Vogelgrippe und die Ein-Euro-Jobs

aufmerksame Leserin 17.02.2006 02:29 Themen: Soziale Kämpfe Ökologie
Nachdem die Vogelgrippe auf Rügen angekommen ist, werden dort Ein-Euro-Jobber zur Kadaverbeseitigung eingesetzt --- in völlig unzureichender Schutzkleidung.
Die Vogelgrippe hat Deutschland erreicht, die entsprechenden Tests sind auch im Labor bestätigt worden. Jetzt liegen also potenziell Tierkadaver herum, die das Virus in sich tragen. Diese müssen irgendwie beseitigt werden, die zuständigen Stellen sind zumindest auf Rügen damit überfordert.

Dort werden jetzt Ein-Euro-Jobber auf freiwilliger Basis von ihren Arbeitsstellen abgezogen und zur Beseitigung von vogelgrippeverdächtigen Vogelkadavern eingesetzt.

Dabei sorgte "der Landkreis Rügen für die benötigte Schutzbekleidung" (  http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,401372,00.html ).

An die Schutzkleidung werden besondere Anforderungen gestellt. Spiegel Online schreibt dazu:

-- zitat von  http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/0,1518,401283,00.html --
Bei Kontakt mit mit möglicherweise an Vogelgrippe erkrankten Vögeln müssen strenge Schutzmaßnahmen eingehalten werden. Notwendig seien ein Einwegoverall mit Kapuze, Gummistiefel, Handschuhe, Schutzbrillen und spezielle Atemschutzmasken, sagte Stefan Dreller vom Berufsgenossenschaftliche Institut für Arbeitsschutz. Viele sogenannte OP-Masken gewährten keinen ausreichenden Schutz, betonte Dreller und verwies auf eine aktuelle Studie des Institutes. "Es gibt gute und schlechte OP-Masken. Viele derartige Masken erfüllen die Mindestanforderungen nicht."
--

Gucken wir uns also nun das Bild an, mit dem Spiegel Online den Artikel zu den Ein-Euro-Jobbern illustriert. Wir sehen einen Mann in Schutzkleidung, jedoch mitnichten in ausreichender, denn von der benötigten "speziellen Atemschutzmaske" sehen wir...nichts?

Nichts!

Der Landkreis Rügen bringt also wissentlich Ein-Euro-Jobber in erhöhte Vogelgrippe-Ansteckungsgefahr. Das Perfide daran ist, das man den Leuten sagt "hier habt ihr Schutzkleidung, damit seid ihr sicher", und ihnen dann völlig unzureichende Schutzkleidung aushändigt.

Aber mit den Ein-Euro-Jobbern kann mans ja machen...
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Ergänzungen

vogelgrippe und so

tagmata 17.02.2006 - 03:50
"Es gibt gute und schlechte OP-Masken. Viele derartige Masken erfüllen die Mindestanforderungen nicht."

yeah, die dinger die was taugen sind die niosh n-95-zertifizierten (das ist n us-standard). in amiland kriegt man die in jedem besseren baumarkt, wie das hier aussieht, weiß ich nicht; über laborbedarf geht jedenfalls, und teuer sind die auch nicht (mehr als 40 cent pro stück ist halsabschneiderei). op-masken sind jedenfalls besser als diese semistarren schnäuzchen, weil erstere einen flexiblen abschluß bieten.
 http://www.ndu.edu/ctnsp/life_sci/TheBirdFlu&Youv7.GR.pdf ist ziemlich gut, aber eine deutsche übersetzung von warnhinweisen aus usa. ne sehr gute übersetzung, aber n kanister chlorbleiche kriegt man hierzulande halt nicht mal eben beim rewe (was die amis mit ihrer bleach haben, war mir immer ein rätsel...). soweit ichs überblicken kann, ist das ganze auch vom wissenschaftlichen her mit hand und fuß, und so aufbereitet, daß es jeder nappel verstehen sollte.

jedenfalls ist die sache so lange rechtlich ok, wie das auf freiwilliger basis geschieht. wäre allerdings interessant zu schauen, was passiert, wenn sich wer ansteckt (siehe warnhinweise in dem pdf; die gefahr besteht jedenfalls).

