Lüneburg - Protest gegen Bundeswehr

Antifaschistische Aktion Lüneburg / Uelzen 29.06.2006 09:42 Themen: Militarismus
Gestern feierte sich die Bundeswehr in Lüneburg. Das Panzeraufklärungslehrbataillon 3 zelebrierte sein 50-jähriges Bestehen auf dem Lüneburger Marktplatz. Nach einem Empfang im Rathaus fand von 22 Uhr an ein öffentliches Gelöbnis statt, dem sich der "Große Zapfenstreich" anschloss.
Gegen dieses militaristische Spektakel regte sich aber auch Protest.
Der "Große Zapfenstreich" existiert in seiner jetzigen Form schon seit fast 200 Jahren und ist ein altes preußisches Militärritual. Auch in der Zeit des deutschen Faschismus wurde dieses Ritual zelebriert. Bis heute hat sich das Ritual nicht verändert und steht in eindeutiger Tradition.
Am 12. November 1955 wurden die ersten Rekruten der Bundeswehr vereidigt. Dieser Tag gilt als Geburtsstunde der Bundeswehr. Unter den Gründungsvätern und Rekruten befanden sich fast ausschließlich ehemalige SS- und Wehrmachtsangehörige.
Am 2. Mai 1956 wurde das Heer als eigenständige Truppengattung wiederaufgestellt. Am 28. Juni des selben Jahres wurde dann die 3. Panzerdivision aufgestellt, zu der auch das Panzeraufklärungsbataillon 3 gehörte. Seit dem 1. Februar 1959 ist dieses Bataillon in Lüneburg stationiert.
Im Zuge des Umbaus der Bundeswehr zur weltweit agierenden Interventionsarmee wurde die 3. Panzerdivision aufgelöst und das Panzeraufklärungsbataillon 3 der 1. Panzerdivision zugeordnet. Das Bataillon ist mittlerweile ein Lehrbataillon und an Kriegseinsätzen in Jugoslawien und Afghanistan beteiligt.

Wie zu erwarten war, versuchte ein großes Polizeiaufgebot die Proteste gegen das öffentliche Gelöbnis und den "Großen Zapfenstreich" rigoros zu unterbinden. Die ersten Pfiffe und Rufe gegen das militaristische Zeremoniell führten zu gewaltsamen Polizeiübergriffen, wobei zwei Protestierende leicht verletzt wurden. Ein Mann wurde zu Boden geworfen und seine Arme brutal auf den Rücken gedreht. Einer jungen Frau wurde ins Gesicht geschlagen.
Während der gesamten Veranstaltung schritt die Polizei gegen die Protestierenden ein. Pfeifen, rufen und sogar lachen sollte verhindert werden.
Trotz Polizei protestierten ungefähr 100 Personen gegen die Bundeswehrveranstaltung, die immer wieder durch Pfiffe und Rufe gestört werden konnte. Dies führte u.a. dazu, dass die Gelöbnisformel falsch aufgesagt wurde und die Rekruten sich nicht an den korrekten Ablauf hielten.
Neben den Pfiffen und Rufen, lagen im Publikum an wechselnden Stellen "Leichen", die die Folgen von Militärdienst und Krieg veranschaulichten. Stinkbomben sorgten für unangenehme Gerüche und mit Konfetti gefüllte Luftballons hielten die Feldjäger in Bewegung.
300 in die Bundeswehrformationen geworfene kleine Flummies brachten Bewegung in die Reihen, die eigentlich bewegungslos und stramm stehen sollten.

Am Rande der Veranstaltung stellte die Polizei von vielen Protestierenden die Personalien fest und sprach Platzverweise aus. Mindestens 6 Personen wurden kurzfristig in Gewahrsam genommen.

Im Publikum befanden sich ungefähr 15 Neonazis, die durch gelegentliche Pöbelein gegen die protestierende AntimilitaristInnen auffielen. Ein betrunkener Rechter wurde von der Polizei ebenfalls kurzfristig in Gewahrsam genommen.

