Protest gegen Abschiebeknast Langenhagen

Red Star Hannover 08.12.2007 22:49 Themen: Antifa Antirassismus Repression
In Langenhagen bei Hannover haben am Sonnabend Hunderte Menschen gegen Abschiebung und die am Flughafen Hannover-Langenhagen betriebene Abschiebehaftanstalt demonstriert. Einen Polizeihund ließen die Beamten ohne Maulkorm auf die Demonstranten los - der Hundeführer hatte das Tier nicht mehr unter Kontrolle. Durch das gute, deeskalierende Verhalten der Demonstrationsteilnehmer wurde niemand verletzt.
Bereits um 11 Uhr versammelten sich die Demonstranten im Zentrum Langenhagens, im Norden von Hannover. Antifaschisten, Parteimitglieder der Linken und andere Abschiebe-Gegner starteten etwa 30 Minuten später lautstark ihre Demonstration. Die Polizei - zu diesem Zeitpunkt begleiteten mehrere Dutzend Beamte den Demonstrationszug durch die Innenstadt - verhielt sich anfangs ruhig.


Transparent der Antifa [RK] Wunstorf.

Kein Abfilmen und -fotografieren der Teilnehmer, keine Provokationen durch die Polizisten in Lederjacken, die teilweise Helme dabei hatten. In der Stadt reagierten die Bürger unterschiedlich auf die Protestaktion. "Nur junge Menschen hier", sagte eine ältere Dame, die offensichtlich Gefallen an der Demonstration fand. Andere flüchteten förmlich vor dem "schwarzen Mob".


Die Kamera immer angeschaltet und griffbereit.

Während der Demonstration wurden Beiträge über den Lautsprecherwagen verlesen und Musik gespielt. Doch meist waren Parolen wie "no border, no nation, stop deportation" und "Nazis morden, der Staat schiebt ab, das ist das gleiche Rassistenpack" zu hören.


Ein weiteres Transparent.

Gegen 12.15 Uhr erreichten die Protestler einen Zwischenstopp. Mit der S-Bahn fuhren sämtliche Menschen, die an der Aktion teilnahmen, und einige Ordnungshüter zum Flughafen, wie vom "Bündnis gegen Abschiebung Hannover" geplant. Bis zu diesem Zeitpunkt verlief die Demonstration friedlich.


Startpunkt der zweiten Demonstration zum Abschiebeknast.

Am Startpunkt der zweiten Demonstration angekommen, stießen blaugekleidete Bereitschaftspolizisten hinzu. Die Protestler sammelten sich um den Lautsprecherwagen, der direkt vor dem Flughafengebäude stand. Nun ging es Richtung Abschiebegefängnis. Lautstark wurden Autofahrer und Fußgänger auf die menschenverachtenden Umstände in den Abschiebegefängnissen und -lagern aufmerksam gemacht.


Cops auf Pferden warten auf die Demonstranten am Abschiebeknast.

Dutzende, teils vermummte Polizisten, mindestens vier Polizeipferde und zwei -hunde erwarteten die Demonstranten hinter provisorischen Absperrgittern vor dem Abschiebegefängnis.


Ein vermummter Polizist.

Durch das laute Bellen der Hunde, die zu diesem Zeitpunkt noch mit einem Maulkorb ausgestattet waren, wurde seitens der Polizei offenbar versucht, die Grußworte an die Gefangenen zu übertönen. Dies gelang jedoch nicht. In mehreren Sprachen wie beispielsweise Persisch und Französisch wurde den Insassen des Gefängnisses Mut gemacht und Unterstützung zugesagt. Es ging weiter an dem Gebäudekomplex vorbei, um auf die Hinterseite des Gefängnisses zu gelangen, wie in der Demonstrationsroute festgelegt worden war. Ein Polizei-Lautsprecherwagen war auch im Einsatz, wurde jedoch nicht genutzt.


Freies Feld um die Demonstranten.

Auf einer Straße zwischen dem Gitter des Gefängnisses und dem Absperrzaun der Landebahn des Flughafens ging es dann zu dem Platz auf der anderen Seite des Knastes. Polizisten und Einsatzfahrzeuge standen auf der Grünfläche neben dem Rollfeld - sie erwarteten anscheinend einen "Angriff" auf den Flughafen.


