Gö: Eine Woche vor der Antifa-Demo

Autonomes Medienkollektiv 07.11.2009 03:52 Themen: Antifa Antirassismus Freiräume Gender Repression
Eine Woche vor der Antifa-Demo anlässlich des 20. Todestags der Antifaschistin Conny, werden zunehmend Konturen sichtbar. Im Folgenden wollen wir versuchen einen Überblick über die aktuellen politischen Ereignisse in Göttingen und in der Region Süd-Niedersachsen geben und eine Einschätzung der bevorstehenden Aktivitäten liefern - inbesondere wollen wir dabei die zivilgesellschaftliche Bewegung berücksichtigen
Look Back:
Heute fand die zweite Veranstaltung im Rahmen der Aktivitäten anlässlich des 20. Todestags der antifaschistin Conny statt. in diesem Kontext wird zu einer Demonstration am 14. November in Göttingen aufgerufen. Diese Veranstaltung war nicht nur gut besucht. Die Referent_Innen, die laut eigener Aussage in den unterschiedlichsten Spektren der radikalen Linken in Göttingen aktiv sind, hielten eine bis in die Details gut vorbereitete Veranstaltung ab. Die über 150 Besucher_Innen der Veranstaltung im überfüllten Kinosaal des Lumiere, wurden informiert über die Geschehnisse rund um den 17. November 1989 und es gab einen umfassenden Überblick über die politischen Kräfteverhältnisse der 80er und 90er in der Region Südniedersachsen mit dem Hauptschwerpunkt Göttingen. Thematisiert wurden die zunehmenden Nazi-Aktivitäten wie brutale Übergriffe, Wehrsportgruppengründungen, die Reaktionen/Repression der Cops und die Organisierung antifaschistischer Selbsthilfe als eine Reaktion darauf.
Mit gut aufbereiteten Videobeiträgen aus der damaligen Zeit, Flugblättern und Einschätzungen gelang es den Referent_Innen den schmalen Grat zwischen persönlicher Betroffenheit (und damit eine Abgrenzung von Mystifizierung und Heroisierung) und politischer Analyse zu gehen. "Ich hatte zu keinem Zeitpunkt das Gefühl, dass ein wie auch immer gearteter Pathos heraufbeschworen werden sollte - vielmehr war es gerade die Einbettung der Geschehnisse in den allgemeinpolitischen Kontext wie Wiedervereinigung, Abschaffung der Asylgesetze und verstärkte Neo-Naziaktivitäten in der Region, die vermitteln konnte, wie richtig es war und ist eine antifaschistische und linksradikale Selbsthilfe aufzubauen", so eine Anwesende. Die Tatsache, dass die Veranstaltung so gut besucht war, scheint ein Zeichen dafür zu sein, wie relevant das Thema nach wie vor ist. Bereits am Mittwoch hatte es eine Veranstaltung mit der Gruppe NeverGoingHome aus Berlin über den Mythos Stauffenberg und Deutsche Geschichtspolitik im JuZI gegeben die mit 30 Personen gut besucht war.
Look ahead.
Es wird für Göttingen vermutlich eine der größten linksradikalen Demonstrationen sein, die es in den letzten Jahren gegeben hat. Nach dem Goldenen Oktober (der erfolgreichen und militanten Verhinderung des Naziaufmarsches 2005) und einer Großdemo für selbstverwaltete Strukturen im Rahmen der 'Here to Stay'-Kampagne hatte sich die radikale Linke in Göttingen verstärkt auf Teilbereiche sozialer Kämpfe und bundesweite Bündnisarbeit konzentriert. Neben der großen Bildungsstreikdemo im Juni diesen Jahres an der sich 10.000 Menschen beteiligten und in dessen Rahmen zu einem sozial-revolutionären Block aufgerufen wurde, sind auch andere Konfliktfelder wie Feminismus, Anti-Abschiebekämpfe und Arbeitskämpfe (z.B. am Klinikum) Ausdruck einer verstärkten Auseinandersetzung mit Themen innerhalb der radikalen Linken über den Antifaschismus hinaus. Dass es in Göttingen nach wie vor eine starke linke Zivilgesellschaft gibt, die nicht auf einen selbstverständlichen und solidarischen Umgang mit der radikalen Linken verzichtet, zeigt insbesondere die Tatsache, dass ein Antrag der Partei "die Linke" im Stadtrat angenommen wurde, der eine Unterstützung der nicht-angemeldeten Demonstration am 14. November vorsieht. Auch die "Grüne Jugend" hat einen offenen Brief an die Polizei veröffentlicht, in der sie die Polizei dazu aufruft, sich im Rahmen der Demonstration ruhig zu verhalten. Neben zahlreichen Gruppen und Einzelpersonen die zur Demo aufrufen, scheint es also eine breite Unterstützung der Aktivitäten im Rahmen des 20. Todestags zu geben.