Die Antifaschistische Aktion Lüneburg / Uelzen bewertet die antimilitaristischen Proteste vom gestrigen Abend als Erfolg. Trotz großem Polizeiaufgebot ließen sich unterschiedliche Gruppen nicht vom legitimen Protest abhalten. Wie schon bei ähnlichen Veranstaltungen in den letzten Jahren, gelang es das Zeremoniell zu stören und die Proteste zu verbreitern.

Besonders muss die Arbeit des Lüneburger Bündnis gegen Militarismus hervorgehoben werden. Ziel des Bündnisses war es, im Vorfeld des 28.06. kritische Positionen in die Öffentlichkeit zu tragen. Dies ist mit einem gemeinsamen Aufruf, mehreren Flugblattaktionen, einem Infotisch und einer gut besuchten Informationsveranstaltung gelungen. Die Arbeit des Bündnisses soll fortgesetzt werden und als Basis für die nächsten öffentlichen Propagandaveranstaltungen der Bundeswehr dienen.
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Ergänzungen

Lüneburg

Heike 29.06.2006 - 12:20
In einer Stadt wie Lüneburg, wo das Militär das Leben über Generationen geprägt hat, sind Proteste gegen Krieg und Armee nicht leicht zu artikulieren. Ständig wird man als NestbeschmutzerIn diffamiert.
Während der "Feier" kam es auch zu Übergriffen von Zuschauern auf Protestierende. Die Polizei hat von einem Bundeswehrfreund die Personalien aufgenommen, der einen Protestierenden schlug. Auch sonst war die Stimmmung sehr aggressiv.
Bedanken möchte ich mich bei den Leuten, die die Proteste organisiert haben!

Staatliche Besetzung öffentlicher Räume

Lünebürger 29.06.2006 - 12:44
Neben dem Zweck der militaristischen Propaganda wurde die Veranstaltung zum Anlaß genommen in dreister Weise einen großen Bereich der Lüneburger Innenstadt der Öffentlichkeit zu entziehen und faktisch staatlich zu besetzen.
Der Marktplatz ist einer der zentralen Plätze in Lüneburg.
Dieser wurde u.a. durch eigens aufgebaute Sitz-Tribünen für "Geladene Ehrengäste" Absprerrgitter usw bis komplett für das Miltär-Spektakel eingenommen.
Alle Seitenstraßen und Plätze in der Nachbarschaft des Marktplatzes wurden durch das absurde Polzeiaufgebot und für Dutzende von Bundeswehr-Bussen, -LKW und -Panzerfahrzeugen besetzt.
(U.a. fuhr die Bundeswehr mehrere der neu entwickelten "Fennek" Panzerwagen auf.
Diese Fahrzeuge haben keinen militärischen Nutzen sondern dienen der Aufstands-Bekämpfung bei Auslands-einsätzen wie in Afghanistan.)

Da das Spektakel von jeglicher wahrnehmbarer militarismus-Kritik "freigehalten" werden sollte, war die gesamte Lünburger Innenstadt durch Polizei besetzt, die sich hysterisch auf alle stürzten, die Kritikverdächtig waren.

Gleichzeitig haben Polizeibeamte mehreren Gewaltätigen Übergriffen von Besuchs-Pöbel auf Militararismus-Kritikern tatenlos zugesehen.

Freizügikkeit? Meinungsfreiheit? Versammlungsfreiheit? doch nicht wenn die Armee das nicht möchte!

Nach Ende des Spektakels, fuhren mehrere Busse der Bundeswehr grundlos und rechtswidrig durch die Fußgängerzone der Lüneburger Innenstadt.
Als die Fußgänger einem Busfahrer nicht schnell genug Platz machten, terrorisierte dieser die Anwohner durch wildes andauerndes Hupen und nötigte die Menschen durch dichtes heranfahren.

Statt den Busfahrer zu belangen, zog ein Zug Breitschaftspolizei auf und ging ohne jede Erklärung gewaltsam gegen die Fußgänger in der Fußgängerzone vor.

