Bericht + Diskussionsbeitrag zum 28.3.09 FFM

RAS 02.04.2009 00:55 Themen: Globalisierung Soziale Kämpfe Weltweit
Bericht und Diskussionsbeitrag zur Demo 28. März in Frankfurt unter dem Motto „Wir zahlen nicht für Eure Krise“ von der Revolutionären Aktion Stuttgart
Großdemonstration am 28. März in Frankfurt unter dem Motto „Wir zahlen nicht für Eure Krise“ mit mehr als 25 000 TeilnehmerInnen

Bericht & Diskussionspapier
[+ Bilder unter: ttp://revolutionaereaktionstuttgart.fasthoster.de/20090328_frankfurt.html]

Anlass und Anspruch der Demonstration

Zur Demo wurde insbesondere von Initiativen aus Ver.di, aber auch aus anderen Gewerkschaften, sowie von sozialen Gruppen und linken Organisationen mobilisiert. Mit der Demonstration in Frankfurt und der zeitgleich in Berlin stattfindenden sollte im Vorfeld des im Laufe der Wochen in London tagenden G20 Gipfel zur kapitalistischen Krise ein klares Zeichen gesetzt werden: Protest und Widerstand gegen die Abwälzung der Krisensymptome auf die Lohnabhängigen und Schluss mit der Propagierung der Alternativlosigkeit des Kapitalismus. Der Bündnisaufruf sollte es schaffen, zehntausende Menschen auf die Straße zu bekommen und ein breites Bündnis zu schaffen, nicht zuletzt aber auch eine deutliche Kritik am kapitalistischen System zu formulieren und für Alternativen einzutreten. Die Gewerkschaftsführung distanzierte sich dementsprechend von den Demonstrationen, was diese umso mehr zu einem wichtigen Signal für eine Bewegung gegen die kompromisslerische Politik der Gewerkschaftsspitze machte.
Zusätzlich gab es noch Aufrufe für einen antikapitalistischen Block, mit denen die Kritik am System noch deutlicher formuliert und reformistische Ansätze kritisiert wurden.
Ein von der anarchoysyndikalistischen FAU und dem antinationalen „ums Ganze Bündnis“ organisierter Block, der von gut einem Dutzend weiteren Gruppen unterstützt wurde, rief zu einer eigenständigen Auftaktkundgebung auf.

Allgemein zur Demo in Frankfurt

Die Demonstration verlief in zwei Zügen, die beide in der Frankfurter Innenstadt endeten. Sie erstreckten sich jeweils kilometerweit und waren insbesondere von den Fahnen verschiedener Gewerkschaften, aber auch diversen linken Gruppen und Parteien, sowie kreativen Transparenten und Schildern einzelner AktivistInnen geprägt. Nicht verschwiegen werden soll, dass sich in der Demo durchaus auch äußerst fragwürdige Plakate etwa für eine „faire Marktwirtschaft“ oder mit verkürzter und damit falscher Kritik an einzelnen Auswüchsen des Kapitalismus befanden. Sie waren jedoch nur äußerst marginal vertreten und die Präsenz einzelner Verwirrter unter zehntausenden Menschen sollte nicht überbewertet werden.

Vor den Demonstrationszug der an der Bockenheimer Warte startete, setzte sich der „sozialrevolutionäre und antinationale Block“ mit etwa 1000 TeilnehmerInnen. Aufgrund dessen eher ablehnender Haltung der restlichen Demonstration gegenüber, hielt der eigentliche Demonstrationszug jedoch Abstand. Im „sozialrevolutionären und antinationalen Block“ domierten die Positionen der FAU, die sich gegen die etablierten Gewerkschaften richteten und sich für eigenständige Strukturen und Aktivitäten aussprachen. Das Spektrum der Beteiligten reichte von Antifa-Gruppen über die autonome, antinationale und anarchistische Szene bis zur Partei Ökologische Linke. Der Block war von einem enormen Polizeiaufgebot begleitet, dass zumindest in Ansätzen versuchte zu verhindern, dass der Block auf den Platz der Abschlusskundgebung gelangte. Dort wurden aus Teilen des Blockes heraus Eier auf den Redner der Linkspartei Oskar Lafontaine geworfen.

Am antikapitalistischen Block, der im vorderen Teil des Demonstrationszuges der am Hauptbahnhof startete, lief, beteiligten sich etwa 350 Menschen. Auch er wurde von beiden Seiten von einem starken Polizeiaufgebot begleitet und durchgehend abgefilmt. Mit Flugblättern und Parolen wurde sowohl eine Perspektive jenseits des Kapitalismus propagiert, als auch zum Widerstand gegen das Nato-Treffen vom 1. bis zum 3. April mobilisiert – als Agit-Prop Aktion wurde hierfür bei der Abschlusskundgebung auch ein Papp-Panzer in Brand gesetzt.

Zum sozialrevolutionären & antinationalen Block

Es ist zunächst wohl positiv anzumerken, dass zahlreiche AktivistInnen und Organisierungen aus der linksradikalen Szene aus Anlass der Demonstration auf die Straße gingen. Da in großen Teilen dieser Szene in den letzten Jahren eine klassenkämpferische Theorie und Praxis abgelehnt und durch sog. „wertkritische“ und „antideutsche“ Positionen in Frage gestellt wurde, bleibt zu hoffen, dass sich hier auch längerfristig eine Veränderung einstellt.

