sexistischer, homophober Kongress in Marburg

Nora Nebenberg 10.05.2009 15:51 Themen: Antifa Bildung Freiräume Gender
Homophober und sexistischer Kongress in Marburg

In der Zeit vom 20. bis zum 24. Mai findet in Marburg der „6. internationale Kongress für Psychotherapie und Seelsorge“ statt. Unter dem Deckmantel der Wissenschaft wollen reaktionäre evangelikale Kräfte einen Kongress veranstalten, gegen den sich breiter Widerstand formiert hat.
Organisiert wird der Kongress von der „Akademie für Psychotherapie und Seelsorge“, die sich besonders durch die Verknüpfung von therapeutischer Beratung mit christlich evangelikalen Lebensvorstellungen hervortut. Es sind über 100 Workshops geplant, die sich unter anderem mit Themen aus dem Bereich Sexualität und Identität beschäftigen. Die einzelnen Referent_innen verbreiten ein konservatives Bild von der heterosexuellen Ehe als einzigem Lebensmodell und stigmatisieren Homosexualität als krankhaft und nicht erwünscht. Insgesamt offenbart die Auswahl der Referent_innen ein erzkonservatives und zutiefst reaktionäres Weltbild.
Homophober und sexistischer Kongress in Marburg

In der Zeit vom 20. bis zum 24. Mai findet in Marburg der „6. internationale Kongress für Psychotherapie und Seelsorge“ statt. Unter dem Deckmantel der Wissenschaft wollen reaktionäre evangelikale Kräfte einen Kongress veranstalten, gegen den sich breiter Widerstand formiert hat.
Organisiert wird der Kongress von der „Akademie für Psychotherapie und Seelsorge“, die sich besonders durch die Verknüpfung von therapeutischer Beratung mit christlich evangelikalen Lebensvorstellungen hervortut. Es sind über 100 Workshops geplant, die sich unter anderem mit Themen aus dem Bereich Sexualität und Identität beschäftigen. Die einzelnen Referent_innen verbreiten ein konservatives Bild von der heterosexuellen Ehe als einzigem Lebensmodell und stigmatisieren Homosexualität als krankhaft und nicht erwünscht. Insgesamt offenbart die Auswahl der Referent_innen ein erzkonservatives und zutiefst reaktionäres Weltbild.

Das Bündnis “Kein Raum für Sexismus, Homophobie und religiösen Fundamentalismus“

Ein Bündnis aus queeren, feministischen, antisexistischen sowie antifaschistischen Gruppen, kritischen Wissenschaftler_innen und Einzelpersonen u. a. aus Marburg, Frankfurt, Kassel und Göttingen hat sich gegründet, um gegen den Kongress mit seiner zutiefst sexistischen und homophoben Botschaft vorzugehen.

Obwohl sich der Gegenprotest auf den gesamten Kongress bezieht, kann mensch Kritikpunkte exemplarisch an den einzelnen Referent_innen festmachen:

Markus Hoffmann
Leiter von Wüstenstrom. Wüstenstrom ist eine psychologische Beratungsorganisation, deren Hauptaufgabe die Heilung von Homosexualität zu sein scheint. Auf der Homepage wird unter dem Schwerpunkt Missbrauch erwähnt, dass Homosexualität eine Folge von Missbrauch sein könne. Im Schwerpunktartikel zu Homosexualität heißt es, das Ziel sei das Aufbrechen vom „Problem der Homosexualität“ und der „homosexuellen Illusion.“ Gesprochen wird auf der Homepage von Wüstenstrom von der „homosexuellen Empfindung“ – eine Formulierung, die impliziert, dass für homosexuelle Personen ihre Homosexualität nicht einfach Teil ihrer Persönlichkeit ist, sondern gleichzeitig einem Zweck dient, nämlich der Suche nach der eigenen Identität. Der Kern des „homosexuellen Problems“ bestehe darin, dass der betreffende Mensch „nach einer Stimme sehnt, die ihm zuverlässig darüber Auskunft gibt, wer er ist“, gleichzeitig habe sein „homosexuelles Verhalten […] ja nur die Funktion, die fehlende Stimme durch eine idealisierte Person außerhalb seiner selbst zu ersetzen“.
Quellen:
 http://www.kath.net/detail.php?id=15587
 http://www.wuestenstrom.de/index.dhtml/444a0576af5beb1294nb/-/deDE/-/CS/-/schwerpunktthemen/homosexualitaet/Homosexualitaet


