg 28.11.2009 - 03:13
Vielen Dank an einen Kommentator auf der Internetseite der Frankfurter Rundschau. Er schreibt [1] (Fußnoten von mir):

--Herausgeber von "Transgen" ist das Forum Bio- und Gentechnologie, vertreten u.a. durch Dr. Stefan Rauschen [2], der Koordinator eines Genmais-Versuches (Mon 88017 x 89034) in Braunschweig, auf dem Gelände des von Thünen-Institues, ist [3]. Wohl kaum ein neutraler Akteur...--

[1]  http://www.fr-online.de/in_und_ausland/wirtschaft/aktuell/?em_cnt=2092645
[2]  http://www.forum-biotechnologie.de/de/impressum.html
[3] Aachener Nachrichten, 30.04.2009: 'Superunkräuter' und verwirrte Bienen
 http://www.gho-englisch.de/Courses/2008-2009/GkEn-09/Genetics/Superunkraeuter.pdf


Außerdem erreichte mich die Nachricht eines Lesers, der die Verbraucher Initiative nach der Lektüre meines Artikels auf ihre widersprüchliche Haltung zu TransGen angesprochen hatte. Der Leser erhielt von einer Ernährungsexpertin der VI die Antwort, dass die VI nicht an der Seriosität von TransGen zweifelt und das Portal weiterhin als Informationsquelle empfiehlt. Eine einseitige Förderung von TransGen durch die Biotechlobby gebe es nicht, so die VI-Expertin, weil TransGen auch von Einrichtungen ohne ökonomisches Interesse an der Gentechnik gefördert werde.

Ein Blick auf die Geldgeber-Seite von TransGen.de zeigt aber, dass die genannten unabhängigen Einrichtungen TransGen nur punktuell und nach 2002 überhaupt nicht mehr gefördert haben, während die Förderung durch die großen Biotechkonzerne seit 2001 besteht und bis heute andauert. Die Auskunft der VI ist also grob verzerrt und in einem Punkt nachweislich falsch, nämlich dass TransGen auch heute noch von Einrichtungen ohne wirtschaftliches Interesse an Gentechnik unterstützt werde. Denn TransGen wurde nach 2007 nur noch von den Biotechkonzernen und vom "Forum Bio- und Gentechnik" finanziell gefördert. Womit wir wieder bei Dr. Rauschen wären.

Information ist fast Wissen

AK 06.01.2010 - 10:25
Bedeutend an diesem Artikel ist die Information, wer die Webseite finanziert. Und das sind (Original-Zitat aus dem Artikel) "Bezahlt wurde und wird TransGen von BAYER CropScience, BASF, Dow Agro Sciences, Monsanto, Du Pont/Pioneer Hi-Bred und Syngenta Agro."
Ich denke, damit ist alles gesagt.

Völlig unverständlich am politischen Vorgehen dieser Unternehmen ist die anscheinend kriminelle Methodik von Vertretern der Branche und die Scheinheiligkeit. Wenn diese Produkte und das notwendige Begleitmaterial ("RoundUp" etc.) tatsächlich so unbedenklich sind, weshalb dann so ein Vorgehen? Ich halte das Ganze für in letzter Konsequenz schlimmer und bedenklicher als den Klimawandel. Diese sollte zur Kenntnis genommen werden und von Verantwortlichen/Entscheidern entsprechend darauf reagiert werden. Dem Landwirt wird dies ja zunehmend unmöglich gemacht. Wenn die belebete Evolution 3,5 Mrd Jahre ohne Transgene Organsiamen ausgekommen ist, dann braucht man das nicht um zu überleben. Und - ich postuliere - dann ist es auch nicht sinnvoll!

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