das foto ist auf jeden fall aktuell. in anbetracht der tatsache, daß wasservögel normalerweise nicht an vogelgrippe krepieren (jedenfalls nicht mal eben so), kommt es mir eher so vor, als würde die panik, die einige leute momentan schieben, ziemlich am punkt vorbeilaufen: die schlüssigste erklärung für rund ein dutzend an h5n1 krepierte schwäne auf rügen ist folgende: die viecher haben das virus schon ne ganze zeit mit sich rumgeschleppt. die kälteperiode letzte woche war dann das, was den ausschlag gab und sie krepieren ließ. daß man die viren findet heißt ja nicht, daß das der primäre grund für das ableben der tiere war, sondern nur, daß er wahrscheinlich was damit zu tun hatte. mit anderen worten: es ist ironisch, wenn leute jetzt panik schieben, oh, wir haben ein paar schwäne gefunden die an h5n1 verreckt sind, in anbetracht der tatsache, daß es eher wahrscheinlich ist, daß die biester schon ne ganze zeit lang viren gestreut haben wie bescheuert, aber eben noch genug zu fressen gefunden und es warm genug hatten, daß sie überleben konnten... bis so'n schwan an vogelgrippe verreckt, braucht es schon einiges; das geht halt nicht von heut auf morgen (wie das zb bei hühnern ist: abends infiziert, am näxten morgen von der stange gefallen). journal of virology 76 p7860 vergleicht vogel- und humangrippetypen um 1918, und die arbeiten mit museumsexemplaren von entenvögeln. so fiese kadaver wie den schwan dort auf dem bild würd niemand in eine museumssammlung einverleiben (wenns nicht grad n ultraseltenes taxon wäre), und dementsprechend wurden die tiere, die dort untersucht wurden, in recht gutem zustand geschossen, dh sie flogen noch herum und so. um die sache zu subsumieren, wenn ein entenvogel sich mit h5n1 ansteckt, kriegt er erst mal ein paar tage lang tierischen dünnschiß und *vielleicht* fängt er irgendwann an zu husten und stirbt, aber meistens erholt er sich irgendwann wieder... und ist die ganze zeit tierisch ansteckend, bzw die fäkalien sinds (fäkalstäube waren in den meisten bekannten fällen von vogelgrippe in den letzten jahren der infektionsvektor).

in diesem sinne ist nur noch anzumerken, daß der ältere ein-euro-jobber, der sich da ganz hart vorkommt, seine schönen handschuhe grad mit ner soliden dosis vogelgrippevirus einsaut: wenn man schon kadaver beseitigt, dann um gottes willen nicht am arsch anfassen! zum glück ist das momentan grassierende h5n1 zwar pathogen wie noch was (durchschnittlich 80% der infizierten sterben), aber halt nicht allzu infektiös. (nur um mal in der größenordnung zu bleiben, irgendwas im bereich zwischen einem von 100000 bis einem von einer million leuten, die mit infektiösem material in kontakt kommen, infiziert sich letztendlich).

wer sich für das thema h5n1-vogelgrippe und humanpathogenität interessiert, mag sich das paper hier besorgen: New England Journal of Medicine 353 p1374: "Avian Influenza A (H5N1) Infection in Humans"; das ist zwar schon n halbes jahr alt, aber die grundlagen haben sich ja nicht groß geändert. immerhin seid ihr mit dem paper so umfassend (wenn schon nicht so aktuell) informiert wie die who, für die wurde das nämlich verfaßt - und das ist doch auch schon mal was.

Vogelgrippe ist nicht so gefährlich

Mr. Bird 17.02.2006 - 18:02
Ich denke, ihr übertreibt die Darstellung der Gefahr dieses Virus. Die Vogelgrippe ist bei weitem nicht so gefährlich wie die Medien es behaupten, was da in den NAchrichten läuft ist zu 80% Hochpuscherei und Panikmache.
H5NO1 ist und bleibnt eine Tierseuche. Beim bloßen Aufheben kann sie Mensch NICHT mit dem Virus infizieren. Um sich zu infizieren, muss man entweder infizierte rohe Geflügelprodukte essen (z.B. rohes Ei in Mayonnaise) oder sich mit einem toten infizierten Vogel einreiben und sich anschließend ablecken (ich weiß ich weiß makaber...).
Aber Grippe ist und bleibt Tröpfcheninfektion, nicht über bloßen (Haut-) Kontakt übertragbar.
Ansonsten sidn 1-Euro-Jobs natürlich ne Sauerei, is mir auch klar.

Flüsterpost

aufmerksamer Leser 17.02.2006 - 18:42
Bei Spiegel-Online im Teaser steht: "der Einsatz von Arbeitslosen zum Bergen toter Tiere wird erwoooooogen (!!!)".

Und dann steht bei indymedia: "Nachdem die Vogelgrippe auf Rügen angekommen ist, werden dort Ein-Euro-Jobber zur Kadaverbeseitigung eingesetzt"

und das

"--- in völlig unzureichender Schutzkleidung."

Macht euch mal locker!

@Flüsterpost

x 17.02.2006 - 20:56
"Wir haben heute zehn Ein-Euro-Jobber gefunden, die mit angepackt haben", sagte Stefan Brunke, Pressesprecher der Agentur für Arbeit in Stralsund, zu SPIEGEL ONLINE.

Das steht in  http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,401372,00.html , dritter Absatz. Bitte zuerst den Artikel lesen, und dann ergänzen!

Arbeitsschutz beim Auftreten von Influenza

RedHen 19.02.2006 - 17:00
Schutz von Beschäftigten vor der Vogelgrippe:

hier eine Empfehlung der Berufsgenossenschaftlichen Zentrale für Sicherheit und Gesundheit (BGZ): "Beschluss 609 "Arbeitsschutz beim Auftreten von Influenza unter besonderer Berücksichtigung des Atemschutzes" (PDF-Datei: 79 kB)"

 http://www.hvbg.de/d/bgz/praevaus/koord/kobas/vogelgr/609.pdf



Der bereitgestellte Schutz der Ein-Euro Jobber war also nicht gewährleistet!
Der Arbeitgeber hat für ausreichende Sicherheitsmaßnahmen im Rahmen des Eigenschutz zu sorgen. Basta!

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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... — ...

Sauerei — v

@cira — lesen macht schlau

Nicht übertreiben — Betrachter

Ganz logisch — ...

doku — ruesselmonster