A. Pokropp-Hippen
A. Pokropp-Hippen arbeitet als Ärztin und Psychotherapeutin in Münster. Sie ist Vorsitzende des Regionalverbandes Münster der „Aktion Lebensrecht für Alle e.V. – Gegen Abtreibung und Sterbehilfe“ (Alpha e.V.).
Ihre Reden und Aufsätze sind durchsetzt von drastischen Bildern und moralischen Anklagen, die jede wissenschaftliche Distanz vermissen lassen. So schreibt sie vom „aggressive[n] Akt des Tötens“, durch den Frau sich „ zur Giftmörderin ihres Kindes“ mache.
Eine Heilung von Frauen, die einen Schwangerschaftsabbruch vorgenommen haben, ist für sie notwendig und nur möglich durch ein Schuldeingeständnis der Frau vor Gott:
„Heilung und Versöhnung durch und mit Gott ist die tiefste Ebene, welche bei vielen Betroffenen auf Grund eines mangelnden religiösen Bewusstseins oft nicht oder nur schwer möglich ist.“
Quelle:
 http://www.aktion-leben.de/Abtreibung/RU-486/sld01.htm

Roland Werner
 Roland Werner ist Mitglied des wissenschaftlichen Beirats des Deutschen Instituts für Jugend und Gesellschaft (DIJG). Er ist Autor von Büchern mit Titeln wie „Christ und homosexuell?”, „Homosexualität – ein Schicksal?” und „Homosexualität und Seelsorge.“ Er organisiert den Christus Treff Marburg, ein wöchentlicher ökunmenischer Gottesdienst, und war Mitorganisator vom Christival 2008 in Bremen.

Weitere Information zu den Organisator_innen und den Referent_innen auf der Bündnisseite:
 http://noplace.blogsport.de/material/einige-referent_innen-2009/

Diesen homophoben und sexistischen Denkweisen wird durch die Veranstalter_innen ein Forum geboten und durch alle weiteren Referent_innen unterstützt, durch die hohen Besucher_innenzahlen wird zu einer breiten Rezeption beigetragen.

„Für Freiheit und Selbstbestimmung“?

Der Protest des Bündnisses richtet sich nicht nur gegen ein, zwei oder drei Workshops oder Referent_innen auf dem Kongress, sondern vielmehr gegen die homophobe und religiös-fundamentalistische Ausrichtung der Evangelikalen, die sich durch wortwörtliche Bibelauslegung, Absolutheits- und Missionierungsanspruch auszeichnen und damit nach gesellschaftlichem Einfluss streben.

Unterstützung erhalten die Veranstalter_innen des Kongresses nicht nur aus den „eigenen“ Reihen. Auch Vertreter_innen der katholischen Kirche, die eine ähnliche religiöse Auslegung und Praxis umsetzen, versuchen den Protest gegen den Kongress zu delegitimieren. So zum Beispiel die Publizistin Gabriele Kuby in einem offenen Brief an den Oberbürgermeister der Stadt Marburg, Egon Vaupel, in dem sie ihn auffordert sich gegen die „totalitären Bestrebungen von Schwulen- und Lesbenverbände“ zu wehren und den von ihnen aufgebauten Druck den Kongress zu verbieten, nicht nachzugeben.
Darin bezieht sie sich auch auf die Initiative „Für Freiheit und Selbstbestimmung – gegen totalitäre Bestrebungen der Lesben- und Schwulenverbände“, die eine Unterschriftenkampagne für die Ausrichtung des Kongresses gestartet haben.
(Quelle:  http://www.kath.net/detail.php?id=15587)
Gabriele Kuby veröffentlicht unter anderem ihre erzkonservativen und heterosexistischen Artikel im Magazin „Weißes Kreuz“, in denen sie sich für den Erhalt von gefestigten Geschlechterrollen und christlichen Familienbildern ausspricht.
(siehe:  http://wk.kollundkollegenserver.de/uploads/tf/11_02_2009-13_25_34-2009505_wk_37_web_Endfassung.pdf)

Näheres dazu unter Pressemitteilung des Bündnisses:
 http://noplace.blogsport.de/2009/04/28/3-pressemitteilung/

Marburg, ein Klima der Angst?