Das Fronttransparent.


Hier gab es Suppe für die Demonstranten.

Auf dem Platz an der Gefängnis-Hinterseite angekommen, wurden die Demonstranten mit warmer, veganer Suppe, Kaffe und Tee versorgt. Nachdem sich alle Protestler gestärkt hatten, wurden weitere Grüße an die Gefangenen übermittelt - vereinzelnt waren Insassen an den Fenstern zu sehen. Von der Polizei waren im Vorfeld Absperrgitter aufgebaut worden, obwohl direkt dort hinter die meherhohen Zäunde des Gefängnisses waren. Etwa 30 Beamte, teils blaue Bereitschaftspolizei, teils Cops in Lederjacken. Weitere Polizisten sicherten die Rollbahn.


Demonstranten rütteln am Absperrgitter.

Nun bewegten sich die Demonstranten zu dem Absperrgitter. Sie schrien Parolen und rüttelten an den Gitter-Elementen. Die Cops auf der anderen Seite sahen darin einen Grund, zu filmen. Daraufhin vermummten sich einige Antifaschisten, beziehungsweise drehten der Kamera den Rücken zu.


Die Bundespolizei ist auch dabei.

Als die Demonstration dann wieder zurück zum Flaughafen-Gebäude ging - es war der selbe Weg -, sprintete eine Gruppe von etwa 30 Menschen samt gelben Fronttransparent über einige Meter, sie mussten dann jedoch auf den Demonstrationszug warten. Es war sehr wenig Polizei, die die Protestler begleitete. Doch ein Polizei-Kameramann und ein -Fotograf filmten und knispten, portraitierten die Teilnehmer.

Mehrere Fronttransparent-Träger zeigten den Beamten daraufhin, was sie von ihnen halten. Da sehr wenige Polizisten anwesend waren, beließen es die Cops beim Filmen und Fotografieren und prügelten nicht auf die "Mittelfinger-Zeiger" ein. Wieder an der Gefängnis-Front angelangt, wurde die Demonstration wieder von Dutzenden Polizisten empfangen. Beamte griffen einen Fotografen heraus und nahmen seine Personalien auf. Offenbar hatten sie Angst, dass Bilder ihres unrechtmäßgen Handelns veröffentlicht werden könnten. Auch die Bundespolizei war an der "Sicherung" des Fluhafens und des Abschiebegefängnisses beteiligt.
Die Beamten mit den Hunden hatten ihre Tiere nicht unter Kontrolle. Sie konnten die Hunde kaum halten. Zum Spaß entfernte dann einer der Hundeführer seinem Tier den Maulkorb. Laut kläffend ging dieser dann auf die friedlichen Demonstranten los. Der Beamte lachte nur, war jedoch nicht in der Lage, den Hund zu halten und rutschte über das Gras. Durch das beherzte und couragierte Eingreifen einiger Protestler, die die anderen vor dem Hund schützten, indem sie sie zurückdrängten, gab es keine Verletzten. Dieser Spaß mit dem abgerichteten Tier hätte schwere Bisswunden hervorrufen können. Gefilmt wurde auch weiterhin.



Der Polizist lässt seinen Hund auf die Demonstranten los, kann ihn kaum halten.

Der Demosntrationzug wanderte anschließend zurück zum S-Bahnhof am Fluhafengebäude. Dort angekommen lösten die Organisatoren die Versammlung auf. Hunderte Protestler stiegen daraufhin in die S-Bahn ein, die Polizei - mittlerweile auf der Suche nach Menschen, die sich während der Demonstration vermummt hatten - hielt den Zug etwa 15 Minuten auf. In Hannover-Nordstadt sollte es noch eine Spontandemonstration geben.
Mit diesem Text rief das "Bündnis gegen Abschiebung Hannover", das eine Schließung aller Abschiebehaftanstalten und -lager fordert, zur Demonstration auf: "Seit sich am 8. Dezember 2000 der erst 17-jährige Arumugasamy Subramaniam im Abschiebegefängnis in Hannover-Langenhagen das Leben nahm, finden jährlich Demonstrationen gegen Abschiebungen und Abschiebehaft in Hannover und vor dem Gefängnis in Hannover-Langenhagen statt. In dem tragischen Suizid des Jugendlichen kommt die ganze Brutalität und Unmenschlichkeit der Abschiebemaschinerie zum Ausdruck. Die Abschiebeknäste bilden die Endstation einer rassistischen Politik gegenüber Flüchtlingen und MigrantInnen. Von 1993 bis Ende 2006 starben 351 Flüchtlinge durch staatliche Maßnahmen, davon nahmen sich 50 Menschen in Abschiebehaft das Leben. Wir nehmen seit dem Jahr 2000 den Todestag von Arumugasamy Subramaniam zum Anlass, um an all die Menschen zu erinnern, die durch die deutsche Abschiebemaschinerie umgebracht wurden."
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Ergänzungen

