Riesige Repressionswelle in der Türkei

Hasan Ocak 22.09.2006 01:04 Themen: Medien Repression Weltweit
Heute (21 September 2006) um 15.30 Uhr wurden zahlreiche systemkritische Institutionen in der Türkei durchsucht, Computer und Dokumente beschlagnahmt und viele Journalisten, Menschenrechtsaktivisten, Gewerkschaftler verhaftet.
„Uns könnt ihr nicht besiegen!“
Heute (21 September 2006) um 15.30 Uhr wurden zahlreiche systemkritische Institutionen in der Türkei durchsucht, Computer und Dokumente beschlagnahmt und viele Journalisten, Menschenrechtsaktivisten, Gewerkschaftler verhaftet.

Die Bilanz sieht folgendermaßen aus:
Istanbul:
- Das Radio „Özgür Radyo“ wurde durchsucht. Die beiden Journalisten Halil Dinc (Verantwortlicher für die Nachrichten) und Sinan Gercek (Pressesprecher) wurden von der Polizei festgenommen. Die Polizei beschlagnahmt 10 Computer, Telefonbücher, Dokumente und Recherchen des Radios und persönliche Notizen der Mitarbeiter.
- Zur gleichen Zeit wurde das Zentralbüro der Wochenzeitung Atilim in Istanbul und die dazugehörigen Bezirkbüros, die Druckerei, in der die Zeitung Atilim gedruckt wird, durchsucht. In der Presseagentur wurden die Journalisten Özge Kelekçi, Kadir Aktaş und Önder Öner verhaftet. Im Zentralbüro wurden insgesamt neun Journalisten inhaftiert. Wir kennen nur die Namen Songül Akbay, İlden Dirini, Ayşe Koç und Yılmaz.
Das Kulturzentrum BEKSAV wurde durchsucht. Serdal Kılınç wurde beim auf dem Heimweg festgenommen, weil er keinen Ausweis bei sich trug.
- Die Büros der sozialistischen Plattform der Unterdrückten ESP wurden durchsucht. Wir wissen dass die Istanbuler Vertreterin Figen Yüksekdağ inhaftiert wurde.
- Die Büros der Verschönerungsvereine in sämtlichen Stadtteilen wurden durchsucht. Seryoldaş Akar wurde inhaftiert.
- Die Vereine der werktätigen Frauen wurden durchsucht. Die Vorsitzende Çiçek Otlu und Boran wurden inhaftiert.
- Die Gewerkschaft Tekstil-Sen wurden durchsucht. Die Vorsitzende Ayşe Yumli Yeter wurde inhaftiert.
- Die sozialistischen Jugendvereine in Fındıklı und İstanbul wurden durchsucht
- Die Büros der Kulturzeitung „Kunst und Leben“ (Sanat ve Hayat) wurden durchsucht.
- Die Privatwohnungen von systemkritischen Menschen in İskenderun und in mehreren Stadtteilen, von Spezialeinheiten der Polizei überfallen.
İzmit:
- Das Büro der sozialistischen Plattform der Unterdrückten ESP in Kocaeli wurde durchsucht. Die Polizei durchsuchte für drei Stunden das Büro.
İzmir:
- Das Büro der Zeitung Atilim wurde durchsucht. Alle Computer, CDs, Disketten und Dokumente wurden beschlagnahmt.
- Von der Gewerkschaft Tekstil-Sen wurden die Büros in Denizli und Izmir durchsucht.
- Das Büro der Sozialistischen Jugendvereine wurde durchsucht.
- Das Kulturzentrum im Yamanlar wurde durchsucht.
- Augenzeugen berichteten, dass eine Frau in Izmir Cankaya von der Polizei verschleppt wurde. Sie soll geschrieen haben: „Die Polizei nimmt mich mit um mich zu verschleppen, gibt dem Menschenrechtsverein bescheid“. In der Türkei sind seit 1990 über 1200 Menschen unter Haft „verschwunden“.
Ankara:
- Das Büro der sozialistischen Plattform der Unterdrückten ESP wurde durchsucht. Hasan Coşar wurde unterwegs inhaftiert.
- In Mamak wurde der Verein der werktätigen Frauen durchsucht. Zahlreiche Computer, CDs, Fotoapparate wurden beschlagnahmt.
Adana:
- Das Büro der Zeitung Atilim wurde durchsucht.
- Bei Hausdurchsuchungen wurde Havali Mengi und Arzu Mazı und jemand mit den Vornamen Murat inhaftiert.
İskenderun
Auch in Iskenderun gab es Hausdurchsuchungen. Wir kennen in Moment die Namen der Inhaftierten nicht.
Antep:
- Das Büro der sozialistischen Plattform der Unterdrückten ESP wurde durchsucht.
- Das Büro der Sozialistischen Jugendvereine wurde durchsucht.
Folgende Menschen wurden inhaftiert: Sevim Ölçmez, Hasan Çandır, Oruç Güneş, İsa Yazıcı, Von drei Menschen mit den Vornamen Can, Eser und Gülbeyaz konnten wir die Nachnahmen nicht erfahren.
Diyarbakir:
- Die Wohnungen des Diyarbakir - Vorsitzenden der sozialistischen Plattform der Unterdrückten wurde durchsucht.
- Auch die Wohnungen von Atilim-Journalist/Innen wurden durchsucht. Alle Computer wurden beschlagnahmt. Elf Menschen, die im Büro waren, wurden inhaftiert. Unter Ihnen Serdal Işık, Seyhan Namaz ve Rıdvan Tekeş. Die anderen Namen konnten wir noch nicht erfahren.