Die Veranstalter_innen des Kongresses versuchen strategisch den Protest zu kriminalisieren, indem sie von „gewaltbereiten Aktivist_innen“ sprechen. Sie begründen dies vor allem mit dem vorhergegangen Protest gegen das Christival 2008 in Bremen, bei dem es zu Auseinandersetzungen kam. Dass es zu gewalttätigen Übergriffen von Seiten der Teilnehmenden des Christivals kam, wird jedoch verschwiegen.
Hier dazu ein Erlebnisbericht aus Bremen.
 http://stevenmilverton.com/2008/05/04/fundstucke-rund-ums-christival/#more-628

Die von den Veranstalter_innen ausgehende Gewaltdebatte findet zum Teil Anklang in der Presse. Oft wird vom Inhalt der Kritik, die von Aktivist_innen ausgeht, abgelenkt, indem ihr Protest als purer Gewaltakt und als Angriff auf Meinungsfreiheit dargestellt wird.

Nora Nebenberg, Sprecherin des Bündnisses „Kein Raum für Sexismus, Homophobie und religiösen Fundamentalismus“, stellt klar: „Unseren Protest lassen wir uns nicht nehmen. Fakt ist, dass dieser Kongress einen Akt struktureller Gewalt gegen Menschen, die sich heteronormativen Lebensweisen entziehen wollen, darstellt und den homophoben und sexistischen Zustand in unserer Gesellschaft zum Ausdruck bringt und manifestiert. Wir sind darüber wütend und werden dies auf die Straße tragen.“

Wer anderen ihre Lebensweise abspricht, sie als anormal und krank darstellt, übt Gewalt aus. Daher ist es notwendig, die Absage des Kongresses einzufordern und sich für ein freies und selbstbestimmtes Leben auszusprechen, in dem alle Menschen leben und lieben können, wen und wie sie wollen!

Weitere Informationen, Termine und Aktionen auf dem Bündnisblog:
 http://noplace.blogsport.de/
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Ergänzungen

Brechzwang durch kolonialistische Zwangsheten

Aufklärer_in 10.05.2009 - 20:15
ein Beitrag von dem "geheilten" Schwulen Prediger und Missionar für Zwanghafte Normierung auf dem "Kongress"

Roland Werner:
Identität, Religion, Kultur

Das kulturelle, regionale, ethnische, soziologische und nicht zuletzt auch religiöse Umfeld, in dem Menschen aufwachsen, prägt ihre Persönlichkeitsentwicklung. Ein Blick über den Tellerrand, vor allem in den islamischen und afrikanischen Raum, ermöglicht auch Rückschlüsse auf die Fragen nach der Identität in unserer westlichen Kultur.

Dr. Roland Werner, Afrikanist und Religionswissenschaftler; leitet zusammen mit seiner Frau Elke den Christus-Treff in Marburg. 1996, 2002 und 2008 Vorsitzender des Christival.

Seine Erkenntnise als "Afrikanist" (Was ist das? Gibts auch Europäisten?)

"In traditionellen afrikanischen Gesellschaften organisieren sich die Jungen bzw. Mädchen in dieser Phase in sogenannte Altersklassen, in denen sie nur unter sich sind (oft unter Anleitung älterer Männer bzw. Frauen) und das lernen, was für sie, für ihr Leben und ihre Aufgabe als Erwachsener notwendig ist. Es ist auffällig, daß in solchen noch intakten (sic!) Gesellschaften Homosexualität sehr selten ist bzw. gar nicht vorkommt. So erzählte mir ein Freund, der als Missionarskind unter Indianern (!) in Brasilien aufgewachsen ist, daß bei der Bibelübersetzung in ihre Sprache erst erklärt werden mußte, worum es sich bei homosexuellen Praktiken handelt, da solches in dem Stamm völlig unbekannt war." Roland Werner, Homosexualität und Lebenserneuerung, in: ders. (Hg.), Homosexualität und Seelsorge, S.20 (Fußnote 1), Moers: Brendow 1993.