Pressemitteilung

[aah] 09.12.2007 - 20:07
300 Menschen bei der Demonstration gegen Abschiebung und deutsche Asylpolitik in Langenhagen bei Hannover und am Flughafen Hannover.

Etwa 300 Menschen demonstrierten am heutigen Samstag durch die Innenstadt von Langenhagen (bei Hannover), am Flughafen Hannover und vor dem Abschiebegefängnis, das sich auf dem Flughafengelände befindet. Die DemonstrantInnen wandten sich mit Parolen, Transparenten und Redebeiträgen gegen die deutsche Asylpolitik und für Bewegungsfreiheit und Bleiberecht. VeranstalterInnen bewerten die Demo als Erfolg. „Dem inhumanen Abschiebesystem so direkt gegenüber zu stehen wie am Flughafen ist eine Ohmachtserfahrung. Vor diesem Hintergrund bewerten wir die 300 TeilnehmerInnen als vollen Erfolg“ so Sonja Brünzels, Sprecherin des Bündnisses.

Hintergrund der Demonstration ist der Todestag des damals 17 jährigen Arugumasamy Subramaniam der sich im Jahr 2000 aus Angst vor der drohenden Abschiebung nach Sri Lanka im Abschiebegefängnis erhängt hatte. Neben der Angst vor den Bedingungen in ihrem so genannten Heimatland ist für viele Betroffene, die zum Teil bereits gefoltert wurden, die Situation der Haft besonders belastend.
Die Demonstration wandte sich in diesem Jahr nicht nur als Zeichen der Solidarität an Menschen, die unschuldig inhaftiert ihrer Abschiebung entgegensehen müssen. Eine zusätzliche Demonstration in der Langenhagener Innenstadt hatte das Ziel, Menschen vor Ort für die Situation der Häftlinge ganz in ihrer Nähe zu sensibilisieren.

Aufgerufen hatte das Bündnis gegen Abschiebung, dem neben flüchtlingssolidarischen Gruppen, dem Café Monopol aus Langenhagen, Gewerkschaftsgruppierungen und dem AStA der Universität Hannover, zahlreiche antifaschistische Gruppen angehören. Zur Demo führt Brünzels aus: „Wir wollen den Menschen, die im Gefängnis sitzen und einer unsicheren Zukunft entgegenblicken zeigen, dass sie nicht alleine sind. Draussen gibt es Menschen, die sich für sie einsetzen und ihr Schicksal nicht ignorieren.“

Im Vorfeld der Demonstration hatte das Bündnis mit der Plakatausstellung „Menschen ohne Papiere“ von Kein Mensch Ist Illegal Köln zum Thema Flucht, Migration und Antirassismus eine breite Öffentlichkeit für das Thema sensibilisiert. Die 80 Plakate waren unter anderem in der Universität oder im Pavillon zu sehen. Einzelne Plakate hingen in zahlreichen Kneipen und Jugendzentren. Die Ausstellung wurde von zahlreichen inhaltlichen Veranstaltungen begleitet.

