Prozess gegen Hausbesetzer_innen in Hannover

Unterstüre_innen-Kreis Caracol 11.04.2008 17:13 Themen: Freiräume Repression Soziale Kämpfe
Am Mittwoch, den 9.4. fand vor dem Amtsgericht Hannover der Prozess gegen drei Personen statt denen vorgeworfen wird am in der Nacht von dem 1. auf den 2. September letzten Jahres ein Haus, Linden-Süd einen Stadtteil von Hannover, welches über zehn Jahre leer stand den „Hausfrieden“ gebrochen zu haben.
Was bisher geschah: Das Haus war vor etwa 12 Jahren schon mal besetzt und sollte als Soziales Zentrum dienen. Es war damals von der Stadt Hannover gemietet gewesen und stand aber leer und
wurde dann einige Monate lang „still besetzt“. Die stille Besetzung wurde dann in einem quasi schleichenden Prozess offen, dadurch erweiterten sich die Möglichkeiten der damaligen Besetzer_innen, es wurde mit Planungen für ein Soziales Zentrum, mit Wohnbereich, begonnen und diese zum Teil auch schon umgesetzt.
Die Stadt kündigte den Mietvertrag mit dem Besitzer, die Besetzer_innen traten mit ihren Plänen an den Besitzer heran, boten ihm an das Haus zu den gleichen Konditionen wie vorher die Stadt zu mieten. Der Besitzer lehnte ab, lies räumen und das Gebäude von eine Sicherheitsfirma „gegenbesetzen“. Die untere Etage wurde zugemauert die Tür mit einer weiteren Stahlgittertür gesichert.
Bis auf die ebenfalls von der „Sicherheitsfirma“ zerstörte Einrichtung (Türen, Sanitäranlagen, Heizung) gar nicht so schlechte Bedingungen für eine Besetzung dachten sich am 01.09 wohl eine Gruppe Aktivist_innen die die leer stehende Villa in der Hanomagstrasse in Linden-Süd (Hannover) erneut Besetzten.
Die Besetzung lief anfangs sehr ruhig ab. Pressemitteilungen und ein Kommunique der
Bewohner_innen wurden an die Presse verschickt sowie in der Nachbarschaft verteilt und im Haus
begannen erste Aufräumarbeiten.
Zeitgleich fand in Hannover ein politischer Rave statt, der dann spontan zu der Villa führte. Die DJs
bauten im Keller ihr Soundsystem auf und der Rave ging somit als „Einweihungsparty“ weiter.
Strom lieferte ein Generator.
Bis etwa 0.30 war die Stimmung gut und die Lage sehr entspannt. Dann tauchten allerdings 3
Einsatzfahrzeuge der Polizei auf.
Gegen zwei Uhr kam es zu einer Festnahme. Grund war, dass sich eine Person beschwert hatte von
einer Flasche getroffen worden zu sein, die ein Polizeibeamter über den Boden „kickte“. Die
festgenommene Person musste noch am selben Abend ambulant im Krankenhaus behandelt werden.
Nach der Festnahmeaktion zogen sich die die Einsatzkräfte etwas zurück, blieben allerdings vor
Ort. Die Party war damit beendet, die Gäste verließen den Ort des Geschehens. Die Besetzer_innen
legten sich erstmal schlafen.
Um 7.00 Uhr verschärfte sich die Lage erneut, da der Einsatzleiter nun die Kette vor der Eingangstür mit einem Bolzenschneider durchtrennte und zwei Beamte der Verfügungseinheit der
Polizeiinspektion Hannover Mitte versuchten mit einem Rammbock die Tür zu öffnen was sie nach etwa 25 Stößen schafften. Diese Einheit Stürmte darauf hin das Gebäude, mit den Informationen so ein Zeuge in dem Verfahren vom Mittwoch, die Villa sei von etwa 30 offenbar gewaltbereiten, eventuell bewaffneten Personen aus dem linksextremen Spektrum besetzt wurden. Was sie fanden so der Zeuge weiter, waren 7 Personen die im 1. Stock friedlich auf dem Boden saßen und auch bei der Festnahme keinen Widerstand leisteten.
Diese wurden danach auf ins Polizeigewahrsam verbracht wo sie alle erkennungsdienstlich behandelt wurden. Ein Gefangener der gegen seine Zellentür trat, wurde mehrere Stunden an seinem Bett fixiert. Gegen Mittag wurden sie alle aus dem Polizeigewahrsam wieder entlassen.

