Anti-Islam-Kongress in Köln verhindert

Anarchistische Gruppe [:ag] Freiburg 23.09.2008 19:57 Themen: Antifa Antirassismus

Vom 19. - 21. September 2008 wollte sich die faschistische Bürgerbewegung „Pro Köln“ in Köln und Leverkusen zum „Anti-Islamisierungskongress“ treffen. Eingeladen waren viele Rechtsextreme aus ganz Europa, unter anderem Jean-Marie Le Pen von der „Front National“ (FN) aus Frankreich und Heinz-Christian Strache von der FPÖ aus Österreich. Beide sagten jedoch kurz vor dem Kongress ihre Teilnahme ab.


Bereits im Vorfeld des Kongresses gab es zahlreiche Gegenaktionen, Info- und Mobilisierungsveranstaltungen in fast allen Bundesländern. Zu den Großblockaden am 20. September riefen der Antifa AK Köln, das Bündnis gegen „pro Köln“, die Interventionistische Linke und das Ums Ganze-Bündnis auf.

Am Freitag, den 19. September, ging es mit Protesten los: Eine von „Pro Köln“ geplante Pressekonferenz konnte nicht wie geplant stattfinden, da der angemietete Rheindampfer „Moby Dick“ mehrmals von AntifaschistInnen angegriffen und teilweise entglast worden ist. Das Schiff irrte etwa fünf Stunden auf dem Rhein entlang, bis eine Anlegestelle gefunden wurde, die nicht von AntifaschistInnen besetzt gewesen ist…


Fight The Game!

Am selben Abend demonstrierten etwa 2.000 AntifaschistInnen unter dem Motto „Fight The Game! Rassismus, Islamismus, Nationalismus und Kapitalismus bekämpfen!” in der Kölner Innenstadt. Die überforderte Polizei provozierte die Demo mehrmals und versuchte sie anzugreifen, wurde aber von den DemoteilnehmerInnen zurückgewiesen. Danach wurden Farbbeutel auf die Polzei geworfen und die Ausländerbehörde massiv angegriffen.

Am Ende der Demo wurde versucht, den Heumarkt - den geplanten Kundgebungsort von „Pro Köln“ -zu besetzen, was einzig am brutalen Durchgreifen der Polizei scheiterte. Nach dem Auflösen der Demo gab es eine spontane Nachdemo in der Kölner Innenstadt. Eine Menge Schaufensterscheiben und Autos wurden entglast, etwa 100 AntifaschistInnen wurden eingekesselt.


Rechtspopulismus stoppen!

Am nächsten Morgen befanden sich zehntausende AntifaschistInnen in der ganzen Innenstadt, schon nach etwa 20 Minuten waren alle Zufahrtswege zum Heumarkt blockiert. Für „Pro Köln“-Mitglieder, Geschäftsleute und JournalistInnen war kein Durchkommen mehr möglich.

Bereits am frühen Morgen war zwischen Troisdorf und Köln eine Signalanlage der Deutschen Bahn in Brand gesetzt worden. Der ÖPNV kam größtenteils zum Erliegen.


Kreativer Barrikadenbau

In der Nähe des Maritim-Hotels wurden die großzügig aufgestellten „Hamburger Gitter“ der Polizei von AntifaschistInnen durchbrochen. Nach ein paar Böllern wurden die Polizeieinheiten durch Pferde- und Hundestaffeln verstärkt. Die nun herumstehenden Absperrgitter wurden von AktivistInnen zum Barrikadenbau verwendet. Das USK musste wegrennen.

Immer wieder versuchten „Pro Köln“- und Neonazi-Kleingruppen durch die Blockaden zu sickern, wurden jedoch schnell enttarnt, teilweise massiv angegriffen und von AntifaschistInnen des Platzes verwiesen. Am Rheinufer brannten inzwischen schon die ersten Müllcontainer, Wasserwerfer und Räumpanzer wurden an der Blockade platziert.


USK wird zurückgedrängt

Noch während die „Pro-Köln“- Führung am Köln-Bonner Flughafen festsaß, eröffnete „Pro Köln“-Chef Manfred Rouhs vor lediglich etwa 40 Nazis die Kundgebung auf dem Heumarkt. Zur selben Zeit wurden in der gesamten Innenstadt Barrikaden errichtet und angezündet, die Feuerwehr war im Dauereinsatz.

