Wahlen in Spanien und Flüchtlingspoltik

Ralf Streck 24.05.2007 19:22 Themen: Antirassismus Weltweit
Am kommen Sonntag finden in Spanien Kommunal- und Regionalwahlen statt. Deren Ergebnis nimmt stets das der Parlamentswahlen vorweg, die im nächsten Frühjahr abgehalten werden. Wer sie gewinnt, übernahm bisher auch stets die Macht im Land, weshalb nicht verwundert, wenn für Regionalwahlen die Parteispitzen ins Rennen gehen. Da die ultrarechte PP auch heftig mit der Migrationsfrage gegen die Sozialisten schießen, zeigen die Tatkraft und führten am Wochenende eine Massenabschiebung durch. Mit 12 Flugzeugen wurden 750 Menschen in den Senegal deportiert.
Gut 34 Millionen Wahlberechtigte werden über 8.111 Gemeinderäte und ihre 65.347 Mitglieder entscheiden und auch über 13 der 17 Regionalparlamente. Nach Umfragen liegen die beiden großen Parteien Kopf an Kopf bei jeweils etwa 38 Prozent. Noch immer haben die regierenden Sozialisten (PSOE) einen leichten Vorteil vor der ultrakonservativen Volkspartei (PP). Die schiebt sich, und das sorgt die Regierung, in den Umfragen immer näher an PSOE heran.
Dazu steht im Widerspruch, dass die PP in vier Regionen die Macht einbüßen könnte, die sie bisher mit harter Hand regiert. Die PSOE von Ministerpräsident José Luis Rodríguez Zapatero könnte mit kleineren Partnern den Konservativen die Regionalregierungen der Kanarischen Inseln, der Balearen, der Provinz Valencia und Navarra abnehmen. In letzterer regiert die UPN, eine regionale Schwesterpartei der PP.

Vor allem die beiden Urlaubsregionen werden seit Monaten von Korruptionsskandalen erschüttet. Auf den Balearen wurde dabei auch der PP-Präsident in Mitleidenschaft gezogen. Ganz anders sieht es aber in der PP-Hochburg Madrid aus. Die Hauptstadt und die Provinz um sie herum wird sie weiter fest in der Hand halten. Die Umfragen sind sich einig darin, dass Alberto Ruiz-Gallardón Bürgermeister bleibt und Esperanza Aguirre weiter die bevölkerungsreichste Region regieren wird. Veränderungen dürfte es auch nicht in der zweitgrößten Stadt Barcelona geben, wo der Linkskoalition aus Sozialisten und Linksnationalisten erneut ein Sieg erreichen sollen.

Die Sozialisten dürften in ihren Hochburgen Kastillien-La Mancha und der Extremadura zwar Stimmen einbüßen, aber weiter die Regionen regieren. Voraussagen für Andalusien, Katalonien, Galicien und die Autonome Baskische Gemeinschaft (CAV) können nicht gemacht werden, weil sie ihre Regionalparlamente schon gewählt haben.
Besonders sind erneut die Wahlen im Baskenland. Sollte es gelingen der UPN in Navarra die Macht zu nehmen, stände es etwas günstiger dafür, den Friedensprozess wieder aufzunehmen, da sich die Konservativen gegen Veränderung wehren. Sie machen den Friedensprozess, in dem die Frage der Provinz Navarra zentral ist, zu einem Hauptthema. Deren Ex-Ministerpräsident José María Aznar forderte, gegen den "Prozess zur Zerstörung des Staates" durch die PSOE zu stimmen. Er warf Zapatero sogar vor, "das Land an den Rand eines Bürgerkriegs" zu bringen.