Beim „sozialrevolutionären und antinationalen Block“ hat sich jedoch gezeigt, dass für viele noch die Selbstdarstellung und die Abgrenzung von anderen Strömungen der Linken im Mittelpunkt steht. Unsere Kritik an diesem Block macht sich daher in erster Linie an seinem Anspruch und weniger an den Inhalten des Aufrufes fest. Das Selbstverständnis der anarchosyndikalistischen Freien ArbeiterInnen Union (FAU) ergänzte sich hier mit den Herangehensweisen vieler der anderen beteiligten Gruppen: eher Abgrenzung von der Großdemonstration als Aufgreifen der fortschrittlichen dort vertretenen Positionen, verbale und mit Eierwürfen auf Lafontaine auch konkrete Angriffe auf das Bündnis statt solidarischer Zusammenarbeit zumindest beim konkreten Anlass.

Konkret halten wir eine Bewegung, die dort ansetzt wo der sozialdemokratische und auf Kompromisse mit dem Kapital angelegte Kurs verlassen wird, für notwendig. Die Aufgabe der revolutionären Linken ist es, diese Bewegung inhaltlich und praktisch weiterzuentwickeln, die fortschrittlichsten Ansätze zu unterstützen und gemeinsam mit den unzufriedenen und auf Veränderung abzielenden Teilen der Lohnabhängigen Strukturen zu schaffen, kämpferische Aktivitäten zu organisieren und letztlich auch eine politische Gegenmacht aufzubauen. All dies dort wo möglich außerhalb oder ergänzend zu den etablierten gewerkschaftlichen und politischen Strukturen, dort wo nötig aber auch innerhalb oder in (temporärer) Zusammenarbeit mit ihnen. Herangehensweisen, die lediglich auf eine Anbiederung aus sind und revolutionäre Inhalte und eine entsprechende Praxis aus opportunistischen Gründen sogar hemmen sind hierbei abzulehnen. Abzulehnen sind aber auch die Herangehensweisen, die nicht an den vorhandenen fortschrittlichen Bewegungen ansetzen, stattdessen zu einer Isolierung der revolutionären Kräfte beitragen oder eine starke handlungsfähige Bewegung gar angreifen. Sie verkennen nicht zuletzt die gemeinsame Praxis in Form von Streiks und sozialen Protesten als Basis für eine mögliche weitergehende Entwicklung – selbst wenn sie (zunächst) im gewerkschaftlichen Rahmen und erst recht wenn sie von kämpferischen Kräften innerhalb der Gewerkschaften organisiert stattfindet.

Ideologiekritik, eine klare antikapitalistische Positionierung und Aufrufe zum Handeln – die den Großteil des Aufrufes zum „sozialrevolutionären und antinationalen Block“ darstellten – sind bei all dem notwendig, sie ersetzen jedoch nicht die Auseinandersetzung damit wie konkrete Schritte hin zu einer befreiten Gesellschaftsordnung aussehen können und erst recht nicht deren konkrete Umsetzung (in deren Verlauf sich die Richtigkeit der Theorie und Kritik erst beweisen bzw. sie immer wieder angepasst werden müssen) – reichen Basisstrukturen aus bzw. welche Bedeutung hat eine politische Gegenmacht, in welchem Verhältnis haben sich die revolutionären Kräfte zu den anderen Teilen der Klasse der Lohnabhängigen zu setzen, wie kann eine revolutionäre Theorie und Praxis an den vorhandenen Bewegungen ansetzen, wo sind Bündnisse und eine Zusammenarbeit möglich und nötig etc.

Letztlich erfordert ein ernsthaftes Eintreten für eine revolutionäre Perspektive mehr als eine radikale Agitation und eine andere Praxis als Angriffe auf Kräfte die zumindest in einer konkreten Situation am gleichen Strang ziehen. Es erfordert die konkrete Auseinandersetzung dort wo sich die verschiedenen Teile der Lohnabhängigen mit zumindest in Ansätzen vorhandenem Klassenbewusstsein organisieren, eine konkrete Unterstützung und Weiterentwicklung der Kämpfe, das Organisieren und die Vermittlung einer revolutionären Theorie und Praxis und letztlich auch den Aufbau von arbeitsfähigen Strukturen und einer organisierten proletarischen und revolutionären Gegenmacht.

Auf die konkrete Situation in Frankfurt bezogen: Sollte sich tatsächlich eine positive Entwicklung von bestimmten Teilen der linksradikalen Szene, bei der ein klarer revolutionärer Klassenstandpunkt bisher nicht vorhanden war, abzeichnen, ist das zu begrüßen – selbst wenn sie zunächst in Richtung eines unseres Erachtens nach eher perspektivlosen und etwas abgeschmackten Anarchosyndikalismus geht.
Dennoch halten wir eine Abgrenzung von der Herangehensweise zumindest von Teilen des „sozialrevolutionären und antinationale Block“ Blockes für notwendig: Er hat die Situation, dass dort eine Bewegung auf der Straße ist, in der zehntausende gemeinsam nach einem Weg aus der kapitalistischen Krise suchen, verkannt. Statt diese Bewegung mit einer revolutionären Theorie und Praxis zu unterstützen und weiterzuentwickeln, hat er sie mehr oder weniger angegriffen. Ohne sie überzubewerten, haben die Eierwürfe auf Lafontaine der Entwicklung einer klassenkämpferischen Bewegung von der nicht zuletzt auch die revolutionäre Linke profitiert sicher eher geschadet als genutzt. Kritik an einer Sozialdemokratisierung der Linkspartei und reaktionären Ausfällen Lafontaines hätten auf eine taktisch sinnvollere Art artikuliert werden und eine kämpferische Praxis gegen wesentlich sinnvollere Ziele gerichtet sein können. Letztlich haben die so in die Bewegung getragenen Auseinandersetzungen und Spaltungen ebenso wie die Fundamentalkritik an den DGB Gewerkschaften – und damit auch an den kämpferischen bis revolutionären Kräften an deren Basis – eher denen genutzt, in deren Interesse eine Schwächung einer solchen Bewegung liegt: den sozialdemokratischen Gewerkschaftsspitzen und den Vertretern des Kapitals.

