Versammlungsrecht in München: 110 Tagessätze

Versammlungsleiter in München 26.05.2008 22:32 Themen: Antirassismus Repression
Versammlungsrecht in München ?!? Die bayrische Staatsregierung plant das Versammlungsgesetz noch dieses Jahr zu verschärfen, doch schon seit längerem werden Versammlungsleiter und Anmelder von Kundgebungen und Demos mit massiven Repressionen konfrontiert.
So soll in München ein Antirassist zu 110 Tagessätzen verurteilt werden, weil der Auflagenbescheid bei der Kundgebung angeblich fehlte und die Auflagen nicht durchgegeben wurden.
Versammlungsrecht ?!

Antirassist soll zu 110 Tagessätzen verurteilt werden, weil der Auflagenbescheid bei der Kundgebung angeblich fehlte
und die Auflagen nicht durchgegeben wurden.
Prozessfortführung:
Dienstag, 3.06.2008, 16:30h Sitzungssaal A224/II
Justizgebäude Nymphenburgerstr. 16 München
U1 Stiglmaierplatz

Am 8.08.2007 und 9.08.2007 fand im Münchener Süden vor einem Abschiebelager eine Kundgebung gegen Abschiebungen nach Nigeria statt. Vor dem Lagerzaun patroullierten Polizeihundeführer mit ihren Kampfhunden. Direkt vor dem Lager parkten diverse Polizei-und Staatsschutzfahrzeuge. Der Kundgebungsgruppe, die aus ca. 10 Leuten bestand, stand auf der anderen Strassenseite ein riesiges Polzeiaufgebot gegenüber. Am ersten Tag wurde der Kundgebungsteilnehmer R. bereits wikürlich auf Anweisung eines Einsatzleiters festgenommen. Der anwesende Staatsschutz schaltete sich ein und musste (vermutlich auf Weisung des Innenministeriums) aufgrund einer Entscheidung des OLG Celle, -dass das Zurufen zu Flüchtlingen nichts zu unterschreiben keine Straftat sei, die Freilassung anordnen.
Am folgenden Tag, den 9.08. kam es wiederholt zu Repression durch das anwesende Polizeiaufgebot : Kundgebungsteilnehmer wurden bedrängt und in einem Reisebus angekarrte Flüchtlinge wurde gezwungen an Stacheldraht und Kampfhunden vorbei in das Abschiebezentrum zur Botschaftsvorführung zu gehen.
Ende Januar erhielt der Versammlungsleiter vom 9.08.2008 , R. , einen
Strafbefehl über 110 Tagessätze:
Ihm wird vorgeworfen:
1. Die Auflagen nicht mitgeführt zu haben
2. Die Auflagen nicht verkündet zu haben
Gegen den Strafbefehl wurde Einspruch eingelegt. Im ersten Verhandlungstermin am 15.05.2008. kommt es zu keinem Ergebnis. Der Zeuge, Polizeihauptkomissar Dietz,
dichtet während seiner Aussage um Gedächtnislücken.
Nach einem Rechtsgespräch zwischen Richterin, Staatsanwältin und Verteidiger (Die Verteidigung beantragte Freispruch) wurde die Verhandlung unter Einladung von weiteren Zeugen auf den 3.06.2008 vertagt.
Dieser Prozess, von der Süddeutschen Zeitung treffend als "Grüsse aus Absurdistan" (SZ, 16.5.08) beschrieben, reiht sich ein in die Serie von Angriffen der Staatsgewalt in Bayern auf Antirassismus, Antifaschismus und Antimilitarismus.
So werden engagierte Menschen während der Nato-Kriegskonferenz immer wieder ihrer Freiheit beraubt, zusammengeschlagen, mit Anzeigen bedroht und mit abstrusesten Konstruktionen vor Staatsanwaltschaften gezerrt.
Ebenso ergeht es Menschen die sich für Flüchtlinge einsetzen. Doch diesen kann es durch Abschiebungen noch schlimmer ergehen. Aus der konstruierten Straffälligkeit
resultierende Abschiebungen können auch bewusst tödlich enden.


Kämpfen wir gegen diese Zustände ! Lassen wir auf keinen Fall das neue Versammlungsgesetz der bayrischen Staatsregierung durch ! Für die Versammlungsfreiheit !
Wir demonstrieren wo und wann WIR wollen !
No Justice - No Peace !
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Ergänzungen

wichtig

Termin 27.05.2008 - 12:35
Diesen Samstag, 31.5., um 14 Uhr am Geschwister-Scholl-Platz (U3/6) in München
Grossdemo gegen das geplante neue Versammlungsgesetz in Bayern "Black is beautiful! Militanzverbot? Nix da!"

mehr Infos und Aufruf:
 http://versammlung.blogsport.de/
 http://www.myspace.com/ajmuenchen
 http://www.antifa-nt.de/

Mobilisierungsvideo:  http://de.youtube.com/watch?v=-XNN-cztnjA

Rein in den antikapitalistische Block !

Demonstrationen gehören den Demonstranten!

Kampagne 19.Mai 27.05.2008 - 12:36
In Karlsruhe findet am 2. Juni ein Prozess gegen den Anmelder einer bundesweiten Demo im Vorfeld des G8-Gipfels statt, nachdem er gegen den Strafbefehl in Höhe von 4800 Euro (160 Tagessätze)Widerspruch eingelegt hatte.

