Mittelhessische Naziszene im Aufwind

Anti-Anti-Antifa Wetzlar-Dutenhofen 23.10.2009 13:39 Themen: Antifa
Seit einer Demonstration 2008 in Wetzlar treten Nazis in Wetzlar und Umgebung verstärkt mit öffentlichen Aktionen in Erscheinung. Ihr Selbstbewusstsein scheint dabei fast grenzenlos. Eine kurze Beschreibung der Situation im Raum Wetzlar/Giessen soll darstellen was für eine Problematik sich in Mittelhessen im letzten Jahr und in den letzten Monaten entwickelt hat.
Am 11.10.2008 marschierten durch die mittelhessische Stadt Wetzlar ca.350 Neonazis unter
dem Motto: "Todesstrafe für Kinderschänder". Eine erstaunlich hohe Anzahl von Demonstrations-teilnehmer_innen für hessische Verhältnisse und eine bis dato relativ unbekannte Anmelderin Nicole Becker. Während die NPD in Hessen - vielleicht dank fehlender
charismatischer Köpfe - weiterhin keine große Rolle spielt und ein eher geringes Mobilisierungspotenzial besitzt,organisieren sich vor allem "Freie Nationalisten" erfolgreich neu.

Bereits seit längerem machen die "Freien Kräfte Schwalm-Eder" in Nordhessen mit brutalen
Übergriffen von sich reden, jüngst bei einem Überfall auf eine Kneipe in Borken. Im
südhessischen Raum gründete sich die "Kameradschaft Darmstadt" neu und in Frankfurt versuchen parteiungebundene Neonazis unter dem Namen "Block F" mehr oder weniger erfolgreich neue Strukturen aufzubauen.

Und auch im mittelhessischen Raum scheint sich in letzter Zeit so einiges zu tun.
Bei Marburg gab es im August einen brutalen Überfall von Nazis auf zwei vermeintlich
"Linke" und im Raum Wetzlar/Giessen bestehen inwzischen zwei organisierte
Nazigruppierungen (AN Wetzlar, Anti-Antifa Wetzlar) neben der NPD, welche zur Zeit vor allem durch die hohe Anzahl von Aktivitäten auf sich aufmerksam machen.

Anfang des Jahres gründeten sich die sogenannten "Autonomen Nationalisten Wetzlar" und
traten erstmals mit einer eigenen Internetseite öffentlich in Erscheinung. Mitbegründer
der AN-Wetzlar und auch der Betreiber der Homepage ist Danny Wolff aus
Biebertal-Königsberg bei Giessen. Ein alter Hase in der AN-Szene und bereits seit
2004/2005 dort aktiv. Die guten Kontakte von Danny W. nach Dortmund und Siegen
dürften der Grund dafür sein das sich die öffentlichen Aktivitäten der AN Wetzlar - neben dem Kleben von Aufklebern und Sprühereien - bisher hauptsächlich auf den "Antikriegstag" am 05.09.09 in Dortmund beschränkten.

Mit Unterstützung von Nazis aus Siegen wurden im Juli und August mehrmals Flugblattaktionen
gegen das Verbot des Antikriegstages in der Wetzlar Innenstadt durchgeführt. In typischer
AN-Manier filmten sich die Nazis bei einer der Aktionen selbst wie sie "erfolgreich" Papier-Schnipsel in der City umherfliegen liessen.
Auf Gegenwehr stießen die Nazis in der Wetzlarer Innenstadt bei ihren Aktionen kaum,
stattdessen wurden gegen Abend zwei Punker von ihnen verfolgt und konnten einem brutalen
Übergriff nur knapp entgehen. Nur einer von mehreren versuchten und teilweise auch geglückten Übergriffe auf Andersdenkende.

So lächerlich die "Papierschnipselaktion" auf den ersten Blick wirkt,so real ist in Wetzlar inzwischen die Gefahr für Menschen die nicht in das Weltbild der Nazis passen.
Das Auftreten der Nazis ist dabei trotz des Labels "Autonome Nationalisten" eher
subkulturell durch die Skinheadszene geprägt.

Auch mit der NPD haben die AN keine Berührungsängste wie eine gemeinsame "Hess-Aktion"
am 17.08.09 zeigte. In einem roten(!) Schlauchboot überquerten dabei vier Nazis mit einem
Rudolph Hess Transparent, NPD- und Reichskriegsflaggen schwenkend die Lahn. Diese witzig
und skurill anmutende Aktion zeigt den hohen Aktivitätsgrad der Wetzlar Szene.
Auch bei dieser Aktion war antifaschistische Gegenwehr leider Fehlanzeige. Zum Teil die
gleichen Personen überfielen Ende September vermummt einen Infostand von "Jugend gegen
Rechts Wetzlar". Da die Polizei schnell eingriff gab es keine Verletzten und die Polizei nahm fünf Nazis fest und erstattete Anzeige.

Wie selbstbewusst die Nazis inzwischen in Wetzlar auftreten zeigt auch ein Interview während einer Mahnwache am 08.10.09 gegen "linken Terror".
Marcel Keiner aus Wetzlar-Dutenhofen stellte sich vor die Kamera und berichtete von der Neugründung der Anti-Antifa Wetzlar welche sich die Vernichtung von Antifaschist_innen zum Ziel gesetzt habe.
Anfangen wolle man in Wetzlar um sich dann weiter Richtung Giessen zu bewegen.
Sicherlich zeugt der Auftritt von Marcel Keiner (gefilmt vom Jugendnetz Wetzlar) nicht nur
von Selbstbewusstsein sondern auch von einer großen Portion Dummheit ist aber ein Zeichen
dafür das für ihn antifaschistische Gegenwehr wohl ein Fremdwort ist.

