Vechta: NPD lautstark gestört

BGR Vechta/Diepholz 19.11.2007 00:33 Themen: Antifa
Mit viel Lärm, aber wenig Militanz wurde am Samstag die NPD-Kundgebung in Vechta gestört. Etwa 170 AntifaschistInnen nahmen von 10 bis 12 Uhr an der Gegenkundgebung des BündnisGegenRechts Vechta/Diepholz teil. Als die ca. 70 Nazis, darunter Christian Worch, Thomas "Steiner" Wulff und Dennis Bührig, eingegittert von Polizeiabsperrungen gegen 14 Uhr mit ihrer Wahlkampfveranstaltung begannen, hatten sich mindestens 300 AntifaschistInnen am Alten Markt (schräg gegenüber der NPD-Kundgebung) versammelt. Sie waren mehren Aufforderungen der Polizei, den Platz zu verlassen, nicht nachgekommen. Viele BürgerInnen der Stadt artikulierten lautstark ihren Protest, obwohl das Bündnis der örtlichen Partein, Kirchen und Verbände ("Bunt statt Braun") dazu aufgerufen hatte, die Stadt zu verlassen, wenn die Nazis eintreffen.
Schon ab 8 Uhr war einiges los in Vechta. Die Polizei hatte bereits den Europaplatz, also den Platz, auf dem die NPD ihre Kundgebung abhalten wollte, mit Tretgittern umzäunt und auch den Platz gegenüber, auf dem das BündnisGegenRechts Vechta/Diepholz die Gegenkundgebung veranstalten wollte, war zur Straße hin abgeriegelt. Zwischen den Absperrungen war die SchülerInnengruppe ContRa e.V. damit beschäftigt, mit Kreide Parolen wie "Vielfalt statt Einfalt", "Kreide gegen Rechts" oder "Stoppt Rassismus" auf die Straße zu malen.
Als die OrganisatorInnen der Gegenkundgebung eintrafen, kündigte die Polizei entgegen der im Koordinierungsgespräch getroffenen Absprachen an, den Platz nach der Kundgebung zu räumen. Es ist zwar nicht verwunderlich, dass die Polizei sich nicht an Absprachen hält, verwunderlich ist nur die Begründung. Die Ausgangslage hätte sich geändert, da Christian Worch sich als Redner für die NPD-Kundgebung angekündigt hätte. Soso.

Gegen 10.30 Uhr begann das BündnisGegenRechts mit seiner Veranstaltung. Zunächst wurde, passend zum Motto der Kundgebung ("Wenn so viele schweigen, müssen wir noch lauter schreien!") erläutert, warum es verantwortungslos, gefährlich und indiskutabel ist, Naziaktivitäten zu ignorieren. So erklärte sich dann auch, warum gerade für Vechta dieses Motto gewählt wurde. Das "Bunt statt Braun"-Bündnis hatte doch tatsächlich dazu aufgerufen, der NPD-Kundgebung fernzubleiben. (Ihr ursprünglicher Plan, Vechta für diesen Tag zu einer "Geisterstadt" werden zu lassen, misslang allerdings).
Des Weiteren ging das BündnisGegenRechts auf die Nazistrukturen vor Ort ein, besonders auf die NPD und HDJ (Heimattreue Deutsche Jugend). Mehrere Personen aus Vechta sind in beiden Organisationen aktiv.
Auch Markus Pohl, der NPD-Direktkandidat für Vechta, wurde als gewalttätiger und rassistischer Scheinriese enttarnt.
Und dann folgte ein Redebeitrag, der zunächst auf die Geschichte des Rechtsextremismus in der Bundesrepublik einging, Ursachen für rechtsextreme Einstellung benannte und schließlich Lösungsansätze formulierte.
Außerdem wurde die rassistische Asylpolitik Deutschlands und der EU scharf kritisiert und festgestellt, dass die Staatsangehörigkeit, die die Menschen auf einem Pass mit sich tragen, keinerlei Bedeutung haben sollte.
Passend zur anstehenden Landtagswahl wurde auch mit dem demokratischen Konsens gebrochen. Nicht nur die repräsentative Demokratie war dabei Objekt harter Kritik. Eine Idee für eine freiheitliche und emanzipatorische Gesellschaft wurde klar benannt: Anarchie!

