Güstrow - Rede "100 Tage und kein Bleiberecht

Na klar bleibe ich!!! 24.02.2007 19:49 Themen: Antirassismus
Auch in Güstrow (Mecklenburg-Vorpommern) hat heute anlässlich des bundesweiten Aktionstages "100 Tage und kein Bleiberecht" eine Kundgebung stattgefunden.

In der Rede wurde die Verbindung hergestellt zwischen dem Leben müssen in Lagern, den Gründen für Migration in den sog. "industrialisierten" Länder und der konkret auf Treffen wie dem G8-Gipfel vereinbarter neoliberaler Politik mit all ihren Auswirkungen.
Meine Damen und Herren, ich möchte heute Euch informieren über die Migrationspolitik in Deutschland.

Wir sind Menschen, die seit Jahren hier in Deutschland leben, unter Gesetzen, die Diskriminierung und Rassismus bedeuten. Manche von uns sind seit über 10 Jahren hier, mit Kindern im Lager eingesperrt.

Ich möchte Euch ein Beispiel nennen: die Familie Jassin. Herr Jassin und seine Frau sind vor 11 Jahren mit ihrem kleinen Kind aus dem Irak hierher geflüchtet. Seitdem müssen sie in einem Lager leben. Sie sind aber nicht mehr nur zu dritt. Drei weitere Kinder sind dazu gekommen. Sie kennen nichts anderes als das Leben im sogenannten Asylbewerber-Wohnheim. Das damalige kleine Kind ist jetzt groß geworden, er geht inzwischen in die 8.Klasse.
Zwei weitere Kinder der Familie Jassin gehen ebenfalls schon zur Schule.
Sie leben nicht in einer Wohnung wie ihre Mitschüler_innen. Die ganze Familie mit 5 Menschen muss sich ein Zimmer und einen kleinen Raum teilen.

Aber es ist nicht nur die Situation im Lager ein Problem. Seit die Familie in Deutschland ist, gibt es immer - jede Nacht die Angst, dass Polizist_innen kommen, um sie abzuschieben in die Ungewissheit und in ein Land, wo Gewalt und Terror herrschen.

Im Herbst 2006 haben sich die Innenminister zusammengesetzt, eine Bleiberechtsregelung für geduldete Flüchtlinge zu beschliessen.


Aber was ist das Ergebnis?

Die Familie Jassin und viele andere Flüchtlinge hatten große Hoffnungen in diese Regelung gesetzt, die Hoffnung nach so vielen Jahren ohne Angst und unter menschenwürdigen Bedingungen haben zu können. Doch die Bleiberechtsregelung stellt hohe Hürden, die von den wenigsten Flüchtlingen erfüllt werden können.

Ich frage mich jetzt, was wird mit uns passieren? Was wird mit den Kindern von Herrn Jassin passieren?
Die Familie wird wahrscheinlich auch nach 11 Jahren in Deutschland kein Bleiberecht erhalten. Bis wann sollen sie nach weiter im Lager leben?

Und, meine Damen und Herren, ich möchte sie bitten, diese Menschen zu helfen. Wir können uns nicht auf die Hilfe von Behörden verlassen, wir brauchen Hilfe von Euch. Unsere Türen sind offen für Euch.

Wir sind Menschen und wir haben das Recht hier zu sein. Menschen sind nicht geboren, um das ganze Leben an einem Ort zu sein. Es gibt verschiedene Gründe seine Heimat zu verlassen. Viele Europäerinnen, die Geld haben nennen solche Reisen "Urlaub" oder "Ferien". Wir müssen gehen aus unserer Heimat, weil wir fliehen müssen vor Verfolgung, Folter, Hunger oder aus der Sehnsucht nach einem besseren und schöneren Leben.

Wir mussten hier herkommen, weil ihr unsere Länder zerstört!

Für die Lebenssituation und die Probleme in den Herkunftsländern von Flüchtlingen tragen die Industrieländer einen Großteil der Verantwortung. In vielen Ländern der sogenannten "Dritten Welt" herrscht Armut und Leid und die Gründe dafür liegen unmittelbar in der Politik der sogenannten "industrialisierten Welt".

Deswegen ist das Thema Migration einer der Schwerpunkte der Mobilisierung gegen die Politik der G8 und ihrem konkreten Treffen in Heiligendamm . Auch schon vor dem Treffen im Juni 2007 werden wir die Fluchtursachen und die Verantwortung der "reichen" Länder dafür zum Thema machen!

Dafür brauchen wir alle - auch dich!

Es geht nicht nur darum die deutsche Asylpolitik zu kritisieren, wir rufen Euch auf gemeinsam aktiv zu werden, um gegen globale Ungerechtigkeiten aufzustehen und im Alltag die Abschiebung von Flüchtlingen in Lager zu brechen. Menschen nicht isoliert zu lassen. Die gemeinsame Mobilisierung nach Heiligendamm kann nur ein Anfang für eine weiter bestehende gemeinsame politische Praxis sein. Wir laden alle Leute ein sich daran zu beteiligen - vor dem Gipfel, im Juni in Heiligendamm und anderswo.

Bewegungsfreiheit und Bleiberecht für ALLE Menschen.
Creative Commons-Lizenzvertrag Dieser Inhalt ist unter einer
Creative Commons-Lizenz lizenziert.
Indymedia ist eine Veröffentlichungsplattform, auf der jede und jeder selbstverfasste Berichte publizieren kann. Eine Überprüfung der Inhalte und eine redaktionelle Bearbeitung der Beiträge finden nicht statt. Bei Anregungen und Fragen zu diesem Artikel wenden sie sich bitte direkt an die Verfasserin oder den Verfasser.
(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)

Ergänzungen