Gegen 12:35 Uhr sah die Polizei die „Sicherheit der Kölner BürgerInnen und friedlichen DemonstrantInnen“ nicht mehr gewährleistet und verbot kurzerhand den Anti-Islamisierungs-Kongress. Dem italienischen Naziterroristen Mario Borghezio von der Lega Nord wurde mitten in seiner Rede das Mikrofon abgestellt. Die festgesetzten Nazis hielten gegen 14 Uhr eine Kundgebung im Keller eines Flughafen-Terminals ab und traten danach frustriert den Heimweg an.


SEK-Einsatz am Rheinufer

Am Rheinufer wurde gegen Mittag ein Spezialeinsatzkommando (SEK) eingesetzt. In der Rheingasse kesselte das SEK mehrere AntifaschistInnen ein. Eine gefesselte Person lag verletzt und regungslos am Boden. Dem jungen Mann wurde von den PolizistInnen eine schwarze Mütze über den Kopf gezogen, so dass er nur unter Schwierigkeiten atmen konnte. Ihm wurde die Hilfe von SanitäterInnen und AnwältInnen verweigert.


Always carry a bible!

Zur Feier des Erfolges starteten mehrere antifaschistische Demonstrationen, welche aber massiv von der Polizei angegriffen und größtenteils eingekesselt wurden. Dabei wurden DemonstrantInnen herumgestoßen, geschlagen und getreten, mehrere wurden leicht verletzt. Die Kessel dauerten bis in die späten Abendstunden, insgesamt wurden etwa 500 AntifaschistInnen in die Gefangenensammelstelle in Brühl abtransportiert.


Wenn's wieder emol „schäpperet“

Résumé des Wochenendes: Der groß angekündigte „Anti-Islamisierungs-Kongress“ konnte durch antifaschistischen Protest verhindert werden. Neonazis und Mitglieder von „Pro-Köln“ wurden in ihre Schranken gewiesen, und auch bayerische Spezialeinheiten mussten ordentlich was wegstecken. In Köln agierte die linksradikale Bewegung gemeinsam und entschlossen. Der radikale Diskurs, FaschistInnen offensiv aus der Gesellschaft auszugrenzen, hat sich in Köln durchgesetzt.

¡No pasaran!

Anarchistische Gruppe [:ag] Freiburg

Wir haben für unseren Artikel u.a. Bilder von Black Red Press und der dpa verwendet.

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Ergänzungen

pressespiegel

antifa-blogger 23.09.2008 - 21:48
einen vorläufigen pressespiegel findet Ihr u.a. auf  http://antifa-aktionen.blogspot.com/2008/09/rassistinnenkongress-in-kln-verhindert_22.html .

stay tuned - keep on rockin´!

Massenverhaftungen und Käfighaltung

syndiCat 23.09.2008 - 22:40
Wenig beachtet und bislang leider nur Thema in der bürgerlichen Presse sind die unerträglichen Bedingungen, unter denen die Verhafteten in Brühl eingepfercht wurden. Siehe z.B.  http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,579994,00.html

BFE oder SEK?

fAntomias 23.09.2008 - 23:56
Sind die oben gezeigen Polizeieinheiten aus der Rheingasse denn tatsächlich das SEK? Woran erkennt man das? SEK Einsätze auf Demos gab es doch schon sehr lange nicht mehr, oder?
Bitte klärt mich auf!

@fAntomias

BamBam 24.09.2008 - 00:20
Ja, das sind in der Tat SEK-Einheiten.
Zu dem Thema gab es unter vielen anderen Artikeln zu Köln Ergänzungen, es kann 100%ig ausgeschlossen werden, dass es sich bei der Einheit um BFE oder USK gehandelt hat, die oben genannte SEK-Einheit machte durch die menschenunwürdige Festnahme, ihr sehr einschüchterndes Auftreten, die ständige Vermummung, die grauen Transporter (Kölner und Düsseldorfer Nummernschilder) mit denen sie unterwegs waren und die ca. 1,50m langen Holzstäbe auf sich aufmerksam.

Sie trugen z.T. kein Länderwappen, nur manche waren mit einem NRW-Wappen ausgestattet. Nun ist es aber so, dass NRW keine eigene BFE-Einheiten hat, die Aufgaben der BFE übernehmen die normalen BePos.

Immer wieder wird das SEK auf Demonstrationen eingesetzt, aber nicht so häufig wie z.B. das BFE.
Such doch einfach mal bei Google nach "SEK-Einsatz auf Demonstration", da wirst du schon fündig.






