BVerfG: Verbotsverfügung für Sternmarsch verfassungswidrig

06.06.2007 16:11 Themen: G8 Heiligendamm Repression
Das Sternmarsch-Urteil ist eine schallende Ohrfeige für KAVALA und OVG: Das BVerfG folgt fast vollständig Vortrag der AnwältInnen, indem es die Allgemeinverfügung und die Verbotsverfügung für den für morgen geplanten Sternmarsch für verfassungswidrig erklärt.
Das Bundesverfassungsgericht hat den Sternmarsch für morgen allerdings verboten, ebenso die drei Ersatzveranstaltungen außerhalb der beiden Verbotszonen. Grundlage ist allerdings das aktuelle Demonstrationsgeschehen seit dem 2. Juni und die diffamierende Darstellung durch die Polizei.

Das Gericht erklärt die Allgemeinverfügung und die Entscheidung des OVG Greifswald für verfassungswidrig.

Das BVerfG betont, der Schutz der Versammlungsfreiheit umfasst das Interesse der Veranstalter auf eine „Beachtungserfolg in möglichst großer Nähe zum symbolhaltigen Ort“.

Die „bloße Gefährdung der öffentlichen Ordnung“ könne ein Versammlungsverbot ebenso wenig tragen wie "Empfindlichkeiten ausländischer Politiker". Das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit sei gerade „dem Schutzbedürfnis der Machtkritik“ erwachsen. Dies gelte auch für ausländische Staatsgäste.

Das BVerfG rügt das polizeiliche Sicherheitskonzept als verfassungswidrig, weil es von vornherein der Versammlungsfreiheit nicht Rechnung trägt. Ein "Schutzraum" für die "staatliche Veranstaltung" des Gipfeltreffens sei nicht zu beanstanden, die Ausdehnung des Schutzraumes auf die Verbotszone II mit einem mehrtägigen absoluten Versammlungsverbot allerdings nicht zu rechtfertigen.

Das Gericht bezeichnet das Sicherheitskonzept darüber hinaus als
ausdrücklich "gegen die Durchführung von Versammlungen gerichtet", da
von Beginn an die Versammlungsfreiheit „keine Chance zur angemessenen
Verwirklichung“ hatte.

BVerfG: „Die von Kanzlerin Merkel betonte Möglichkeit, den Protest "in
wirklich sichtbarer Form" öffentlichkeitswirksam vorzutragen, erhalte in dem "Sicherheitskonzept" keine Verwirklichungschance“.

Obwohl auch das BVerfG davon ausgeht, dass die VeranstalterInnen eine
friedliche und legitime Protestdemonstration durchführen wollen, wurde
letztlich die Sichtweise der Polizei maßgebend.

DAs BVerfG tritt im Eilverfahren an die Stelle der Versammlungsbehörde, daher legen die Richter fern in Karlsruhe letztendlich die Darstellung der Polizei über die aktuellen Gefahren ihrer Entscheidung zugrunde.


RA Ulrike Donat und Carsten Gericke:

„Auch wenn wir das Ergebnis zutiefst bedauern, weil den Veranstaltern
die Möglichkeit zu friedlichem Protest genommen wird: Diese Entscheidung ist inhaltlich - nach der Begründung - ein voller Erfolg für die Versammlungsfreiheit und eine schallende Ohrfeige für die obrigkeitlichen Vorstellungen der Polizeibehörde Kavala und des OVG
Greifswald.

Die Wirklichkeit hat das Recht ohnehin schon überholt: Die Versammlungsfreiheit wird, wie immer in der Geschichte, gerade auf der Strasse am Ort des Geschehens und nicht vor Gerichten erobert.

Das starre Sicherheitskonzept der Polizei, das die Kooperation mit Versammlungsanmeldern sträflich vernachlässigt hat, ist auf ganzer Linie gescheitert.“

Kontakt:
Sternmarsch-Bündnis: 0151/ 5312 5032
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Ergänzungen

Weiterer Artikel zum Verbot

link 06.06.2007 - 16:47

Zufall?

nowar 06.06.2007 - 16:48
kaum ist die entscheidung vom BverG gefallen, wird selbst bei der ard von überhöhten verletztenzahlen gesprochen.
es wurden nur 2 (in worten zwei) leute im krankenhaus stationär behandelt. unter den 50 SCHWERverletzten waren zerrungen und kleine platzwunden. augenreizungen (durch reizgas) wurden als verletzte behandelt.

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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