Neonazi-Terror und Polizeiwillkür am Ulrichsberg

MayDay2000 Graz 24.09.2008 07:36 Themen: Antifa
Von 19.9. bis 21.9. fanden in Klagenfurt/Celovec die antifaschistischen Aktionstage gegen das rechtsrevisionistische Ulrichsbergtreffen statt. Die Proteste gegen Geschichtsfälschung, Deutschnationalismus und rechtsextreme Kameradschaften wurden von den Neonazis mit offener brutaler Gewalt - in Form von Bombendrohung und Schlägertrupps - und von der Polizei mit Repression beantwortet. Da wir der Meinung sind, dass das, was in Kärnten/Koroska passiert ist, nicht nur eine lokale Angelegenheit ist, sondern alle etwas angeht, folgt hier ein kurzer Bericht:
Neonazi-Terror und Polizeiwillkür am Ulrichsberg 2008

Von 19.9. bis 21.9. fanden in Klagenfurt/Celovec die antifaschistischen Aktionstage gegen das rechtsrevisionistische Ulrichsbergtreffen statt. Die Proteste gegen Geschichtsfälschung, Deutschnationalismus und rechtsextreme Kameradschaften wurden von den Neonazis mit offener brutaler Gewalt - in Form von Bombendrohung und Schlägertrupps - und von der Polizei mit Repression beantwortet. Da wir der Meinung sind, dass das, was in Kärnten/Koroska passiert ist, nicht nur eine lokale Angelegenheit ist, sondern alle etwas angeht, folgt hier ein kurzer Bericht:

Bereits die Anreise wurde von der Rechten verzögert: Gegen den Bus, der AntifaschistInnen von Linz, Wien und Graz nach Klagenfurt/Celovec brachte, ging eine Bombendrohung ein. Stundenlang durchsuchte die Polizei den Bus in Wien, in Graz benutzte die Polizei die Drohung bezeichnenderweise als Vorwand, um von den AktivistInnen die Personalien und die Kontrolle ihrer Rucksäcke zu verlangen.Wörtliche Begründung: "Ihr könntets ja die Bombe bei euch haben."

Die Demonstration am Abend des 19.9.in Celovec unter dem Motto "Ulrichberg good bye – Refugees welcome!" verlief noch ohne gröbere Zwischenfälle, sehr lautstark, bunt und ohne sich von ein paar provozierenden Neonazis stören zu lassen. In der Nacht wurden jedoch einige AntifaschistInnen von Skinheads in einem öffentlichen Bus angegriffen, einer erhielt einen Faustschlag ins Gesicht. Der Busfahrer weigerte sich, die Neonazis aus dem Bus zu weisen, drohte dafür den Angegriffenen mit der Polizei und erklärte den Skinheads, er wolle nur Ruhe in seinem Bus, denn: "Was ihr auf der Straße machts, ist mir wurscht!" (O-Ton).

Am Samstag Vormittag wollten etwa 30 AktivistInnen am Anlegesteg in Krumpendorf eine Protestkundgebung abhalten, da dort das Schiff erwartet wurde, mit dem die Ulrichsberggesellschaft ihre traditionelle Bootsfahrt durchführte. Als die ersten zum Steg gingen, stürmte ein Schlägertrupp von 15-20 Neonazis mit Gebrüll auf die noch sehr kleine Gruppe zu. Die Angreifer rannten in Marschformation, maskiert, mit Stiefeln und Bomberjacken bekleidet, schrieen etwas wie "Verdammte Zecken!" und stürzten sich auf die vollkommen überraschten und schockierten AntifaschistInnen. Wer ihnen in die Hände fiel, wurde gegen Holzwände geschleudert, mit Fäusten geprügelt und mit Stiefeln getreten, selbst noch, als die Leute schon verletzt am Boden lagen. Hilflos mussten diejenigen, die mit Glück davonkamen, dem brutalen Prügeln zusehen, ohne eingreifen zu können. Als die Polizei am Steg eintraf, flüchteten die Neonazis. Kommentar eines Polizisten zu den teilweise noch unter Schock stehenden AktivistInnen: "Vielleicht

waren es ja eure eigenen Leute." Es sollte erwähnt werden, dass die Protestkundgebung dennoch stattfand: Als nur wenige Minuten später das Schiff der Ulrichsberggemeinschaft eintraf, schafften es die Leute trotz allem, die Rechtsaußen-Bootsfahrer mit lauten Sprechchören ("Hoch hoch die PartisanInnen!") zu empfangen.

Am Sonntag, als das eigentliche Ulrichsbergtreffen stattfand, setzte die Kärntner Polizei auf massive Repression. Die geplante antifaschistische Gegenkundgebung am Berg wurde in letzter Minute verboten, etwa 150 DemonstrantInnen wurde bei Karnburg am Fuße des Ulrichsberg eingekesselt und stundenlang von der Polizei schikaniert, die den Leuten trotz der Bedrohung durch die Neonazis das Vermummen untersagte, grundlos hineinprügelte und ebenso grundlos vier Personen festnahm.
Einer Gruppe von etwa 30-40 DemonstrantInnen gelang es, sich über Wald und Wiese abzusetzen und das Gelände des Ulrichsbergs zu erreichen. Für eine Weile blockierten die AktivistInnen gewaltfrei und mit einer Barrikade aus Ästen und Stämmen die Zufahrtsstraße, so dass es für die anreisenden SS-Veteranen, Burschenschafter und Jung-Nazis erst mal hieß: "Bitte warten".

