Bericht zur GSEE-Besetzung in Athen
In Reaktion auf das üble Spiel der griechischen Gewerkschaften haben aufständische Arbeiter am Mittwoch, dem 17. Dezember, die Zentrale des Gewerkschaftsverbandes GSEE in Athen besetzt, die seitdem als autonomer Versammlungsort dient. In ihrer Erklärung heißt es:
"All diese Jahre haben wir das Elend, die Zuhälterei, die Gewalt in der Arbeit geschluckt. Wir haben uns daran gewöhnt die Verkrüppelten und unsere Toten - die sogenannten "Arbeitsunfälle" zu zählen. Wir haben uns zu ignorieren gewöhnt, dass Migranten - unsere Klassenbrüder und -schwestern - getötet werden. Wir sind es müde, mit der Angst um den Lohnerwerb, die Steuerabrechnung und die Rente, die sich jetzt wie ein ferner Traum ausmacht, zu leben."
"All diese Jahre haben wir das Elend, die Zuhälterei, die Gewalt in der Arbeit geschluckt. Wir haben uns daran gewöhnt die Verkrüppelten und unsere Toten - die sogenannten "Arbeitsunfälle" zu zählen. Wir haben uns zu ignorieren gewöhnt, dass Migranten - unsere Klassenbrüder und -schwestern - getötet werden. Wir sind es müde, mit der Angst um den Lohnerwerb, die Steuerabrechnung und die Rente, die sich jetzt wie ein ferner Traum ausmacht, zu leben."
Entweder werden wir unsere Geschichte selbst bestimmen
oder sie wird ohne uns bestimmt
Wir - Arbeiter, Angestellte, Arbeitslose, Zeitarbeiter, einheimische wie migrantische - wir sind keine passiven Fernsehzuschauer. Seit dem Mord an Alexandros Grigoropoulos Samstagnacht nehmen wir an den Demonstrationen, den Auseinandersetzungen mit der Polizei, den Besetzungen im Stadtzentrum und den anderen Vierteln teil. Immer wieder mussten wir die Arbeit und unsere anderen Verpflichtungen stehen lassen, um mit den Schülern, Studenten und den anderen kämpfenden Proletariern auf die Straße zu gehen.
WIR HABEN BESCHLOSSEN, DAS GSEE-GEBÄUDE ZU BESETZEN…
- um es in einen Raum für freie Diskussion und in einen Treffpunkt für Arbeiter zu verwandeln.
- um neben anderen Märchen den von den Medien verbreiteten Mythos aufzulösen, die Arbeiter hätten sich bis jetzt aus den Zusammenstößen stets herausgehalten und die Wut dieser Tage sei bloß die Angelegenheit einiger 500 "Vermummter" und "Hooligans" gewesen. Und während einem auf den Fernsehbildschirmen die Arbeiter als Opfer dieses Kampfes präsentiert werden, führt die kapitalistische Krise in Griechenland und weltweit zu zahllosen Entlassungen, die von Medien wie Managern als ein "Naturphänomen" behandelt werden.
- um die Rolle der Gewerkschaftsbürokratie zu entlarven, die den Aufstand - und nicht nur diesen - untergräbt. Der GSEE und der gesamte ihn unterstützende Apparat unterminieren seit Jahrzehnten die Kämpfe, verschachern unsere Arbeitskraft für Brosamen und verewigen das System der Ausbeutung und der Lohnsklaverei. Die Haltung des GSEE letzten Mittwoch sagt alles: er blies die von Streikenden geplante Demonstration ab und veranstaltete stattdessen eine kurze Versammlung auf dem Syntagmaplatz. Dabei stellte er sicher, dass die Menge sich eiligst auflöste, da er befürchtete, dass sie vom Virus des Aufstandes angesteckt werden könnte.
