Köln: Der Kongress und wer ihn verhindert hat

Evey Hammond 24.09.2008 03:21 Themen: Antifa Antirassismus Medien

Bleiben wir bei den Fakten: Der Anti-Islamisierungskongress der rechten WählerInnenvereinigung „Pro Köln“, der RechtspopulistInnen aus ganz Europa zusammenbringen sollte, wurde erfolgreich verhindert. Verhindern heißt in diesem Fall, dass er durch Massenblockaden unzugänglich gemacht wurde. So war es Nazis, RassistInnen und PolitikerInnen von rechts-außen unmöglich, den Ort ihrer geplanten Kundgebung, den Heumarkt in Köln zu betreten.

Storytelling – die Presse

Es war die linksradikale Mobilisierung aus Deutschland und den Nachbarstaaten, die sich direkt den RassistInnen entgegenstellte. Doch die bürgerliche Presse sieht das irgendwie anders: Die Linksradikalen sind – wie so oft – die „autonomen Randalierer“, die die „friedlichen Proteste“ überschatteten. Nur: wer hat dann „Pro Köln“ an seinem Kongress gehindert? Laut Polizei und Presse waren es die von Gewerkschaften, Kirchen und bürgerlichen bzw. reformistischen Parteien organisierten Kundgebungen, die mit „viel Witz, Charme und Phantasie“ auf den Straßen die Nazis einfach „wegfeierten“.

"Auf den Straßen" heißt in dem Fall allerdings: "Auf einem Platz ein paar hundert Meter weiter", bei Currywurst und Kölsch, bei einem deutschtümelischen Volksfest - Musik und rassistische Sprüche auf der Bühne, wonach ein Sänger „afrikanische Gene“ besäße, inklusive. Sich dann darin zu versteigen, dass diese Form des Protestes den Kongress von „Pro Köln“ wirksam verhindert hätte, und der direkten Blockade auch noch vorzuziehen sei, gibt die bürgerliche Berichterstattung der Lächerlichkeit preis.

Bulls On Parade – die Polizei

Es ist eine grobe Vereinnahmung durch Oberbürgermeister Fritz Schramma, wenn er den Erfolg auf Köln und seine BewohnerInnen reduziert. Denn gerade die Blockaden bestanden zu großen Teilen aus nicht kölnischen AntifaschistInnen, denen die Anreise durch die Polizei - ebenfalls bundesweit mobilisiert! - nicht gerade leicht gemacht wurde. Nachdem am Freitag Morgen alle Fahrgäste eines Busses aus Berlin bereits bei der Anreise in Köln einen Platzverweis erhielten, erlebten auch die BerlinerInnen, die am Freitag Abend nach Köln fuhren, Repressionen.

Die Berliner Polizei stellte sich dieses Mal jedoch als die harmlosere Truppe heraus, denn die Schikanen gingen auch in Köln erst richtig los. Neben den ständigen Videoaufnahmen der DemonstrantInnen, wurden an diesem Tag bis zu 500 Menschen festgenommen. Hierbei handelte es sich natürlich nicht vorrangig um Menschen, die an Ausschreitungen beteiligt waren, sondern teilweise um ganze Spontandemonstrationen, um RentnerInnen, Kranke und Verletzte, sowie natürlich junge Menschen, die sich an den Blockaden beteiligt hatten. Aus eigenen Beobachtungen – der schwer zu überblickenden Situation – schienen die Auseinandersetzungen mit der Staatsmacht minimal, vereinzelt und von der Polizei provoziert. Die unglaublich hohe Zahl der Gefangenen, die sich in der GeSa in Brühl unhaltbaren Bedingungen ausgesetzt sahen, ist keinesfalls zu rechtfertigen. Die Festnahmen und Kessel waren leicht als reine Schikane zu erkennen.

Sorry, You’re Not A Winner – die Radikalen und der Umgang mit ihnen

Doch während die Staatsmacht immer wieder brutal gegen DemonstrantInnen vorging, hat es diese - ganz bewusst - nie wirklich versucht die Blockaden aus dem Weg zu räumen. Zwar fuhren mehrere Wasserwerfer auf und auch Hundestaffeln waren präsent, doch versuchte die Polizei nie, den RassistInnen eine Gasse frei zu prügeln, wie „Pro Köln“ es forderte. Im Gegenteil: Bereits um den späten Mittag wurde die Kundgebung von „Pro Köln“ verboten. Nicht, weil die Polizei ihr antifaschistisches Engagement entdeckte, sondern weil sie die bis zu 10000 Blockierenden dazu zwangen. Der positive Bezug der bürgerlichen Presse auf diese Handlung drängt die Vermutung auf, dass man dem Bündnis um Bürgermeister Schramma den Erfolg gönnen wollte – nicht jedoch der radikalen Linken.