2. Juni Amtsgericht Karlsruhe, Schlossplatz 23:
9:00 Uhr Kundgebung
9:30 Uhr Prozess

mehr Infos:
 http://kampagne19mai.de
 http://infoladenludwigsburg.plentyfact.net/infoladen4/sections/dates/dates_show.php?id=1257

Siehe auch:

Chrissi 27.05.2008 - 14:34
Agit-Prop gegen bayrisches Versammlungsgesetz
 http://de.indymedia.org/2008/05/218389.shtml

Ergebnis : Freispruch in erster Instanz

Rasender Reporter 07.06.2008 - 01:14
Ergebnis:

FREISPRUCH !!!

(Da der Polizeizeuge Hauptkomissar widersprüchliche Angaben machte und der Kundgebungsanfang nicht ermittelt werden konnte, wurde der Angeklagte freigesprochen)

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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Kampfhunde?

Hoffmann 26.05.2008 - 22:54
Was sollen denn bitte Kampfhunde sein? Ich finde diese Einteilung in "gute" Hunde und "böse" Hunde sehr schwierig und würde vorschlagen sie nicht unbedingt zu übernehmen.
Dabei möchte ich jedoch nicht unterschlagen, dass es eine Sauerei ist was mit dem Versammlungsrecht in Bayern gerade gemacht wird (und evtl. und allen anderen noch droht).
Aber es heißt ja, dass Wahlen verboten wären, wenn sie etwas ändern würden. Vielleicht hat "irgendjemand" erkannt, das Versammlungen etwas verändern könnten...

Zeitungsartikel

._. 27.05.2008 - 00:57
Süddeutsche Zeitung, 16.05.2008
Grüße aus Absurdistan
Ein fehlender KVR-Bescheid und die Folgen
Der Bescheid einer Behörde ist ein bedeutungsvolles Dokument und stets mit der notwendigen Hochachtung zu behandeln. Wehe dem, der dies nicht tut. Roman S., 35 Jahre alt und Soziologiestudent, mangelt es offenbar an der notwendigen Achtung. Deshalb sitzt er nun auf der Anklagebank im Amtsgericht, und als ihm ein verschmitztes Lächeln auskommt ob der ganzen Situation, muss er sich sogleich von der Richterin anfahren lassen, „was es denn da zu lachen gibt“.

Roman S. ist angeklagt wegen eines Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz. Darüber wird gerade in Bayern heftig diskutiert, denn eine Gesetzesnovelle sieht eine Verschärfung desselben vor. Die soll sich vor allem gegen Neonazi-Umtriebe richten, Kritiker befürchten indes, dass hier unter dem Deckmäntelchen des Kampfes gegen Rechtsextremismus die Meinungs- und Versammlungsfreiheit weiter eingeschränkt werden soll.

Roman S. jedenfalls ist kein Neonazi, er engagiert sich für politisch Verfolgte. So auch am 9. August vorigen Jahres, als er in der Tischlerstraße in Fürstenried gegen die von den Behörden angeordnete Anhörung von nigerianischen Flüchtlingen protestierte. „Keine Abschiebung nach Nigeria“, hieß es auf einem Transparent der etwa zehnköpfigen Demonstrantenschar. Die Demo war ordnungsgemäß beim KVR angemeldet und mit Auflagen genehmigt worden. Eine Auflage verpflichtete Roman S., den KVR-Bescheid mit sich zu führen. Weil er dies offenbar nicht tat, wurde sogleich ein Verfahren gegen ihn eingeleitet, er bekam einen Strafbefehl über 110 Tagessätze zu je 15 Euro zugesandt.

Roman S. legte Einspruch ein, und so sitzen im Amtsgericht nun eine Richterin, eine Staatsanwältin, ein Verteidiger und eine Protokollführerin, um über seine „Straftat“ zu verhandeln. Verteidiger Hartmut Wächtler, der selbst einen Kommentar zum Versammlungsgesetz verfasst hat, kann über das Verfahren nur den Kopf schütteln. Zunächst einmal hält er die damals vom KVR erteilten Auflagen für „reine Schikanen“. Zum Beweis seiner These legt er ein Urteil des Verwaltungsgerichts vor, das erst Ende 2007 in seltener Eindeutigkeit solche Auflagen ad absurdum geführt hat. Es sei, so die VG-Richter, nicht ersichtlich, „inwieweit das Nichtmitführen des Bescheids“ zu einer „Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung“ führen könne.

Doch die Strafjustiz meint es ernst – Absurdistan lässt grüßen. Die Beteiligten ziehen sich zu einem „Rechtsgespräch“ hinter verschlossene Türen zurück, eine Einigung gibt es aber nicht. Anwalt Wächtler beharrt auf einem Freispruch, und so gibt es einen zweiten Termin im Juni. Dann soll auch ein Zeuge kommen, der das Verfahren vollends zur Posse machen könnte: Denn er soll besagten Bescheid damals bei sich getragen und der Polizei auch vorgelegt haben.

Alexander Krug

hunde

hund 27.05.2008 - 11:14
@Hoffmann

ein lebewesen höherer (von den menschen so definierten) intelligenzform wird von menschen als/zum werkzeug missbraucht und, entgegen seiner natur, zu einem lebensfeindlichen wesen ausgerichtet. kampfhunde sind wirklich keine liebenswürdigen lebewesen - doch hier ist eindeutig eine verantwortung beim halter zu suchen! meißtens jedoch sind die hunde der bullen nicht zum zubeißen, sondern einschüchtern da.

@hoffmann

halb-anarchist 27.05.2008 - 23:45
Genau richtig, ein weiterer Grund sich für die Verbrennung der Uniformierten einzusetzen - egal ob Hundehalter oder nicht.