Delation

Aktivistin 29.06.2006 - 12:52
Es ist peilich,traurig, wie die Bürger auf kritischen Handlungen reagiert haben. Viele "aktiv" Bürger haben bei Festnahmen der Polizei geholfen. "Polizei! Polizei! Er/sie hat gepfiffen,gelacht, Flummis geworfen..." Sie haben machnmal die Leute kurz festgesetzt, damit die Polizei zeit zum nachrücken hat. Manche Demonstranten dürften sich hetzende Parolen anhören, als sie abgefürht wurde. Eine ältere Frau: " ich hoffe Sie werden schwer bestraft und gehen ins Gefängnis"

Dieses Verhalten heißt Delation. Das ist sehr gefählich für eine Gesellschaft. Während der Krieg war's gängige Praxis. Bürger machten die Arbeit der Polizei leichter, sie denunzierten Juden und anderen Minderheiten, Widerständler.

Heutzutage unterstützen die Bürger weiterhin die Repressionsorgane. Sie bewundern das Militär und seine Kriege - ohne jegliche Kritik und auch ohne sie zu dulden.

Wenn in einer gesellschaft, keine Kritik mehr möglich wird, es ist schon eine Art von Diktatur - ist auf jeden Fall keine Demokratie.

Das Geschehen gestern kam mir einfach schrecklich vor.



Richtig peinlich ist das:

Anti-PZAUFKL 29.06.2006 - 14:21
Ganz großes Kino findet sich im Forum der Panzeraufklärer:  http://www.pzaufkl.de/include.php?path=forum/showthread.php&threadid=14&entries=15

Die Seite www.pzaufkl.de ist richtig scheiße!

Schauriges Spektakel

ACAB 29.06.2006 - 15:53
Die schlimmsten Bilder vom Bundeswehraufmarsch findet ihr hier:  http://www.lueneburg.de/index.htm?baum_id=239&inhalt_id=257002

Eigene Beobachtung

Passant 29.06.2006 - 16:33
Aus meinen, evtl. auch subjektiven Eindrücken:

- es waren ca. 30 Demonstranten
- keine Stinkbomben gesehen /gerochen
- Flummis kamen nicht bei den Soldaten an, sondern "versickerten" zwischen Polizei und Zuschauern
- vereinzelte Zwischenrufe
- Kommandeur versprach sich bei dem Eid

Platz hat die Armee reichlich in/ um Lüneburg

Jou 29.06.2006 - 17:30
Wenn eine Veranstalung viel Platz braucht, dann ist es blödsinnig diese in einer engen alten Innenstadt wie Lüneburg abzuhalten.

Die deutsche Armee verfügt über genügend eigene sehr viel besser geeignete Plätze in und um Lüneburg.

Mit welchem Recht, wenn nicht mit dem der schieren arroganten Macht wird ein öffentlicher Raum dafür okkupiert?
Im gegensatz zu kritischen Bürgern gibt es für den Staat KEIN verfassungsmäßiges Versammlungsrecht!

Auf den eigenen Liegenschaften hat die Armee dann auch das Recht, gegen demonsrierende Bürger vorzugehen.
Wenn die Armee aber die Öffentlichkeit sucht, so hat sie kein Recht kritische Bürger aus dieser zu verdrängen und muß evtl Störungen ertragen.

Frage: welche funktion haben die Fenneks bei einenm "Feierlichen Gelöbnis" und einem "großen Zapfenstreich?"
Einfach ganz praktisch gesehen: wenn's klar ist, dass es eng wird, warum wird dann überflüssiges Zeug in die Straßen gestellt.

Übrigens hat niemand behauptet, daß mit den Fenneks gegen demonstrierende Bürger in Lünburg vorgegeangen werden sollte!

@ Passant

LG 30.06.2006 - 09:21
Selbst die örtliche Zeitung schreibt heute von 100 Demonstranten. Demnach dürften es sogar einige mehr gewesen sein, da die bürgerlichen Medien die Teilnehmerzahlen immer runterlügen.

Fußgängerzone

Lüneburg 02.07.2006 - 17:02
Die Busse wurden NICHT in der Fußgängerzone aufgehalten.

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Zeige die folgenden 13 Kommentare an

frage — hmm

@hmm — Wendland-Rocker

klasse Aktion! — asp

@Wendland-Rocker — hmmm

Fennek und anderes — Heptarch

wohl nicht da gewesen — Passantin

fascho`? — kritischer Leser

nein-nein = ja — verpassthaber

Affenzirkus — weder pro noch contra

(...) — Lüneburger,22Jahre