Die erlebte nämlich die volle staatliche Gewalt, als sie versuchte den Heumarkt als feierliche Demonstration zu betreten. Jedweder radikaler Protest wurde durch Kessel und Knüppel im Keim erstickt. (Selbst das bayrische USK war im Einsatz und zeigte seinen demokratischen Charakter dadurch, dass in einem ihrer Autos eine riesige Bayernflagge mit dem Portrait Ludwig II. hing.) Einzige Erklärung für das brachiale Vorgehen, ist der Versuch, die radikalen Proteste nachträglich zu delegitimieren, was auch an den Pressemeldungen der Polizei immer wieder deutlich wurde.

The Wrong Way – das Verhältnis zur Polizei

So ist der Erfolg in Köln auch nicht so absolut, wie das einige ProtestlerInnen gerne hätten. „Pro Köln“ und ihr rassistischer Kongress wurden verhindert, ein durchaus respektabler Erfolg. Doch wäre dieser Sieg so sicher gewesen, hätte die Polizei ernsthaft versucht, einen Weg frei zu prügeln? Das bezweifle ich. Zwar beugte sie sich diesmal dem Druck der Blockierenden, wirklich hart war dieser Druck allerdings nicht. Vermutlich blieben aber auch Viele den Protesten fern, weil vorangegangene Schauermärchen von „Gewalttätern“ und „Chaoten" noch in den Köpfen hingen.

Es muss jedoch festgehalten werden, dass der Erfolg nicht durch die VolksfestbesucherInnen bedingt war, die Nazis zwar doof finden, mit dem Alltagsrassismus der BRD aber keine Probleme haben. Der gehört einzig und allein der mehr oder minder linksradikalen Bewegung. Und diese ist es auch, die sich konsequent gegen den Staat und dessen BeamtInnen stellen muss, welche den alltäglichen Rassismus der BRD jeden Tag aufs Neue reproduzieren. Wer - wie viele auf den Blockaden - dafür klatscht, dass die Polizei die Kundgebung verboten hat, wird ziemlich hilflos dastehen, wenn Staatsgewalt sich mal nicht zugunsten der Linken entscheidet. Konsequenter Antifaschismus ist auch ein Kampf gegen die Polizei und den Staat. Oder wie heißt es auf Demos so schön? „Nazis morden, der Staat schiebt ab – das ist das gleiche Rassistenpack!“

Maintain The Focus – das Fazit

Und genau diese Lehren sind unter ArbeiterInnen, MigrantInnen und Jugendlichen zu verbreiten: Wenn wir uns nicht auf den „demokratischen“ Staat verlassen, sondern Nazis selbst bekämpfen, können wir den Vormarsch der Rechten auch verhindern! Denn genau dieser Staat ist es, der Rassismus schürt, indem der die Probleme der Bevölkerung (Arbeitslosigkeit, Hartz IV, verfallende Schulen) Menschen nicht-deutscher Herkunft in die Schuhe schiebt. Wir brauchen eine Bewegung, die den Kampf gegen die soziale Misere mit dem Kampf gegen Rassismus vereint.

von Evey Hammond, von der unabhängigen Jugendorganisation REVOLUTION

Creative Commons-Lizenzvertrag Dieser Inhalt ist unter einer
Creative Commons-Lizenz lizenziert.
Indymedia ist eine Veröffentlichungsplattform, auf der jede und jeder selbstverfasste Berichte publizieren kann. Eine Überprüfung der Inhalte und eine redaktionelle Bearbeitung der Beiträge finden nicht statt. Bei Anregungen und Fragen zu diesem Artikel wenden sie sich bitte direkt an die Verfasserin oder den Verfasser.
(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)

Ergänzungen

Ehre wem Ehre gebührt ?

Cäsar 24.09.2008 - 08:18
Seit Jahren ist zu beobachten, dass es uns nicht mehr gelingt Naziaufmärsche faktisch unmöglich zu machen.
Wir bieten nurnoch eine politische Wahl - nämlich den Rechten ihr Recht auf Demonstration zu entziehen. Diese Möglichkeit stellt sich der Polizei erst dann, wenn die Sicherheitslage beeinträchtigt ist und das wiederum ist alles was wir seit Jahren tun.

Ohne antifaschistischen Widerstand, hätte Pro Köln die Veranstaltung wie geplant abgehalten. Wir haben also zweifellos unser Tageziel erreicht, wir haben gewonnen und irgendwie ... fühlen wir uns alle ein wenig vergewaltigt.

