Gö: Justizposse um Thorsten Heise

Piper 18.07.2007 12:05 Themen: Antifa
Heute wurde vorm Landgericht Göttingen im Volksverhetzungsprozess gegen das NPD-Bundesvorstandsmitglied Thorsten Heise ein Urteil erwartet. Doch stattdessen wurde mal wieder ein Kapitel im Fortsetzungsroman „Justizwunder Heise“ geschrieben.
Heise stand im Revisionsprozess in Göttingen vor Gericht, da ihm vorgeworfen wird, volksverhetzende Musik via Thailand hergestellt zu haben, um diese auf dem deutschen Markt zu verbreiten. Heise bestreitet zwar nicht die CDs („Komm zu uns“ von Sturm 18) in Auftrag gegeben zu haben, diese seien jedoch nicht für den deutschen sondern für den schwedischen Markt bestimmt gewesen. Dort gibt es das Delikt Volksverhetzung nicht. Das Amtsgericht Northeim hatte Heise in erster Instanz schuldig gesprochen. Gegen das Urteil ist Heise in Revision gegangen. Diese Revisionsverhandlung endete heute vorm Landgericht Göttingen vorläufig in einer Justizposse.

Am heutigen Verhandlungstag war Richard Andersen aus Helsingborg, ein schwedischer Produzent von Neonazimusik geladen. Wie zu erwarten erschien der schwedische Neonazi nicht. Er hatte bereits gegenüber dem Richter des Landgerichts Mühlhausen, wo parallel ein Volksverhetzungsprozess wegen anderer CDs gegen Heise lief, erklärt, dass er nicht nach Deutschland zur Gerichtsverhandlung kommen werde – weder nach Mühlhausen noch nach Göttingen. Juristisch gesehen reicht die Aussage Andersens gegenüber dem Richter des Landgerichts Mühlhausen aus, um festzustellen, dass Andersen nicht gehört werden kann. Der Richter bestand jedoch darauf selber mit Andersen zu reden. Da er es versäumt hatte sich die Telefonnummer des schwedischen Neonazis zu besorgen und auch nicht bereit war, den Prozess zwei Stunden auszusetzen, um sich die Nummer aus den Akten in Mühlhausen geben zu lassen, wurde der Prozess ausgesetzt. Da Thorsten Heise jetzt erst einmal länger in den Urlaub fährt, muss der Prozess von vorne aufgerollt werden. Es ist daher nicht mit einer Verurteilung Heises zu rechnen, da die Taten Ende 2001 begangen wurden und sechs Jahre später, also im November oder Dezember 2007 die Verjährungsfrist erreicht ist. Am Unwillen des Richters sich in einer Pause eine Telefonnummer zu besorgen scheitert also aller Wahrscheinlichkeit dieser Volksverhetzungsprozess gegen Heise.

Der Prozessverlauf

Der Prozess an sich war wenig spektakulär. Heise mimte mal wieder das unschuldige Opfer: Die CDs seien durch Fehler anderer nach Göttingen an das befreundete Ehepaar Steylaers geliefert worden. Da dies aber nicht beabsichtigt gewesen sei, sondern die CDs zu Richard Andersen nach Schweden gehen sollten, sei er unschuldig. Die ZeugInnen brachten wenig erhellendes ins Prozessgeschehen.

Nadine Heise (29 Jahre), Ehefrau von Heise und Mutter der gemeinsamen drei Kinder spielte die blondierte Dumme. Sie hätte die Geschäfte zum Tatzeitpunkt geleitet, da Heise im Knast war. Aber sie habe nur auf seine Anweisungen gehandelt. Vielleicht habe sie völlig aus Versehen die Lieferadressen vertauscht und anstatt Andersen ihre Freundin Jacqueline Steylaers angegeben. Die Hierarchie im Hause Heise ist jedoch ganz eindeutig: „Wenn ich was machen sollte, habe ich das gemacht“. Ansonsten konnte sie sich an nix erinnern.

Jacqueline Steylaers (28 Jahre) hat ein ähnlich gutes Gedächtnis wie ihre Freundin Nadine. Auch sie hatte alles vergessen. Ja sie hat öfters (8-9) Pakete für Nadine angenommen, diese aber mit Nadine zusammen bestellt. Ob auch mal ein Paket aus Thailand gekommen sei wisse sie nicht. Dass das Paket wie von Heise behauptet von Andersen abgeholt wurde, daran konnte sie sich nicht erinnern. Sie selber verkehrt öfters bei den Heises, bei Konzerten oder bei anderen Veranstaltungen. Kontakt zur Neonaziszene habe sie über ihren Ehemann Gerrit 1998/99 bekommen. Bis heute sei sie noch häufiger in Fretterode zu Gast.

