Rassistische Beleidigungen in Dorfmark

Atheistische Antifa (AA) 25.03.2008 09:03 Themen: Antifa Antirassismus
Eine internationale Jugendgruppe, zu der auch die Nichte des früheren südafrikanischen Präsidenten Nelson Mandela gehörte, ist am Karfreitag in Dorfmark vor dem "Deutschen Haus" bei Walsrode mit ausländerfeindlichen Sprüchen beschimpft worden. Die 72 Teilnehmer eines Workcamps an der KZ-Gedenkstätte Bergen-Belsen hatten gegen ein Treffen des rechtslastigen, deutschvölkischen Vereins "Bund für Gotterkenntnis" Ludendorff e.V. protestiert.
Proteste gegen rechte Philosophie und völkisches Gedankengut

Der Bund für Gotterkenntnis (Ludendorff) e.V. nennt sich eine Weltanschauungsgemeinschaft. Seine Aufgabe sei es, die Erkenntnisse von Mathilde Ludendorff zu pflegen und weltanschaulich suchenden Menschen zu übermitteln, heißt es auf deren Internetseite. Besonders bekannt wurde Ludendorff sie als eine der Vordenkerinnen der völkischen Bewegung. Ihre Philosophie entsprang demselben geistigen Nährboden wie der Nationalsozialismus, propagierte aber transzendente Elemente stärker als die damalige NSDAP. Während der Novemberrevolution engagierte sie sich gegen die Abspaltung einer bayerischen Räterepublik vom Deutschen Reich. In der völkischen Bewegung hatte sie durch General Erich Ludendorff, ihrem Mann auch mehrere persönliche Begegnungen mit Hitler. Mathilde Ludendorff veröffentlichte neben ihren philosophischen Werken (Hauptwerk "Triumph des Unsterblichkeitwillens") auch viele politische Schriften, Bücher und Aufsätze, überwiegend völkischen, gegen internationale Machtinteressen gerichteten Inhalts, geprägt von Verschwörungstheorien gegen Juden, Jesuiten und Freimaurer, von denen sie annahm, sie würden als "überstaatliche Mächte" zusammenarbeiten, um Deutschland und andere Länder ins Verderben zu treiben. Neuheidnische religiöse Vorstellungen spielen ebenfalls eine große Rolle im Denken von Mathilde Ludendorff. Grundlage der Gotteserkenntnis von Mathilde Ludendorff ist ihre Überzeugung, dass jeder Rasse sich die Erkenntnis Gottes auf eine jeweils besondere Weise offenbare. „Rassenvermischung“ führe zum Verlust dieser speziellen Gotteserkenntnis. Gegen solches Gedankengut wollten die Jugendlichen demonstrieren.


Spurensuche in Deutschland...

Bei einem Workcamp auf dem Gelände der KZ-Gedenkstätte Bergen-Belsen hatten sie sich auf Spurensuche begeben. Am vorletzten Tag ihres Deutschlandaufenthaltes aber waren sie dann nach Dorfmark gekommen. Bei der Demonstration gegen die Veranstaltung trafen die Jugendlichen jedoch nicht auf die Organisatoren der Veranstaltung, sondern auf einheimische Dorfmarker. Diese stellten sich vor die Tagungsteilnehmer und schleuderten den Demonstranten ihre ganze Wut und Verachtung entgegen. „Youth against racism“ skandierten sie, während sie sich klatschend und tanzend über die Dorfstraße bewegten. „Wir sprechen hier deutsch, wir sind hier in Deutschland“, wurden sie von ein paar Menschen angebrüllt. Einer davon zeigte Pumeza Mandela den Stinkefinger und rief: „Geh lieber arbeiten, Kanake.“ Die Polizei hatte zuvor acht Neonazis einen Platzverweis erteilt, die sich „Autonome Nationalisten“ nennen und von einem Informationsstand der örtlichen SPD angelockt worden waren, die ebenfalls gegen den Verein protestierte. Bevor der Informationsstand gegen 14.00 Uhr aufgebaut wurde, hatten sie sich die Neonazis an dem Ort eingefunden.


Die Polizei spricht von Unmutsäußerungen

Die Polizei stellte nach eigen Angaben die Personalien dieser 16 bis 22-Jährigen Männer fest, die aus dem Landkreis Soltau-Fallingbostel und der Region Hannover stammen sollen. Nach Polizeiangaben beteiligten sich insgesamt 130 Personen an der Kundgebung, die ein Aktionsbündnis angemeldet hatte. Die Polizei spricht von "Unmutsäußerungen gegen Demonstranten durch wenige Dorfmarker". Die Teilnehmer des Ludendorff-Treffens hatten auf Grund der Proteste ihre Tagungsgaststätte nicht verlassen. Ihren Unmut äußerte öffentlich auch Ingrid Koch, die Hotel-Managerin des „Deutschen Hauses“. „Für uns sind die gern gesehene Gäste“. Die hielten hier seit 1970 ihre Tagung ab und hätten mit Hitler und Fremdenfeindlichkeit nichts im Sinn. Der ganze Ort profitiere von der Ostertagung der 100 bis 120 Gäste, die Jahr für Jahr nach Dorfmark kämen. Die „Kanaken raus“-Rufe lehne man selbstverständlich ab. „Davon distanzieren wir uns. Wir sind ein internationales Hotel, bei uns ist jeder gern gesehen, egal, welcher Hautfarbe oder Nationalität.“


Dorfbewohner hätten sich an das Treffen gewöhnt

Der stellvertretende Bürgermeister Steffen Ahrens distanziert sich zwar stärker von den rechten Pöbeleien in seinem Dorf, ein braunes Nest sei Dorfmark allerdings nicht. „Das ist schon sehr schlimm“, sagte der Sozialdemokrat. Die Dorfmarker hätten sich an die Treffen des Vereins schlicht gewöhnt, sagte Ahrens weiter. Um sie aus ihrer Gleichgültigkeit herauszureißen, habe die SPD einen Infostand errichtet. „Da müssen wir einfach Stellung beziehen.“ Pumeza Mandela kehrte mittlerweile wieder nach Südafrika zurück. Die Eindrücke ihres Deutschlandaufenthalts seien durch den Dorfmark-Besuch deutlich eingetrübt, berichtete eine Tageszeitung. „Das hat mich schon entsetzt, das hätte ich nicht erwartet.“, soll die 34-Jährige vor ihrer Heimreise gesagt haben.
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Ergänzungen

Übergriff in Friedrichshain

Info 25.03.2008 - 09:24
Bereits am Freitag wurde im Berliner Stadtteil Friedrichshain ein zehnjähriges dunkelhäutiges Mädchen auf dem Heimweg von einem Mann zu Boden gestoßen und rassistisch beleidigt. Das Kind sei zwar nicht verletzt worden, habe aber einen Schock erlitten, teilte die Polizei mit. Der Angriff sei offenbar fremdenfeindlich motiviert gewesen. Der Täter habe das Mädchen unter anderem mit dem Wort «Neger» beschimpft. Der Staatsschutz habe die Ermittlungen aufgenommen.

Nachtrag

Fotograf 25.03.2008 - 09:29
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Info zu der Ludendorff

Infomat 25.03.2008 - 17:51

Ludendorffer, "autonome" Nazis und Widerstand

Heribert Deutschmann 29.03.2008 - 20:47

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