Berlin: Neue Sicherheitspartnerschaft besiegelt

Thomas Brunst 02.04.2006 19:17 Themen: Repression
In der Bundeshauptstadt wurde das zweite Kooperationsabkommen zwischen der Berliner Polizei und privaten Sicherheitsdiensten unterzeichnet. “Police Private Partnerships“ liegen im Trend.
„Wer sich von Angehörigen eines privaten Sicherheitsdienstes falsch behandelt fühlt, sollte im Zweifel immer die Polizei rufen, empfiehlt ein Sprecher der Berliner Polizei. Die hat allerdings zu den privaten Sicherheitsdiensten kein neutrales Verhältnis mehr, denn im März 2002 ist die Berliner Polizei eine so genannte Sicherheitspartnerschaft mit dem privaten ‘Arbeitskreis für Unternehmenssicherheit Berlin-Brandenburg‘ (Akus) eingegangen.“ (Berliner Zeitung, Lokales, 10.09.03)


Berlin: Neue Sicherheitspartnerschaft besiegelt

Thomas Brunst, SAFERCITY.DE (April 2006)

In verschiedenen Deutschen Städten und ganzen Bundesländern (z.B. Brandenburg, Sachsen, Mecklenburg-Vorpommern) existieren Kooperationsabkommen bzw. Sicherheitspartnerschaften zwischen der Polizei und privaten Sicherheitsdiensten. Hierbei werden zwischen den Sicherheitspartnern Informationen ausgetauscht und gemeinsame Fahndungen durchgeführt. Die Polizei unterrichtet und schult zudem das private Sicherheitspersonal.
Die Bahnpolizei (Bundespolizei) führt mit dem Sicherheitsdienst der Deutschen Bahn (DB) AG sogar gemeinsame Streifengänge durch; private und staatliche BahnschützerInnen sitzen – trotz der Kritik von DatenschützerInnen - seit einiger Zeit gemeinsam an den Kontrollmonitoren der neuen Sicherheitszentrale der DB AG in Berlin. Zur WM 2006 wollen Polizei und Sicherheitswirtschaft noch enger kooperieren als bisher – damit soll eine neue Ära in der Zusammenarbeit eingeläutet werden (siehe hierzu:
 http://www.jungle-world.com/seiten/2006/08/7225.php ).
In Berlin wurde nun die zweite Sicherheitspartnerschaft dieser Art besiegelt: Obwohl die Sicherheitsunternehmen des “Arbeitskreises für Unternehmenssicherheit“ (AKUS) Berlin-Brandenburg (AKUS ist eine Kommunikationsschnittstelle zwischen Sicherheitsbehörden und privaten –diensten) seit einigen Jahren in einen Kooperationsvertrag mit der Berliner Polizei eingebunden sind, schloss die Landesgruppe (Berlin) des Bundesverbandes Deutscher Wach- und Sicherheitsunternehmen (BDWS) e.V. vor einigen Tagen eine zusätzliche Vereinbarung (siehe hierzu:  http://www.taz.de/pt/2006/03/28/a0220.1/text.ges,1 ) mit der Berliner Polizei ab. Das merkwürdige hieran ist: Die mit der Berliner Polizei kooperierenden “Gütesiegelunternehmen“ des BDWS und des AKUS sind identisch!
Zur Zeit sind folgende (BDWS)Unternehmen an der AKUS-Sicherheitspartnerschaft beteiligt: ASB, Allgemeine Sicherheits- und Kontrollgesellschaft (ASK), Brink’s Sicherheit GmbH, P. Dussmann GmbH, Gegenbauer Sicherheitsdienste GmbH (GSD), G&S, Industrie- und Handelsschutz (IHS), Kötter Security, Piepenbrock Sicherheitsdienste, Securicor, Securitas GmbH & Co. KG und Wachschutz.
(siehe hierzu:  http://www.berlin.ihk24.de/share/pressearchiv/presse/pm2003/presse_36.htm )
Überregionale Dienstleister wie Securitas und Kötter Services sind an fast allen Kooperationsabkommen mit den verschiedenen Länderpolizeien beteiligt. In den Städten Essen und Hamburg sowie im Bundesland Sachsen haben die kooperierenden Sicherheitsunternehmen Schriftzüge auf den Firmen-Pkw’s die auf die Partnerschaft mit der Polizei hinweisen. Auf den Fahrzeugen sächsischer Sicherheitsunternehmen ist beispielsweise zu lesen: „Sicherheitspartner der sächsischen Polizei“.
Durch die Verschmelzung zwischen öffentlicher und privater Sicherheit sind für die Polizei Konflikte vorprogrammiert. Die Aufweichung des staatlichen Gewaltmonopols und die Einhaltung des Datenschutzes erweisen sich bereits heute als Problem, weil private Sicherheitsdienste immer mehr öffentliche Sicherheits- und Ordnungsaufgaben übernehmen. Und wie eingangs bereits beschrieben kann sich die Polizei bei Auseinandersetzungen zwischen BürgerInnen und kooperierenden Privaten nicht mehr “neutral“ verhalten.
Der größte Interessenkonflikt der Sicherheitspartner dürfte aber folgender sein: Im Gegensatz zur polizeilichen Arbeit ist die Kriminalitätsangst bzw. das Unsicherheitsgefühl der Bevölkerung ein entscheidender Umsatzfaktor für die Sicherheitswirtschaft – Sicherheitsunternehmen dürfen kein Interesse an einer entspannten Kriminalitätslage bzw. sinkenden Kriminalitätsstatistik haben. Alleine diese Tatsache verbietet “Police Private Partnerschips“.