Mit einem fröhlichen "Gekommen um zu bleiben" endete die Kundgebung und die Polizei formierte sich, um wie angekündigt den Platz zu räumen und die KundgebungsteilnehmerInnen in eine Seitengasse zu drängen. Als 2 Züge der Polizei Stellung bezogen, bildeten sich Ketten und die Leute ließen sich auch durch mehrere Aufforderungen nicht dazu bewegen, den Platz zu verlassen. Auch verschiedene Stadtratsabgeordnete und "ordentliche" BürgerInnen bemühten sich vergeblich, die Menschen zum Weggehen zu bewegen. Schlussendlich entstand eine Sitzblockade und nach 3 weiteren Aufforderungen gab die Polizei schließlich auf und ließ die Leute auf dem Platz.

Als die Nazis, die gemeinsam aus Georgsmarienhütte mit einem Bus angereist waren, schließlich schräg gegenüber durch eine kleine Gasse auf den Europaplatz geführt wurden, nutzten die GegendemontrantInnen alle Möglichkeiten, um die Parolen der Nazis zu übertönen. Trillerpfeifen, Megaphone, zu Trommeln umfunktionierte Mülltonnen und Kochtöpfe und Ratschen, sorgten dafür, dass kaum ein Wort der Nazis zu verstehen war. Nicht nur auf dem erkämpften Platz gegenüber der Nazis, sondern von allen Seiten waren nun Rufe wie "Halt’s Maul", "Nazis Raus" oder "Nie wieder Deutschland" zu hören. Unter einem Transparent mit der Aufschrift "Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen", das am Balkon eines Hotels angebracht war, begannen die Nazis ihre Kundgebung.

Es fiel schnell ins Auge, dass der Anmelder und Direktkandidat für Vechta, Markus Pohl, ebenso wie sein Bruder Matthias, nicht anwesend war. Christian von Velsen musste daher einspringen und übernahm die Versammlungsleitung und den ersten Redebeitrag. Weitere Redner waren Dennis Bührig (Kameradschaftsvertreter aus Celle), Christian Worch aus Hamburg und Thomas "Steiner" Wulff, der sich sichtlich über den lautstarken Protest aufregte. Der Ordnerdienst, bestehend aus Christian von Velsen (Georgsmarienhütte), Kai-Uwe Fischer (Osnabrück) und Manuel Wojczek (Wilhelmshaven) wurde von Manfred Börm geleitet. Die Osnabrück-Vechta-Clique wurde durch Nazis u.a. aus Verden (der Lauti wurde von der Heisenhodf-Bande gestellt), Bremen, Celle und Münster unterstützt.

Nach 2 Stunden war der Spuk endlich wieder vorbei und die Nazis zogen sich fahnenschwenkend und unter lauten Protestrufen zu ihrem Bus zurück. Dieser Bus wurde von der Firma Kettler aus Bad Rothenfelde gestellt, die, wie fragenden AnruferInnen mehrfach mitgeteilt wurde, kein Problem damit hat, die NPD zu fahren. So auch schon am 1. Mai nach Vechta und am 2. Juni nach Schwerin bzw. Lüneburg.

Kurz vor der Abreise der Nazis am Busparkplatz strömten noch viele AntifaschistInnen aus allen Richtungen zum Bus, um diese lautstark zu "verabschieden". Thomas Wulff entgegnete den Rufen mit der Aussage: "Auch ihr werdet bald Uniformen tragen". Was er damit genau meint, wollte er aber nicht ausführen. Das sei der Interpretation des/der LeserIn überlassen.

Um halb sechs streute das "Bunt statt Braun"-Bündnis schließlich braunes Packpapier aus, um es dann durch die Straßen zu fegen.