Mit unverhältnismäßiger Gewalt räumte die Einsatzpolizei schließlich die Blockade, von der keinerlei Aggression ausging, nicht einmal ein Schimpfwort, und drängte die Leute von der Straße bzw. warf sie zu Boden – alles unter dem Kommando eines völlig konfus und aggressiv agierenden Einsatzleiters ("Sie haben eine Minute, um freiwillig zu gehen! Sonst setzen wir Pfefferspray ein! Der Einsatz ist gerechtfertigt! Und Sie sind alle festgenommen!") Brutal wurden vier Personen, darunter auch Jugendliche, verhaftet; die Kabelbinder, mit denen die Polizei sie fesselte, wurden zum Teil so fest angezogen, dass die Hände anschwollen. Danach kesselte die Polizei die übrigen AktivistInnen ein und nahm von ihnen die Personalien auf.

Zu selben Zeit konnten sich die neonazistischen Schläger, die den Überfall in Krumpendorf verübt hatten, trotz Polizeipräsenz ungehindert am Berg bewegen: In Karnburg erklärte die Polizei den DemonstrantInnen offen, man sei nicht in der Lage, sie vor prügelnden Neonazis zu schützen. Oben bei der Blockade benutzte der Einsatzleiter die Bedrohung, um einige AntifaschistInnen davon abzuhalten, vor dem Polizeikessel zu flüchten. "Wenn ihr in den Wald laufts, da sind 20 Neonazis unterwegs, die machen dann das gleiche mit euch wie in Krumpendorf", drohte er. Eine Polizei, die neonazistischen Terror nicht verhindert, sondern verwendet, um AntifaschistInnen einzuschüchtern – das grenzt schon an Komplizenschaft mit den Stiefelnazis.

Die insgesamt sechs Verhafteten wurden im Laufe des Tags zum Glück wieder freigelassen. Zahlreichen DemonstrantInnen wurden Anzeigen und Anklagen angedroht, und die Bilder vom Angriff des Schlägertrupps in Krumpendorf werden wohl viele nicht so schnell vergessen.
"Seit ich Landeshauptmann bin in Kärnten, traut sich kein Linker mehr zu demonstrieren", rühmte sich BZÖ-Obmann Jörg Haider vor einigen Jahren. Demoverbot, Polizeiwillkür, brutale Gewalt von Neonazis gegen Linke, die verschwiegen, ignoriert und mit einem behördlichen Schulterzucken zur Kenntnis genommen wird – das ist die Realität in Haiders Staat. Das ist aber auch die Realität eines wachsenden Selbstbewusstseins der neonazistischen und rechtsextremen Szene. Deswegen:

Solidarität mit den AntifaschistInnen in Koroska!
Kein Fußbreit den Neonazis und ihren parteipolitischen Handlangern FPÖ und BZÖ!
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Ergänzungen

schreibweise

bescheidwisser 24.09.2008 - 10:25
@ piefke:

das gebiet wird sowohl von ethnischen österreichern als auch von ethnischen slowenen bewohnt.
die ortschaften haben in den jeweiligen sprachen unterschiedliche namen-
"klagenfurt" ist zb der deutsche name für celovec -
bzw "celovec" der slowenische name für klagenfurt...

Infos zu den Nazis, und Gute Besserung!

aus dem Süden 25.09.2008 - 12:38
Erstmal: gute Besserung an alle, die von Bullen oder Faschos was abgekriegt haben! Ich hoffe, ihr seid alle eh schon wieder auf dem Damm - im Bericht stand ja nichts von schwereren Verletzungen. Erholt euch auf alle Fälle gut.

Zweitens - Österreich hat keine Kameradschaftsszene wie in Deutschland, so ein organisierter Angriff wie am Steg durch dortige Faschos war sehr unwahrscheinlich. Insofern kein Wunder, wenn die Genoss_innen vor Ort nicht darauf eingestellt waren.

Mich würde es nicht wundern, wenn die angreifenden Faschos aus Deutschland waren - hierzulande gibt es die entsprechenden Zusammenhänge, und in deutschen Nazisforen wurde auch zum U-Berg mobilisiert. Die Nazis sind wohl davon ausgegangen, dass ihnen von den Bullen in Haiderland eher freie Hand gelassen wird, sonst hätten die sich sowas nicht getraut.
Platt gesagt: Wenn "unsere" Faschos anderswo Angriffe durchführen, dann ist das ein Grund mehr für grenzüberschreitende antifaschistische Solidarität. Haltet die Augen und Ohren offen was sich in dem Schnitzelförmigen Land im Süden so tut, und macht bisweilen mit. Zumindest von Bayern aus sind viele Städte in Ö näher als Berlin.

p.s. Ausser deutschen Nazis hat Österreich so einiges zu bieten, z.B. Germknödel, eine sehr aktive Squatter_innenszene, Krocha, die Ottakringerstr., Bosna, den Zentralfriedhof, den Vorarlberger Dialekt ...

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Doppelte Schreibweise — n Piefke

Österreich — klahr

PartisanInne — Bakunin

@bescheidwisser — God the Allmighty