Schweiz, 30.11.: Hanfinitiative abgelehnt

schwarz-grünling 03.12.2008 10:49 Themen: Repression
Am 30.11.2008 wurden zwei drogenpolitische Volksabstimmungen in der Schweiz durchgeführt.
Die eidgenössische Volksinitiative »für eine vernünftige Hanf-Politik mit wirksamem Jugend-
schutz«, auch inoffiziell »Hanfinitiative« genannt wurde leider abgelehnt.
Das gesetzliche Festschreiben des s.g. Vier-Säulen-Konzepts, das auch die medizinische Heroinabgabe umfasst, wurde sinnvollerweise per Volksentscheid angenommen.
Es ging allgemein um die Liberalisierung der Drogenpolitik.
So konnte separat abgestimmt werden über die Entkriminalisierung von Hanf, d.h. die Legalisierung von Anbau, Besitz und Konsum von Hanfprodukten und über die gesetzliche Verankerung des bereits praktizierten, drogenpolitischen Vier-Säulen-Konzepts (inklusive medizinischer Heroinabgabe).

Hier der Wortlaut der Volksinitiative (Hanf) zur Änderung des Btmg der Schweiz.

"Die Bundesverfassung wird wie folgt geändert:
Art. 105a (neu) Hanf
1. Der Konsum psychoaktiver Substanzen der Hanfpflanze sowie ihr Besitz und Erwerb für den
Eigenbedarf sind straffrei.
2. Der Anbau von psychoaktivem Hanf für den Eigenbedarf ist straffrei.
3. Der Bund erläßt Vorschriften über Anbau, Herstellung, Ein- und Ausfuhr von sowie Handel
mit psychoaktiven Substanzen der Hanfpflanze.
4. Der Bund stellt durch geeignete Massnahmen sicher, daß dem Jugendschutz angemessen
Rechnung getragen wird. Werbung für psychoaktive Substanzen der Hanfpflanze sowie
Werbung für den Umgang mit diesen Substanzen sind verboten."


Hier der Inhahlt der Revision des BtmG.

1. Die Gesetzesarchitektur trägt dem bewährten Vier-Säulen-Konzept der Schweizer Drogenpolitik
Rechnung. Erstmals werden alle vier Säulen (Prävention, Schadenminderung, Therapie,
Repression) im Gesetz genannt und deren Aufgaben bestimmt (Art. 1a, 3b-3h).
2. Eine langfristige gesetzliche Verankerung erhält die betäubungsmittelgestützte Behandlung
(Heroin oder Methadon) (Art. 3e Abs. 3), die bis anhin nur auf zeitlich befristeten dringlichen
Bundesbeschlüssen basierte.
3. Das Gesetz regelt die Zuständigkeiten zwischen Bund und Kantonen: Während der Bund für die
Koordination, Monitoring, Qualitätssicherung, Evaluationen, Forschung, Aus- und Weiterbildung
zuständig ist, sind die Kantone weiterhin für die Umsetzung des Gesetzes verantwortlich (Art. 3i-
l, Art. 29a-e).
4. Gleichzeitig wird mit der Teilrevision der Kinder- und Jugendschutz gestärkt. Kinder werden
explizit als Zielgruppe genannt und der Kinder- und Jugendschutz in der Prävention und der
Früherfassung von suchtbedingten Störungen speziell berücksichtigt (Art. 1a Abs. 2, Art. 3b
Abs. 1, Art. 3c, Art. 19 Abs. 2 Lit. d). Das Gesetz sieht zudem härtere Strafen bei der Abgabe
oder dem Verkauf von Betäubungsmitteln in Ausbildungsstätten oder deren Umfeld sowie
generell an Jugendliche unter 18 Jahren vor (Art. 19a, 19b, 19bis).
5. Das Gesetz enthält ausserdem differenzierte Bestimmungen zur medizinischen und wissen-
schaftlichen Anwendung von Betäubungsmitteln, was für allem für die Verwendung von
cannabinoiden Stoffen bei chronischen Krankheiten wie beispielsweise Multiple Sklerose
wertvoll sein wird (Art. 8 Abs. 5-7).



Bei einer Stimmbeteiligung von rund 47 % stimmten nur rund 36 % für die veränderte Hanfpolitik aber 68 % nahmen das bereits im Parlament beschlossene Vier-Säulen-Konzept an.
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Ergänzungen

Zunehmende Akzeptanz der Heroinabgabe

Hans Cousto 04.12.2008 - 14:30
Revision des Betäubungsmittelgesetzes

Mit der Änderung des Bundesgesetzes über die Betäubungsmittel und psychotropen Stoffe wird das seit 20 Jahren gültige nationale Konzept für den Umgang mit der Drogenproblematik (ärztliche Heroinabgabe, Fixerstuben, Drug-Checking) gesetzlich verankert. Zudem wird Cannabis als Medizin gesetzlich verankert. Dagegen wurde das Referendum von der rechtskonservativen Schweizer Volkspartei (SVP) ergriffen.

