Razzia bei wikileaks.de-Domaininhaber

schockiert 25.03.2009 01:45 Themen: Medien Netactivism Repression
Weil auf wikileaks die Filter-Listen der Onlinezensur einiger Staaten aufgetaucht sind, fand vor einigen Stunden in DD eine Durchsuchung gegen den Inhaber der Domain  http://wikileaks.de wegen "Gefahr im Verzug" statt.
Wikileaks wurde ende 2006 nach eigenen Angaben von anonym bleibenden chinesischen Dissidenten, Journalisten, Mathematikern und Technikern von Startup-Unternehmen aus den USA, Taiwan, Europa, Australien und Südafrika gegründet um geheime Informationen und Analysen zu veröffentlichen (siehe:  http://de.wikipedia.org/wiki/Wikileaks)

In den letzten Wochen sind auf diversen Weblogs die geheimen Filterlisten skandinavischer Länder und Australiens veröffentlicht worden, nachdem dort die Internetzensur offiziell eingeführt wurde. Mit diesen Veröffentlichungen konnte belegt werden, daß ein großer Teil der gesperrten Seiten nichts mit "Kinderpornographie" oder "Terrorismus" zu tun haben ( http://www.heise.de/tp/r4/artikel/29/29693/1.html), wie von den Regierungsbehörden als Grund für die Internetzensur angeführt. Daraufhin wurden auch diese Weblogs auf die Zensurlisten gesetzt. Schliesslich wurden die Listen auch auf wikileaks gepostet (vergleiche:  http://blog.fefe.de/?ts=b73d595f).
In Deutschland wird morgen auf Initiative des Bundesfamilienministeriums ebenfalls die Internet-Zensur mit einer geheimen Sperr-Liste beschlossen. In der Diskussion um die Liste wurde unlängst klar gestellt, daß es dabei gar nicht mehr nur um den offiziell propagierten Kampf gegen Kinderpornographie geht. heise.de schreibt dazu: "In den abschließenden Verhandlungen mit dem Familienministerium in großer Runde ist laut Ansicht von eco-Vertretern ferner klar geworden, dass es den bislang beteiligten Ressorts einschließlich des Wirtschafts- und Innenministeriums nicht nur um die von Experten als wirkungslos erachteten Sperrungen im Bereich Kinderpornographie gehe. Von einer entsprechenden Beschränkung sei nicht mehr die Rede gewesen. Somit stünde die Tür offen für Blockadeforderungen etwa auch von Rechteinhabern im Kampf gegen Copyright-Verstößen im Netz oder von den Betreibern staatlich genehmigter Glücksspieleanbieter gegen die illegale Online-Konkurrenz." ( http://www.heise.de/newsticker/Telekom-arbeitet-an-Einigung-ueber-Web-Sperren-gegen-Kinderpornos--/meldung/134740)
Heute, am Vorabend der Verabschiedung der Zensurliste im Kabinett, wurde von der deutschen Polizei eine rechtlich fragwürdige Durchsuchung wegen "Gefahr im Verzug" beim Anmelder der Domain wikileaks.de durchgeführt.
Die Twitter-Meldung von 22.00 dazu lautet bisher nur "Gefahr im Verzug"-Hausdurchsuchung bei  http://Wikileaks.de Domaininhaber wegen Internet-Zensurlisten - stay tuned" ( http://twitter.com/wikileaks/status/1384169898)
Updates folgen also...
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Ergänzungen

Mehr dazu

.. 25.03.2009 - 01:51
Tauss, einer der letzten Politiker, die sich gegen Zensur und Überwachungsstaat stemmen, wurde ja kurz vor der Verabschiedung der Liste mit einigen ominösen Funden von "belastenden Material" abgesägt und kann so den Überwachungsplänen nicht mehr in die Quere kommen.
Die Mainstream-Presse (allen voran Spiegel) bejubelt die Zensur und diffamiert die Kritiker. Man erhofft sich von einer Internetzensur, die bald auch oppositionelle Webseiten betreffen wird, die lästige Konkurrenz der Online-Medien loszuwerden.
Die Durchsuchung ist wahrscheinlich deswegen Gefahr im Verzug, weil sie eigentlich illegal wäre. Schliesslich handelt es sich um australische Zensurlisten, die wohl auch nach dortigen Gesetzen gar nicht illegal sein dürften.oder irre ich mich?

Ursula von der Leyen.durch Wahlbetrug dran?