Gerrit Steylaers ist nach eigenen Angaben nicht mehr in der rechten Szenen. Ob man dem Glauben schenken darf ist jedem selber überlassen. Aber auch er konnte sich an die besagten CDs nicht richtig erinnern.

Ebenfalls als Zeuge erschien Adrian Preißinger (43 Jahre), von Beruf Verlagskaufmann und privat Hammerskin. Er hat für Heise mehrere CDs produziert, vor allem in der Slowakei, aber auch den Kontakt nach Thailand vermittelt. Er hat Kontakte zu Heise seit 1998/99. Welche CDs er für Heise pressen lassen hat, daran konnte er sich logischerweise nicht genau erinnern, es waren nach seinen Angaben vier bis acht Produktionen. Lediglich eine CD mit Blasmusik ist ihm im Gedächtnis geblieben. Mittlerweile arbeitet Preißinger in Riesa, nachdem er vom 6.2.2002 – 6.2.2004 wegen seiner neonazistischen Aktivitäten im Knast saß.

Da die ZeugInnen nicht viel entlastendes für Heise aussagten und Andersen deutlich gemacht hat, dass er nicht beabsichtigt nach Deutschland zu kommen, u.a. auch weil er befürchtet hier verhaftet zu werden, verwundert sie Aussetzung des Prozesses enorm. Sowohl in der linken wie der rechten Szene wird immer wieder spekuliert, warum Heise meist so glimpflich davonkommt. Doch Mutmaßungen und Verschwörungstheorien über das vermeintliche „Justizwunder Heise“ bringen hier nichts.

Heise wird sich über den Prozessverlauf freuen. Das einzige was ihn nicht gefreut haben dürfte, war, dass am zweiten Prozesstag sein geliebter roter VW-Bus von Antifas tiefergelegt wurde. Mit dem VW-Bus war seine Frau Nadine zur Verhandlung erschienen. Thorsten Heise zog die Kleinwagenvariante vor und kam mit seinem dunklen Ford (EIC-W-17). Man darf gespannt sein, ob es eine Neuauflage des Prozesses gibt, der vor der Verjährungsfrist endet.
Creative Commons-Lizenzvertrag Dieser Inhalt ist unter einer
Creative Commons-Lizenz lizenziert.
Indymedia ist eine Veröffentlichungsplattform, auf der jede und jeder selbstverfasste Berichte publizieren kann. Eine Überprüfung der Inhalte und eine redaktionelle Bearbeitung der Beiträge finden nicht statt. Bei Anregungen und Fragen zu diesem Artikel wenden sie sich bitte direkt an die Verfasserin oder den Verfasser.
(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)

Ergänzungen

zuträger

ich weiß es 18.07.2007 - 13:34
das weiß doch jeder,der mann ist zuträger für den verfassungsschutz und manchmal auch für die bullen

Verjährung...

denkt er weiss es besser 18.07.2007 - 14:07
..gibts doch nur, wenn das Strafverfahren noch nicht eröffnet wurde!

spitzel, beweisproblem

kl 18.07.2007 - 17:20
also dass thorsten heise bislang meist eine sehr nachsichtige justiz vorgefunden hat, ist auch schon nazis aufgefallen. dass die npd/naziszene ein spitzelproblem hat, ist allen spätestens seit dem gescheiterten verbotsverfahren klar. dies zu benennen ist nichts verwerfliches, hat sowohl die linke als auch die rechte szene schon getan. wer in der naziszene ab und zu auch mal mit dem staatsschutz plaudert, um die eigene haut zu retten, sich als kooperativ zu tarnen oder etwas geld zu verdienen, das wissen wohl nur ganz wenige beim vs.
das beweisproblem liegt bei heise, nicht bei der justiz. der versand nach deutschland war strafbar. die versandadresse in göttingen war eindeutig. somit gilt auchnicht die unschuldsvermutung, da die straftat ja begangen worden ist. wenn es wirklich ein fehler von wem auch immer war, muss dies heise nachweisen. deshalb hat er andersen auch als zeugen benannt. dass dieser jetzt nicht nach deutschland kommen will ist heises problem, wenn ihm ein kamerad in stich lässt. aber heise samt anwalt kunze setzen auf die verzögerungstaktik. seit sechs jahren liegen die beweise auf dem tisch. die deutsche justiz scheint aber seit sechs jahren kein richtiges verfolgungsinteresse zu haben und so kommt heise wohl dank verjährung davon. aber man muss ja bei antinaziarbeit sich auch nicht auf die deutsche justiz verlassen...