Der NPD-Wahlkampf wird sicher noch von vielen kreativen Gegenaktionen begleitet werden und vielleicht wird ja auch mal wieder eine Kundgebung oder ein Aufmarsch ganz verhindert.
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Ergänzungen

Das schreibt die OV

Wurst 19.11.2007 - 01:15
Oldenburgische Volkszeitung vom 19.11.2007

Vechta ist bunt und wird nie braun

Vechta - Die Glocken von St. Georg läuteten zur vollen Stunde auffällig lange, Gegendemonstranten klapperten mit braunen Mülltonnen und aus 300 Kehlen schallte es „Nazis raus“ und „Haut ab“ über den Europaplatz. Die ersten Redner der NPD-Wahlkampfveranstaltung am Samstag waren kaum zu verstehen. Und auch das Aufdrehen der Mikrofone half wenig. Vechta zeigte die kalte Schulter, Einheimische waren ohnehin kaum da. Dafür umso mehr Polizisten. Über 450 Beamte waren im Einsatz, um 70 Neonazis und Gegendemonstranten, zum Teil aus der linksautonomen Szene, auf Sicherheitsabstand zu halten.
Die Neonazis reisten gegen 13.45 Uhr per Bus und Nordwestbahn von einer morgendlichen Wahlkampfveranstaltung in Georgsmarienhütte an. Wie an der Schnur gezogen rollten sie ihre Fahnen und Banner aus und verfolgten schweigend die langatmigen Reden ihrer Anführer. Der Vechtaer Neonazi Christian Fischer ergriff nicht das Wort, der angebliche NPD-Kandidat für den Landkreis Vechta, Markus Pohl, war gar nicht erst gekommen. Gegen 15.45 Uhr war der Spuk nach dem Abspielen diversen zweideutigen Liedguts wieder vorbei.
Nach Polizeiangaben verlief der Samstag ruhig. Lediglich einige Autonome, die sich verbotenerweise vermummt hatten, erhalten demnächst Post von der Polizei. Auf die Provokation von 50 Demonstranten, die sich weigerten, freiwillig auf Sicherheitsabstand zur NPD zu gehen und eine Sitzblockade begannen, reagierte Polizeileiter Walter Sieveke mit Besonnenheit. Die Demonstranten durften in 15 Meter Entfernung von den Neonazis schreien und pfeifen, wenn sie denn friedlich blieben – und an diese Vorgabe hielten sich die Demonstranten dann auch. Größere Verkehrsbehinderungen gab es nicht. Eingesetzt wurden Polizisten aus dem Oldenburger Münsterland, aus Göttingen, Braunschweig und Hannover sowie Bundespolizisten. Ein teurer Spaß für den Steuerzahler.
200 Besucher hatten von 10 bis 12 Uhr an einer Gegendemonstration des antifaschistischen „Bündnisses gegen Rechts Vechta/Diepholz“ teilgenommen. Wer zuhörte, musste fragwürdigen Parolen wie „Ich scheiße drauf, Deutscher zu sein“ oder Aufrufe zum Boykott demokratischer Wahlen über sich ergehen lassen.
Das Bündnis „Bunt statt Braun“ der demokratischen Parteien, Vereine, Gewerkschaften und Kirchen aus Vechta beteiligte sich an dieser Gegendemonstration nicht und informierte lieber von 10 bis 13 Uhr an elf Informationsständen entlang der Großen Straße in vielfältiger Weise über die Gefahren des Rechtsradikalismus. Schon am frühen Morgen bemalten 50 Jugendliche zum Thema „Demokratie und Toleranz“ die Straßen. Am Abend nach Abzug der Neonazis und auswärtiger Demonstranten trafen sich die „Bunt statt-Braun“-Aktiven gegen 17.30 Uhr noch einmal auf dem Alten Markt, „um den braunen Müll aus der Stadt zu fegen“. Braunes Packpapier wurde mit großen Besen bis zum Bremer Tor befördert und dort in Mülltonnen verstaut. Zum Abschluss wurde in der Schauburg der Dokumentarfilm „Wölfe im Schafspelz“ gezeigt Bürgermeister Uwe Bartels dankte den lokalen Gruppen für das klare Zeichen gegen Rechts und kündigte an, dass die Stadt Vechta die Aufklärung Jugendlicher mit einer Ausstellung des Innenministeriums im Rathaus und Vortragsangeboten an die Schulen intensivieren werde.