Wir sind berechenbar, auch für Bürgermeister die gerne wiedergewählt würden. Wir tun, was wir tun aus Pflichtgefühl und wir haben schon immer darauf geschissen, was die Medien über uns erlogen.
Aber alle erreichten Erfolge als Erfolge der Bürgerlichen zu labeln, hat eine ganz neue Qualität medialer Unaufrichtigkeit.

Der Erfolg gehört allen

Mit-Blockierer 24.09.2008 - 08:34
Deine Wahrnehmung gehört auch dir, aber wenn du Dich in dem Artikel immer selbst widersprichst, werden nicht viele Außenstehende Deine Wahrnehmung teilen.
Denn natürlich waren sehr, sehr viele "Bürgerliche" an den konkreten, harten Blockadepunkten, wie hätten sie sonst mit in die Polizeikessel geraten können? Alle möglichen Fotos belegen das auch. Fein, dass so viele Auswärtige da waren und die Blockaden unterstützt haben, aber muss man gleich alle Kölner/Bürgerlichen wegdiskutieren?

Spass ist, wenn mensch trotzdem lacht!

Zyniker 24.09.2008 - 09:12
"und rassistische Sprüche auf der Bühne, wonach ein Sänger „afrikanische Gene“ besäße, inklusive."

Na ja, es wurde auf der Bühne des "Arsch huh" Festivals zwar gesagt, das Gentleman "afrikanische Gene" besäße [denke mal du beziehst dich auf diese Situation], allerdings war der Spruch doch in einen sehr ironischen Kontext gegen die Menschen von Pro Köln & Co [den "Nazis" & Rassisten] gerichtet und auch als solches deutlich kenntlich.

Der bürgerliche Rassismus ist 63 Jahre nach '45 schon etwas komplexer geworden, als das öffentliche Verkünden der Rassenlehre...



Verletzungen / Trauma

Sani 24.09.2008 - 11:05
Wer während der Aktionen physisch verletzt wurde oder traumatische Erfahrungen gemacht hat und Hilfe braucht, meldet euch bitte mit dem Vermerkt "Sanis" und / oder "Trauma" an den EA.

Die Art der Verletzungen (nur (!) die Art der Verletzung, keine weiteren Angaben) können auch getrennt von persönlichen Angaben (!) an den EA Köln oder  koeln@demosanitaeter.de (ist nicht verschlüsselt!) mitgeteilt werden.

Mit einer anonymen Statistik (nur die Verletztenzahlen) kann Presse und Prozessarbeit gemacht werden.

Angaben, wie Gedächnisprotokolle am besten geschrieben werden findet ihr unter

 http://september.web-republic.de/ea/?p=57
www.ea-koeln.de

schön, dass Gruppen Auswertungen vornehmen

ABER 24.09.2008 - 13:39
Ja, das gute alte ABER:

1. Der/die Autor_in des Artikels hat die gute alte linksradikale Profilneurose: "wir" die guten Che Guevaras, die alles richtig machen, dort die dummen Bürger, die von "uns" Revolutionär_innen noch nicht ausreichend aufgeklärt worden sind und zuletzt, das total böse auf der Gegenseite, gegen das alles getan werden darf, auch das, was "wir" eigentlich bekämpfen.
Dass wir uns von Faschos abgrenzen ist ja nur richtig, aber dieses unbedingte "nicht-bürgerlich-sein-wollen" hat zur Folge, dass viele von denen, die da demonstrieren unglaublich krass pauschalisiert werden.