Bereits am 13. Juni 1999 wurde in der Schweiz über die ärztliche Verschreibung von Heroin abgestimmt. Der damalige Bundesbeschluss über die ärztliche Verschreibung von Heroin wurde mit 54,4% Ja-Stimmen angenommen worden und war auf zehn Jahre begrenzt (rechtsgültig bis Ende 2009). Mit der Änderung des Bundesgesetzes über die Betäubungsmittel und psychotropen Stoffe wird die Heroinverschreibung dauerhaft gesetzlich geregelt. 68,0% votierten nun für die dauerhaften Regelungen zur Schadensminderung. Das sind gut 13,5% mehr als vor neun Jahren. Bei beiden Abstimmungen war der höchste Ja-Stimmenanteil im Kanton Basel-Stadt zu verzeichnen (1999: 69,2%; 2008: 76,2%).

Hanfinitiative

Die Volksinitiative «für eine vernünftige Hanf-Politik mit wirksamem Jugendschutz» wollte den Umgang mit Cannabis regeln. Sie forderte die Straflosigkeit des Cannabiskonsums, eine Kontrolle des Angebotes durch den Bund, eine Verstärkung des Jugendschutzes und ein Werbeverbot für Cannabis.

Am 29. November 1998 wurde in der Schweiz über die Volksinitiative für eine vernünftige Drogenpolitik (Legalisierung aller Drogen, DroLegInitiative) abgestimmt. Damals votierten 26% für die Initiative. Im Kanton Basel-Stadt waren es 33,9% (höchster Ja-Stimmen-Anteil). Auch bei der Hanfinitiative lag der Kanton Basel-Stadt mit 44,7% Ja-Stimmen vorn. In der Stadt Zürich (Hauptstadt des Kantons Zürich) votierten jedoch weit mehr Leute für die Hanfinitiative: 54,4%. In den Stadtkreisen 4 und 5 (ein Wahlkreis) - dort befinden sich die Partymeilen - stimmten sogar 71,6% für die Hanfinitiative. Schweizweit stimmte nur noch die Mehrheit im Wahlkreis Saanen im Berner Oberland mit 50,7% für die Hanfinitiative.

Waadt und Neuenburg: Hochburgen der Repression

Die Kantone Waadt und Neuenburg liegen in der welschen Schweiz. Dort spricht man Französisch. Im Kanton Neuenburg liegt das Val de Travers, die Geburtsstätte des Absinth. Im Kanton Waadt begann anfangs des 20.Jarhunderts die Repression gegen Absinth mit der Folge eines generellen Verbotes. In diesen beiden Kantonen wurden sowohl die DroLegInitiative wie auch die Hanfinitiative am stärksten abgelehnt: Waadt: DrolegInitiative: 16,5% Ja-Stimmen, Hanfinitiative: 28,8% Ja-Stimmen; Neuenburg: DrolegInitiative: 14,9% Ja-Stimmen, Hanfinitiative: 28,5% Ja-Stimmen.

Am 30. November wurde auch über die "Porno-Initiative" abgestimmt. Die Volksinitiative «für die Unverjährbarkeit pornografischer Straftaten an Kindern» verlangt, dass sexuelle oder pornografische Straftaten, die an Kindern vor der Pubertät begangen wurden, nicht verjähren. Schweizweit wurde diese Initative mit 51,9% Ja-Stimmen angenommen. Ausgerechnet im repressiven Kanton Waadt hielten jedoch 60,1% nichts von der Verjärhrung der Kinderschändung, nur 39,9% stimmten dort mit Ja - der niedrigste Ja-Anteil in der ganzen Schweiz.

Alle Abstimmungsresultate nach Kantonen und Bezirken
mit Vergleichsdaten zu früheren Abstimmungen mit vergleichbaren Themen
 http://www.bfs.admin.ch/bfs/portal/de/index/themen/17/03/blank/key/2008/04.html

"Jeder muss in seiner Art genießen können, jedoch so, dass keiner auf Unkosten eines andern genießen oder ihn in seinem eigentümlichen Genuss stören darf."

Georg Büchner

Mehr hierzu siehe:
 http://www.hanfparade.de/cannabis-legalisieren/menschenrechte-und-freiheit.html

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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