- um erstmalig einen Ort zu öffnen, der durch unsere Beiträge zwar gebaut wurde, von dem wir aber bislang ausgeschlossen waren. Dies in Fortsetzung der vom Aufstand selbst geschaffenen sozialen Öffnung. All die Jahre vertrauten wir unser Schicksal Erretter aller Art an um schließlich unsere Würde zu verlieren. Als Arbeiter müssen wir anfangen die Verantwortung für uns selbst zu übernehmen, statt unsere Hoffnungen auf weise Führer oder "fähige" Repräsentanten zu richten. Wir müssen unsere eigene Stimme erlangen, uns treffen, reden, entscheiden und handeln. Dem generalisierten Angriff werden wir standhalten. Die Schaffung von kollektivem "Graswurzel"-Widerstand ist der einzige Weg.
- um die Idee der Selbstorganisation und der Solidarität am Arbeitsplatz, der Streikkomitees und einer kollektiven Graswurzel-Arbeit zu verbreiten, um die Gewerkschaftsbürokraten zu entmachten.
All diese Jahre haben wir das Elend, die Zuhälterei, die Gewalt in der Arbeit geschluckt. Wir haben uns daran gewöhnt die Verkrüppelten und unsere Toten - die sogenannten "Arbeitsunfälle" zu zählen. Wir haben uns zu ignorieren gewöhnt, dass Migranten - unsere Klassenbrüder und -schwestern - getötet werden. Wir sind es müde, mit der Angst um den Lohnerwerb, die Steuerabrechnung und die Rente, die sich jetzt wie ein ferner Traum ausmacht, zu leben.
So wie wir darum kämpfen, unser Leben nicht den Händen der Bosse und der Gewerkschaftsvertreter zu überlassen, so werden wir auch keinen der inhaftierten Aufständischen den Händen des Staates und der Justizmaschine überlassen.
SOFORTIGE FREILASSUNG DER INHAFTIERTEN
KEINE ANKLAGE GEGEN DIE FESTGENOMMENEN
SELBSTORGANISATION DER ARBEITER
GENERALSTREIK
Generalversammlung der aufständischen Arbeiter, 17. Dezember 2008
oder sie wird ohne uns bestimmt
Wir - Arbeiter, Angestellte, Arbeitslose, Zeitarbeiter, einheimische wie migrantische - wir sind keine passiven Fernsehzuschauer. Seit dem Mord an Alexandros Grigoropoulos Samstagnacht nehmen wir an den Demonstrationen, den Auseinandersetzungen mit der Polizei, den Besetzungen im Stadtzentrum und den anderen Vierteln teil. Immer wieder mussten wir die Arbeit und unsere anderen Verpflichtungen stehen lassen, um mit den Schülern, Studenten und den anderen kämpfenden Proletariern auf die Straße zu gehen.
WIR HABEN BESCHLOSSEN, DAS GSEE-GEBÄUDE ZU BESETZEN…
- um es in einen Raum für freie Diskussion und in einen Treffpunkt für Arbeiter zu verwandeln.
- um neben anderen Märchen den von den Medien verbreiteten Mythos aufzulösen, die Arbeiter hätten sich bis jetzt aus den Zusammenstößen stets herausgehalten und die Wut dieser Tage sei bloß die Angelegenheit einiger 500 "Vermummter" und "Hooligans" gewesen. Und während einem auf den Fernsehbildschirmen die Arbeiter als Opfer dieses Kampfes präsentiert werden, führt die kapitalistische Krise in Griechenland und weltweit zu zahllosen Entlassungen, die von Medien wie Managern als ein "Naturphänomen" behandelt werden.
- um die Rolle der Gewerkschaftsbürokratie zu entlarven, die den Aufstand - und nicht nur diesen - untergräbt. Der GSEE und der gesamte ihn unterstützende Apparat unterminieren seit Jahrzehnten die Kämpfe, verschachern unsere Arbeitskraft für Brosamen und verewigen das System der Ausbeutung und der Lohnsklaverei. Die Haltung des GSEE letzten Mittwoch sagt alles: er blies die von Streikenden geplante Demonstration ab und veranstaltete stattdessen eine kurze Versammlung auf dem Syntagmaplatz. Dabei stellte er sicher, dass die Menge sich eiligst auflöste, da er befürchtete, dass sie vom Virus des Aufstandes angesteckt werden könnte.