SEK nicht nur Köln... aber schon ne Weile her

Ostler 24.09.2008 - 05:54
Jetzt lese ich hier schon einige Tage immer wieder die Beschreibungen über das SEK, aber erst jetzt hats Klick gemacht. Das SEK habe ich zuletzt am 1. September 2001 in Leipzig - anlässlich des ersten Worchaufmarschs nach 1998 - live in Aktion erlebt und zwar genau wie hier beschrieben. Mit überlangen Holzlatten ausgerüstet und in zivilen Transportern ohne Fenster unterwegs. Die waren schon tagsüber eifrig unterwegs und am rumprügeln, aber der Hammer kam für mich damals erst am späten Abend. Wir waren unterwegs um zu schauen was in Leipzig partymäßig noch geht, und warteten gerade zu viert vor einer Sparkasse auf jemanden der Geld abgeholt hatte, als erst ein uraltes Polizeiauto um die Ecke bog, über das wir uns lustig gemacht hatten (offensichtlich war das eine Art Köder) und obwohl wir keinerlei Anstalten machten, das Auto anzugreifen oder sonstwie Randale zu machen, sprangen aus den folgenden 3-4 verschiedenfarbigen unscheinbaren Transportern plötztlich lauter vermummte SEKler mit eben diesen Holzlatten in der Hand und haben einen Kreis um uns gebildet und deutliche Gesten mit ihren Stöcken gemacht. Dann kam ein alter Normalobulle aus dem alten Polizeiauto und spielte den guten Polizeionktel der uns ein Knopf an die Backe labern wollte, von wegen wo wir herkämen, und ob wir heute noch Spaß haben wollen (mit breitem Grinsen im Gesicht und auf die SEKler deutend), und irgendwann hatte er genug gelabert und ist wieder eingestiegen, und die SEKler haben sich auch wieder verzogen. War klar ne billige Einschüchteraktion, aber ich war noch ziemlich jung damals und kam mir vor wie in einem dieser Sci-Fi-Filme mit totalitärem Regime vor, und war ziemlich beeindruckt gewesen. Auf jeden Fall ist es also prinzipiell möglich, dass SEK bei solchen Sachen eingesetzt wird, und auch mit langen Holzstäben unterwegs ist.

Tjaja, das war noch Zeiten und ich hab die Anfänge der Antideutschen noch vorm 11. September live mitbekommen, die warn damals eigentlich schon sehr seltsam, hat aber noch ein paar Jahre gedauert bis ich das auch geschnallt hatte, als junger Mensch lässt man sich erstmal viel einreden:
 http://de.indymedia.org/2001/09/7113.shtml
 http://de.indymedia.org/2001/09/7138.shtml

SEK oder normale Prügelbullen?

2b|!2b 24.09.2008 - 10:55
Nach meiner Einschätzung handelt es sich um Einsatzabteilungen der Bundespolizei, ehemals Bundesgrenzschutz genannt. Einsatzanzüge und Helme der Bullen von der Bupo sind schwarz.
Die taktischen Symbole (farbige Dreiecke, Kreise etc.) waren so schon bei Einsatzabteilungen der Bundesbullen in Rostock/Heiligendamm 2007 zu sehen.

Das extrem martialische Auftreten ist teil ihrer psychologischen "Kriegsführung" und soll gerade den Mythos SEK implizieren.

Die beobachtete Bewaffnung der Robocops mit langen Schlagstöcken deutet darauf hin, daß sie nicht wie die BSE mit ihren Tonfa in den engen Infight bei Abgreifaktionen in einer Menschenmenge gehen sollten, sondern das ihre Aufgabe in der gewaltsamen Auflösung von Menschenansammlungen bestand.

Die Geschichte vom Einsatz der hochspezialisierten Sondereinsatzkommandos der Länderbullen oder des GSG9 der Bundesbullen als "normale" Prügeltruppe auf der Straße ist genauso absurd, wie die Geschichte vom Einsatz des Kommando Spezialkräfte der Bundeswehr (quasi die GSG9 der Bundeswehrmacht) zur Bewachung von
Gefangenen in afghanischen Gefängnissen.

Lasst euch also keine Angst einjagen. Die schwarze Prügeltruppe besteht nicht aus mystisch überhöhten und unbesiegbaren SEK'lern, sondern aus ganz "normalen" Bullen. Nicht mehr und nicht weniger.