Die teilweise fast schon enthusiastischen Nachbereitungen von Teilen des Blockes gehen an der Realität vorbei – das libertäre Bündnis Ludwigsburg sieht gar einen neuen Aufschwung für die libertäre Linke. Sie berücksichtigen kaum bis gar nicht die Beteiligung von zehntausenden Menschen an einer kapitalismuskritischen Demonstration, die gegen die Gewerkschaftsspitzen durchgesetzt wurde. Sie stellen ebensowenig die Frage nach dem Verhältnis der revolutionären Kräfte zu den Massen der Lohnabhängigen, dem Erfolg oder Misserfolg der Vermittlung einer revolutionären Theorie und Praxis. Sie lassen insbesondere unmittelbare und langfristige konkrete Schritte hin zu einer revolutionären Politik in Zeiten der Krise des Kapitalismus außen vor.

Vielleicht etwas überspitzt ausgedrückt: ein Teil der linksradikalen Szene hat – nicht zuletzt dank den Fahrtmöglichkeiten die die Gewerkschaften zur Verfügung gestellt haben und Dank der Beteiligung von verschiedenen Strömungen unter dem gemeinsamen Nenner einer radikalen Gesellschaftskritik – etwa 1000 Menschen zu einem Block mobilisiert. Das was mit dem Block eingefordert wird – klassenkämpferische Basisstrukturen aufbauen u.ä. – wird wohl auch nach der Demonstration nur von einem Teil der dort vertretenen Strukturen und AktivistInnen ernsthaft versucht. Für den Großteil haben die Forderungen eher den Zweck sich eben nicht selbst den Anstrengungen der realen Veränderung der Verhältnisse hinzugeben, sondern bei der verbalradikalen Kritik an allem was sich nicht groß Revolution auf die Stirn schreibt, stehen zu bleiben...

[Wir lassen uns allerdings gerne eines besseren Belehren und verstehen unsere Kritik in diesem Falle als konstruktiven Diskussionsbeitrag. Auch sollen die fortschrittlichen Elemente des Blockes damit nicht in Frage gestellt werden.]

Zum antikapitalistischen Block

Zum antikapitalistischen Block wurde insbesondere aus dem Spektrum der Interventionistischen Linken mobilisiert. Auch wir haben zur Beteiligung daran aufgerufen.

Die Beteiligung von insgesamt etwa 350 Menschen blieb sicher unter den Erwartungen und auch den Möglichkeiten. Die Ansätze halten wir dennoch für gut und richtig: mit Agit-Prop Materialen wurde zum – auch militanten – Widerstand gegen imperialistische Kriege und konkret zur Beteiligung an der Anti-Nato Mobilisierung aufgerufen. Mit einem eigenen Lautsprecherwagen sollte einer klaren antikapitalistischen Positionierung lautstark Gehör verschafft werden. Der Aufruf und das Auftreten des Blockes haben an der Bündnismobilisierung angesetzt, jedoch darüber hinaus gewiesen.

All das kann jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass es an vielem mangelte: Sowohl organisatorisch, als auch im Bezug auf eine motivierte und kämpferische Stimmung, gab es deutlichen Verbesserungsbedarf – halbwegs geordnete Reihen, durchgehend Parolen, kämpferische Aktionsformen etc. waren nur ansatzweise vorhanden.

Neben den banalen Ursachen, dass bei schlechtem Wetter und nur wenigen hundert Beteiligten aus recht unterschiedlichen politischen Spektren nur schwer eine entschlossene Stimmung aufkommt, gibt es sicher noch weitere. Mangelnde Absprachen und Planungen im Vorfeld gehören sicher ebenso dazu wie das Fehlen einer allgemeinen gemeinsam entwickelten Herangehensweise revolutionärer und kommunistischer Kräfte, gerade im Hinblick auf die Sozialproteste.

Fazit der Demonstration (und ein bisschen mehr)

Die Mobilisierung Zehntausender gegen die Abwälzung der Krise auf die Klasse der Lohnabhängigen und für eine Alternative zum Kapitalismus war ein Schritt in die richtige Richtung. Es gilt weiterhin die kämpferischen AktivistInnen in den Gewerkschaften, die linken und fortschrittlichen Kräfte und die verschiedenen Basisinitiativen bei ihren Aktivitäten zu unterstützen. Neben symbolischen Aktivitäten wie Kundgebungen und Demonstrationen, müssen insbesondere Streikaktionen und Betriebsbesetzungen unterstützt und mitorganisiert werden. Die objektiven Verhältnisse sprechen sicher für eine Zunahme dieser Kampfformen.
Bei all dem ist eine Zusammenarbeit der unterschiedlichen klassenkämpferischen und fortschrittlichen Strömungen und Organisierungen, die offen für eine solidarische Zusammenarbeit sind, anzustreben.

Die verschiedenen Aktivitäten sind sowohl die Grundlage für die Entwicklung von Bewusstsein über die eigene Stärke der Lohnabhängigen und ihrer konfrontativen Stellung dem Kapital gegenüber, als auch für die richtige Theorie und Praxis der revolutionären Kräfte. Beides und die notwendige tendenzielle Aufhebung der Grenze zwischen den subjektiven revolutionären Kräften und der Masse der Lohnabhängigen ist ohne eine gemeinsame Praxis und darin der Schaffung von Strukturen nicht möglich.

