Aktivitäten der NPD Karlsruhe in Bruchsal

Antifa Karlsruhe-Land 01.09.2007 15:57 Themen: Antifa
Die NPD Karlsruhe versucht seit knapp einem Jahr feste Strukturen in Bruchsal (zwischen Karlsruhe und Heidelberg) aufzubauen. Der wichtigste Baustein dazu ist eine Bruchsaler Gaststätte, die im November letzten Jahres auch den NPD-Landesparteitag Baden-Württemberg beherbergen sollte.
Am heutigen Samstag vormittag regte sich erstmals ein kleiner, aber immerhin wahrnehmbarer Widerstand in der 40.000 EinwohnerInnen-Stadt. 15-20 AntifaschistInnen verteilten in der Innenstadt Flugblätter, die über die NPD-Aktivitäten in der Stadt informierten.
Seit Mitte 2006 versucht die NPD in Nordbaden wieder Fuß zu fassen. Am 21. Mai gründeten sie den NPD-Ortsverband Karlsruhe-Land. Eine Verbandkonstruktion, die rechtlich gar nicht möglich ist. Am 10. Juni begann die Partei dann mit einem Kameradschaftsabend in Bruchsal mit der Rekrutierung neuer Mitglieder und dem Aufbau der Parteibasis. Am 8. November wurde mit der Gründung des Kreisverbands Karlsruhe-Land eine rechtlich haltbare Konstruktion gefunden. Auf der Gründungsfeier sprach der NPD-Landesvorsitzende Jürgen Schützinger zum Thema: "Die NPD Baden-Württemberg auf dem Weg über die Kommunalwahl 2009 in den Landtag!’.

Der neue Ortsverband sollte dazu gleich eine führende Rolle spielen. Am 19. November war der Landesparteitag der baden-württembergischen NPD in Bruchsal vorgesehen. Dazu wurde die "Stadtschänke" (Durlacher Str. 65) für 70-80 Personen angemietet. Aufgrund der lokalen und überregionalen antifaschistischen Interventionen geriet der Pächter so sehr unter Druck, dass er der NPD seine Räumlichkeiten für den Tag nicht mehr zur Verfügung stellen vermochte.
Doch dass er dies keineswegs freiwillig tat, bewies sich in der Folgezeit. Seit Ende 2006 traf sich der Verband mindestens einmal im Monat in der Schänke. Jeden ersten Mittwoch im Monat findet dort der NPD-Stammtisch mit fünf bis mal 15 TeilnehmerInnen statt. Zudem wurden dort im Laufe der Zeit die Parteistrukturen gestärkt. Der Kreisverband Karlsruhe-Stadt wurde gegründet und Nachwuchsorganisationen geschaffen. Im Mai und Juni 2007 gründeten sich in Bruchsal die JN-Stützpunkte Karlsruhe und Karlsruhe-Land. Zwischen all den Gründungsfeierlichkeiten mit ca. 50 Anwesenden wurden auch Schulungsveranstaltungen abgehalten, die aber nur ca. 10 Personen erreichten. Mit Infoständen konnte sich die Partei auch mehrmals in der Innenstadt präsentieren.

Bruchsal ist schon traditionell ein gutes Pflaster für neofaschistische Aktivitäten. Bereits vor einem Jahrzehnt versuchten sich dort rechte Kameradschaften zu etablieren, im Umland gibt es einige Kneipen und Treffpunkte für Neonazis. Auch schon Anfang der 20er Jahren war Bruchsal eine wichtiges Zentrum faschistischer Ideologie. Die NSDAP erreichte in der Region doppelt so hohe Wahlergebnisse wie im Rest des Landes.
Damals wie heute ist der gesellschaftliche und politische Widerstand dagegen gering. Schon der öffentliche Druck, der zur Absage des Landesparteitags im Herbst letzten Jahres führte, gründete sich eher auf die Angst vor Antifas in der Stadt als aus dem Willen die NPD zu bekämpfen. Ähnlich wie in Friedrichshafen will die Stadt das NPD-Problem am liebsten totschweigen. Der Oberbürgermeister soll die Gemeinderäte zu einem Stillschweigegebot aufgefordert und sich jegliche Diskussion darüber ausgebeten haben.
Ungestört kann die NPD dadurch an Stärke gewinnen. Während der Kreisverband in seiner eigentlichen Stadt auch durch antifaschistischen Widerstand nicht zur Entfaltung kommt, kann sie in der Bruchsaler Provinz in aller Ruhe Aufbauarbeit leisten. Ihre Funktionäre kommen dagegen auch aus der näheren Umgebung von Karlsruhe. Insbesondere seit der Schließung des Nazi-Zentrums in Rastatt, dürfte Bruchsal und die dortige "Nazi-Zentrale" an Bedeutung gewonnen haben. Dort wird auch die (überregionale) Vernetzung der NPD mit freien Kameradschaften vorangetrieben. So nahmen auch Vertreter des Aktionsbüros Rhein-Neckar in jüngster Vergangenheit an Treffen in der Schänke teil.