Verletzungen / Trauma

Sanis 24.09.2008 - 11:05
Wer während der Aktionen physisch verletzt wurde oder traumatische Erfahrungen gemacht hat und Hilfe braucht, meldet euch bitte mit dem Vermerkt "Sanis" und / oder "Trauma" an den EA.

Die Art der Verletzungen (nur (!) die Art der Verletzung, keine weiteren Angaben) können auch getrennt von persönlichen Angaben (!) an den EA Köln oder  koeln@demosanitaeter.de (ist nicht verschlüsselt!) mitgeteilt werden.

Mit einer anonymen Statistik (nur die Verletztenzahlen) kann Presse und Prozessarbeit gemacht werden.

Angaben, wie Gedächnisprotokolle am besten geschrieben werden findet ihr unter

 http://september.web-republic.de/ea/?p=57
www.ea-koeln.de

Bildquelle

ergänzt 24.09.2008 - 13:28
Wir haben für unseren Artikel u.a. Bilder von Black Red Press und der dpa verwendet.

...und von http://flickr.com/photos/iguerilla/.

richtigstellungen

bla bla 24.09.2008 - 15:23
"Am selben Abend demonstrierten etwa 2.000 AntifaschistInnen unter dem Motto „Fight The Game! Rassismus, Islamismus, Nationalismus und Kapitalismus bekämpfen!” in der Kölner Innenstadt. Die überforderte Polizei provozierte die Demo mehrmals und versuchte sie anzugreifen, wurde aber von den DemoteilnehmerInnen zurückgewiesen." (aus dem artikel)
mit verlaub, aber das ist schwachsinn. ich lief die ganze zeit im vorderen drittel der demo mit, und nach meiner einschätzung - und der mehrerer genossInnen - hat sich die polizei extrem zurückgehalten. klar, es gab ein spalier, was wie immer scheiße ist, aber ansonsten konnten wir auf einer demo endlich mal wieder so schalten und walten, wie WIR wollten: verknotete, überlange seitentranspis, vermummung, "fahnenstöcke" zur selbstverteidigung usw. usf. NICHTS davon wäre bspw. in berlin, hamburg oder münchen heutzutage noch möglich bzw. würde viel durchsetzungsvermögen unsererseits erfordern. viel schlimmer als die bullen fand ich an diesem abend die unsäglichen parolen einiger antideutscher, bei denen einem als emanzipatorischen menschen eigentlich nur noch die haare zu berge stehen konnten.
wegen der SEK-debatte: das outfit lässt entweder vermuten, dass es diese herrschaften nicht mehr geschafft haben, ihre overalls drüberzuziehen, das passiert in der eile hin und wieder mal, oder dass es sich um MEK (=Mobiles EinsatzKommando) handelte. das SEK ist für großlagen (wie demos etc. im polizeijargon heißen) weder ausgebildet noch ausgerüstet, die MEKs - die in der polizeihierarchie quasi über den BFEs, aber unter dem SEK stehen - hingegen schon. also nur nicht zuviel paranoia ;-)

@bla bla

Antonia 24.09.2008 - 16:24
Das SEK ist sehr wohl auch für Demonstrationen / Aufstandsbekämpung ausgebildet.

Auszug Wikipedia ( http://de.wikipedia.org/wiki/Spezialeinsatzkommando):
"Zum Aufgabengebiet gehören weiterhin Personen- und Zeugenschutz-Maßnahmen. Früher wurden SEKs auch bei besonders gewalttätig verlaufenden Demonstrationen eingesetzt".

Laut einigen Berichten (googlen ;-) ) wird das SEK tatsächlich hin und wieder auf Demos eingesetzt.

Und wie schon vorher geschrieben wurde:
"Sie trugen z.T. kein Länderwappen, nur manche waren mit einem NRW-Wappen ausgestattet. Nun ist es aber so, dass NRW KEINE eigene BFE-Einheiten hat, die Aufgaben der BFE übernehmen die normalen BePos."

Auch wenn es schwer vorstellbar ist: es wurde tatsächlich ein SEK in Köln gegen DemonstrantInnen eingesetzt.

Le Pen

KölnerIn 25.09.2008 - 02:55
Jean Marie Le Pen hat nicht kurz vor dem "Kongress" abgesagt - er hatte nie zugesagt und sich auf Presseanfragen scharf von "pro Köln" distanziert. Er war, vie so viele Ankündigungen im Vorfeld des "Kongresses", nur ein Luftschloss von "pro Köln".

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kritik — klaus peter

kritik der kritik — Peter Klaus

dito — egal

Glückwunsch — AuxburgsAlbtraum