Mit der Krise des Kapitalismus nimmt die Unzufriedenheit breiter Teile derjenigen zu, die von diesem System nun nicht mehr nur entfremdete Arbeitsverhältnisse, sondern dazu Armut und einen weiter sinkenden Lebensstandard erwarten können. Neben der stetigen Gefahr einer reaktionären Mobilmachung, bringt die sich verändernde Situation auch neue Möglichkeiten für die Perspektive einer befreiten Gesellschaftsordnung hervor. Hierfür ist maßgeblich die Verfasstheit der revolutionären Kräfte von Bedeutung. Opportunistisches „in den Massen schwimmen“ und anbiedern in der Hoffnung damit umso mehr Menschen zu erreichen, sind dabei kaum dienlich. Das Abkapseln in vermeintlich besonders radikale Grüppchen oder auch Bündnisse, sowie die Isolierung in eine linke Szene ebensowenig. Dogmatismus und Versuche frühere Organisationsformen etwa in Form der KPD zu kopieren bringen ebensowenig wie das Infragestellen der grundätzlichen Notwendigkeit des Aufbaus einer revolutionären Organisation. Aktionismus und eine nur auf Kampagnen angelegte politische Praxis nutzen ähnlich wenig wie theoretische Luftschlösser und das Beschränken auf die Artikulation von Kritik – auch zusammen hilft all das nicht weiter. ...

Was einen revolutionären Prozess tatsächlich voran bringt ist jedoch nicht allzuschwer zu erkennen, wenngleich die Umsetzung nicht unbedingt einfach ist: Neben Strukturen in verschiedenen Bereichen – vom Kampf gegen die Gefahr von Rechts, über linke und selbstverwaltete Freiräume und klassenkämpferische Strukturen innerhalb und außerhalb der Gewerkschaften bis zum Schutz vor staatlicher Repression – gilt es auch revolutionäre politische Organisierungen aufzubauen. Hier müssen die Erfahrungen aus den einzelnen Bereichen zusammenfließen und weiterentwickelt werden, muss Schritt für Schritt eine Gegenmacht zu den Institutionen der herrschenden Klasse entwickelt, an den von uns und vor uns gemachten Erfahrungen angeknüpft, die Entwicklung an der Praxis überprüft und immer wieder korrigiert werden.
Bei alldem ist die konkrete politische Praxis, wie auch die Zusammenarbeit mit verschiedenen Strömungen wichtig – Erkenntnisse kommen nicht in erster Linie aus Büchern, sondern aus Versuchen, Auseinandersetzungen und dem kontinuierlichen eigenen Handeln. Dort wo nicht von anderen gelernt werden kann, bringt die Kritik an ihren Ansätzen weiter.

Die Proteste und Kämpfe gegen die Angriffe von Staat und Kapital und für eine Perspektive jenseits des Kapitalismus werden – wie schon mehrfach ausgeführt – für einen revolutionären Prozess letztlich eine zentrale Rolle spielen. Umso wichtiger ist es, hierfür die richtige Methode zu entwickeln. Das heißt nicht zuletzt: Auseindersetzungen und Debatten mit kritikwürdigen Ansätzen, Überprüfung der eigenen Aktivitäten, Austausch und Planungen mit den Kräften mit denen eine Zusammenarbeit sinnvoll erscheint...

[Kurzfristig verfasst von einigen aus der Revolutionären Aktion Stuttgart am 30. März 2009]

Bilder von der Demo gibt es hier:
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Ergänzungen

Hintergrund zum Pfeifkonzert+Eierwurf

fffffffffffffööööööööööööövvv 02.04.2009 - 02:47



Hintergrund: Vor einigen Wochen wurde im Frankfurter Demobündniss bekannt, dass Oscar Lafontaine auf der Abschlusskundgebung sprechen sollte. Mitglieder von Flüchtlingsgruppen aus Hanau brachten das Thema daraufhin auf die Tagesordnung und die Vertreter der Linkspartei wurden von einer ganzen Reihe von Gruppen eindringlich gebeten, die Person Lafontaine nicht als Redner zu nominieren. Es wurde beispielhaft auf dessen nationalistischen Ausfälle hingewiesen, auf seine Forderung nach Abschaffung des Asylrechts und seine Position zum strikten Folterverbot („Prinzipienreiterei“). Den Vertretern der Linkspartei wurden sogar Vorschläge gemacht, doch diese oder jene RednerIn zu benennen, um den ernsten Konflikt gemeinsam zu lösen. Leider wurde die Debatte nach dem Motto „wer zahlt bestimmt“ beendet und so drückten viele Menschen am 28. März erwartungsgemäss ihren Protest gegen die Person Lafontaine mit einem Buh- und Pfeifkonzert aus.

quelle:

 http://www.fau.org/artikel/art_090329-201054

Redebeitrag der antifa f

EI 02.04.2009 - 03:03

Der Staat – dein Retter in der Krise?
Redebeitrag der autonomen antifa[f] auf dem sozialrevolutionären und antinationalen Block auf der Krisen-Demo am 28.3.2009 in Frankfurt/Main

Egal ob Bundespräsident Horst Köhler oder der Vorsitzende der Linkspartei, Oskar Lafontaine: Alle sind sich einig. Der Staat soll die angeblich außer Kontrolle geratenen Finanzmärkte wieder in Ordnung bringen und das 'Gemeinwohl' der Gesellschaft schützen. Über die Wege, dieses zu schützen, gibt es zwar recht unterschiedliche Vorstellungen – der eine will nur neue gesetzliche Regulierungen, der andere gleich die Banken verstaatlichen und noch eine Entschuldigung von der Sparkasse obendrauf – doch der Reflex ist derselbe: In der Krise wird an den Staat appelliert; er soll das Wohlergehen der Menschen sicherstellen. Erfüllen wird sich dieser Wunsch jedoch nie.
Kein guter Kapitalismus

Die zur Hoffnung auf ein besseres Irgendwann verdammten und doch permanent von der Realität frustrierten BürgerInnen drängen wieder und wieder zur Anrufung des Staats. Er soll wirkliches Glück herbeiführen; dabei ist doch gerade seine Garantie des privaten Eigentums, vor allem des Eigentum an Produktionsmitteln, durch Polizei und Gerichte die Voraussetzung des kapitalistischen Hauens und Stechens.

