Bielefelder Uni täuscht die Öffentlichkeit

Sara Jochmeyer 28.07.2006 06:21 Themen: Medien
Der zwischenzeitlich abhandene Generalschlüssel der Universität Bielefeld ist zurück. Die Uni-Leitung verschweigt das, hetzt weiter gegen Gebührengegner, lanciert Falschmeldungen und kriminalisiert ihre Studierenden.
Bekennerschreiben

Am Mittwoch sind dem Bielefelder Uni-Radio und mindestens zwei freien Journalisten Bekennerschreiben zugegangen, die sich auf den Diebstahl eines Generalschlüssels der Universität Bielefeld sowie auf zwei Anschläge mit Fäkalien beziehen.

Demnach hat die Gruppe, die sich "Die Schlüsselkinder" nennt, am vergangenen Wochenende das Büro eines Professors mit "Scheiße" verschmiert. Begründet wird diese Handlung mit der Rolle, die der besagte Professor bei der Einführung allgemeiner Studiengebühren in Bielefeld innehatte.

Im Anschluß habe man "den nun nicht mehr benötigten Schlüssel" im Rahmen eines weiteren Fäkalien-Anschlags auf das Wohnhaus eines weiteren Professors "gut verpackt zurück gegeben". Diesen Anschlag haben Nachbarn gegenüber freien Journalisten bestätigt.

Bezüglich anderer Anschläge an der Universität weisen die Verfasser eine Beteiligung von sich, formulieren aber eine Solidarisierung und kündigen weitere Handlungen an.

In mindestens einem der Schreiben authentifizieren sich die Verfasser durch ein beigelegtes Foto des Generalschlüssels. Offenbar handelt es sich dabei entgegen bisheriger Annahmen um einen Bund aus zwei Schlüsseln.

Schweigen der Uni-Leitung und gezielte Falschmeldung

Die Leitung der Universität hat die Rückgabe des Schlüssels gegenüber den Medien bislang verschwiegen. Im Gegenteil wurde in den letzten Tagen in Zusammenarbeit mit der Staatsanwaltschaft eine hohe Belohnung für die Ergreifung der Täter höchst unterschiedlicher Anschläge ausgesetzt. Dabei stellt die Uni-Leitung immer wieder Studierende unter Generalverdacht, die sich gegen die Einführung allgemeiner Studiengebühren wenden. Als Beleg dient hierfür der besagte Generalschlüssel, der am Rande solcher Proteste verloren gegangen war.

Auch der Anschlag auf das Wohnhaus des Professors Ulrich Heinzmann, mit dem der Schlüssel zurückgegeben wurde, wird seitens der Universität bisher verschwiegen.

Nun ist die Uni-Leitung noch einen Schritt weiter gegangen. In einer aktuellen Pressemitteilung heißt es, der Generalschlüssel sei noch in der Nacht zum Donnerstag für einen versuchten Einbruch in Chemie-Labore der Universität verwendet worden.

Über die Gründe für das Schweigen und die Falschmeldung kann nur spekuliert werden. Möglicherweise spielen ermittlungstaktische Erwägungen eine Rolle. Mindestens ein angenehmer Nebeneffekt für die Uni-Leitung wird aber deutlich. Ihre politischen Gegner werden weiterhin pauschal in eine kriminelle Ecke gestellt. Da inzwischen auch der polizeiliche Staatsschutz in der Universität ermittelt, müssen sämtliche Gegner von Studiengebühren weiterhin mit einer Überwachung rechnen. Alleine deshalb ist das Vorgehen der Bielefelder Uni-Leitung ein politischer Skandal.
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Ergänzungen

kein Bekennerschreiben angekommen

Michael 28.07.2006 - 16:10
Ergänzung von Hertz 87,9 (dem oben im Artikel erwähnten "Bielefelder Uni-Radio"): Wir haben kein Bekennerschreiben erhalten. Wenn wir vor zwei Tagen eines bekomen hätten, dann hätten wir schon längst darüber berichtet.

Würde ja gerne wissen, woher der/die AutorIn des Artikels die Informationen hat ... ?

Diskussion um Glaubwürdigkeit

Bielefelder Student und Gebührengegner 28.07.2006 - 16:50
An der Uni Bielefeld geht es in der Gerüchteküche seit heute Morgen brodelnd zu, nachdem der Pressesprecher dementiert hat, dass der Generalschlüssel zurück sei. Auch Redakteure von Radio Hertz sagen aus, kein Bekennerschreiben erhalten zu haben. Gleichzeitig ging es im Rektorat hoch her, eine Mischung aus Hektik und Panik. Eine offizielle Stellungnahme der Unileitung ist noch ausgeblieben. Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes haben jedoch zwischenzeitlich bestätigt, dass die neue Information, es handele es sich um zwei Schlüssel, richtig ist. Auch die Aktion am Haus von Professor Heinzmann wurde durch einen Professor bestätigt.
Wenn das Rektorat schon nicht für zuverlässige Aufklärung sorgt, sollten die Aktivisten oder die informierten Journalisten das tun. Scans oder Fotos von Bekennerschreiben und Schlüssel wären hilfreich.
Bis dann steht Aussage gegen Aussage, und das wird nicht reichen, die Öffentlichkeit zu überzeugen, und zwar die bürgerliche Öffentlichkeit. Wir Gebührengegner brauchen nach den Erfahrungen der letzten Monate keine weiteren Beweise für das infame Vorgehen des Rektorats.

presse neue westfälische

e 29.07.2006 - 17:22
Auch nach Aussetzen einer Belohnung ist keine Bewegung in die Ermittlungen nach Anschlägen auf die Universität Bielefeld gekommen. "Wir sind erstaunt, dass bislang gar keine Hinweise eingegangen sind", sagt Harald Brüntrup vom Staatsschutz. Unterdessen brodelt die Gerüchteküche zu den Themen Generalschlüssel und Bekennerschreiben.

Auf der Internetseite indymedia wird berichtet, dass der Uni-Generalschlüssel nach dem Kuhfladen-Anschlag wieder zurückgegeben und ein Bekennerschreiben unter anderem an das Uni-Radio Hertz 87,9 geschickt worden sei. "Es ist kein Schlüssel zurückgegeben worden", sagt Staatsschutz-Ermittler Brüntrup. "Bei uns ist kein Bekennerschreiben eingegangen. Der Bericht auf indymedia entspricht nicht der Wahrheit", erklärt Michael Böddeker von Hertz 87,9.

Bei dem Generalschlüssel, der, wie berichtet, in einem Handgemenge einem Sicherheitsmann am Rande der Senatssitzung zu Studiengebühren entrissen worden war, handelt es sich nicht um einen, sondern um zwei Schlüssel an einem Schlüsselbund. Das bestätigte der Staatsschutz. Beide Schlüssel passten in mehr als 10.000 Schlösser. 500 "besonders sensible Bereiche" hat die Uni mit neuen Schlössern versehen.

In der Nacht zum Freitag kam es erneut zu einem Brandanschlag. Unbekannte legten Feuer in einer Toilette im Bereich V im Erdgeschoss. Sicherheitskräfte entdeckten den Brand, die Feuerwehr konnte schnell löschen. Es entstand geringer Sachschaden. Zum elften Mal war die Feuerwehr in den vergangenen zwei Wochen zu einem Brandeinsatz in der Uni.

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fragwürdig?? — jemand anders

eine weitere Idee — ergänzt

@studentin — Revolutionär

Präsenz — einfacher studi