Kriminalsierung von Tauschbörsen in Spanien

Ralf Streck 11.04.2006 19:55 Themen: Kultur Medien Netactivism Repression
15 Personen wurden verhaftet und 17 Webseiten wegen angeblicher Piraterie am Wochenende geschlossen. Die spanische Polizei spricht von einem "Schlag ohne Vorbild in Europa". Derlei Aussagen sind bekannt, auch wenn sich andere Vorgänge nicht selten als Schläge ins Wasser  http://www.heise.de/tp/r4/artikel/15/15815/1.html entpuppten und Ermittlungen deutlich wurden, die von der die Musikindustrie oder Autorenvereinigungen voran getrieben wurden. Die Vereinigung der Netizen (AI/ http://www.internautas.org) hält das Vorgehen der Polizei für „bedenklich“.
"Es ist das erste polizeiliche Vorgehen gegen diesen Typ Programme und Webseiten, die bei den Netizen bekannt und beliebt sind, wie Emule, Bittorrent, Edonkey oder Azureus", erklärt die Polizei stolz.  http://www.policia.es/prensa/060408_1.htm Am Samstag seien 15 Personen verhaftet und 17 Webseiten im geschlossen worden, auf denen "illegal Dateien ausgetauscht" würden. Darunter seien "Filme, Musik, Spiele, Programme". Über Werbung hätten die Betreiber etwa 900.000 Euro jährlich eingenommen und 615 Millionen Klicks verzeichnet.

Die Verhafteten seien zum Großteil Informatikingenieure und fünf auch Führungsmitglieder &"bedeutender Firmen der Telekommunikation und des Internets". Sie hätten sich Vergehen gegen das Urheberrecht schuldig gemacht. Auf den folgenden Seiten kommt nun nur ein Hinweis, dass sie auf Grund der Anzeige von Autorenvereinigungen gesperrt wurden: www.naiadadonkey.com, www.indicedonkey.com, www.ps2rip.net, www.emule24horas.com, www.emule24horas.net, www.emule24horas.org, www.mp3-descargas.com, www.exeemspain.com, www.portalvcd.com, www.pctorrent.com, www.pctorrent.net, www.pctorrent.org, www.pctracker.com, www.pctrecord.com, www.tododatos.com, www.spanishare.com, www.comunidadspanishare.com.

Hinter den Ermittlungen steht die Anzeige der bei vielen Netizen verhassten Autorenvereinigung  http://www.heise.de/tp/r4/artikel/16/16594/1.html SGAE  http://www.sgae.es/. Allerdings sieht sich die SGAE wegen ihrem Geschäftsgebaren einem Verfahren der EU gegenüber.  http://www.heise.de/tp/r4/artikel/21/21900/1.html Deren Chef Pedro Farré bezeichnete die Razzien in zehn Städten als „gute Nachricht“. „Unser Land ist das einzige in Europa, wo es noch keine Operation dieser Art gegeben hat".  http://www.elmundo.es/navegante/2006/04/08/portada/1144484979.html Das ist genauso falsch wie seine Meinung, Copyleft sei mit einer modernen Gesellschaft unvereinbar.  http://www.elmundo.es/navegante/2006/03/07/esociedad/1141742184.html

Schließlich stand die SGAE hinter dem Vorgehen gegen die Firma CD World, als 2003 14 Personen verhaftet und die Firma ruiniert wurde. Illegal war dabei nur das Vorgehen der Polizei.  http://www.heise.de/tp/r4/artikel/15/15815/1.html Auch diesmal scheint die SGAE die Pressemitteilung der Polizei diktiert zu haben, wo es heißt, dass die Piraterie in Spanien eine „einzigartige Größenordnung in Europa“ angenommen habe und es eines der „größten Probleme“ für die Autorenrechte sei.

Auch die Netizen erinnern an den Vorgang CD-World und beklagen, das Vorgehen der Polizei sei „wenig seriös“ und „bedenklich“. Die Mitteilung der Polizei sei voller Fehler und erzeuge „Konfusion“ erklärte der AI-Präsident Victor Domingo. Schließlich, so fügte er an, sei ein Dateitausch ohne lukratives Interesse auch in Spanien nicht verboten. Die geschlossenen Seiten hätten lediglich Links zu Tauschbörsen angeboten, und selbst auch nicht mit Daten in irgendeiner Form gehandelt. Deshalb sei es zu bezweifeln, dass ein Richter ihre Einnahmen durch Werbung beanstand. Man habe es mit einem „unheilvollen Marketing“ für die Autorenvereinigungen zu tun.  http://www.internautas.org/html/3587.html

Das Vorgehen fällt auffällig in die Enddiskussion um das neue Urheberrecht  http://www.heise.de/tp/r4/artikel/19/19840/1.html und der Tatsache, dass die allgemeine Kopiergebühr auf Datenträger von immer mehr Gerichten als illegal erklärt wird.  http://www.heise.de/tp/r4/artikel/20/20617/1.html . Die SGAE stellt sich frontal gegen das Gesetz, obwohl es ihre Gebühren auf eine rechtliche Grundlage stellen will. Die SGAE stört zum Beispiel, dass keine Gebühren auf DSL-Verbindungen und Festplatten eingeführt werden sollen.

© Ralf Streck den 11.04.2006
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