Neue Schikanen für Kölner Alg II Bezieher

Peter Löwisch 13.10.2006 23:33 Themen: Repression Soziale Kämpfe
Mit neuen Anforderungen der Kölner Arbeitsgemeinschaft wird versucht, die Erwerbslosen Alg II Bezieher zu schikanieren.
Renate J. in Köln ist 60 Jahre alt, Unterzeichnerin der so genannten 58igerVRegelung noch vor der Einführung von Hartz IV, seit 01.01.2005 Hartz IV Betroffene und hat vor drei Wochen Ihre halbjährliche Verlängerungsbescheid von Alg II erhalten.

Als sie heute ihren Briefkasten öffnete und einen dickeren Brief der ArGe Köln erhielt, ahnte sie nichts böses. Doch was sie dann in Händen hielt, verschlug ihr die Sprache. Da wurde sie über neun Seiten aufgefordert Auskünften zu erteilen, die die ArGe längst hatte. So die Frage nach Miete, Nebenkosten, Warmwasser und Heizung. Doch jetzt ging es weiter. Sie wurde aufgefordert, bis zum 26. Oktober folgende weitere Unterlagen einzureichen. 1) Eine Kopie des Sozialversicherungsausweises, 2) eine Kopie der Krankenversicherungskarte, 3) eine Kopie der Geldkarte des Bankinstitutes, 4) Kontoauszüge der letzen drei Monate und last not least sollte sie eine Abbuchungsgenehmigung unterschreiben, in der sie die ArGe bevollmächtigte von ihrem Konto eventuell überbezahlte Zahlungen rückzubuchen.

Renate J. ging daraufhin schnurstracks zur ArGe. Beim Empfangsschalter wusste man von dieser Aktion nichts und meinte, dies müsse eine Sachbearbeiterin wissen. Nach einer längeren Wartezeit (die es in Köln trotz der angeblichen Abschaffung der Wartezeiten wieder gibt) wurde sie dann zu der Sachbearbeiterin herein gerufen. Diese ihr zugewiesene Ansprechperson konnte im Computer nicht feststellen, dass Renate J. gerade vor drei Wochen die Alg II Verlängerung erhalten hatte, ebenso lies sich bei ihr auch nicht feststellen, dass die Hartz IV Bezieherin die 58iger Regelung unterschrieben hatte. Nun meinte die Sachbearbeiterin, dass für die Verlängerung, die ja bereits vorlag, wohl noch Unterlagen gefehlt hätten, daher diese neuerliche Aufforderung. Ansonsten wisse sie auch nicht, warum Renate J. diese ganzen Unterlagen nun vorlegen solle. Sie müsse diese Unterlagen nur einsammeln. Renate J. war etwas eingeschüchtert und gab dann die Krankenversicherungskarte und die Bankkarte zum kopieren. Den Sozialversicherungsausweis wollte sie dann später nachreichen. Was die Kontoauszüge betraf, so kündigte sie der Sachbearbeiterin an, ihr dann 60 Auszüge auf den Schreibtisch legen würde. Dies war der Sachbearbeiterin wohl zu viel und sie gab Renate J. den Rat, sie solle sich an ihr Bankinstitut wenden, dort würde sie eine gesonderten Ausdruck der Kontobewegungen der letzten drei Monate bekommen. Den Abbuchungsauftrag zugunsten der ArGe allerdings wollte Renate J. nicht unterschreiben und bekam dann einen Termin zur weiteren Besprechung nächste Woche bei der ArGe.

Renate J. ging nun anschließend zu ihrer Bank, um die Ausdrucke der Kontoauszüge zu bekommen. Das aber weigerte sich, solche Ausdrucke zu erstellen, da diese auch Daten enthalten hätte, die die ArGe nichts angehen würde. So die Bank.

Renate J. fühlt sich von der ArGe Köln schikaniert. Denn sie kann keinen Sinn darin sehen,. ihre Bankkarte, ihre Krankenkassenkarte in Kopie dort zu lassen. Außerdem sträubt sich alles in ihr, der ArGe eine Einzugsermächtigung zu geben. Warum auch, überbezahlte Gelder können ja rücküberwiesen werden.

Es scheint so zu sein, dass in Köln diese Forderungen an eine zufällig ausgewählte Gruppe von Erwerbslose Alg II Empfänger gestellt wird um weitere Schikanen auszuprobieren. Wie heißt doch das von dem Unternehmensberater Roland Berger ausgegebene Motto in Köln: "der durch mehr und mehr Aufgaben getriebene ArGe Mitarbeiter soll den Druck auf die Erwerbslosen übertragen und diese treiben..." Begrifflichkeiten, die in der Viehwirtschaft beheimatet sind. Erwerbslose als zu treibendes Vieh. Mehr Menschenverachtung kann es wohl kaum noch geben.
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Ergänzungen

Renate J.

Jupp 14.10.2006 - 19:18
ist nicht die einzige. So was scheint jetzt öfter vorzukommen.

Generell sollten Arbeitslose nie allein zur ArGe (bzw. zum Arbeitsamt) gehen. Nach SGB X, § 13 hat jedeR einen Anspruch darauf, einen Beistand mitzunehmen. Mit Beistand sind die FallmanagerInnen oft viel freundlicher, es können leichter bestimmte Sachen durchgesetzt werden (bspw. daß mensch keinen 1 Euro Job will) und mensch hat eineN ZeugIn dabei.