- Nur weil die Leute einen anderen Kleidungsstil haben, ein anderes Alter, eine andere Sprache oder eine andere Aktionsform sind sie nicht weniger radikal. Denn radikal kommt von "Wurzel", nicht von Militanz oder Gewalt, leider immer wieder ein dickes Missverständnis. Schauen wir uns die Leute, die unserer Meinung nach "bürgerlich" sind mal bitte genauer an und wir werden sehen, dass es dort sehr viele Menschen gibt, die radikale Ziele verfolgen. Klar gibts auch die benannten Rassist_innen oder bedeppte Partei-Grüppchen, doch deren Erscheinung sollte nicht zu Pauschalisierung und der dazugehörigen (falschen) Selbstvergewisserung führen. Die "linksradikale Identität", die in dem Artikel gesucht wird, kommt dann nicht aus den eigenen Positionen heraus, sondern definiert sich durch oberflächliche Abgrenzung von einer Gruppe, die so noch nicht einmal existiert. Schade, oder nicht?
- Zuletzt lohnt ein Blick in die "eigenen Reihen", denn ja, ich selbst habe ja garnichts gegen militanten Gestus, etcpp, allerdings gehört da eine Menge Selbstkritik-Bereitschaft dazu: von Seiten des ach so emanzipativen "Schwarzen Blocks", dem ich von außen wohl auch zugeordnet werde, kamen dann doch sehr fragwürdige Aktionen: homophobe Beleidigungen testosteron-sprühender Männchen oder dumme sexistische Witze gegen Polizeibeamtinnen. Echt unfein, denn eigentlich sollte es ja die heterosexuelle weiße Männlichkeit in der Polizei sein, die "wir" kritisieren und eben nicht selbst verkörpern! Da frag ich mich schon, wer "wir" denn nun sind?
- Bei der Frage, was eigentlich dieses "linksradikal" ist, scheint besonders eine strategische Debatte sinnvoll. In Deutschland wird ja oft über Parolen-Gebrüll und Dresscodes eine spektakuläre Einheit simuliert, die von Hauptwiderspruchs-Marxist_innen zu Anarch@-Foucaultinaner_innen reicht. Die Leute suchen das revolutionäre Massenerlebnis, die Geschlossenheit, die Symbolik (männlich konnotierter Fußball-Fan-)Stärke, das Identäre. Andernorts prügeln sich Antiautoritäre/Anarch@as mit Kommis, die sich (ihrer eigenen Traditionslinien bewusst) als Gegensätze im antagonistischen Kampf verstehen, da deren Analyse nicht ist, dass die Welte binal aufzuteilen ist nach dem Schema "hier die Guten - dort die Bösen". Und das sicher nicht zu unrecht, denn nicht nur die real gewordenen Utopien einiger Gruppen sind für viele Linksradikale eher unattraktiv.
An dieser Stelle lohnt ein Blick in das Selbstverständnis der Gruppe "Revolution", die sehr deutliche anti-anarchistische Positionen vertritt, einen strategischen Avantgarde-Führungs-Gedanken vertritt und letztlich den Kapitalismus als einzige Herrschaftsstruktur ausmacht, die allein beseitigt werden muss, dann wird alles klasse. Sexismus, Rassismus, usw. haben deren Ansicht nach keine Eigendynamik, die über Materialistische Ursachen hinausgeht, was durchaus als ein "nicht-ernst-nehmen" eines Großteils aktueller linksradiler Theorie bewertet werden kann:  http://www.revolution.de.com/grundsatzpositionen/index.html
Nichts gegen politische Organisierung und von mir aus auch mit nettem Label, aber lasst uns nicht vergessen, was wir wollen und was nicht!

2. Zuletzt ist die Analyse, dass die benannten "Linksradikalen" allein es waren, die den Kongress verhindert haben, mehr als diskutabel. Einige Denkanstöße für eine diesbezügliche Diskussion wären:
- Wie selbstbezogen sind "wir" eigentlich, dass wir (nur beispielhaft) den Protest von einer 50-Jährigen, die wir nicht kennen und die sich den Nazis entschlossen in den Weg gestellt hat und nach dem Wochenende sicher ziemlich überanstrengt war, als wertlos darstellen? Vielleicht ist sie die einzige verblieben ihrer einstigen Bezugsgruppe aus Jugendzeiten, die aktionsorientierten können in ihrem Alter nichts mehr mit sich anfangen?
- Fällt es der Polizei hinsichtlich einer nötigen Legitimation nicht wesentlich schwerer, eine oberflächlich als "bürgerlich" einstufbare Menschenmenge abzuräumen und ist von daher der Widerstand einer solchen Gruppe vielleicht sogar effizienter (weniger Repression, nachhaltigere Blockade) als der von schwarz vermummten Linksradikalen?
- Überschätzen wir nicht systematisch das linksradikale-militante Bedrohungspotential und ist es nicht ohnehin kontraproduktiv, solange linksradikale Positionen derart marginal sind? Wäre es nicht einfach an der Zeit an einem "inhaltlichen Mythos" zu arbeiten, der dann militante Politik notwendig erscheinen lässt? Stattdessen wird an einem (jugendkulturell attraktiven) Streetfighter-Image geknüpft und stets gehofft, dass die Leute das ganze dann irgendwie sinnvoll inhaltlich aufladen. Ich persönlich habe eigentlich keine Lust auf Leute, denen ich anmerke, dass sie mir ihren geworfenen Stein nicht begründen können! Da sind die "Bürgerlichen" dann radikaler, denn sie haben eine Aktionsform gewählt, die sie durchdacht haben, zu der sie politisch stehen. Ganz wie es im Bezugsgruppen-Reader steht! Allgemein sollte für emanzipatorische Politik gelten: die "Gewalt/Militanz-Frage" wird tatsächlich tiefgreifend reflektiert oder es sollte von einer dahingehenden Praxis abgesehen werden. Denn "Gewalt/Militanz" sind Mittel/Waffen des bürgerlichen Staates, denen sich sensibel (wie auch anderer "bürgerlicher" Instrumente) bedient werden kann, die aber nichts mit einer emanzipatorischen Utopie zu tun haben!
- Und dann ist die Frage zu stellen, ob dumme militante Praxis in vielen Situationen nicht eher gut für die polizeiliche und faktisch bürgerliche Seite ist, denn: wenns Krawall gibt ohne anständige Erklärung/Vermittlung (warum nicht gezielte Aktionen gegen die Ausländerbehörde öffentlich in den Gewalt-Diskurs einführen? Oder polizeiliche Rolle bei Abschiebungen?), werden "wir" abgeräumt (und die Faschos kommen durch) und die Parlamentarier_innen können sich schön bestätigt fühlen in ihrer positiven Identität "gegen jeden Extremismus". Und mitsamt der "schlechten Aktion" können die Inhalte dann auch diffamiert werden. Mit "schlechter Aktion" meine ich natürlich keine gelungene Sabotage o. ä., wie auch teils in Köln oder Hamburg geschehen, die sich als direkte Aktionen tatsächlich selbst vermitteln.