Initiative für Freiheit und Selbstbestimmung

anja aka manu 10.05.2009 - 20:52
krass ist auch die "Initiative für Freiheit und Selbstbestimmung", die von der „Crème de la Crème der Homohasser“ (LSVD) unterschrieben wurde. Außerdem machen Nazi-Seiten wie die Junge Freiheit und kreuz.net dafür Werbung.
Das rechtsaußen-CDU-Fraktionschef aus Marburg Phillip Stompfe die gleich mitunterschreiben musste war ja klar. Spannender ist eigentlich Norbert Geis (MdB, CSU) der hat sich auch schonmal zu Homosexualität geäußert:

„Gerade aufgrund ihrer Feinfühligkeit empfinden viele Homosexuellen ihre Sexualpraktiken selbst als pervers. All dies führt nicht selten zur Frustration und zur Verzweiflung . […] Die Gesellschaft, solange sie noch gesund empfindet , wird diese sexuelle Lebensform nie als gleichberechtigt mit der Lebensform von Mann und Frau anerkennen. Die Menschen haben immer gewusst […] dass Homosexualität eine Verirrung darstellt. Zwar wird den Jugendlichen heute eingehämmert , Homosexualität sei etwas ganz normales[…]. Die meisten werden es jedoch nicht glauben, weil sie […] intelligent genug sind, solche Parolen richt[ig] einzuordnen. [...] Es ist … an der Zeit, dass diese Lebensform [Homosexualität, N.N.] endlich auch in der Öffentlichkeit als das bezeichnet wird, was sie ist: die Perversion der Sexualität. Die Aufdringlichkeit, mit der sich Homosexuelle öffentlich prostituieren, ist nur noch schwer zu ertragen. Sie lassen jede Scham vermissen. Der Verlust der sexuellen Scham aber ist immer ein Zeichen von Schwachsinn, wie es Freud formuliert hat. Deshalb muss in der Öffentlichkeit Widerspruch laut werden, damit der Schwachsinn nicht zur Mode wird.“

Quelle:  http://web.archive.org/web/20020211170123/http://www.bundestag.de/mdbhome/Geis_No0/eheundfamilie.htm
und  http://noplace.blogsport.de/2009/04/28/3-pressemitteilung/

marburger antifa....

stalingrad 10.05.2009 - 20:55
das werden wir ja sehen, wozu das führen wird:
Auf zur Demo am 21.5. den Kongress verhindern! Ab in die Lahn mit den Homoheilern und ihren Freund_innen!

weitere Termine gefunden

copyandpaste 11.05.2009 - 14:27
weitere Termine zu dem Thema:

Donnerstag, 14.05.2009
Vortrag, Diskussion und Filmvorführung mit Sarah Diehl
Beginn: 19:00 Uhr
Ort: Havanna 8 (Lahntor 2)

Freitag, 15.05.2009
Sitzung des Marburger Stadtparlaments
Beginn: 15:30h
Ort: Sitzungssaal Barfüßerstr. 50

Donnerstag, 21.05.2009
Demonstration gegen den Kongress
Beginn: 10:30h
Ort: Hauptbahnhof Marburg

Donnerstag, 21.05.2009
Konzert im ak44 Gießen mit:
Evenworse, So far away, Caliber , Call McClane, Reach for everything

Donnerstag, 14.05.2009
Thematischer Kino-Abend im JuZ Borken inkl. Infoveranstaltung zum Kongress:
„Jesus junge Garde“, eine Dokumentation über „Evangelikale“ und „Das Leben des Brian“.
Der Eintritt ist frei, Beginn ist um 18.30.

VA zur Kritik der Religion

dissidentIn 16.05.2009 - 13:06
Veranstaltung zur Kritik der Religion am 23.5. um 19 Uhr in der Alten Mensa (Marburg):

 http://gruppedissident.blogsport.de/2009/05/15/veranstaltung-zur-kritik-der-religion/

Zur Beweihräucherung von Vernunft, Hedonismus und Revolution - Flugblatt zu den religiösen Zumutungen in Marburg:

 http://gruppedissident.blogsport.de/2009/05/14/die-dunkle-seite-der-macht-zur-beweihraeucherung-von-vernunft-hedonismus-und-revolution/

op-abstimmung

op 17.05.2009 - 22:57
hier kann mensch darüber abstimmen:
 http://www.op-marburg.de/newsroom/startseite/index.html

bisher 60-70% gegen den kongress, aber wenn sich das bei den fundis und nazis rumspricht...

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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ein gedanke — ein fragender

raven gegen homophobie — ein_mensch