Eine schwere Hypothek für den Prozess ist der Ausschluss von fast 400 Wählerlisten. Einigen Sozialisten ist nicht wohl bei dem Vorgehen ihrer Regierung, die sogar mehr als die Hälfte der Listen der antifaschistischen Traditionspartei EAE-ANV ausschließen ließ, weil hinter ihnen die verbotene Partei Batasuna (Einheit) stehen soll. Erstaunt haben die selbstkritischen Worte des Generalstaatsanwalts Candido Conde Pumpido, der nun von "Guantanamo-Wahlen" spricht. Man habe mit Verboten von Listen einer legalen Partei wohl "über die Stränge geschlagen". Dabei war er es, der sie beantragt hat. Wie sich das auswirken wird, ist noch unklar. Viele Wähler der baskischen Linken werden die illegalisierten Listen wählen, womit die Stimmen ungültig werden. Einige dürften sich, vor allem in Navarra, aber pragmatisch für die Koalition der Vereinten Linke (IU) mit der Batasuna Abspaltung Aralar entscheiden, um die UPN abwählen zu können.

Auf den Kanarischen Inseln und den Balearen wird heftig mit der Migrationsfrage Wahlkampf gemacht. So hatte Spaniens sozialistische Regierung heftig die EU kritisiert und deshalb hat die europäische Grenzagentur Frontex die Patrouillen heute wieder aufgenommen. Mit dem sogenannten "Patrouillennetz", bestehend aus Schiffen, Flugzeugen und Hubschraubern, soll nun wieder gegen die illegale Einwanderung über den Atlantik und das Mittelmeer in die EU vorgegangen werden. Der Aufbau dieses Netzes wurde auf dem EU-Gipfels im Dezember beschlossen, um eine gemeinsame Migrationspolitik zu stärken und die "Einsatzmittel effizienter zu nutzen", sagte der konservative EU-Kommissar für Justiz, Freiheit und Sicherheit Franco Frattini.

Noch am Montag musste Frattini Kritik vom sozialistischen Abgeordneten Manuel Medina im Europaparlament einstecken. Der Abgeordnete von den Kanarischen Inseln machte die EU für die "Krise der illegalen Immigration" auf den Kanarischen Inseln verantwortlich. Es sei auffällig, dass die Ankunft vieler Boote aus Westafrika mit der Tatsache zusammen fiel, dass der im Februar begonnene Einsatz Hera III, zwischenzeitlich ausgesetzt wurde.

Das erstaunte tatsächlich, denn im Frühjahr steigt die Zahl der Flüchtlinge stets an, die sich mit Booten von Westafrika auf den Weg zu den Kanarischen Inseln machen, weil besseres Wetter und der Seegang höhere Chancen bieten, die lange Reise zu überleben. 2007 haben knapp 4000 Menschen die Urlaubsinseln erreicht, davon gut ein Drittel im Mai. Frattini hat versprochen sich für einen permanenten Frontex-Einsatz vor Westafrika einzusetzen. Ob das die Menschen abhält, ist zweifelhaft. Trotz Frontex-Überwachung erreichten im Rekordjahr 2006 mehr als 31.000 Flüchtlinge die Inseln, etwa sechsmal so viele wie im Vorjahr. Gut 6000 Menschen haben 2006 die Überfahrt nicht überlebt.

Die sozialistische Regierung hat mit einer "dringlichen Aktion" reagiert. In der wohl größten Abschiebeaktion am Wochenende wurden mit 12 Flugzeugen 750 Schwarzafrikaner von den Kanarischen Inseln in den Senegal deportiert. "Wer illegal unsere Grenzen überschreitet, wird in sein Land zurückgebracht". Das sei die Nachricht der Regierung von José Luis Rodríguez Zapatero, die dabei "auf die Hilfe und Solidarität der übrigen Mitgliedsstaaten zählt", sagte Medina. Die Sozialisten wollten vor den Regional- und Kommunalwahlen am Sonntag Tatkraft beweisen, denn die ultrakonservative Volkspartei (PP) greift sie in der Migrationsfrage stets scharf an. Auf den Balearen, wo nun ebenfalls Boote aus Nordafrika ankommen, und den Kanarischen Inseln, will die PP mit dem Thema die Wahlen gewinnen.

© Ralf Streck, den 24.05.2007
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Ergänzungen

Hinweis

Ralf 26.05.2007 - 10:18
Hier ein Artikel wie sich das Flüchtlingselend inzwischen zur Touristenatraktion entwickelt.  http://www.heise.de/tp/r4/artikel/25/25353/1.html

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