3. Danke, an diejenigen, die dieses effiziente antifaschistische Bündnis undogmatisch aufgebaut haben, sich diverser bürgerlicher Praktiken offenbar reflektiert bedient haben und dabei trotzdem radikale Positionen nicht vergessen haben! So kanns weitergehen...

nuja

stresslingöön 24.09.2008 - 14:15
es ist wohl wahr dass die Presse den Erfolg größtenteils dem bürgerlichen Protest zuordnet und dabei radikalere Aktionsformen diffamiert, obwohl sie einen wichtigen Teil zur Verhinderung des Kongresses dargestellt haben. Jedoch darf nicht vergessen werden -
der bürgerliche Protest war durchaus "radikal" :
Taxi-Fahrer die keine Pro-Kölner transportieren !
Hotel-Angestellte die Pro-Kölner rauswerfen !
Der Schiffs-Kapitän der sich verärgert über seine Gäste in den Medien auskotzt !

All das hat zu einer gesellschaftlichen Isolation an diesen beiden Tagen in Köln beigetragen und war sicherlich genau so mutig von den jeweiligen Leuten wie das Aufbauen einer Barrikade von manch anderen Leuten !
Ich bin gegen Spaltung, sowohl von parteien/bürgerlichen etc. die schwarzgekleidete als "dumme chaoten" abstempeln - genau so jedoch das diffamieren des "bürgerlichen protests" als "unnütz" von der anderen seite...

ein breites bündnis gegen rechts - das ist das mittel zum erfolg !

war zu erwarten

egal 24.09.2008 - 14:56
wie in kiel 800 bei bürgermeisters kaffe und kuchen und 8000 auf der straße.
in der mainstreampresse umgekehrt 700 linke randalierer und 7000 auf der friedlichen bürgermeister demo.
die wahrheit war schon immer ein sehr dehnbarer begriff.
wir sollte aufhören uns darüber aufzuregen und unsere energie für die wichtigen dinge aufsparen.diese nichtigkeiten des lebens hindern uns oft daran das wesentliche zu sehen.
in dem fall die 10000 leute auf der straße und die wissen doch wie es lief.

ansonsten nochmal dank an alle die mitgeholfen haben diesem unsinn ein ende zu setzen.

Habe die gleiche Erfahrung gemacht

Antifaschist 24.09.2008 - 15:57
Mich hat es auch erschreckt, wie viele Menschen bei dem Konzert waren und sich weiter nicht um den Protest gekümmert haben! Wirklich deutlich wurde dies, als direkt hinter der großen Bühne ein Haufen von Nazis gestellt wurde. Als die Antifa darauf aufmerksam machte, dass hier Nazis seien, musste ich mit ansehen wie manche Leute lachten und lustig an ihrem Bier weiter nippten oder was noch schockierender war, wie Menschen ganz plötzlich wegguckten und weggingen. Die Ausrede, die Leute hätten angst vor der Gewalt zieht hier nicht, da es zu diesem Zeitpunkt gar keine Gewalt gab.
Anscheinend reicht es vielen in der BRD, wenn sie mal ein Kölsch trinken gegen Rechts und schon ist das schlechte Gewissen für die nächsten 10 Jahre beruhigt.
Ich denke, dass der Erfolg ganz klar einerseits auf den Blockaden und andererseits auf dem militanten Widerstand beruht. Zu den Blockaden kann ich nur sagen, dass ich hier stolz war, dass so viele verschiedene Gruppen gemeinsam zusammengehalten haben. Aber leider war auch hier zu beobachten, dass fast alle Blockaden aus organisierten Kräften bestanden. Nur vereinzelt fielen auch "normale" Bürger auf.
Klar ist es schön, dass so viele gekommen sind und es ist auch schön, dass dieser Kongress verhindert wurde! Aber was ist nächstes Wochenende? Was ist beim nächsten Aufmarsch der "Autonomen Nationalisten", dem nächsten NPD Infostand und dem nächsten Anschlag von Neonazis? Wo werden die Leute dann sein? Dann wird man wieder die Menschen sehen, die man immer sieht, jene die ihre Freizeit und auch ihr Geld opfern um gegen Nazis zu kämpfen und JA sie tragen fast alle schwarz und bevorzugen Sonnenbrillen.
Und zur Gewalt einmal so viel. Team Green hat diese Gewalt provoziert. Denn die Cops haben ganz klar angegriffen ohne Grund und so etwas ist Polizeiwillkür und wer sich dabei auf die Seite der Ordnungshüter stellt, muss sich nicht wundern, wenn er irgendwann im Faschismus aufwacht. Schließlich durfte es ja nicht sein, dass Nazis verhindert werden und dass man dies nicht nutzen kann um Rechts und Links gleichzusetzen.
Der Protest von Köln hat einen faden Beigeschmack. Wenn beim nächsten NPD Aufmarsch in NRW wieder so viele Menschen mobilisiert werden können, dass der Aufmarsch VERHINDERT werden kann, dann korrigiere ich meine Meinung sehr gerne! Bis dahin bleibe ich kritisch und stimme dem Autor zu.