Die Initiative "Aufstehen gegen Faschismus" (initiativeagf@web.de) wollte heute den ersten Schritt tun um die Phase des Totschweigens zu beenden. Mit mehreren tausend Flugblättern sollten die Bürgerinnen und Bürger der Stadt über das Treiben der NPD in Bruchsal aufgeklärt werden. Die Reaktionen reichten von überwiegend erstauntem Interesse bis "In Bruchsal gibt es keine Nazis" oder teilweise offenen Sympathien für die NPD. Gerade dies zeigt, dass die heutige Aktion nur der Auftakt gewesen sein kann und der antifaschistische Druck weiter erhöht werden muss, um Bruchsal für Nazis zum No-Go-Area zu machen.



Chronik der NPD Karlsruhe

21.05.06 Jahreshauptversammlung NPD Regionalverband Karlsruhe / Mittelbaden neu gegründet: NPD-Ortsverband Karlsruhe-Land
10.06.06 Bruchsal, Kameradschaftsabend NPD-Ortsverband Karlsruhe-Land
30.06.06 Bruchsal, NPD-Ortsverband Karlsruhe-Land, Aufkleber Verteil-Aktion anlässlich WM
21.10.06, Bruchsal, Rednerveranstaltung, Richard Melisch: „Vernichtung der Völker durch Globalisierung“
08.11.06 Bruchsal, Kreisverband Karlsruhe-Land der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD) wieder gegründet. Redner Landesvorsitzender Jürgen Schützinger. Thema: 'Die NPD Baden-Württemberg auf dem Weg über die Kommunalwahl 2009 in den Landtag!’

03.02.07 Bruchsal, JN-Infoveranstaltung
31.03.07 Bruchsal, NPD-Versammlung mit Richard Eckert: „ Besitzbürgertum, Großindustrie, Arbeitsplätze“
08.05.07 Mahnwache in Karlsruhe-Durlach
09.05.07 Bruchsal Flugblatt-Verteil-Aktion
19.05.07 Bruchsal Fußgängerzone vor Kaufhaus Schneider, NPD-Infostand "Gib8-es gibt keine gerechte Globalisierung"
19.05.07 Bruchsal, Gründung JN-Karlsruhe Land
26.05.07.: Vortrag Dr. Olaf Rose
09.06.07 Bruchsal, Fußgängerzone, 9:30, NPD Infostand, Thema 'Globalisierung und G8 Gipfel' („3. und letzter zu dem Thema“)
09.06.07 Bruchsal, Gründung JN-Stützpunkt Karlsruhe
17.06.07 Bruchsal, Schulungsveranstaltung mit Andreas Thiery
11.08.07 Bruchsal, NPD/JN-Sommerfest

seit Ende 2006 an jedem ersten Mittwoch im Monat NPD-Stammtisch


Dokumentation des Flugblattes

Faschistische Ausschreitungen wie kürzlich in Sachsen und in der Pfalz sind in Bruchsal noch nicht an der Tagesordnung. Ein Aufmarsch wie in Ettlingen im Dezember 2006 stand in Bruchsal bisher nicht an: Es ging „friedlich“ zu.

Hier sitzt „nur“ die Zentrale: Seit mehr als einem Jahr hat die rechtsextreme Szene, NPD, JN und Freie Kräfte einen ruhigen Ort in der großen Kreisstadt gefunden (JN steht für Junge Nationaldemokraten, die Jugendorganisation der NPD).