Bahnhof

Ich 19.11.2007 - 12:46
Am Bahnhof wurden die rechten noch von ca 20 Leuten mit rohen Eiern, einer BierfLasche und leeren TeiLchengLässchen beworfen. Die Polizei hat diesem Tag sehr schlecht gearbeitet und wir haben 3 mal ihre Reihen durchbrochen... War im Prinzip nicht schwer auf den Bahnsteig gegenüber der Nazis zu kommen ( es standen noch ca 10 Loite da, die nichts besseres zu tun hatten als uns zu filmen und iweLche dummen Sprüche die man nicht verstanden hat zu rufen ) AntiAntifa? Oo Nicht aLLes was bunt ist gehört dazu!!!

Rote Grüße

NPD in Krottelbac

Scharf links 19.11.2007 - 22:27
"7 Wähler = Hochburg ?"

Mehr als 800 Menschen haben am Freitagabend gegen ein geplantes Schulungszentrum und eine Geschäftsstelle der rechtsextremen NPD im rheinland-pfälzischen Krottelbach, Kreis Kusel, demonstriert. Dies wird, vor allem auch wegen der kurzen Mobilisierungszeit von nur zwei Tagen, als ein überaus deutliches Zeichen gegen Rechts gesehen und Landrat Hirschberger zeigte sich erfreut über die hohe Zahl der Protest-Teilnehmer.

An der Demonstration beteiligten sich die demokratischen Parteien, Kirchen, Gewerkschaften, Vereine, das "Bündnis gegen rechts" und der Landfrauenverband. Ortsbürgermeister, Landrat und der Vorsitzende des Kuseler Bündnisses gegen Rechts, machten in ihren Redebeiträgen den entschiedenen Widerstand der Region gegen die NPD sehr deutlich. Es wurde auch darauf hingewiesen, dass die demokratischen Parteien, die sich bei anderen Gelegenheiten zwar streiten könnten, im Falle der NPD zusammenhalten müssten. Auf Parteienwerbung wurde an diesem Abend dann auch verzichtet.

Wichtig war auch hier, dass die Bevölkerung selbst Stellung gegen die Nazis in dem rund 750 Einwohner zählenden Ort bezogen hat. So wurde zum Beispiel die angebliche NPD-Aussage, Krottelbach sei eine "Hochburg" der NPD, mit der Transparent-Aufschrift " 7 Wähler = Hochburg ?" ironisch hinterfragt.

Besonders beeindruckend war die große Zahl der Kinder und Jugendlichen, die an der Veranstaltung teilnahmen, darunter waren auch Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums Kusel mit Transparenten. Das Gymnasium Kusel ist die erste Schule in Rheinland-Pfalz, die 2002 den Titel "Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage" erhielt. Auch die Jugendfeuerwehr brachte auf Plakaten ihre ablehnende Haltung gegen die NPD klar zum Ausdruck.

Nach dem offiziellen Ende der Veranstaltung löste sich die Menge erst zwei Stunden später endgültig auf als die handvoll NPD-Mitglieder ihr Treffen in der "Geschäftsstelle" abbrachen und den Ort verließen.

Nach zwei vorher gescheiterten Versuchen ist dies bereits der dritte Anlauf der NPD, im Kreis Kusel Fuß zu fassen.

Das Banner

Moi 20.11.2007 - 16:30
Im eigentlichen Sinne war die Idee des Bündnisses "Bunt statt Braun" ja garnicht schlecht. Es war ja geplant, eine Art Ghostcity entstehen zu lassen nach dem Motto "Wir hören euch nicht zu!"..

Im Übrigen war das vielgelobte Banner "Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen" von den Jusos (SPD). (Natürlich wurde das Logo nicht mit fotographiert.)

Schön

x 20.11.2007 - 18:19
Die Jusos hatten da ne gute Idee, schöner wär's gewesen, sie hätten nicht dazu aufgerufen, die Stadt zu verlassen, wenn die Nazis kommen, so wie die SPD, die CDU, die Grünen, die Kirchen, die SchülerInnengruppe ConRa ev. usw. usw. es auch getan haben. Trotzdem waren viele viele Leute laut. Und auch viele BürgerInnen aus Vechta und Umgebung waren auf den Straßen, im Gegensatz zu den Behauptungen der örtlichen Tageszeitung OV. Und ne Sitzblokade mit allen, jung und alt, aus Vechta oder auch nicht, bunt oder schwarz... cool war das. Sowas hat Vechta wohl noch nicht gesehen.

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nicht zu erwarten — sandmann