Prozess gegen Marcus Winter vertagt

Besucher 18.01.2008 01:15 Themen: Antifa
Marcus Winter, nach wie vor führender Kopf der Nationalen Offensive Schaumburg (NOS), war vom Amtsgericht Stadthagen am 19. März 2007 wegen Volksverhetzung zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt worden. Ihm wurde vorgeworfen, Ende Januar 2007 in Lindhorst und anderen Orten einen Artikel auf die ehemalige NOS-Seite ins Internet gestellt zu haben, der Holocaust-Überlebende böswillig verächtlich machte. Die IV. Kleine Strafkammer des Landgerichts Bückeburg (Berufungskammer) hatte die Berufungen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten mit Urteil vom 16. Juli 2007 verworfen. Dieses Urteil hat das Oberlandesgericht Celle mit Beschluss vom 5. November 2007 wegen erheblicher Formfehler aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Indymedia-Links zur Vorgeschichte:

 http://de.indymedia.org/2007/03/171428.shtml
 http://de.indymedia.org/2007/07/188097.shtml
 http://de.indymedia.org/2007/11/200411.shtml
 http://de.indymedia.org/2007/08/192595.shtml
 http://de.indymedia.org/2007/10/196631.shtml

Vor der III. Strafkammer wiederholte sich am 17. Januar 2008 im Wesentlichen das Prozedere aus den beiden Vorinstanzen, nämlich die Datenauswertung der Polizeiinspektion Nienburg/Schaumburg sowie die Behauptung Winters, nur die formalen Voraussetzungen für den Auftritt der ehemaligen Internetseite der NOS geschaffen zu haben, Arwid Strelow und Jan Neumann seien hingegen die tatsächlichen Betreiber gewesen.

Jan Neumann, konfrontiert mit zwei eingeleiteten Ermittlungsverfahren wegen Falschaussagen zu Gunsten Winters, zog es dieses mal vor zu schweigen. Rechtsanwalt Böhmer wehrte sich vehement gegen die Einführung der protokollierten Einlassungen Neumanns aus dem ersten Berufungsverfahren als Beweismittel. Darüber wird die Kammer im Fortsetzungstermin noch zu entscheiden haben.

Arwid Strelow bekennt sich vor Gericht offen zur Nationalen Offensive Schaumburg

Auf Antrag Böhmers war zudem Arwid Strelow als weiterer Entlastungszeuge geladen und wurde in Handfesseln aus der JVA Hameln vorgeführt. Scheiße ging es ihm, entgegnete er Winter zur Begrüßung. Aussagen zu seiner vermeintlichen Tätigkeit als Betreiber der Internetseite verweigerte er. Verteidiger Böhmer verzichtete daraufhin auf eine Befragung seines Zeugen. Die Staatsanwaltschaft entlockte Strelow aber noch so einige Aussagen: Ja, er gehöre zur NOS, schon seit vielen Jahren. Wer in Schaumburg wohne, national denke und offensiv sei, könne sich dort auch organisieren. Es säße bereits im Kittchen und der Staatsanwalt wolle ihm offenbar mit jeder Frage weiter Scheiße anhängen:

Oberst als Nickname von Winter sei ihm nämlich nicht bekannt. Die Beweislage, insbesondere die umfangreiche ICQ-Auswertung, lässt wohl etwas anderes vermuten, so dass die offenkundige Falschaussage auf Antrag der Staatsanwaltschaft wörtlich protokolliert wurde. Ob zusätzlich das Internet-Forum Yooliety am nächsten Verhandlungstag eine Rolle spielen wird, wird abzuwarten sein. Winter hatte dort einen Account, wo er unter dem Namen Oberst ansprechbar war und zusätzlich Bilder von sich und seinem Kind eingestellt.

Strelow jedenfalls machte keine weiteren Aussagen, bestand aber auf Verdienstausfall. Die im Sitzungssaal anwesenden10 Neonazis, unter anderem Christian Meerkötter (Minden), Christian Menzer (Gütersloh) und Daniel Bake (Ahlen), verabschiedeten sich nicht von dem Ex-Aussteiger.

Die Strategie von Winter und Böhmer, die Schuld abzuwälzen ist fehlgeschlagen. Am kommenden Mittwoch, 23. Januar, sollen die ausgewerteten ICQ-Protokolle zum Abschluss der Beweisaufnahme auszugsweise verlesen und Winter um Stellungnahme gebeten werden. Von Seiten des Gerichts ist anschließend nur noch der Bewährungshelfer geladen.
Winter riskiert bei einer Verurteilung in diesem Berufungsverfahren erneut eine Haftstrafe von neun Monaten samt Widerruf der laufenden Bewährungen. Bei dem Vorstrafenregister mit fünf Verurteilungen und unzähligen Ermittlungen quer durch das Strafgesetzbuch ist ein weiteres Verfahren am Rande der Verhandlung bekannt geworden: Auf seinem beschlagnahmten Computer befand sich auch eine Datei von Mitschnitten von ihm geführter Telefongespräche mit dem Verfassungsschutz und Polizeibehörden.
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