Tja 25.03.2009 - 02:12
Insofern ähneln die jetzt ans Licht gekommenen Fälle sehr stark traditionellem Wahlbetrug, wie es ihn in den USA bereits häufiger gab. In Deutschland wurden Wahlmanipulationen bisher selten bewiesen, allerdings kamen immer wieder Verdachtsmomente auf. Auffälligkeiten gab es unter anderem bei der Wahl der jetzigen bayerischen Justizministerin Beate Merk zur Neu-Ulmer Oberbürgermeisterin, die sie 1995 mit nur drei Stimmen Vorsprung gewann, und zu Anfang der Karriere von Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen.
 http://www.heise.de/tp/r4/artikel/30/30000/1.html
 http://www.faz.net/s/RubFC06D389EE76479E9E76425072B196C3/Doc~EA984FFD2451B4B7BA3E1AEA5A97F507B~ATpl~Ecommon~Scontent.html

Erklärung zur Durchsuchung

copy 25.03.2009 - 02:37
Hausdurchsuchung bei WikiLeaks.de Domaininhaber

March 24, 2009

EDITORIAL (Wikileaks)

Auszug Durchsuchungsprotokoll

Um kurz nach 21 Uhr wurden am heutigen Montag den 24. Maerz 2009 die Wohnorte von Theodor Reppe, dem Domaininhabers von Wikileaks.de durch die saechsische Polizei, vertreten durch sieben Polizeibeamte in Dresden und vier Beamte in Zivil in Jena, durchsucht. Grund fuer die Durchsuchung sind laut Protokoll die "Verbreitung pornographischer Schriften" und das "Auffinden von Beweismitteln" in diesem Zusammenhang. Die Durchsuchung erfolgte aufgrund seines Status als Domaininhaber der Wikileaks.de Domain.

Die Polizei wollte dem Durchsuchten gegenueber keine weitere Angaben machen und es wurde kein Kontakt zu Wikileaks aufgenommen. Es ist folglich nicht vollkommen klar wieso durchsucht wurde, allerdings hat Wikileaks, in seiner Rolle als Verteidiger von Pressefreiheiten, Zensurlisten aus Australien, Thailand, Daenemark und anderen Laendern publiziert die Links zu pornographischen Seiten enthalten.

Einige Details der Durchsuchung werfen Fragen auf:
Herr Reppe wurde nicht zu seinen Rechten belehrt, wie dem Protokoll zu entnehmen ist1
Entgegen der Feststellung im Protokoll, hat er nicht auf einen Zeugen verzichtet und es wurde auch kein Polizeibeamter als Zeuge nominiert.

Schlussendlich hat Herr Reppe sich verweigert das Protokoll der Polizei aufgrund dieser und anderer Maengel zu unterschrieben.

Diese juengste Durchsuchung scheint im Zusammenhang mit einer sich entwickelnden sozialen Hysterie um das Thema Kinderpornografie und den Kampf um ein bundesweites Zensursystem zu stehen, einer stark umstrittenen Initiative von Familienministerin Ursula von der Leyen. Sie folgt nur wenige Wochen auf die Durchsuchungen beim Bundestagsabgeordneten Joerg Tauss und deutschen Bloggern die das Thema diskutierten.

Herr Reppe ist Betreiber eines der populaersten deutschen Tor-Proxyservers (morphium.info) und steht mit dem Wikileaks Projekt ausser durch die Registrierung dieser Domain sowie der Spiegelung einer Sammlung von US Kongressberichten nicht in Zusammenhang.

Wikileaks ist ein gemeinnuetziges Projekt, gefoerdert von Transparenzorganisationen und Recherchejournalisten aus der ganzen Welt. Um unsere Verteidigung fuer diesen und andere Faelle zu unterstuetzen, besuchen Sie bitte  http://wikileaks.org/wiki/Wikileaks

weiterlesen:  http://wikileaks.org/wiki/Hausdurchsuchung_bei_WikiLeaks.de_Domaininhaber

Fehler im Artikel

dudemeister 25.03.2009 - 11:22
"In den letzten Wochen sind auf diversen Weblogs die geheimen Filterlisten skandinavischer Länder und Australiens veröffentlicht worden, nachdem dort die Internetzensur offiziell eingeführt wurde."

In Australien wurde die Internetzensur nicht eingeführt, bei der Filterliste handelt es sich bis zum jetzigen Zeitpunkt um eine nicht-verpflichtende Liste.

Nebenbei: Der zuständige Minister Stephen Conroy hat dabei seit der ersten Veröffentlichung konsequent zu der Authentizität der Liste gelogen, siehe Link.

Alle Techniker, die in Zukunft mit den deutschen Sperrlisten in Berührung kommen, seien hiermit aufgefordert, diese der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. (Dies ist kein Aufruf zu einer Straftat, vgl. §140 StGB)

Weitere Hausdurchsuchungen der letzten Wochen

stop1984 25.03.2009 - 12:24

Vor dem Hintergrund der Bundestagsdebatte um Internet-Sperren gab es in den vergangenen Wochen bereits mehrere Hausdurchsuchungen, u.a. bei einem Blogger, der auf einen Beitrag verlinkt hatte, welcher wiederum auf eine dänische Sperrliste verwies. Auch die Ermittlungen gegen den SPD-Medienexperten Jörg Tauss wegen Besitz von Kinderpornographie könnte den Zweck gehabt haben, einen unbequemen Kritiker des Innenministeriums zum Schweigen zu bringen, wie telepols berichtete. Im Thread des heise-Forums zur Hausdurchsuchung wikileaks.de erwähnt ein Kommentar dass Bundesjustizministerin Zypries heute im Morgenmagazin den Versuch der Beschaffung und damit auch die kritische Beschäftigung mit den Sperrlisten als Straftat bezeichnet hat.