Mehr Informationen zum Thema:


Schweiz/BRD: Polizeigewerkschaften und PSD

 http://www.de.indymedia.org/2005/09/128757.shtml


Die private Hauptstadtsicherheit

 http://de.indymedia.org/2004/07/88013.shtml


Staat und Sicherheitswirtschaft: Gemeinsam gegen das Gewaltmonopol der Bundesrepublik

 http://www.trend.infopartisan.net/trd1204/t021204.html
Creative Commons-Lizenzvertrag Dieser Inhalt ist unter einer
Creative Commons-Lizenz lizenziert.
Indymedia ist eine Veröffentlichungsplattform, auf der jede und jeder selbstverfasste Berichte publizieren kann. Eine Überprüfung der Inhalte und eine redaktionelle Bearbeitung der Beiträge finden nicht statt. Bei Anregungen und Fragen zu diesem Artikel wenden sie sich bitte direkt an die Verfasserin oder den Verfasser.
(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)

Ergänzungen

Kooperationsvereinbarung ist im Internet

Ehrhardt 03.04.2006 - 01:31
Die Kooperationsvereinbarung zwischen der Berliner Polizei und dem BDWS ist im Internet.

 http://www.befreite-dokumente.de/beantragte-akten/kooperation-polizei-privaten

Langweilig...

Mein Name 05.04.2006 - 22:07
Gähn... da steht nix drin, was es nicht auch schon vorher gab. Revolutionär im Sinne der Rechtslage dieser dollen Republik wäre eine Aufweichung bestehender Regelungen, die der Pozileipräsi aber gar nicht beschliessen kann. Das Neue hier dran ist der Rahmen, in den es gegossen ist. Also hat das, was vorher in einzelnen Teilen stattfand nun einen Rahmen. Spannend.

Übrigens: in China fiel noch ein Sack Reis um...

Was macht eigentlich Eberhard Schönberg...

Konrad zu Freiberg 07.04.2006 - 00:47
...ausser nach privaten Sicherheitsdiensten zu schreien.

Andere GdP-Mitglieder sahen diese Entwicklung bereits vor Jahren voraus.


Leserbrief aus der Zeitung der Gewerkschaft der Polizei, Deutsche Polizei (DP) 6/01:

Gemeinsame Streifen machen Rechtsbruch unausweichlich, Deutsche Polizei 3/2001

In Berlin existiert schon seit Jahren eine besondere Dienststelle, das
"Einsatzkommando BVG" im Rahmen einer Ordnungspartnerschaft.

Hierbei müssen Beamte aus den Berliner Direktionshundertschaften für zwei Monate ihre Stammdienststelle verlassen und ihren Dienst zusammen mit Arbeitern der hiesigen öffentlichen Verkehrsbetriebe (BVG) vorwiegend in der U-Bahn versehen. Der Arbeitsalltag sieht dann soaus, dass ein Polizeibeamter zusammen mit einem uniformierten Arbeiter des so genannten mobilen Ordnungsdienstes der BVG (Berliner
Verkehrsbetriebe) in der Berliner U-Bahn Streifendienst versieht. Die Aufgabe ist hier vornehmlich der Präsenzdienst, oft werden aber auch "gemeinsam" Straftaten und Ordnungswidrigkeiten verfolgt. Aus meiner eigenen Erfahrung ist der Dienst nicht unproblematisch, da es gelegentlich zu Pflichtkollisionen und Kompetenzgerangel kommt.
Auch halte ich das Einsetzen von nur einem Beamten pro Streife für problematisch.

Ich frage mich jetzt, ist dieser von mir geschilderte Dienst nicht mit dem
identisch, was der BGS und die DB vorhaben? Letztlich treten hier die gleichen Probleme auf und die Arbeiter der BVG sind als solches auch mit jedem anderen privaten Sicherheitsdienst zu vergleichen, da sie keine hoheitlichen Befugnisse haben, sondern nur das Hausrecht ausüben dürfen, was wiederum die Polizei nicht unbedingt darf.

Wenn dem so ist, fragt sich, wieso dies in Berlin eine unbestrittene Dienststelle ist - und dies seit vielen Jahren!! !

Roman Bergander