- um erstmalig einen Ort zu öffnen, der durch unsere Beiträge zwar gebaut wurde, von dem wir aber bislang ausgeschlossen waren. Dies in Fortsetzung der vom Aufstand selbst geschaffenen sozialen Öffnung. All die Jahre vertrauten wir unser Schicksal Erretter aller Art an um schließlich unsere Würde zu verlieren. Als Arbeiter müssen wir anfangen die Verantwortung für uns selbst zu übernehmen, statt unsere Hoffnungen auf weise Führer oder "fähige" Repräsentanten zu richten. Wir müssen unsere eigene Stimme erlangen, uns treffen, reden, entscheiden und handeln. Dem generalisierten Angriff werden wir standhalten. Die Schaffung von kollektivem "Graswurzel"-Widerstand ist der einzige Weg.
- um die Idee der Selbstorganisation und der Solidarität am Arbeitsplatz, der Streikkomitees und einer kollektiven Graswurzel-Arbeit zu verbreiten, um die Gewerkschaftsbürokraten zu entmachten.
All diese Jahre haben wir das Elend, die Zuhälterei, die Gewalt in der Arbeit geschluckt. Wir haben uns daran gewöhnt die Verkrüppelten und unsere Toten - die sogenannten "Arbeitsunfälle" zu zählen. Wir haben uns zu ignorieren gewöhnt, dass Migranten - unsere Klassenbrüder und -schwestern - getötet werden. Wir sind es müde, mit der Angst um den Lohnerwerb, die Steuerabrechnung und die Rente, die sich jetzt wie ein ferner Traum ausmacht, zu leben.
So wie wir darum kämpfen, unser Leben nicht den Händen der Bosse und der Gewerkschaftsvertreter zu überlassen, so werden wir auch keinen der inhaftierten Aufständischen den Händen des Staates und der Justizmaschine überlassen.
SOFORTIGE FREILASSUNG DER INHAFTIERTEN
KEINE ANKLAGE GEGEN DIE FESTGENOMMENEN
SELBSTORGANISATION DER ARBEITER
GENERALSTREIK
Generalversammlung der aufständischen Arbeiter, 17. Dezember 2008
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(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)
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Ergänzungen
Solidemo in Frankfurt
betreffen nicht nur Griechenland, sondern sind auch in Deutschland
brandaktuell.
Wir rufen zur Solidemo in Frankfurt/M am Sa. 20.12. um 13.00 Uhr an der
Bockenheimer Warte auf.
Besetzung der GSEE-Zentrale falsches Ziel
http://www.jungewelt.de/2008/12-19/064.php
Resistance Radio - Berlin
Pirat_innenradio aus Berlin! Infos aus und über Griechenland. Wir berichten über das Geschehen in Griechenland und werden live-interviews mit Aktivist_innen vor Ort haben. Desweiteren wird es Berichte über den heutigen Solidaritätsaktionstag geben. Dazu die passende Musik.
Berlin: 95,2 FM
live-stream: nettlau.indymedia.org:2323
Weitere Proteste
Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen
@sondern sind auch in Deutschland
tja
@ Junge Welt-Leser
Gibst du die Meinung der GSEE einfach wider oder denkst du selbst, dass es sich bei der Aktion um das falsche Ziel handelt?
Ich denke mal, dass die aufständischen Arbeiter in ihrer Erklärung hinreichend ihre, zutiefst berechtigten, Beweggründe für diese Aktion darlegten.
Für die Fortführung der sozialen Revolte braucht es selbstorganisierte und solidarische Strukturen, in denen die Arbeiter in Versammlungen das weitere Vorgehen eigenständig bestimmen, anstatt sich von irgendwelchen Gewerkschaftsbürokraten anleiten und weiter verarschen zu lassen.
In Athen randalieren Mittelschichtskinder
Aufstand der Angepassten
Krawall in Griechenland: Tanja Dückers über eine Jugend, die zwischen Straßenschlachten und brennenden Autos die Realität entdeckt.
Vermummte Demonstranten mit roten Fahnen, Knüppel schwingende Polizisten und Tränengasschwaden: Die Bilder von den Ereignissen in Griechenland erinnern an den großen Aufruhr von ’68. Pünktlich zum Ende des 40jährigen Jubiläums scheint sich in Europa wieder eine renitente Jugendbewegung zu formieren, die das alte Gesellschaftssystem grundsätzlich infrage stellt.