Der Fehler der bürgerlichen „Kapitalismuskritik“ ist dabei ein doppelter: Weder ist das Finanzkapital schädlich für den Staat, noch dient das staatliche Gemeinwohl dem Wohl der Menschen. Der als 'Finanzkapital' verschrieene Finanzsektor dient der flexiblen Reproduktion der kapitalistischen Gesellschaft: Er sorgt dafür, dass ungebundenes Kapital dorthin gelangt, wo es am besten verwertet werden kann. Das Wissen der Investmentbanken verschärft so den Konkurrenzdruck auf die einzelnen Unternehmen, die das Geld der Banken benötigen. So wird die Produktivität im Weltmaßstab erhöht, denn in Firmen, die nur unterdurchschnittlich produktiv sind, wird eben nicht investiert. Der Finanzsektor ist also nicht mehr und nicht weniger als der Verstärker des kapitalistischen Weltmarkts. Und ebenso falsch wie die Verdammung des Finanzkapitals ist der Glaube an eine Trennung von Realwirtschaft und 'fiktiver' Kreditwirtschaft an der Börse: Jede Produktion von Waren im Kapitalismus ist Spekulation; sie hofft auf ein künftiges, zahlungskräftiges Bedürfnis, das die produzierte Ware konsumiert. Ob das gelingt, weiß der Produzent allerdings vorher nicht. Die Ware muss sich erst auf dem Markt bewähren.

Investition und Produktion sind also genauso Spekulation wie die Eröffnung einer Kneipe.

Der Staat ist ein Scheißladen

Gegen den in Deutschland verbreiteten Ruf nach dem starken Staat, dessen vermeintliche Aufgabe es sei, die Souveränität des Volks gegen das Kapital zu sichern, ist daran zu erinnern, dass er genau das macht, was er als Staat des Kapitals zu tun hat. Der Staat ist in seinen Zielen lange nicht so frei, wie die autoritätssüchtigen BürgerInnen ihn gerne hätten.

Sowohl Regulierung und Bändigung als auch die aktuelle Rettung des Finanzsektors sind notwendig, um eine sichere Grundlage des nationalen Kapitals wieder herzustellen. Auf Opel kann Deutschland zur Not verzichten, auf funktionierende Banken nicht. Der Staat stellt sich über den Markt, um ihn wieder herzustellen, nicht um seine Agenten zu maßregeln. Er nimmt die angezählten Banken unter seine Fittiche, um sie später wieder auf den Markt zu schicken, auf dem sie ihn als Standort erneut mit Geld versorgen sollen. Er hat kaum eine andere Wahl; schließlich hängt seine Existenz vor allem von der Höhe der Steuereinnahmen ab – und damit auch seine Möglichkeiten, z.B. mit Investitionen in Bildung und Autobahnen die bestmögliche Verwertbarkeit seiner Arbeitskraftbehälter („Staatsbürger“) zu gewährleisten.

Der Staat ist also nicht zu kritisieren, weil er die Krise schlecht verwaltet, sondern weil er immer noch da ist. Denn es ist der Staat, der mit seinem Gewaltmonopol verhindert, dass der gesellschaftliche Reichtum den Produzenten dieser Reichtümer selbst zu Gute kommt. Der Staat garantiert eine Gesellschaftsordnung, die sich durch Konkurrenzzwang und die Verselbständigung der eigentlich doch von Menschen gemachten Gesetze der (ökonomischen) Entwicklung auszeichnet, welche auch ohne Krise zu gesundheitsschädlicher und nervtötender Arbeit zwingen – obwohl eine vernünftige Organisation der Gesellschaft schon längst mit einem Minimum davon auskäme. Indem der Staat das menschliche Streben nach Glück in die Form kapitalistischer Konkurrenz bannt, sorgt er dafür, dass das Hamsterrad nie stillsteht. Es ist der Staat, der also immer und notwendig gegen die Interessen der Menschen da ist. Egal ob in Deutschland, in Venezuela, im Iran oder in China.
The dark side of gutgemeint

Dadurch rächt sich auch die scheinbar gut gemeinte Bittstellerei jener Linken – von Teilen der Linkspartei bis zum DGB – die behaupten, den Staat mit ihren Ideen für Schutzschirme und Konjunkturprogramme für menschenfreundliche Zwecke einspannen zu können. Eben dieser deutsche Staat sorgt momentan dafür, die weltweite Ungleichheit zum Vorteil seiner nationalen Wirtschaftsunternehmen und eines notwendig begrenzten Teils seiner Bevölkerung weiter auszubauen. Die staatliche Krisenlösung, die im Moment von rechts bis links alle fordern, kann somit höchstens verhandeln, auf wessen Rücken die Folgen der Krise ausgetragen werden.