In der kommenden Woche geht es mit einer Info-Veranstaltung über Gegenwärtige Neo-Nazis und deren Strukturen in Südniedersachsen im Theaterkeller weiter und am Freitag den 13. November wird es einen letzten allgemeinen Info-Abend im Theaterkeller zur bevorstehenden Demo geben. Am 17. November gibt es schließlich eine Podiumsdiskussion und einen gemeinsamen Gang zum Denkmal in der Weender Landstraße, wo eine Mahnwache stattfinden soll.
What about...
Es werden aus verschiedenen Städten Busse nach Göttingen fahren und es zeichnet sich eine große Beteiligung seitens der Zivilgesellschaft ab, die mitunter dafür sorgen kann, dass die Demo wie geplant stattfinden wird und nicht, wie in letzter Zeit häufiger geschehen, von den Cops gekesselt wird - wie es bei der Soli-Demo für das Besetzte Haus in Erfurt der Fall war. Die zunehmende Einschränkung der Demonstrationsrechte, die politische Verurteilung mehrer Antifaschisten und Aktivisten aus der Region, mit dem Ziel dem "schwarzen Block" zu schaden und die aktuellen 129/a/b Verfahren gegen Linke im gesamten Bundesgebiet, sind Ausdruck einer Tendenz innerhalb der BRD. Dieser Tendenz wird mit den thematischen Forderungen nach Selbstverwaltung und Selbstbestimmung versucht etwas entgegen zu setzen. In diesem Rahmen ist auch die Tatsache einzuordnen, dass die Demonstration nicht angemeldet ist. Das wird den Cops selbstverständlich ein Dorn im Auge sein, die nach wie vor eine tendenzielle Blindheit auf dem rechten Auge aufweist.
Während der Polizeipräsident Hans Wargel in einem Artikel im Göttinger Tageblatt (in den 90ern bekannt für eine offensive Hetze gegen die radikale Linke in Göttingen) die Gefahren, die von Neo-Nazis in der Region Göttingen ausgeht, verharmlost und etwaige Waffenfunde nicht in einem systematischen Zusammenhang bringt mit der organisierten Gewalt der Neo-Nazis, machen Antifa-Gruppen auf die Probleme aufmerksam die gerade von Nazi-Strukturen in der Region ausgehen. So tauchen in letzter Zeit vermehrt NPD-Aufkleber im Stadtgebiet auf und in Bad Lauterberg scheint ein Braunschwarzer Sumpf zu existieren in dem sich nach und nach Nazi-Strukturen festigen können. Welche Gefahr nach wie vor von Neo-Nazis ausgeht, zeigt sich an vielfältigen Beispielen. Da wäre einerseits der Angriff sog. "Autonomer Nationalisten" auf die 1. Mai-Demo in Dortmund und andererseits der Fund von Mitteln zur Herstellung von Sprengstoff im freiburger Umland. Es ist davon auszugehen, dass diese Tatsachen dafür sorgen, dass antifaschistische Aktivitäten in der Region zunehmen werden.
Furthermore...
Am 14. November wird es ebenfalls eine Anti-Repressionsdemo in Rostock geben und im Moment rufen Neo-Nazis zu einer Gedenkdemonstration im Zusammenhang mit dem verstorbenen Jürgen Rieger in Halbe auf. Da Jürgen Rieger sein Vermögen - wie aktuellen Pressemeldungen zu entnehmen ist - nicht der NPD oder den Kameraden überlassen hat, sondern sein vermögen seiner Familie überlässt, die damit vermutlich keine Nazi-Strukturen unterstützen werden, ist jedoch fraglich inwiefern diese Demo ein tatsächliches Mobilisierungspotenzial aufweist - in einschlägigen Nazi-Foren wird bereits kontrovers über die Demonstration diskutiert.
Alles in Allem können wir behaupten, dass uns eine spannende Woche bevorsteht und dass es am kommenden Wochenende allem Anschein nach zu einer großen und entschlossenen Demo kommen wird. Wenn wir die Ankündigungen des Aufrufs ernst nehmen, wird es den Cops so schwer wie möglich gemacht werden, einen Einfluss auf die Demonstration auszuüben.
Kein Vergeben! Kein Vergessen!
Kommt zur Antifaschistischen Demonstration am 14.11. in Göttingen

http://conny2009.blogsport.de
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Ergänzungen