"Beistand" heißt nicht eine Person, vielmehr ist im Gesetz keine Quantifizierung vorhanden. Ein Vorstand besteht ja schließlich auch nicht aus einer Person.

Dennoch versuchen die FallmanagerInnen oft, nur eine Person zuzulassen. Es ist aber auch schon mehrfach in Köln gelungen, mehrere Personen als Beistand durchzusetzen. Es kommt auf die Entschlossenheit und Beharrlichkeit an.

Die FallmanagerInnen haben nicht viel Zeit. Wenn absehbar ist, daß mensch ein zeitraubendes Theater veranstaltet, wenn was nicht so läuft, wie mensch will, ist die Chance größer, daß der/die FallmanagerIn nachgibt. Auf jeden Fall sollte mensch bei Maßnahmen, die einem/r nicht passen, nach der Rechtsgrundlage fragen. Die FallmanagerInnen sind nämlich auch an geltendes Recht gebunden und können nicht nach Lust und Laune verfahren. Im Zweifelsfall sollte mensch sich an den/die VorgesetzteN wenden. Die stehen auch unter Zeitdruck und haben es garnicht gerne, wenn sie Sachen erledigen müssen, die die FallmanagerInnen verbockt haben. Wenn das öfter vorkommt, wird der/die FallmanagerIn Druck bekommen.

Der Hebel, an dem wir sitzen ist vielleicht nicht besonders lang, aber länger als die meisten glauben.

Bosheit als System

Chefarztfrau 15.10.2006 - 17:52
Hallo Leute, der Bericht hat mich enorm verärgert. Ich habe die Sache in meinem Blog mal in Zusammenhang mit Herrn Merz gesetzt: Die alltägliche Schikane und die Schamlosigkeit ihrer Konstrukteure Viele Grüße Chefarztfrau

änlich

gast 15.10.2006 - 18:11
habe ähnliche erfahrungen mit dem amt gemacht und kann nur alle betroffenen dazu ermutigen sich einen anwalt zu nehmen(ihr bekommt prozesskostenhilfe als alg 2 empfänger) oder zum sozialgericht zu gehen.langsam nimmt das überhand auf den arbeitsämtern und mensch muss sich nicht alles gefallen lassen!es wird zeit,dass die bearbeiter für ihre blödheit und ihre dreistigkeit ordentlich eines auf den deckel bekommen!!!
iel glück allen betroffenen!

Anwalt reicht allein nicht...

Schneider 15.10.2006 - 19:23
Denn in solchen Fällen bestand gar keine
Pflicht die geforderten Unterlagen einzureichen.
Wenn schon nachfragen, dann nach einer Begründung.
Erst die kann rechtlich gewertet werden. Ebenso
ein Verwaltungsakt z.B. Streichung oder Kürzung,
weil das Geforderte nicht eingereicht wurde.
Gerichtlich hätte eine solche Kürzung keine
Aussicht auf Erfolg - weil eben die Begründung
fehlt. Aber selbst wenn eine Begründung erfolgt,
muss das Geforderte nicht geliefert werden, wenn -
wie hier - bereits alles abgeschlossen ist (eine
Abbuchungsberechtigung muss NIE erteilt werden).

Also zunächst lernen, nicht einfach jeder
Aufforderung der ARGE nachzukommen - außer
mensch hält sie für nachvollziehbar. Bei nicht
nachvollziehbaren Forderung am Besten überhaupt
nichts machen. Erst wenn es zu Kürzung kommen
(was immer einen schriftlichen Bescheid mit
Begründung und Rechtsbelehrung) vorausetzt,
Rechtsbeistand nehmen oder direkt zu Gericht.

Noch ein Hinweis: Das hier Gesagt betrifft alle
ARGE-Aktivitäten NACH bereits erfolgter Festsetzung.
Bei Erst- und Folgeanträge ist es etwas anders.
Auch wenn es schwer fällt: Nicht an das Gute in den
ARGEN glauben.

§ 428 SGB III-Regelung hat hiermit nichts zu

ein wissender 17.10.2006 - 00:17
es ist richtig, dass das sgb II (alg II, hartz IV) im leistungsbereich grobe einschnitte für die bezieherInnen brachte; entsprechende nachweise gab es genug, dass die regelsätze im vergleich zur alten stütze zu niedrig sind.
bei diesem artikel liegt aber ein großer fehler vor.
die § 428 SGB III-Regelung ( Ü58-Regelung) hat nichts mit leistungsfragen zu tun. (miete, nebenkosten, kontoauszüge,...). in dieser regelung steht, dass arbeitslosen ab 58 jahren zugestanden wird, nicht mehr dem arbeitsmarkt zur verfügung stehen müssen.
von miete, lebenshaltungskosten, kontoauszügen steht da gaaar nix. es geht allein um die frage, ob vermittlung in arbeit noch zugemutet werden kann, die arge kann daher troz dieser regelungen leistungsrelevante nachfragen stellen
bitte daher das nächste mal genauer.

jetzt unsachlich zu r. berger: überall wo bisher r.berger eingesetzt wurde kamen (mehr) arbeitslose raus; bekommt der für seine arbeit eine mehraufwandsentschädigung (1 euro-job)