Staatliche Hilfe für Banken und Unternehmen, aber auch soziale Umverteilung können sich schließlich nur die Staaten leisten, die aus dem weltweiten und erbarmungslosen Wettbewerb als relative Gewinner hervorgehen. Die Forderung, dass es „uns Deutsche“ doch bitte nicht so hart treffen soll, ist mithin nationalistisch, weil sie die Katastrophen für „die Anderen“ brutal einkalkuliert. Wenn Oskar Lafontaine im Stil eines Rechtsradikalen Auffanglager in Nordafrika fordert und damit die tödliche Abschottung der Europäischen Union gegen MigrantInnen und Flüchtlinge noch verstärken will, dann spricht er nur die schlechte Wahrheit des (Sozial-)Staates aus: Jede Sorge um die Verbesserung Deutschlands ist eine Parteinahme gegen die Menschen – hier und erst recht anderswo. Jede Forderung nach dem Gemeinwohl oder einer Stärkung der Binnennachfrage und jede soziale Befriedung durch Almosen ist ebenso gegen die Menschen gerichtet, wie sie nur notwendig ist, solange sich die Linken weiterhin den Kopf von Staat, Nation und Kapital zerbrechen.
Alles muss man selber machen

Angesichts des sich verschärfenden globalen Elends, der Unterordnung immer weiterer Lebensbereiche unter die kapitalistische Logik des Profits und der Mobilisierung ganzer Bevölkerungen für den „Standort Deutschland“ sind die halbjährlichen Großmobilisierungen der Gewerkschaften und der Linkspartei lediglich eine Betäubungsspritze für alle Unzufriedenen: Hinfahren, Bratwurst essen, gemeinsam klagen und dann glauben, etwas bewegt zu haben. Alle fordern etwas vom Staat und warten dann wie Kühe auf den Metzger.
Doch wer Staat und Kapitalismus nicht abschaffen will, der darf sich nicht beschweren, wenn es ihn irgendwann auch einmal selber trifft. Jetzt oder in der nächsten Krise. So läuft das halt. Es zeigt sich schließlich schon seit Jahren, dass es überhaupt nichts bringt, immer und immer wieder brav zu fordern, Staat und Parteien mögen doch bitte, bitte für das eigene Glück oder das von Familie, KollegInnen, FreundInnen oder wem auch immer einstehen.

Alternativen hierzu sind dabei nicht all zu schwierig zu bestimmen. Eine wirklich demokratische Organisierung jenseits des Staates, eine Alltagspraxis, die sich mit Streiks in Betrieben, Besetzungen in Arbeitsämtern und Universitäten nimmt, was wir brauchen und mit Sabotage verhindert, was uns nicht passt. Das wäre ein Rettungspaket, das seinen Namen auch verdient. Aber wir müssen es uns selber schnüren.
Keine Party ohne uns...

Auch der Krisennationalismus ist angreifbar. Er braucht Inszenierungen und Symbole, um anerkannt zu sein und die Unzufriedenen integrieren zu können. Und er braucht Leute, die ihn – wie Oskar Lafontaine das tut – vertreten. Hier lässt sich der herrschende Wahnsinn sehr leicht stören. Einen weiteren guten Anlass dazu gibt es am 23. Mai diesen Jahres in Berlin: Die BRD feiert ihr 60jähriges Bestehen und inszeniert sich als der freieste Gewaltmonopolist, der je deutsche Pässe ausgegeben hat. Das linksradikale ...ums Ganze-Bündnis mobilisiert dagegen. Und da eine vernünftige Analyse des Zusammenhangs von Staat, Nation und Kapital nur auf die denkbar schlechteste Bewertung hinauslaufen kann, sollten wir diese Chance nutzen, seinen schlimmsten Fans ein kompromissloses „Scheiße!“ entgegen zu schleudern
Gegen die Herrschaft der falschen Freiheit! Für die soziale Revolution!
Beteiligt euch an der antinationalen Kampagne und kommt am 23. Mai nach Berlin!

 http://www.autonome-antifa.com

Ich bin zwar nur Lagerarbeiter

Dieter B. 02.04.2009 - 06:13
Ich bin zwar nur Lagerarbeiter und bestimmt nicht so schlau, wie die Gewerkschaftsfunktionäre oder wer sich da sonst so in dieser Partei aus Stuttgart rumtreibt. Ihr schreibt zwar viele Worte, aber mit dem, was ich in Frankfurt erlebt habe, haben die nicht viel zu tun. Ich wohne in der Nähe von Frankfurt und bin Mitglied bei ver.di. Ich bin deshalb zur Demonstration am Bockenheimer Depot gegangen, weil ich gehört hatte, dass da noch andere von ver.di hingehen wollen. Weil das aber dort total langeweilig war und einem bei den Rednern die Füße eingeschlagen sind, bin ich irgendwann weiter nach vorne gegangen. Dort war viel mehr los, die Leute haben Sprüche gerufen, so Sachen, dass wir keine Zeit für Niedriglöhne haben, kann ja mal jemand fragen, was man im Lager so verdient. Außerdem war die Musik viel hipper als das Rumgeklampfe vom MLPD-Frauenchor. Den Rest der Demo bin ich bei den Leuten mit den roten und schwarzen Fahnen geblieben und habe mich mit ein paar von denen unterhalten. Die kannte ich bislang gar nicht, weil es die bei uns im Betrieb nicht gibt (nicht mehr lange *grins*). Mir haben die jedenfalls gut gefallen, keine Phrasendrescher und keine Klugscheißer, die Arbeiter spielen wollen oder Studierte, die mir erklären wollen, wo es langgeht (von denen haben jede Menge versucht mir ihre Zettel in die Hand zu drücken). Und außerdem sind sie gegen Politiker und Funktionäre und das bin ich auch. Die Weicheier aus der verdi Zentrale im DGB-Haus haben uns in den letzten Jahren schließlich oft genug verkauft, immer leere Tasche. Bei den Leuten von der FAU stand ganz oben auf dem Flugblatt, dass man alles selber machen muß. Finde ich auch, auf wen außer uns selbst können wir uns denn sonst verlassen? Jedenfalls ich fand das gut und ich werde bei denen eintreten statt bei verdi. Und übrigens, ihr schlauen Parteileute aus Stuttgart, ihr müsst mal zählen lernen. In dem Teil der Demo mit den roten und schwarzen Fahnen und den kapuzenträgern waren das bestimmt mindestens 2000 Leute und nicht 1000 wie ihr schreibt. Na ja, die "Kollegen" von der GDP haben ja auch behauptet auf der Demo seien 12000 gewesen dabei waren es schon einige mehr. Mir hat das alles Mut gemacht. Endlich mal Schluß mit Rumjammern. Aber ich bin ja auch nicht so schlau wie ihr.