Stadtradio

sagt 18.07.2007 - 17:21
Prozess gegen Neonaziführer ausgesetzt PDF Drucken E-Mail

Mittwoch, 18 Juli 2007

Das Göttinger Landgericht hat heute Vormittag den Prozess gegen das NPD-Bundesvorstandsmitglied Thorsten Heise wegen Volksverhetzung vorläufig ausgesetzt.

Der als Zeuge geladene schwedische Besteller einer Sendung von 3.000 CDs mit volksverhetzenden Liedern war der Verhandlung zum zweiten Mal fern geblieben. Heise hatte bereits am letzten Prozesstag angekündigt, dass er ab morgen vier Wochen nicht in Deutschland sein werde. Eine Hauptverhandlung darf jedoch für höchstens zehn Tage unterbrochen werden. Der Vertreter der Staatsanwaltschaft, Hans Hugo Heimgärtner, nannte die Entscheidung des Richters „unverständlich“. Der Zeuge sei telefonisch in Schweden erreichbar, wie ein Telefonat des Richters am Landgericht Mühlhausen bewiesen habe. Bei einer Absage gelte der Zeuge rechtlich als „unerreichbar“ - damit sei es möglich gewesen, heute ein Urteil zu sprechen. Heises Verteidiger spekuliere offenbar darauf, dass die Tat zum Jahresende verjährt sein werde. Das Amtsgericht Northeim hatte Heise vor rund einem Jahr verurteilt, weil er einem thailändischen Presswerk den Auftrag zur Produktion von 6.000 CDs mit volksverhetzenden Liedtexten erteilt haben soll. Heise hatte behauptet, die CDs seien für den schwedischen Markt bestimmt gewesen und Berufung gegen das Urteil eingelegt.

mann mann mann

kein jurist 18.07.2007 - 18:27
aber bissl ahnung sollte mensch trotzdem haben. ein verfahren, in dem es bereits zur anklage gekommen ist, KANN NICHT VERJÄHREN!!! dann kann sich der protest so lange hinziehen, wie es eben sein muss. und wenn heises richter noch in 10 jahren keine telefonnummern finden - verjähren tut es nicht. punkt.
zweitens: die unschuldsvermutung gilt IMMER. (leider) auch bei nazis, auch wenn die sich 10mal irgendwas an ihre adresse schicken lassen. den nachweis der schuld erbringt ein gericht, nicht die bullen, nicht der staatsanwalt, und auch nicht die antifa (zumindest was rechtskräftige urteile angeht).
drittens: was soll an der vermutung dass es sich um einen spitzel handelt, unredlich oder feige sein? bitte lösch doch mal jemand dieses naziposting.

Verjährung und Beweise

Relyt 18.07.2007 - 20:22
Also die Verjährung wird z. B. durch eine Verfahrenseröffnung unterbrochen - beginnt also von vorn. Aber wenn das Verfahren nicht spätestens bis zum Ablauf der doppelten Verjährungsfrist vom Tisch ist - ist Schicht im Schacht, also verjährt. Da hier die Zahl 6 Jahre genannt worden ist, gehts sicher um 86 a (verwenden bzw. vorrätighalten von Propagandamitteln) mit 3 Jahren verjährungsfrist und deswegen ist nach 6 schluß. wenn es z. B. Volksverhetzung (5 jahre) wäre, dann wäre halt erst nach 10 der ofen aus.

Also, daß heise beweisen muß, daß er die CDs nich gewollt hat ist quatsch, er wollte der Justiz "helfen" indem er denjenigen, an den sie angeblich geliefert werden sollten, benannte. Ansonsten könne ja jeder bei der AO n paar NS-Kampfrufe an den mißliebigen Nachbarn schicken lassen und der müßte beweisen, daß er sie nicht bestellt hat, da würden mir schon n paar Empfänger einfallen - ist aber totaler quatsch, du gehst vielleicht mal zum zoll oder bullen (je nachdem wer was aus deiner post gefischt hat) und sagst dort: "was? hab ich nie bestellt" und wenn die nix gegenteiliges beweisen können, hast du auch ruhe. bekommst natürlich das zeug auch nicht eingehändigt. die bullen machen sich n paar notizen - das wars. im falle heise war´s sicher, weil sie das zeug und bestellinfos bei ihm fanden, deswegen konnt er nich den unwissenden spielen....

