Euromärsche erreichten Berlin

lesender arbeiter 31.05.2007 03:10 Themen: Soziale Kämpfe
Am vergangenen Mittwoch hat ein Teil der Euromärsche Berlin erreicht und sich am Aktionstag Berliner Erwerbsloser gegen G8 beteiligt, der von AktivistInnen von Erwerbsloseninitiativen, dem Berliner Sozialforum, der Internationalen KommunstInnen getragen wurde.
Der Aktionstag begann mit einen Ein-Euro-Job-Spaziergang im Stadtteil Neukölln. Eine Gruppe von 10 Menschen besuchte verschiedene Ein-Euro-Job-Projekte und sprach mit den betroffenen über ihre Arbeitsbedingungen.
Die Ein-Euro-Job-SpaziergängerInnen trafen sich dann vor dem Jobcenter Neukölln mit den EuromarschiererInnen.

Seit Mitte Mai finden wieder die Europäischen Märsche gegen Erwerbslosigkeit, ungeschützte Beschäftigung und Ausgrenzung in verschiedenen europäischen Ländern statt. Auch aus Dresden hat sich unter dem Motto „Arbeit und Einkommen Für alle - überall“ ein Fahrradkorso auf den Weg nach Rostock gemacht und am 30. Mai Station in Berlin eingelegt.

Vor dem JobCenter Neu Kölln trafen Akteure aus zwei europäischen Bewegungen gegen ungesicherte Arbeits- und Lebensbedingungen zusammen: einer der Züge der Euro-Märsche und Akteure aus dem Berliner MayDay-Bündnis.
Nach der Kundgebung gab es einen Fahrradzug zum Friedrichshainer Stadtteilladen Zielona Góra und ein Erfahrungsaustausch zwischen diesen beiden Initiativen gegen neue und alte prekäre Verhältnisse. Dort wurde auch über die Möglichkeiten gesprochen, die Bewegung gegen Prekarisierung europaweit besser zu vernetzen. Das Netzwerk der Euromarsch-Bewegung ist 1997 von den französischen Erwerbslosen-Proteste inspiriert worden. Die europäischen Mayday-Paraden sind ein Versuch von vorwiegend jungen Menschen in prekären Erwerbsarbeitsverhältnissen, sich diesen Kampftag und ihr Leben zurückzuholen. Der Prekarisierung soll ein Stück gelebte Solidarität entgegen gesetzt werden. Es ist wichtig, dass die „ältere“ Erwerbslosenbewegung und die Organisierungsansätze der prekär Beschäftigten zusammen kommen. Auf dem Rostock Gegengipfel sollte ein Schritt in Richtung einer gegenseitigen Vernetzung stattfinden. Es wurde auch darüber diskutiert, dass die Teilnehmenden des Euromarsches nur zum kleinen Teil erwerbslos waren, andere waren Studierende, oder in prekären Arbeitsverhältnissen. Diese Prekarität ist auch das Kennzeichen, dass die Teilnehmenden einte. hier kann auch ein Ausgangspunkt für den gemeinsamen Widerstand bestehen.

Ein nächster Ort, an dem dieses Zusammentreffen gegen prekäre Zustände weiter vertieft und vernetzt werden wird, ist das Sozialforum in Cottbus. Ein Vertreter des Aktionsbündnis Sozialprotest kündigte weitere Sozialproteste an: „Wenn die Regierenden und und ihre medialen Wegbegleiter von Bertelsmann & Co im Herbst Hartz IV ein weiteres mal verschärfen und einen „freiwilligen Zwang“ zur unbezahlten Bürgerarbeit durchsetzen, dann müssen die Sozialproteste darauf mit einer Kampagne gegen prekäre Beschäftigungsverhältnisse reagiert. Wir haben die Möglichkeit, in Rostock eine solche breit getragenen Kampagne für das Cottbusser Sozialforum vorzubereiten, so wie wir es schon einmal 2005 bei dem dezentralen Agenturschluss hinbekommen haben.“

Der Besuch der Hauptstadt endete vor dem Bundestagsgebäude mit der Aufnahme der Personalien und einer polizeilichen Begleitung zum Bahnhof. Zumindest die Polizei nimmt die Proteste ernst und hat schon einmal vorsorglich die Personalien der Akteure aus beiden Bewegungsansätzen aufgenommen, als die Räder den Bereich des Deutschen Bundestages gequert haben.



Fazit des Aktionstages: Die Zahl der TeilnehmerInnen hätte höher sein können. Es zeigt sich, dass die AktivistInnen für die Rostock und Heiligendamm mobilisiert sind, aber dass der eher unspektakuläre Alltagswiderstand dabei zu kurz kam. Es wird zu wenig berücksichtigt, dass eben 99 % der Menschen nicht nach Rostock und Heiligendamm fahren können und wollen. Es zeigt sich gerade heute durch Hartz IV, Anwesenheitspflicht bei Unis etc., dass es für viele Menschen fast unmöglich ist, an solchen Protesten, die mehrere Tage dauern, teilzunehmen. Es war bei der Gipfelmobilisierung leider nur unzureichend möglich, auch für einen solchen Alltagswiderstand Raum zu schaffen. So wird anders als bei Gipfelmobilisierungen früherer Jahre, in diesem Jahr nicht zu einem Global Action Day mobilisiert, wo eben an vielen Orten der Widerstand gegen die G8-Politik zum Ausdruck gebracht werden kann.
Die Aktionstage für freie Bildung am 26.5. und der Aktionstag Berliner Erwerbsloser war ein kleiner Baustein für einen solchen Alltagswiderstand.
Positiv war am 30.5. der Kontakt zwischen AktivistInnen von Euromarsch- und Mayday-Bewegung, der hoffentlich über den Gipfel hinaus fortgesetzt wird.
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jaja, nett wärs — nichtidentisches