Monate später gab es dann zwei Verfahrenseröffnungen gegen zwei Personen, die noch unter 21 Jahren waren (hier stehen bis heute keine Termin für die Verhandlungen fest), zwei Einstellungen und 3 Strafbefehle über 600 (!) Euro. Seitens der Staatsanwaltschaft wurde dieses unterschiedliche Vorgehen mit unterschiedlichen „Vorbelastungen“ der einzelnen Beschuldigten begründet.
Gegen die Strafbefehle wurde selbstverständlich Einspruch eingelegt. Diese wurden am 9. September verhandelt.
Noch vor der Verhandlung gab es mehrere Auffälligkeiten. So waren für den Prozess zwei Justiz Angestellte abgestellt worden da „mit Tumulten gerechnet“ wurde. Und es gab vor dem Prozess eine Ansage das Richters das (sinngemäß) die Angeklagten doch ihren Einspruch zurück ziehen sollten er würde das alles was da kommt doch schon kennen und es wäre eine niedrig angesetzte Strafe und er müsse da härter verurteilen.
Dann in der Verhandlung das übrige Prozedere: Anklageschrift dreimal, Personalien dreimal und die Frage ob die Angeklagten sich äußern wollten. Es folgte der Versuch (von einem Angeklagten) eine Erklärung zu verlesen. Dieses wurde vom Richter sofort unterbunden mit den Worten: Hier wird gar nichts verlesen“. Worauf der Angeklagte begann frei zu „philosophieren“ ,so der Richter, was er natürlich auch nicht zuließ. Es folgte eine kurze Belehrung über „die seltsame Sprache im StGB“ die zum Teil noch von 18-Hundert-schlag-mich-tot stammte und dass man Gesetze ja nicht ständig ändern könnte... Auf weitere Möglichkeiten zur Sache Stellung zu nehmen wurde von allen Angeklagten verzichtet.
Als nächstes wurde der erste Zeuge aufgerufen. Ein Beamter der Einheit die das Haus stürmte. Er schilderte kurz seinen Tag und die Erlebnisse rund um und in der Villa, gab an Personen festgenommen zu haben sie einer andern Einheit übergeben zu haben usw. Auf die Frage ob eine der Anwesenden Personen dabei gewesen sei, war er sich nicht sicher.
Der nächste Zeuge war der erste Einsatzleiter (er wurde im Laufe des Einsatzes abgelöst), er gab an erst in dem Haus gewesen zu sein als die „Täter“ schon abtransportiert waren. Er konnte also auch keine Antwort auf die Frage geben, ob irgendwer der Anwesenden in dem Haus gewesen wär.
Der Dritte und letzte Zeuge war ein Kripobeamter, der die Anzeige bearbeitet hatte und somit auch keine Aussage dazu machen konnte ob die Leute jetzt in dem Haus waren oder nicht. Nach dem das klar war, stellte der Richter fest, dass er so nicht weiter kommen würde und das er einen weiteren Prozesstag mit weiteren Zeugen benötige. Eine Verfahrensweise die die Kosten für die Angeklagten im Falle einer Verurteilung deutlich nach oben treibt.
Fortsetzung folgt.
Creative Commons-Lizenzvertrag Dieser Inhalt ist unter einer
Creative Commons-Lizenz lizenziert.
Indymedia ist eine Veröffentlichungsplattform, auf der jede und jeder selbstverfasste Berichte publizieren kann. Eine Überprüfung der Inhalte und eine redaktionelle Bearbeitung der Beiträge finden nicht statt. Bei Anregungen und Fragen zu diesem Artikel wenden sie sich bitte direkt an die Verfasserin oder den Verfasser.
(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)

Ergänzungen