Mainstream-Presse wegtreten

Schwarze Scharen 24.09.2008 - 17:42
Danke für den Artikel. Genau so habe ich es auch empfunden. Die bürgerliche Berichterstattung hat mir nicht nur aufgestoßen, sondern hat mich regelrecht wütend gemacht. Natürlich haben Kölner Einwohner (um mal von diesem beknackten Bürger-Terminus runterzukommen) Tolles geleistet, indem sie Pro-Köln Vertretern über die Tage Dienstleistungen verweigert haben. Fand ich super. Aber die Blockaden, die zu einem Großteil aus Auswärtigen und noch dazu aus "Autonomen" und anderen "Linksradikalen" bestanden, die waren ganz einfach das Zünglein an der Waage. Und wenn nicht sogar noch Kontingente aus den Niederlanden (danke für die Sticker), Flandern und Frankreich (und weiß der Teufel, wo noch her) gekommen wären, hätte es evtl. NOCHmal anders ausgeschaut.

Vielleicht sollten wir es aber auch mal anders sehen: Vergleicht euch mal mit nem DC-Comic... Der Superheld wird zwar stets von der Gesellschaft verachtet, aber er/sie rettet den Tag.

kleiner Kommentar

Entdinglichung 24.09.2008 - 17:56
wobei m.E. die eigentlich spannende Frage ist, WARUM die Bullen den Faschos dieses mal nicht den Raum freigeprügelt haben ... denke nicht, dass da eine besondere Stärke der Gegenaktivitäten oder eine militärische Schwäche der Cops der Grund war, sondern dass der Staat nicht einen (internationalen) Gesichts- und einen Hegemonieverlust (unter den "gemässigten", staatstragenden AntifaschistInnen) riskieren wollte, der politische Preis in diesem Falle einfach zu hoch war, zumal die Bourgeoisie in der BRD derzeit Kräfte wie "Pro Köln" (noch) nicht benötigt

Siehe auch

Heise 24.09.2008 - 19:11

Artikel auf wdr.de

Skafield 24.09.2008 - 19:29
Hier ein aktueller Artikel auf der Seite vom WDR -  http://www.wdr.de/themen/politik/nrw04/pro_koeln/080924.jhtml