Malatya:
Auch in Malatya wurde das Büro der sozialistischen Plattform der Unterdrückten durchsucht.
Antalya:
In Antalya wurde eine Frau mit dem Namen Meltem Şahin inhaftiert.
Begründet werden die Überfälle mit dem Urteil des 14. Strafgerichts, also mit dem früheren Strafsicherheitsgerichts. Wieder wurden sehr viele Menschen willkürlich festgenommen. Die Repressionswelle der türkischen Polizei wird zurzeit noch fortgesetzt. Die Polizei macht keine Aussagen bezüglich der Festnahmen. Wir wissen nicht wie viele Menschen noch festgenommen werden.
Demokratische Institutionen und Organisationen sind in vielen Städten der Türkei und Nordkurdistan Repressionen des Staates ausgesetzt, weil sie trotz einer straffen Zensur ihre kritische Meinung beibehalten. Fest steht dass mit dieser Repressionswelle die Meinungs- und Versammlungsfreiheit extrem eingeschränkt wird.
An alle Arbeiter und Werktätigen, demokratisch fortschrittlich gesinnten Institutionen und Organisationen: Wir rufen euch auf gegen den Terror des türkischen Regimes zu kämpfen.
Wir erwarten von allen, die sensibel genug sind, gegen die Durchsuchungen, die willkürlichen Festnahmen und für die Freilassung der Menschen Protestfaxe und E-Mails an das Gerichtsministerium, Premierministerium und Innenministerium zu schicken. Solidarisiert euch mit den Menschen, die grundlos festgenommen wurden!
İnnenminister Abdulkadir Aksu, E-Mail:  aaksu@icisleri.gov.tr
Premierminister Tayyip Erdoğan, E-Mail:  bimer@basbakanlik.gov.tr
Antiterror-Verwaltungsbüro Tel: 0090 212 636 12 15, Fax : 0090 212 636 28 71
Polizeidirektion Istanbul Tel: 0090 212 635 00 00
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Ergänzungen

blöde

antwort ? 22.09.2006 - 17:57

warum nicht bei SPON?

ganz einfach 22.09.2006 - 18:00
Das ist doch ganz einfach,

DER SPIEGEL klaut nämlich ganz gerne bei indymedia und gibt das Material als das eigene aus...
Der letzte Vorfall war das Video aus Wismar, das fast ungeschnitten bei SPIEGEL TV am 24.9. laufen wird...bei SPON schon jetzt zu sehen

Scheißsystempresse...

Wer wurde angegriffen?

Erklärung 22.09.2006 - 23:56
Die in obigem Artikel genannten Einrichtungen, Organisationen und Medien stehen nach Dafürhalten der türkischen repressionsbehörden der in der Türkei verbotenen Partei "MLKP" nahe.
Mittlerweile sind im Zuge der aktuellen Verhaftungswelle ca. 150 Personen festgenommen worden.
Bei einem Teil der Haftbefehle und Durchsuchungsbeschlüsse ist offenbar nicht einmal ein Grund angegeben. Anderen liegt lediglich ein fadenscheiniger Vorwand zu Grunde (z.B. die Festgenommenen hätten während der diesjährigen 1.Mai Demonstration verbotene Slogans skandiert)

Es handelt sich bei dieser Operation um eine der größten Repressionsmaßnahmen der letzten Jahre in der Türkei. Betroffen sind, wie in der Nachricht vermerkt, unter anderem (bisher) legale Gewerkschaften, eine Kulturzeitschrift, eine sozialistische Wochenzeitung und ein fortschrittliches Kulturzentrum sowie Frauenvereine und fortschrittliche Jugendvereine.

Grundlage des Vorgehens des türkischen Staates ist das neue sogenannte Antiterrorgesetz TMY.
Ziel dürfte die endgültige Zerschlagung einer relativ breit verankerten linken Bewegung sein - eine weitere "Säuberung" des Landes im Interesse der Herrschenden in der Türkei, der Europäischen Union und den USA.

Andere Medien

Klaus 23.09.2006 - 12:23
 http://www.antiimperialista.org/index.php?option=com_content&task=view&id=4750&Itemid=82

Auf der Seite steht auch was über die festnahmen, jedoch ist es besorgniserregend, dass die bürgerlichen Medien diese Vorfälle anscheinend mit keinem Wort kommentieren....

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Zeige die folgenden 4 Kommentare an

blöde — frage

Weitere Fragen — werwiewaswiesoweshalbwarum

mhh — eman

spiegel / video — rick