Rostock: Ring frei zur nächsten Runde ?

...doch soll hier ein kleiner Rückblick zu den letzten Geschehnissen folgen. Im Verlauf des 15. Januar stürmten gegen 19:15 Uhr mehrere vermummte Antifaschisten den „ECC“. Am Ende wurde ein Nazi verletzt, große Teile der Einrichtung wurden beschädigt, Farbe und große Mengen Buttersäure kamen zum Einsatz. Dies führte zur vorübergehenden Schließung des „ECC“. Der Inhaber de Vries hatte im Krankenhaus lautstark bemängelt, er werde nicht korrekt behandelt und bedrohte daraufhin angeblich das Krankenhauspersonal. Erst nach Eintreffen von Ordnungskräften hatte er sich wieder beruhigt, so die Polizei. Mehrere Neonaziseiten vermeldeten Thorsten de Vries sei schwer verletzt worden, er entstandene Sachschaden werde auf eine fünfstellige Summe geschätzt.

Viel Feind, viel Zank - viel Gestank

Ein Großaufgebot von Polizei und Feuerwehr sowie der Rostocker Oberstaatsanwalt waren im Einsatz. Nur Spezialkräfte der Feuerwehr konnten den Laden mit Atemschutzmasken und Schutzanzügen betreten, um die mit Buttersäure kontaminierten Gegenstände und nahezu sämtliche Kleidungsstücke zu bergen. Gegenstände, die einmal mit der Säure in Kontakt gekommen sind, werden den Geruch nach Erbrochenem und ranziger Butter praktisch nicht mehr los. Inwieweit die Geschäftsräume des „ECC“ weiter genutzt werden können, war daher derzeit nicht abschätzbar. Obwohl sich der Anschlag innerhalb des Ladens ereignete, waren entsprechende Gerüche auch in erheblicher Entfernung vom Ladenlokal deutlich wahrnehmbar.

NPD proklamiert versuchten Totschlag

Zur Begutachtung des Schadens fanden sich der NPD-Landtagsabgeordnete Birger Lüssow sowie dessen Mitarbeiter David Petereit vor Ort. Lüssow war vor einigen Wochen mit seinem Bürgerbüro in dasselbe Gebäude gezogen. Auch sie sprachen von einem schweren Anschlag und versuchtem Totschlag. Das Bür der NPD blieb allerdings von der Aktion verschont. Demonstrationen wie sie noch im vergangenen Jahr anlässlich der Ausschreitungen um die Eröffnungen des East Coast Corner gegeben hatte, seien nicht geplant hieß es dennoch in der Naziszene in Rostock.

Der Landtag meldet sich zu Wort

Nach Ansicht von Innenminister Lorenz Caffier (CDU) dürfe Gewalt in einem Rechtsstaat kein Mittel der Auseinandersetzung sein. Caffier zufolge gäbe es "vielfältige demokratisch legitimierte Mittel, dem Rechtsextremismus die Stirn zu bieten". Die mutmaßlichen Angreifer hätten allen, die sich in Vereinen, Verbänden und Parteien rechten Umtrieben entgegenstellten, "einen Bärendienst erwiesen", sagte der Minister. Auch der Vorsitzende des Innenausschusses im Landtag, Norbert Nieszery (SPD), sieht in der Tat eine Beschädigung des engagierten und gewaltfreien Kampfes gegen Rechts. In der Auseinandersetzung seien vielmehr Intelligenz, Beharrlichkeit und Argumente gefragt seien, sagte er. Ähnlich äußerte sich auch der innenpolitischer Sprecher der Linksfraktion im Landtag, Peter Ritter. Allein mit Argumenten verschwände neonazistisches Gedankengut aus den Parlamenten und den Köpfen der Menschen, sagte Ritter.

Wilde Spekulationen über die Täter

Zwischenzeitlich wird auf der von Neonazis betriebenen Internetseite altermedia.info über die Täter spekuliert: "Auch Matthias Brodkorb (SPD) und Betreiber der Internetseite Endstation-Rechts war kurz nach dem Überfall mit Photoapparat zur Stelle, was wohl kaum noch einen Zweifel daran lassen dürfte aus welcher Richtung der Überfall gekommen ist, und dass offenbar mehr als nur fünf Personen in der Organisation desselben involviert waren." Brodkorb hingegen wies die Behauptung entschieden zurück. Die Unterstellung, er oder andere Mitarbeiter von Endstation-Rechts die ebenfalls vor Ort waren, steckten hinter dieser Sache, sei wohl „für uns wie die wirklichen Täter gleichermaßen eine Beleidigung.“ Neuigkeiten über den Stand der Ermittlungen sind nicht bekannt geworden. An den Rollläden des Ladens wurden immer wieder Pressemitteilungen der NPD-Fraktion Mecklenburg Vorpommern ausgehängt, in der Personen namentlich genannt und mit den Anschlägen in Verbindung gebracht wurden.

Anderthalb Monate nun nach dem Anschlag auf den nationalen Szeneladen ist das Geschäft seit heute wieder geöffnet. Inzwischen sei der Laden wieder renoviert, lassen Neonazis im Internet verlauten. Das Geschäft habe trotz anfänglicher Schwierigkeiten wieder geöffnet. Ein Rückzug sei jedoch das vollkommen falsche Signal. Die Ladenbetreiber hätten schließlich von vornherein gewusst, dass es sich beim Standort in der Kröpeliner-Tor-Vorstadt um ein >>heißes Pflaster<< handeln würde, dieses sei man jedoch bereit auch weiterhin einzugehen.

Rostock: Verletzter Nazi nach Attacke auf Naziladen
 http://de.indymedia.org/2008/01/205098.shtml

Dossier-Proteste gegen Naziladen
 http://de.indymedia.org/2007/06/186149.shtml

Rostock Naziladen: Machtfrage gestellt?
 http://de.indymedia.org/2007/06/186094.shtml

HRO: Mehr als 100 Anwohner empfangen NPD
 http://de.indymedia.org/2007/06/186159.shtml

Rostock: Militante Aktion gegen Naziladen
 http://de.indymedia.org/2007/08/191256.shtml