Richtigstellung

Demoteilnehmer 09.12.2007 - 23:45
"Offenbar hatten sie Angst, dass Bilder ihres unrechtmäßgen Handelns veröffentlicht werden könnten."
Die Polizei hat sich zu keinem Zeitpunkt der Demonstration unrechtmäßig verhalten. Die Beamten verhielten sich ruhig, und das Filmen begann erst, als einige Demonstranten an den (ohnehin sinnlosen) Gittern rüttelten.
Wie "Demonstrant" schon schilderte, ist die Situation mit den Hunden beschönigend und faktisch falsch dargestellt. "Die Polizisten provozierten, indem sie ihre Hunde bellen ließen" ist Blödsinn; wenn Hunde sich bedroht fühlen bzw. Angst haben, bellen sie, je nachdem auch dressierte Polizeihunde. Die Situation auf dem Rückweg: Der Grund für die Nervosität der Hunde war der sich nähernde Lautsprecherwagen sowie die Gruppe von Demonstranten, die vor den Polizisten mit den Hunden stehenblieb. Ein Demonstrant begann dann, absichtlich die Hunde zu reizen, indem er vor ihnen herumhüpfte, klatschte und ihr Bellen imitierte, die anderen fielen mit ein. Dass die Hunde daraufhin an ihren Leinen zerrten, sollte keinen wundern. Einige Demoteilnehmer hielten ein Transparent zwischen die Gruppe und die Polizeihunde, so dass diese getrennt wurden, die Demonstranten weiterzogen und die Hunde sich beruhigen konnten.
Wenn Demonstranten den Anlass für die Demo "vergessen" und sich damit aufhalten, Polizeibeamte zu provozieren, ist das sinnlos und arm. Wenn sie aber, wie hier geschehen, auch noch Spaß an Tierquälerei haben, sollten sie sich überlegen, auf welcher Seite sie eigentlich stehen.

Dass solche Ereignisse auf einer "unabhängigen" Plattform wie indymedia später verdreht und schöngeredet werden, tut weh.

Kritik

Kritiker 10.12.2007 - 16:01
Ich war selten so schockiert nach einer Demo gegen einen Abschiebeknast. Nicht mehr als sonst wegen diesem bedrückenden Ort, aber dafür wegen dem Verhalten der Demonstrant_innen und dem Ablauf der Demonstration. Nachdem der Lauti immer wieder die Parolen für schundige, bezugslose Elektromusik unterbrach, kam die Demonstration, darunter Punks und schwarzgekleidete Menschen die sich feiernd ordentlich einen rein soffen, am Abschiebeknast an. Die gutgelaunten und sich Witze erzählende Demonstration zog dann um den Knast herrum wo sich die ersten beschwerten "am Arsch der Welt herum zulaufen". (Das dieser Ort am Arsch der Welt liegt hat natürlich keinen Sinn). Die Demo zog an Fenstern mit Inhaftierten vorbei, die heiter mit Winken gerüßt wurden, um dann am Platz an der Gefängnis-Hinterseite sich mitten vor den Fenstern zu "stärken" (warme vegane Suppe, Kaffe und Tee plus Kekse)als ob Mensch nicht mal 3 Stunden ohne auskommt. Es wurde lieber gemampft und sich fröhlich unterhalten als das die meisten "Demonstrierenden" die Flüchtlinge grüßten. Frisch gestärkt wurde noch einmal halbherzig am Abspergieter gerüttelt und dann ging es (nachdem einige sich bereits auf den Weg gemacht hatten) nahe zu tanzend und winkend zu schlechter aber happy Elekromusik wieder an den Fenstern zurück. Meinen Beobachtungen zu Folge waren die wenigsten Anwesenden vom Anblick oder vom Ort betroffen, die meisten waren Gut gelaunt und "happy", tja "Demo war halt cool". Ich möchte das nicht auf die gesamte Demonstration beziehen, aber es war der Eindruck der sich mir offenbarte. Einige der Anwesenden sollten sich überlegen warum sie auf solche Demonstrationen gehen. Ich persönlich bin jedesmal wieder schwer berührt und verzweifelt über meine Hilflosigkeit diesen Menschen nicht helfen zu können. Denn nachdem ihr alle nachhause geht, weiter feiert und lustig seid, beliben diese Menschen dort eingespert und warten auf ihre Abschiebung und auf den häufig damit verbundenen Tod.

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Zeige die folgenden 16 Kommentare an

@ rockt — 123

unkenntlich — machen

Einseitig! — Demonstrant

EIn paar Gedanken — zum Tag...

@ "Domonstrant" — Red Star Hannover

Ü — Valentin Chill

warum — acab

Frauen vergessen — emmagoldmann

@red star — hoplit

@ "emmagoldmann" — Red Star Hannover

@acab — Demoteilnehmer

Voll Zustimmung — @Kritiker