Die Zustände in Wetzlar und allgemein in einigen Dörfern in der Region Wetzlar/Giessen
dürften wohl der Grund dafür gewesen sein das in der Nacht vom 18.10 auf den 19.10 einige
Antifaschist_innen aktiv wurden. Mehrere Wohnhäuser von Neonazis wurden mit Farbe angegriffen und deren Autos schwer beschädigt. Die AN-Wetzlar schreiben auf ihrer Homepage von einer Antifaschistischen Gewaltwelle.

In einem uns vorliegenden Bekennerschreiben heißt es zu den Aktionen:
"In der Nacht von Sonntag auf Montag wurden drei Wohnhäuser von Neonazis mit Farbe
angegriffen bzw. durch Sprühereien auf die Bewohner aufmerksam gemacht. Auch das Auto von
Marcel Keiner wurde schwer beschädigt. Die hiesige Naziszene sollte nicht glauben das ihre
vermehrten Aktivitäten ohne Gegenwehr bleiben. Wer öffentlich zur Vernichtung von Menschen auffordert, der muss massive Gegenwehr zu spüren bekommen. Wir rufen dazu auf sich mit allen Mitteln und auf allen Ebenen gegen Nazis zur Wehr zu setzen!"

Auch auf gewerkschaftlicher Seite ist inzwischen Handlungsbedarf erkannt worden und so organisiert die Gewerkschaft Verdi im November eine Veranstaltungsreihe zum Thema Rechtsextremismus. Die Stadtoberen in Wetzlar scheinen dagegen eher den Nährboden für braunes Gedankengut zu liefern, wehrt man sich doch seit Jahren erfolgreich gegen die Verlegung von Stolpersteinen in der Wetzlar Altstadt da diese nicht ins Stadtbild passen würden.
Mensch darf gespannt sein wie sich die insgesamt noch recht jungen AN-Wetzlar entwickeln werden und ob sie weiterhin so aktiv bleiben.

Das vemehrte Auftreten von Nazis in der Region Mittelhessen und in Hessen allgemein zeigt das es wieder mehr als notwendig ist sich antifaschistisch zu organisieren oder sich den bereits bestehenden Antifa Gruppen anzuschließen, sonst könnte es bald auch in den Unistädten Giessen und Marburg recht ungemütlich werden.

Links zum Thema:

Wetzlar Stolpersteine:
 http://www.fr-online.de/frankfurt_und_hessen/nachrichten/hessen/2028245_Wetzlar-Steine-in-den-Weg-gelegt.html

Marcel Keiner im Interview:
 http://www.youtube.com/watch?v=_1khRSqFWE0

Übergriff Nordhessen:
 http://www.hna.de/schwalmstadtstart/00_20091005131925_Nach_dem_Kneipenbesuch_von_rechten_Schlaegern_.html

Übergriff bei Marburg:
 http://www.op-marburg.de/Lokales/Nordkreis/Schlaegerei-im-Ortskern-von-Gossfelden

Nazisituation in Südhessen:
 http://darmstadt.antifa.net/node/27

Termine von verdi:
 http://mittelhessen.verdi.de/bezirk/newsletter-18-09
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Ergänzungen

Falscher übergriffs ort

schwälmer 23.10.2009 - 15:20
Der Überfall von den "Freien Kräften-Schwalm Eder" auf die Kneipe war in Treysa nicht in Borken!!! Die betroffene Kneipe heißt "Bunker- Beat lounge"


Wetzlar

Egal 23.10.2009 - 19:24
Wenn schon über Wetzlar geredet wird, sollte auch erwähnt werden, daß der Naziversand White Noise Rec. von Patrick Rühl sicherlich auch an der entwicklung beteiligt ist.

Ja

klarrow 23.10.2009 - 20:11
Bei dem Überfall auf den Infostand wurde niemand verhaftet, ganz im Gegenteil die Polizei kam noch 20 Minuten zu spät, während die Nasen noch in Montur in der nähe unterwegs waren. Zusätzlich hat sich die Lokalpresse schon im Vorfeld geweigert, über den Infostand und danach über den Überfall zu berichten und mussten dazu überredet werden wenigstens ein paar Tage danach etwas zu schreiben.

seite

antifa 24.10.2009 - 10:21
hier die seite von dem keiner und co.

 http://logr.org/aawetzlar/

FFM Szene

Art 24.10.2009 - 16:25
@Franki
Nazis gibts bei fast jedem Verein, auch in Frankfurt. Diese treten zumindest nicht offen auf und sind deshalb nur schwer auszumachen. Die Ultras Frankfurt sehen sich als "unpolitisch". Jedoch gibt es Ultra-Gruppen wie die Droogs oder Ragazzi Marburg welche sich als antifaschistisch und antirassistisch verstehen. Die Ultras haben auch Fanfreundschaften mit eher links-orientierten Ultras, wie den Verrückten Köpfen Innsbruck oder den Diablos aus Leipzig.

Kassel: Rechte Schläger überfallen Volksfest

Antifa 24.10.2009 - 17:01
mit BASEBALLSCHLÄGERN, HOLZLATTEN und PFEFFERSPRAY!

 http://www.youtube.com/watch?v=foq9NDqlZy0

"Einer wird so schwer am Kopf getroffen, dass er fast verblutet."

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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Auswirkungen — Wetterau

Das Interview — ...

der vollhonk — spricht tatsächlich

Keiner wars — Schinken

Dialekt — anonymus

Äppler — Handkäs

AFA Lüge — wahrheit!?!

Feigheit vor dem Feind — HOOLIGAN GIESSEN

FFM — Franki

tss — AFA

Grossmäule — gegennazis

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