Die bekannt gewordenen Sperrlisten enthielten alle auch Domains von unbedenklichen, teils kritischen Webseiten. So wurde im Fall der finnischen Sperrliste u.a. Seiten der KP gesperrt, wie telepolis berichtete. Im Falle der australischen Liste sind laut heise news keine kinderpornographischen Seiten enthalten.

Der Bundestag hat sich heute darauf geeinigt, möglichst schnell ein Gesetz zur Sperrung von Internet-Inalten zu erlassen. Bis dahin will Familienministerin Ursula von der Leyen Internetprovider dazu bewegen, sich freiwillig zu Netzsperren zu verpflichten. Die Sperrlisten sollen vom BKA erstellt werden. Ähnliche Gesetze existieren bereits in den skandinavischen Ländern, Großbritannien, Italien, der Schweiz und Neuseeland. Auch soll auf eine entsprechende EU-weite Regelung gedrängt werden.

Die durchgesickerten Sperrlisten belegen, dass es bei den Zensurbestrebungen nicht darum geht, der Verbreitung von Kinderpornographie entgegenzutreten, sondern staatlichen Organgen einen legalen und kaum zu kontrollierenden Rahmen für die Sperrung mißliebiger Inhalte jeglicher Art zu schaffen.

Die Verfassungen und das Grundgesetz

4236323 25.03.2009 - 12:59
GG - Artikel 10
(1) Das Briefgeheimnis sowie das Post- und Fernmeldegeheimnis sind
unverletzlich.

(2) Beschränkungen dürfen nur auf Grund eines Gesetzes angeordnet
werden. Dient die Beschränkung dem Schutze der freiheitlichen
demokratischen Grundordnung oder des Bestandes oder der Sicherung des
Bundes oder eines Landes, so kann das Gesetz bestimmen, daß sie dem
Betroffenen nicht mitgeteilt wird und daß an die Stelle des
Rechtsweges die Nachprüfung durch von der Volksvertretung bestellte
Organe und Hilfsorgane tritt.

In der Berliner Verfassung gibt es zur Einschränkung der Grundrechte
eine eindeutige Position:

 http://www.berlin.de/rbmskzl/verfassung/abschnitt2.html

Artikel 36

(1) Die durch die Verfassung gewährleisteten Grundrechte sind für
Gesetzgebung, Verwaltung und Rechtsprechung verbindlich.

(2) Einschränkungen der Grundrechte sind durch Gesetz nur insoweit
zulässig, als sie nicht den Grundgedanken dieser Rechte verletzen.

(3) Werden die in der Verfassung festgelegten Grundrechte
offensichtlich verletzt, so ist jedermann zum Widerstand berechtigt.

Das impliziert anderes als das GG in Artikel 19:

 http://www.bundestag.de/parlament/funktion/gesetze/Grundgesetz/gg_01.html

Artikel 19
(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder
auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz
allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das
Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.
(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt
angetastet werden.
(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen,
soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.
(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten
verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere
Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg
gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

d.h. m.E. u.a. : Berliner sind zum Widerstand berechtigt! Wer noch?

Spontane Protestaktion in Dresden

tranqillo 25.03.2009 - 13:49
Der Landesverband Sachsen der Piratenpartei hat für heute 25.03.2009 - 17:15Uhr eine Protestaktion gegen des Vorgehen der sächsischen Polizei vorm dem Präsidium angemeldet.
der geschädigte Theodor Reppe wird dabei sein und wir haben Megaphone ;)

 http://piraten-sachsen.de/

Teilnehmen!

Stasi-Nazi-Zypresse legt nach

remember 5th of november 25.03.2009 - 17:06
Das Problem lasse sich am besten durch ein neues Gesetz lösen. "Strafbarkeitslücken gibt es keine", stellte Zypries klar. Es gehe um die Frage: "Wie können wir verhindern, dass deutsche Internetbenutzer auf ausländische Seiten gehen."
 http://www.heise.de/newsticker/Justizministerin-beharrt-auf-Gesetz-zu-Internet-Filterung--/meldung/135146

Zensur und Internet

. 25.03.2009 - 18:09
Ein kleine Anekdote zu Zensur und Internet findet sich hier:

Gericht zur Hausdurchsuchung bei Blogger

newsreader 01.04.2009 - 08:48

Das Landgericht Karlsruhe hat nun im Fall des Bloggers, der eine Seite verlinkt hatte, welche wiederum auf die Sperrliste bei Wikileaks verwies, eine Entscheidung getroffen - die Hausdurchsuchung sei rechtmäßig, auch nicht unmittelbare Verlinkungen der durchgesickerten Sperrlisten seien illegal. Der betroffene Blogger hat eine Verfassungsbeschwerde angekündigt und gegen die an der Entscheidung beteiligten Richter und Staatsanwälte Strafanzeige wegen Rechtsbeugung gestellt.

heise-Artikel

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Zeige die folgenden 6 Kommentare an

war irgendwie klar — florence nightingale

Sehr traurig ... — Sachse

Protest in Berlin? — Codeispoetry

mmmh — geschockter

was fürn scheiß — 123abc