Wunsiedel

Alt-Antifa 07.11.2009 - 09:43
Liebe GenossInnen aus Gö.,
der Aufmarsch zum gedenken vom Schädelvermesser Rieger findet in Wunsiedel und nicht in Halbe statt. Ich hoffe nur das es von eurer Seite keine bewußte Fehlinformations ist um euer "Totengedenken" mangels TeilnehmerInnen nicht zu gefärden .
Von Göttingen bis Wunsiedel sind 380 Km. Da die Strukturen aus Göttingen in den 90er die Koordination für die Anti Hess Aktionen übernommen hatte bleibt zu hoffen das dieses für die Aktivitäten gegen den Riegermarsch auch so ist. Für viele Nazis führt der weg auf der A7 nach Wunsiedel ....

mehr infos

guckerin 07.11.2009 - 16:26
es sieht derzeit tatsächlich aus, als ob die Stadt und die Bullen kein Chaos in der Stadt haben wollen, von allen Seiten sind trotz Nicht-Anmeldung ungewohnt verständnisvolle und deeskalierende Töne zu hören.

das schreibt der Stadtrat:
Am Ende einer längeren Diskussion über die Initiative der Gö-Linke-Fraktion "Im Gedenken an den 20. Todestag von Conny Wessmann"ist mehrheitlich ein geänderter Antrag beschlossen worden, in dem der Rat allen Bürgerinnen und Bürgern dankt, die sich aktiv gegen Neonazismus und Faschismus stellen. Gleichzeitig fordert die Stadt von der Polizei und dem Präsidenten der Polizeidirektion, für zukünftige Demonstrationseinsätze nach dem Vorbild vergangener Jahre ein zeitgemäßes Deeskalationskonzept zu entwickeln und zu praktizieren. Wegen der Veranstaltungen zum 20. Todestag von Conny Wessmann bittet die Stadt, so der Beschluss, die Einsatzkräfte der Polizei wie die Teilnehmer/innen der Demonstration, zu einem friedlichen Verlauf beizutragen.
 http://www.goettingen.de/magazin/artikel.php?artikel=4137&type=&menuid=637&topmenu=637&objectid=0&objecttype=

hier der Originalantrag der Fraktion der Göttinger Linke:  https://ratsinfo.goettingen.de/bi/___tmp/tmp/45-181-136546923851/546923851/7674938/00095175/75-Anlagen/01/LINKE-06-11-09-Gedenken-Conny-Wessmann.pdf

eine Meldung des Stadtradios mit einem ersten Kommentar der Bullen:
Im Vorfeld der in Göttingen geplanten Demonstration zum 20. Todestag einer am Rand eines Polizeieinsatzes getöteten Studentin hat die Grüne Jugend die Polizei zur Deeskalation aufgerufen. Hintergrund der Demonstration ist der Tod einer 24-jährigen Studentin aus der linken Szene im Jahr 1989. Dem vorausgegangen war ein Polizeieinsatz gegen die Gruppe um die Studentin in einem Stichweg am Iduna Zentrum. Beim Versuch in Richtung Campus zu fliehen, wurde die 24-jährige auf der Weender Landstraße von einem Auto erfasst und starb. In einem Brief der Grünen Jugend an die Göttinger Polizei heißt es, trotz einer fehlenden Demonstrationsanmeldung solle die Polizei das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit nicht einschränken. Um Ausschreitungen zu vermeiden, bedürfe es der Mitwirkung aller betroffenen Gruppen. Aus diesem Grund fordert die Grüne Jugend die Polizei zur Deeskalation auf. Der leitende Polizeidirektor Thomas Rath sagte auf Anfrage, der Anlass der Demonstration mache alle Seiten betroffen. Er hoffe auf einen friedlichen Demonstrationsverlauf, in dessen Mittelpunkt die Trauer stehe.
 http://www.stadtradio-goettingen.de/redaktion/aktuelle_nachrichten/gruene_jugend_fordert_polizei_zu_deeskalation_auf/index_ger.html

Beschluss der Grünen Jugend Niedersachsens:
 http://www.gj-goettingen.de/a/94

Kein Vergeben, kein Vergessen! Auf zur Demo nach Göttingen am 14.11.!

mobi jingle für die Aktionstage

noch ne kriminelle vereinigung 07.11.2009 - 19:11
Bei Indy.linksunten gibt es einen Bericht mit Mobijingle:

 http://linksunten.indymedia.org/de/node/12983

selbstverständliche Praxis?!