Missverständnis

Evey Hammond 24.09.2008 - 21:25
@ABER:
Ich glaube hier herrscht ein gewisses Missverständnis vor, was ich mit meiner Kritik an der "bürgerlichen" Protestform kritisieren wollte und wen ich mit linksradikal eigentlich meine. Denn mir (und auch der Gruppe) geht es natürlich nicht darum, zu sagen, dass jeder der sich den schwarzen Kapu aufsetzt, um Action zu erleben, politisch radikal ist. Es geht nicht um "Kleidungsstil", den "Antifa-Style", sondern tatsächlich um politische Inhalte und Protestformen. Die Kritik, die ich hier formulierte, richtet sich an diejenigen, die glauben, dass das Volksfest mit Bier und Bratwurst, eine gute und wirksame Protestform ist. Und da sind wir uns doch recht einig, oder? Wären die Blockierenden, unabhängig von ihrem Kleidungsstil, nicht da gewesen, dann hätte "Pro Köln" einmal laut gelacht und ihren Kongress ohne Probleme trotzdem durchgeführt. Es braucht Menschen auf den Straßen, die sich nicht darauf verlassen, dass die Polizei alles ordentlich regelt, die Nazis daran hindern, einfach auf ihren Kundgebungsort zu gelangen. Die Kritik richtet sich so also ganz offen an taktische Vorgehensweise - nicht mehr.
Antifa Mackertum, Proll Gehabe usw. gehört kritisiert und verurteilt. Aber es geht ja nicht gerade um irgendwelches Posertum. Ich zitiere:
"Wie selbstbezogen sind "wir" eigentlich, dass wir (nur beispielhaft) den Protest von einer 50-Jährigen, die wir nicht kennen und die sich den Nazis entschlossen in den Weg gestellt hat und nach dem Wochenende sicher ziemlich überanstrengt war, als wertlos darstellen?"
Wertlos? Im Gegenteil! Das ist großartig, das ist eine radikale Protestform, die ich begrüße und unterstütze. Nicht die 50 Jährige Dame an sich ist entscheidend - sondern welche Protestform sie wählt. Besteht ihr Protest aus Bier und kölnischer Volksmusik, dann trifft sie meine Kritik. Ist sie auf der Straße und blockiert den Nazis den Weg - hey, großartig!
Erneut zitiert:
"Und dann ist die Frage zu stellen, ob dumme militante Praxis in vielen Situationen nicht eher gut für die polizeiliche und faktisch bürgerliche Seite ist, denn: wenns Krawall gibt ohne anständige Erklärung/Vermittlung"
Wie ich hier zumindest ansatzweise versuchte herauszuarbeiten, ist es oftmals egal, was wir tun - die Presse kann uns trotzdem in die Randaleecke schieben. Insofern müssen wir uns da auch nicht so viel Hoffnung auf die "anständige Vermittlung" machen.

PS: Die Debatte inwiefern sich KommunistInnen mit AnarchistInnen prügeln sollten oder nicht, gehört hier schlicht nicht hin. Wobei ich mich schon frage, ob die meisten Menschen die sich als AnarchistInnen bezeichnen, sich wirklich ihrer Traditionslinien bewusst sind. In meinen Augen nehmen sich da beide Seiten nicht viel an oberflächlichen Mitläufern und theoretisch Versierten. Jedenfalls wenn man alle mit einbezieht, die sich jeweils der einen oder der anderen politischen Richtung zuordnen. Das zu diskutieren bin ich gern bereit - aber bitte nicht hier.

Danke ABER

Lisa Lieblich 25.09.2008 - 15:19
Hier wurden sehr schön auch meine Gedanken ausformuliert. Dass diese für mich notwendigen Gedanken zum Thema Protest zwingend diskutiert werden sollten, halte ich für unabdingbar.

Gerade jetzt mehrt sich doch der Unwille gegen Staat und seine Repressionen auch bei den von einigen jungen Avantgarde-Linken und Autonomen mit Pop-Star-Gehabe kritisierten "bürgerlichen" (auch ich kann das Wort kaum noch hören *gähn*). Ich frage mich wie ein Umbruch erreicht werden soll, wenn diese sich so klar abgrenzen von einer Masse die es zu erreichen gilt und welche mithilfe der "Linkradikalen" ihre Ohnmacht endlich verlieren und neue Stärke gewinnen könnte.

So sehe ich in der Tat auch die sicherlich notwendige Schnittstelle zur Arbeiterklasse in Gefahr bzw. finde sie erst gar nicht.

Leider sind die meisten vielversprechenden Bewegungen aber häufig an der Streitlustigkeit und dem gerne praktizierten Schubladendenken der ach so offenen und toleranten Linksradikalen gescheitert wenn man es mal geschichtlich betrachtet. Aus den Erfahrungen der heute 50-jährigen aber zu lernen, das fällt leider vielen schwer.

Da wird man von den ehemals eigenen Reihen nun einfach ausgegrenzt und fühlt sich bei Blockaden halt in der Regel einfach scheisse, da nicht durch Solidarität gestärkt. Menschen wie ich gehören weder zur "Pappnasen-Fraktion" und werden aber genauso von der z.T. sexistischen, hormonisierenden heutigen "autonomen" Jugend angemacht. Da fühlt man sich
als von euch diskriminierte "bürgerliche" sicherlich auch wieder sehr prima bei der nächsten Aktion nimmt aber aus eigener Überzeugung trotzdem teil.

Dass man anschliessend von der einen Seite sowie der anderen nach dem gemeinsamen Kampf einfach ausgegrenzt wird, nimmt einem hoffentlich irgendwann aber nicht den Mut und die Kraft.

Davon abgesehen, waren es genau die hier kritisierten "bürgerlichen" und gemässigteren, die sowohl in den Blockaden und Kesseln, als auch in der GeSa die Leute massivst beruhigten, als einige drohten ihre Nerven zu verlieren und nicht trotzig gegen die Käfigtüren schepperte.