Nach den Straßenschlachten in den französischen Banlieues entbrannte in Deutschland eine aufgeregte Debatte, ob sich ähnliche Entwicklungen auch hier ereignen könnten. In Griechenland aber gehen nicht die Unterschichten auf die Straße – Jugendliche, die wegen ihrer Herkunft oder ihrer schlechten Bildung kaum noch Perspektiven sehen. Es sind vielmehr überwiegend Schüler und Studenten aus der Mittelschicht, die glauben, keine Zukunft mehr zu besitzen. Vieles daran mag an den spezifischen Problemen des Landes liegen. Dass die Jugendlichen sich als Verlierer sehen, ist jedoch nicht nur ein griechisches Phänomen. Auch in Deutschland bietet der Umstand, jung und gebildet zu sein, keine Garantie mehr für eine erfolgreiche bürgerliche Karriere. Wer jung ist, hat es auf dem Arbeitsmarkt ebenso schwer wie die Alten.
So berichtet das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung Ende November, dass im vergangenen Jahr durchschnittlich 1,35 Millionen Menschen zwischen 18 und 29 Jahren Arbeitslosengeld II bezogen. Wie die Erfahrung zeigt, schafft nur jeder Dritte von ihnen zumindest vorübergehend den Absprung von der staatlichen Alimentierung. Viele junge Erwachsene sind damit schon zu Beginn ihrer „Karriere“ auf staatliche Transfers angewiesen. Hinzu kommt, dass in der „Generation Praktikum“ auch eine akademische Ausbildung längst keinen entsprechenden beruflichen Einstieg mehr nach sich zieht. Und selbst wer einen Job ergattert, muss oft mit einem Einkommen vorlieb nehmen, das nur knapp über der Armutsgrenze liegt.
Dass sich die Proteste hierzulande bislang in Grenzen halten, liegt vor allem an der pragmatischen Einstellung der jungen Generation. Vor wenigen Wochen hat das österreichische Jugendforschungsinstitut t-Factory 1000 Personen zwischen elf und 39 Jahren zu ihren Einstellungen und Gewohnheiten befragt. Herausgekommen ist dabei eine „Diktatur der Angepassten“: Protest gegen bestehende Mängel gibt es kaum. Stattdessen rückt das Konsum- und Freizeitverhalten in den Mittelpunkt. Bei der Ausbildung und im Beruf herrscht angstgespeister Pragmatismus vor, viele streben danach, möglichst rasch voranzu- kommen. Dafür sind die Befragten auch bereit, ihr Leben der Arbeit anzupassen. Kein Fortgehen bis in den frühen Morgen, kein wildes Party-Hopping mehr oder zumindest temporäres Aufbegehren.
Von zornigem Protest ist diese Generation in ihrer Majorität weit entfernt. Und ganz verübeln kann man die fatalismusgetränkte neue Biedermeierlichkeit niemandem; vielmehr muss man sie als Ausdruck einer legitimen Angst der nachfolgenden Generation lesen, die die von den Älteren geschaffenen Arbeitsmarktstrukturen zu Recht als unbefriedigend und verunsichernd erlebt - aber: Wenn nicht jetzt von den Jungen neue Impulse kommen, von wem dann?
Was sich nun in Athen und Thessaloniki manifestiert, ist keine neue revolutionäre Jugend, die vom Umsturz träumt. Es ist vielmehr die erste Generation, die verbittert feststellt, dass ihre jahrelange Anpassung am Ende nicht belohnt wird. Die ernüchtert konstatieren muss, dass die guten Posten schon verteilt sind und nur die Ruinen des Sozialstaates auf sie warten. Die empört ist, aber keine Antwort mehr darauf weiß.
Kein Zufall, dass diese Erkenntnis zuerst eines der wirtschaftlich schwächsten Mitglieder der Eurozone trifft. Mit der dramatischsten Wirtschaftskrise seit Jahrzehnten könnte sie sich bald auch in Deutschland bemerkbar machen.