hörensagen 07.11.2009 - 22:36
Wie so häufig bei Veranstaltungen der linken Szenze, waren auch an diesem Abend die Herren und Damen in Zivil nicht untätig. Wie sich so erzählt wurde, wurden einige Leute auf einen Zivi-Wagen aufmerksam, der häufig am Theater-Keller vorbeifuhr und immer wieder seine Runden drehte. Auch wenn dies scheinbar eigentlich zur Obseravtion der Veranstaltung gedacht war, schien der Fahrer doch ziemlich orientierungslos und hilflos. Kurz entschlossen boten ihm verschiedene Leute ihre Hilfe an, in dem sie hilfsbereit, wie es selbstverständlich sein sollte, auf seinen Wagen zugingen und ihm den richtigen Weg (weg vom Veranstaltungsort) weisten. Ob sein Kollege, den er zuvor aus dem Auto rausgelassen hatte, heute immer noch desorientiert umherschleicht, wurde nicht erzählt. Es sollte selbstverständliche Praxis sein, diesen Leuten den Weg zu weisen.

WEGWEISER:
 http://media.de.indymedia.org/media/2007/04//174174.pdf

hannover

118-crew 07.11.2009 - 23:02
Infoveranstaltung “Kein Vergeben, kein Vergessen!”

11. November 2009, 20:00 Uhr, UJZ Korn

Veranstaltung mit Zeitbeiligten und zur Mobilisierung. Veranstalterin: [AAH] UnterstützerInnen: Rote Aktion Kornstraße, Infoladen.

Mobiwände

unodinoi 08.11.2009 - 00:47
....

Kampf dem Polzeistaat

radikal 08.11.2009 - 00:55
Nichts und Niemand ist Vergessen.

Linkes Bündnis im Rat

Hinweis 09.11.2009 - 19:16
In Göttingen ist nicht die Partei die Linke (PdL) im Stadtrat vertreten (auch wenn die PdL zunehmend die Außendarstellung dominieren will), sondern die WählerInnengemeinschaft Göttinger Linke, ein Zusammenschluss aus PdL, DKP, GRAL und linken Einzelpersonen.

Entscheidung fällt am Liesel

Name 12.11.2009 - 00:00
Conny-Demo: Entscheidung fällt am Liesel

Veranstaltung ist nicht angemeldet / Friedlicher Zug wird toleriert, Krawall bedeutet Auflösung

Göttingen (bib). Ob sich der Demonstrationszug zum Gedenken an den Tod von Conny Wessmann am Sonnabend durch die Stadt bewegen darf oder nicht, entscheidet sich am Sonnabend.

Die Göttinger Polizei hofft auf eine friedliche Veranstaltung. „Wir rechnen mit 500 bis 700 Demonstranten aus dem linken Spektrum“, sagte Polizeichef Thomas Rath gestern dem Tageblatt. Er geht von einem „größeren und sensiblen Einsatz“ aus. Und weiter:

"Ob wir sie marschieren lassen,entscheidet der Einsatzleiter am Gänseliesel.“ Dort soll um 15 Uhr der Auftakt der Demo stattfinden. Im Internet und auf Plakaten wird zur Teilnahme an der nicht angemeldeten Veranstaltung aufgerufen. Sollte sich am Gänseliesel abzeichnen, dass Gewalt oder Krawall drohen, will die Polizei die Demonstration dort auflösen.

Rath:„Unser Wunsch ist eine friedliche Demonstration, die wir auch zulassen werden.“ Das Gedenken an den Tod der Studentin, die vor 20 Jahren bei einer antifaschistischen Aktion auf der Weender Landstraße vor ein Auto gelaufen ist, „muss man positiv begleiten“, sagt Rath. Gegen Gewalttäter werde man aber konsequent vorgehen. „Gewalt unter dem Deckmantel der Trauer“ wolle man keinesfalls tolerieren.

Wie viele Demonstranten teilnehmen werden und welche Strecke der Zug nehmen will, ist unbekannt. Das alleine reiche aber nicht als Grund für eine Auflösung. Und: „Die Teilnahme daran ist keine Straftat“, erklärt Oberstaatsanwalt Hans-Hugo Heimgärtner. Vermutlich führt der Weg zum Mahnmal an der Weender Landstraße. Das heißt für die Polizei: „Die Planung ist flexibel.“ Bereits im Vorfeld der Demo werde es Kontrollen geben, auch externe Polizeikräfte werden im Einsatz sein.

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