Ich werde weiterhin nicht an Volksfesten gegen Rechts teilnehmen, stelle mich auch in Zukunft wenn es verlangt ist hin und blockiere oder ähnliches, vermisse aber dabei doch sehr den Zusammenhalt der einzelnen Gruppen.

Es kann aber trotzdem für mich nicht angehen, dass es heutzutage wichtiger erscheint, ob man denn nun ein "böser Fleischesser" sei oder den "Good-Night-White-Pride"-Pullover nicht kraftstrotzend auf der Strasse zur Schau trägt, sondern mit selbigen heute halt dann lieber pennen geht.

Danke ganz besonders für diese Zitate:

"- Fällt es der Polizei hinsichtlich einer nötigen Legitimation nicht wesentlich schwerer, eine oberflächlich als "bürgerlich" einstufbare Menschenmenge abzuräumen und ist von daher der Widerstand einer solchen Gruppe vielleicht sogar effizienter (weniger Repression, nachhaltigere Blockade) als der von schwarz vermummten Linksradikalen?"

Genau in diese, für mich richtige Richtung gehen hoffentlich nicht nur meine Gedanken.

"- Nur weil die Leute einen anderen Kleidungsstil haben, ein anderes Alter, eine andere Sprache oder eine andere Aktionsform sind sie nicht weniger radikal. Denn radikal kommt von "Wurzel", nicht von Militanz oder Gewalt, leider immer wieder ein dickes Missverständnis. Schauen wir uns die Leute, die unserer Meinung nach "bürgerlich" sind mal bitte genauer an und wir werden sehen, dass es dort sehr viele Menschen gibt, die radikale Ziele verfolgen"

Danke auch für dieses Statement, richtig, radikal kommt von "Wurzel" und hat für mich somit mit Militanz erstmal rein gar nichts zu tun. Auf die gemeinsamen Wurzeln kommt es schliesslich und letztendlich doch an.

Ist es nicht mehr als diskriminierend Leute (die sogar auch noch in den ehemals und vermeintlich eigenen Reihen blockieren) aufgrund ihrer Kleidungsstile ect. einfach abzustempeln ? Wäre ich nun genauso empfindlich wie es die heutige "linksradikale" Jugend zu sein scheint, könnte ich sicherlich sogar etwas "rassistisches" an solchen
Äusserungen finden ;-)) Menschen nämlich nur aufgrund von Äusserlichkeiten zu diskriminieren sollte man evtl. noch einmal für sich ganz genau überdenken. Da beisst die Maus keinen Faden ab.

Aber stimmt schon, hier sollte sicher nicht der Platz für solch eine für mich sehr wichtige Diskussion sein. Sonst wird man auch nicht den von euch so beklagten "bürgerlichen Rassismus" bekämpfen können. Man wirkt einfach tatsächlich am Ende auch für die eigenen Reihen irgendwann einfach nur noch unsympathisch und dazu abschreckend.

Unter der vielgepriesenen Solidarität verstehe ich und sicher andere heute etwas gemässigtere aber genauso entschlossene Linke etwas völlig anderes. Statdessen sehe ich mich heute mit einer schlecht organisierten Antifa, ständigen internen Streitereien ect. konfrontiert. Das macht einfach nur mürbe im Kampf.

Aus meiner Perspektive eine sehr traurige Entwicklung, von der Spaltung antideutsch/nicht antideutsch mal ganz abgesehen.

So wird das meines Erachtens nix. Denn eigentlich haben doch wir alle gemeinsam EIN Ziel welches bei diesen müssigen Diskussionen leider völlig unterzugehen scheint.

Solidarische Grüße also auch aus dem wohl "bürgerlichen" Lager ;))

Ps: und ja, leider waren viele der Bilder mehr als kontraproduktiv. Einige Stimmen aus dem Ausland verglichen so z.B. Bilder von auf Nazi-Rentnern einprügelnden Jugendlichen sogar mit der "neuen Hitlerjugend". Diesmal halt nur nicht in braun sondern schwarz unterwegs und halt diesmal auf der anderen, besseren Seite stehend. Klasse !!! Kann es eigentlich in diesem Land nur angehen, sich zu formieren indem man sich die anscheinend immer noch benötigte Uniform und ein irgendwie brachiales Macker-Gehabe überstülpt ?!?

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Zeige die folgenden 9 Kommentare an

jap — so siehts aus

@Evey Hammond / Top Artikel — Thorten Schneidar

@ABER — moinsen

@moinsen — Anarchist

Sonst alles klar???? — Tom Cruise

Hm, jaja — Poser

sorry — yuhu

Nu ma hösch — Pöh