Lafo und Teilnerzahlen

egal 02.04.2009 - 10:13
Eier auf Lafo:
Was sollen die Eier auf Lafo denn geschadet haben. Sie waren ein Ausdruck der Ablehnung seiner nationalistischen und rassistischen Äußerungen sowie seiner Stellungnahme für den ehemaligen Vize-Polizeichef von Frankfurt, dessen Folterdrohungen Lafo gerchtfertigt hatte.
Ich denke, es liegt an der LINKEN Partei, zu rechtfrertigen, dass sie Lafo als Redner nominiert hat, obwohl sie die GRünde für die massive Ablehnung der außerparlamentarischen Frankfurter Linken kannten. Es hat nicht nur der sozialrevolutionäre und antinationale Block lautstark gegn Lafo protestiert hat. Ich habe auf dem Römer mehrere Leute aus dem Anti-Nato-Block gegen Lafo pfeifen sehen. ("Getrennt demonstrieren, gemeinsam Lafo auspfeifen!".)

Teilnehmerzahlen:
Die von der RAS genannte Zahl von etwa 1.000 TeilnehmerInnen ist für den Anfang sicher richtig. Ich vermute, euer "Berichterstatter" ist dann zurück zu euerm Block und hat die weitere Entwicklung der Teilnehmerzahlen daher nicht mehr mitbekommen. Es haben sich aber beim Start der Demo sehr schnell viele weitere Leute angechlossen, so dass der Block nach kurzer Zeit auf mindestens 1500 bis 2000 Leute angewachsen ist.

Ansosnsten ist es schön, eine sachliche Kritik am antinationalen und sozialrevolutionären Block zu lesen, in der die verschiedenen Politkmodelle deutlich werden. Bisher versuchten die meisten KritikerInnen dem Block eine antideutsche Orientierung zu unterstellen (was angesichts der tragenden Gruppen eher lächerlich ist)

Autonome Antifa verteidigt Eierwürfe auf Lafo

RK 02.04.2009 - 11:05
Nach der Großdemonstration am Samstag in Frankfurt bei der die Rede des Linksparteivorsitzenden, Oskar Lafontaine, massiv mit Sprechchören und Eierwürfen gestört wurde, hat die Sprecherin der autonomen antifa [f] die Proteste verteidigt und die Kritik bekräftigt.

Die Proteste bei der Rede von Oskar Lafontaine waren genau die richtige Antwort auf die (nicht nur) von ihm propagierte, nationalstaatliche Krisenlösung von „links“. Denn natürlich muss eine linke Bewegung möglichst breit und meinetwegen auch bunt sein, die erste Voraussetzung ist aber, dass sie wenigstens links ist,

so die Sprecherin der autonomen antifa [f], Sahra Brechtel.

Genau dies sei bei der Politik, für die Oskar Lafontaine nur besonders beispielhaft stehe, aber gerade nicht der Fall.

Sie ist eben nicht nur der Versuch eine linke Bewegung auf ein konstruktives Mitmachen am Staat einzuschwören, sondern sie nimmt dessen reaktionäre Konsequenzen bewusst vorweg. Wer sich wie er nur den Kopf des Staates zerbricht, der kommt logischerweise irgendwann zu dem Ergebniss, dass in dieser Gesellschaft soziale Leistungen für „seine“ Staatsbürger allein dann zu haben sind, wenn man den Rest der Welt mit Gewalt draußen hält. Das kann für Linke aber kein Argument für den menschenverachtenden Standortnationalismus, sondern nur eins für die Überwindung von Staat und Nation sein. Lafontaines Hetze gegen „Fremdarbeiter“ und sein Vorschlag, Internierungslager in Nordafrika einzurichten, sind dagegen keine verbalen Ausrutscher, sondern nur der deutlichste Ausdruck, dass seine Politik schlichtweg nationalistisch und rassistisch ist. Der Unterschied zwischen ihm und Roland Koch besteht vor allem in der Verpackung.

Wären die Phrasen des DGB und der Linkspartei von ihrer „internationalen Solidarität“ schließlich auch nur ansatzweise ernst gemeint, müßten sie sich daran machen, die u.a. gerade von Oskar Lafontaine mitzuverantwortende, Abschaffung des Asylrechts von 1993 sofort wieder aufzuheben. Brechtel:

„Der aus der Abschaffung des Asylrechts folgenden Abschottung Europas sind in den letzten Jahren tausende Menschen zum Opfer gefallen (Erst Gestern wieder mehrere hundert:  http://de.news.yahoo.com/1/20090331/tpl-mehr-als-300-bootsflchtlinge-im-mitt-cfb2994.html). Hier wäre viel Platz für einen echten 'Schutzsschirm für die Menschen' aus dem globalen Süden. Dass darüber nicht einmal geredet wird und große Teile der Linkspartei und des DGB stattdessen dem nationalen Krisenpakt zustimmen, zeigt dass es ihnen nicht 'um die Menschen', sondern vielmehr darum geht, selber möglichst schnell und viel im Staat mitreden zu können“.