@kein jurist

nicht torti 18.07.2007 - 20:23
zur verjährung: da hast du zumindest eine andere rechtsaufsicht als der nazianwalt, der richter und der oberstaatsanwalt. aber da du dich ja auskennst, vertraue ich dir voll :-)

nochmal kurz

nicht torti 18.07.2007 - 20:34
das problem ist wohl eher, dass heise in revision gehen würde und der revisionsprozess ein neuer prozess wäre, wo die verjährung schon greift. das ist das wo kunze wohl drauf hinaus will.

HNA

schreibt 18.07.2007 - 23:43
Heise-Prozess erneut geplatzt
Warum ein Verfahren gegen einen vorbestraften Neonazi nicht zu Ende geführt wird

GÖTTINGEN. Ein seit mehr als fünfeinhalb Jahren laufendes Strafverfahren gegen den Neonazi-Führer Thorsten Heise wegen Volksverhetzung ist gestern vor dem Landgericht Göttingen erneut geplatzt. Weil ein Zeuge aus Schweden bereits zum zweiten Mal nicht erschienen war, setzte die Kammer die Berufungsverhandlung gegen das bereits vielfach vorbestrafte Mitglied des NPD-Bundesvorstands aus. Der Fall muss nun komplett neu verhandelt werden.

Das Landgericht Mühlhausen hatte dagegen vor einigen Tagen ein ähnliches Verfahren abgeschlossen und Heise zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt, die zur Bewährung ausgesetzt wurde. Als Bewährungsauflage muss der Neonazi-Führer 200 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten.

Beschlagnahmte CDs

In dem Göttinger Verfahren geht es um 6000 CDs der Gruppe "Sturm 18" (die Zahl 18 ist im Jargon der Nazi-Szene ein Synonym für Adolf Hitler), die im Herbst 2001 im Auftrag Heises in Thailand produziert und später vom Zoll am Frankfurter Flughafen beschlagnahmt wurden. Nach Ansicht der Staatsanwaltschaft enthalten die Lieder volksverhetzende Texte, die sich insbesondere gegen Juden und Farbige richten. In einem Lied heißt es: "Wir werden Terroristen sein...Für Spiegel, Friedman und Konsorten tut‘s auch gerne Zyklon B." Ein anderes Lied ruft zur gewaltsamen Vertreibung von Farbigen auf: "Deutsche, wehrt euch, zu den Waffen...Husch, husch, Bimbos zurück in den Busch."

Schon in der ersten Instanz war das Verfahren zweimal wegen fehlender Zeugen geplatzt. Die erste Verhandlung fand im Herbst 2003 vor dem Amtsgericht Northeim statt, erst im Februar 2006 wurde im dritten Anlauf das Urteil gesprochen: Ein Jahr Freiheitsstrafe auf Bewährung wegen Volksverhetzung in zwei Fällen, außerdem als Bewährungsauflage 200 Stunden gemeinnützige Arbeit. Heise legte dagegen Berufung ein.

Erst 14 Monate später begann die Verhandlung vor dem Landgericht, die sich wiederum über zweieinhalb Monate hinzog und nun im Sande verlief. Heise behauptet, dass die CDs für den schwedischen und nicht für den deutschen Markt bestimmt gewesen seien. In Schweden gelten andere Bestimmungen. Die Verteidigung besteht deshalb auf der Vernehmung eines Zeugen aus Schweden.

Dieser war jedoch auch früher schon weder beim Amtsgericht Northeim noch beim Landgericht Mühlhausen erschienen. Der Göttinger Staatsanwalt Hans Hugo Heimgärtner wies den Vorsitzenden Richter Bernd Niebuer darauf hin, dass ein Gericht auf die Vernehmung von Zeugen aus dem Ausland verzichten könne, wenn diese nicht erreichbar seien. Das Gericht könne dies feststellen, indem es selbst Kontakt zu dem Zeugen aufnehme und ihn frage, ob er aussagebereit sei. Das Gericht in Mühlhausen hatte genau dies getan und von dem Zeugen erfahren, dass er keineswegs aussagen und auch der Ladung nach Göttingen nicht folgen wolle.

Kollege ging spazieren

Der Vorsitzende Richter in Göttingen erklärte jedoch, dass er keine Telefonnummer des Zeugen habe. Auf Anregung des Staatsanwalts setzte er sich mit dem Richterkollegen in Mühlhausen in Verbindung. Weil sich dieser jedoch nicht im Büro, sondern auf einem Spaziergang befand, verzichtete der Göttinger Richter darauf, ihn um die Übermittlung der Telefonnummer des Zeugen zu bitten.

Man könne das Verfahren heute ohnehin nicht mehr zu Ende bringen, sagte Niebuer. Und er habe für diesen Verhandlungstag schon extra seinen Urlaub unterbrochen.

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Zeige den folgenden Kommentar an

immer wieder geil — besserwisser