Anfangs sah es für die NPD in Bruchsal nicht so gut aus: Nach der erfolgreichen Gründung des NPD-Kreisverbandes Karlsruhe Land Anfang November 2006 sollte in der Stadtschänke Bruchsal am 19. November 2006 ein Landesparteitag stattfinden. Diese Art von Öffentlichkeit wünscht sich keine Stadt; so sprachen neben mehreren antifaschistisch tätigen Menschen auch Polizei und Bürgermeister bei dem Wirt vor, der daraufhin der NPD absagte.

Damit war der braune Spuk allerdings nicht beendet. Im Gegenteil: Seit Ende vergangenen Jahres nutzt die NPD die Stadtschänke regelmäßig für Stammtische, Schulungen, Vorträge und Feiern. Am 19.5.07 wurde dort die JN Karlsruhe - Land und am 9.6.07 die JN Karlsruhe gegründet.

Parallel dazu präsentierte sich die NPD im April, Mai und Juni dieses Jahres mit Ständen in der Fußgängerzone der Bruchsaler Öffentlichkeit, man feierte ungestört ein großes Sommerfest und pflasterte die Stadt mit unzähligen grellfarbenen Aufklebern zum Gedenken an Rudolf Hess. So ist zu befürchten: Der nächste Landesparteitag ist wieder hier geplant.

Das Programm ist Jahrzehnte alt: rassistisch, intolerant und menschenfeindlich. Nicht immer ist das leicht zu durchschauen. Das rassistische Weltbild verbirgt sich hinter Formulierungen wie: „Volkstum und Kultur sind die Grundlagen für die Würde des Menschen“. Menschen, die nicht zu diesem „Volk“ gehören, werden ausgeschlossen. Was „Volkstum“ und „Volk“ sind, definiert die Partei. Mit diesem Weltbild wurden viele Verbrechen gerecht-fertigt. Es ist unvereinbar mit dem Grundsatz: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“

Die NPD setzt alles daran, sich der Öffentlichkeit bürgerlich zu präsentieren und feste Parteistrukturen aufzubauen mit dem Ziel: „Die NPD Baden-Württemberg auf dem Weg über die Kommunalwahl 2009 in den Landtag!“ (Motto auf der Gründungsveranstaltung des Kreisverbandes).

Sie bereitet sich auf die Kommunalwahl vor, feiert und verbreitet ihre Anliegen mitten in Bruchsal. Ihre Homepage ziert das Bruchsaler Schloss. Die Republikaner ziehen nach: Sie haben am 20.6.07 den Ortsverband Büchenau „wieder belebt“.

Während in der Stadt die politisch Zuständigen diese Vorgänge totschweigen, entwickeln sich nationalistische Gruppen in Ruhe weiter.

Doch wo die NPD feste Strukturen hat, häufen sich Übergriffe von Nazis. Nicht nur in Ostdeutschland, auch in der benachbarten Vorderpfalz mit festen rechtsextremen Treffpunkten und etablierten Parteistrukturenstehen rassistische Propaganda, Drohungen und gewalttätige Angriffe auf Andersdenkende allzu oft auf der Tagesordnung. Wie im gesamten Bundesgebiet arbeitet die NPD dort und in Bruchsal als Teil der "Volksfront" mit gewaltbereiten Kameradschaften intensiv zusammen.

Verharmlosung und Totschweigen möchten wir beenden. Aktive und kontinuierliche Arbeit gegen faschistische Strukturen ist dringend notwendig.

Jetzt und nicht erst, wenn sich eine rechte Szene fest etabliert hat und Nazis die politische Richtung bestimmen.

Initiative Aufstehen gegen Faschismus
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Ergänzungen

Es geht weiter

in Bruchsal 06.09.2007 - 14:47
NPD in Bruchsal gestört:  http://de.indymedia.org/2007/09/193536

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Zeige die folgenden 5 Kommentare an

"Aufstehen gegen Faschismus"? — rumpelstilzchen

@ergänzung — rod

@ rod — rumpelstilzchen

dummheit über alles — räuber hoztenplotz

@rod — ich