Nur ohne „solch eine reaktionären Politik, an der einzig Links ist, dass sie sich so nennt, ist überhaupt Platz für eine vielfältige Bewegung, welche die Krisenkosten nicht einfach nur nationalistisch auf andere verschiebt, sondern an der unmenschlichen Struktur der kapitalistischen Ordnung wirklich etwas verändert. Die Eier auf Lafontaine waren in diesem Sinne nicht mehr als ein antifaschistischer Denkanstoß in Richtung Selbstorganisation und globaler Solidarität. Das Ei ist schließlich rund damit das Denken die Richtung ändern kann“,

so die Antifa-Sprecherin.

Zu der massiven Kritik an der Aktion erklärte Brechtel:

Es ist ein schlechter Witz, dass die Berufsfunktionäre und Soziademokraten aus unterschiedlichsten DGB-Gewerkschaften und Parteien jetzt aufheulen und, wie immer, wenn jemand wagt, ihren nationalen Konses zu stören, zusammen mit der FAZ laut „Sektierer“ brüllen, sowie zu einer Einheitsfront (unter ihrer Führung?) aufrufen. Dass diese Leute aus 200 Jahren Scheitern des Reformismus mit staatlichen Mitteln immer noch nichts gelernt haben, ist ihr Sache Dass sie nun aber versuchen die inhaltliche Kritik an ihrem Standortnationalismus mit Formalien zu überdecken, zeigt vor allem, wie sehr diese sie offenbar gertroffen hat.

Dagegen stellte die Antifa Sprecherin nochmal den Ablauf der Aktion klar:

„Bereits im Vorfeld wurde – und keineswegs nur von uns (z.B. auch hier und hier ) – der Auftritt von Oskar Lafontaine scharf kritisiert. Darauf wurde nicht reagiert, von daher war es nur folgerichtig und basisdemokratisch, dass viele Leute ihren Protest direkt äußerten. Dass es dabei nicht zu einer weiteren Eskalation kam ist weder der Polizei noch den Ordner von DGB-Gewerkschaftern und Linkspartei zu verdanken. Zunächst versperrte die Polizei dem sozialrevolutionären und antinationalen Block mit Schlägen und Tritten, entgegen der tatsächlichen Absprachen, überhaupt den Zugang zum Römer und musst erst umgerannt werden, dann schlugen einige DGBler und Linksparteiordner sofort um sich als die ersten Eier flogen.“

Insgesamt zog Sahra Brechetl aber ein positives Fazit:

Dass fast 2000 Menschen im sozialrevolutionären und antinationalen Block vergangenen Samstag teilgenommen und dann auch noch viele Weitere Oskar Lafontaine ausgebuht haben, läßt für die Entwicklung einer emanzipatorischen und breiten sozialen Bewegung gegen die Krise hoffen.
Eine kleine Auswahl nationalistischer und anderer Grausamkeiten:
Asylrecht und Lafontaines Vergangenheit (2007)

In einer Veranstaltung an der Freien Universität Berlin u. a. mit dem Vorsitzenden der Linksfraktion im Bundestag, Oskar Lafontaine, wurde dieser auch mit seiner SPD-Vergangenheit konfrontiert. Angesprochen darauf, dass er 1993 zusammen mit der CDU für die faktische Abschaffung des Asylrechts gestimmt habe, verteidigte er sich:

Wir müssen die Zuwanderung und den Zugang zu unseren Sozialsystemen begrenzen.“ Außerdem bezeichnete er Forderungen nach„globalen sozialen Rechten“ oder „vollständiger Bewegungsfreiheit“ in Bezug auf Flüchtlinge als unrealistisch.
Lafontaine und die Zuwanderung (Zitat aus seinem Buch „Politik für Alle“, 2005)

Weil der Sozialstaat überwiegend von Arbeitnehmern mit geringem und mittlerem Einkommen finanziert wird, findet man auch in diesen Gruppen die größten Widerstände gegen Aussiedler, Bürgerkriegsflüchtlinge und Asylbewerber. Denn die Zuwanderung bedeutet immer Konkurrenz um Arbeitsplätze, Wohnungen und Lebenschancen. Deshalb muss in einer modernen Nation die Verpflichtung des Staates garantiert werden, zuallererst für diejenigen zu sorgen, die seine Bürger sind und sich (...) an der Finanzierung der Gemeinschaft beteiligen.
Oskar Lafontaine (2004) zum Vorschlag des damaligen SPD-Innenminister Otto Schily, Internierungslagern für MigrantInnen in Nordafrika einzurichten

Schily hat Recht. (…) Unter den 15 Prozent, die Afrika verlassen, sind nicht die Schwachen, die Alten, die Kranken und die elternlosen Kinder. Es sind in der Regel die Gesunden, die Leistungsfähigen, die nach Europa wollen, um besser zu leben
Oskar Lafontaine (2005) auf einer Rede in Chemnitz

Der Staat ist verpflichtet, seine Bürgerinnen und Bürger zu schützen. Er ist verpflichtet zu verhindern, dass Familienväter und -frauen arbeitslos werden, weil Fremdarbeiter zu niedrigen Löhnen ihnen die Arbeitsplätze wegnehmen.
Oskar Lafontaine (2004) befürwortet Folter durch einen Frankfurter Polizeibeamten

"Ich würde es als Katastrophe für den Rechtsstaat ansehen, wenn dieser Beamte bestraft würde, denn nach meiner Auffassung hat er nach elementarsten sittlichen Geboten unseres Rechtsstaats gehandelt.

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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scheiss lafontaine — arbeiter

Die RAS ist nur sauer... — Freiburgerin

bedingt Haken drunter — Peter H.

Hungerstreik bei VW — FAUista

@Sarou — du

wie schön — Realist