Kreationist Scherer referiert an der Uni Jena

Pastafari 23.01.2006 21:12
Nachdem der selbsternannte "Evolutionskritiker" und Anhänger des "Intellegent Designs" Siegfried Scherer von Thüringens Ministerpräsident Dieter Althaus zum "Erfurter Dialog" wieder ausgeladen wurde, findet er nun am Donnerstag, den 26.1.2006 auf Einladung des "Christlichen Studentenkreises" an der Uni Jena sein Podium. Gläubige Anhänger seiner Nudeligkeit, des Fliegenden Spaghettimonsters, kündeten bereits Protest gegen diesen neuerlichen Affront an.
Im September und Oktober 2005 machte die Nachricht von der Einladung des Münchner Mikrobiologen und Kreationisten Siegfried Scherer (  http://de.wikipedia.org/wiki/Siegfried_Scherer ) durch den Thüringer Ministerpräsidenten Dieter Althaus (  http://de.wikipedia.org/wiki/Dieter_Althaus ) zum "Erfurter Dialog" in der Thüringer Staatskanzlei ihre Runde. Der gläubige Katholik Althaus hatte schon im Jahr 2002 Scherers Buch "Evolution - ein kritisches Lehrbuch" anläßlich der Verleihung des "Deutschen Schulbuchpreises" durch den Verein 'Lernen für die Deutsche und Europäische Zukunft' (LDEZ) überschwänglich gelobt. Herausgeber des mittlerweile in der sechsten Auflage erschienenen Buchs, in dem versucht wird, die wissenschaftlichen Argumente der Evolutionstheorie zu widerlegen, ist die evangelikale "Studiengemeinschaft Wort und Wissen e.V.", die die „Ehrfurcht vor Gott“ fördern will und als deren Ehrenvorsitzender Scherer wirkt. In seiner Laudatio nannte Althaus das Buch ein "sehr gutes Beispiel für werteorientierte Bildung" und führte weiter aus: „Die Evolutionsgläubigen verallgemeinern ihre scheinbar in sich schlüssige Theorie und lassen für die Möglichkeit der Schöpfung keinen Raum.“ Schlußendlich empfahl der ehemalige Mathe-/Physiklehrer Althaus das Werk nicht für den Schulunterrricht: "Ich hoffe deshalb, dass Ihr Buch nicht nur von Biologielehrern für den Unterricht verwendet wird, sondern auf eine weit darüber hinaus gehende Leserschaft trifft."

Noch nicht aus dem Vollen geschöpft -  http://www.heise.de/tp/r4/artikel/21/21648/1.html
Kompetent rückständig -  http://www.heise.de/tp/r4/artikel/20/20993/1.html
Ohne Adam und Eva -  http://www.jungewelt.de/2005/10-14/029.php
Missionieren gegen Darwin. Kreationisten verbreiten in Deutschland Zweifel an der Evolutionstheorie -  http://www.zdf.de/ZDFde/inhalt/24/0,1872,2396376,00.html
...

Nach massiven Protesten der Opposition im Thüringer Landtag, WissenschaftlerInnen aus dem In- und Ausland und zahlreichen kritischen Berichten in regionalen und überregionalen Zeitungen und Fernsehberichten, weblogs etc. mußte diese Einladung zurückgenommen werden. Dabei meinte Thüringens Regierungssprecher Uwe Spindeldreier, es läge Althaus fern, "religiösen Fundamentalisten den Boden zu bereiten", oder in Thüringen einen "Kulturkampf um die Evolutionslehre wie in Amerika" zu organisieren. Trotzdem sei es "wohl noch erlaubt, solche Diskussionen zu führen." An Scherers Stelle wird heute im neu konzipierten "Erfurter Dialog" der Wissenschaftshistoriker Uwe Hoßfeld von der Friedrich-Schiller-Universität Jena die Entwicklung der naturwissenschaftlichen Theorien von der Entstehung und Veränderung des Lebens vorstellen und anschließend mit den Theologen Klaus Tanner (Halle) und Michael Gabel (Erfurt) diskutieren (  http://www.evolutionsbiologen.de/althaus.html ;  http://www.glaubeaktuell.net/portal/nachrichten/nachricht.php?IDD=1137344239 ).

Nur wenige Tage später findet Scherer aber doch noch sein Podium. An der Uni Jena wird er am Donnerstag, den 26. Januar 2006, um 19.30 Uhr, auf Einladung von C+ (Christ couples us - Christus verbindet uns), einer Gruppe der "Studentenmission in Deutschland" (SMD), im Hörsaal 2 der Carl-Zeiß-Straße 3 - einem der größten Räume der Uni - referieren. Der Titel des Vortrages lautet: "Was Darwin nicht wissen konnte - Der Streit um den Ursprung des Lebens".

Diesen Vortrag von Scherer gibt es bei "Wort und Wissen" bereits als Video und DVD in einer gekürzten (45 Min.) und einer ungekürzten Fassung (75 Min.). Die Werbung verrät einiges über den Inhalt: "Prof. Dr. Siegfried Scherer kommt in seinem Vortrag zu dem Ergebnis, dass die entscheidenden Fragen auch 150 Jahre nach Darwin ungelöst sind:
* Die Entstehung des Lebens ist unbekannt.
* Der Fossilbericht ist trotz großer Mengen an Funden enttäuschend.
* Die Makroevolution (Höherentwicklung) ist experimentell nicht belegt.
* Trotz gegenteiliger Behauptung gilt noch immer, was der große Forscher Louis Pasteur nachwies: "Lebendes entsteht nur aus Lebendem." "

Gläubige Pastafarianer haben mittlerweile ihren Protest gegen diese erneute Herabsetzung Ihrer Nudeligkeit angekündigt. Sie wiesen daraufhin, daß das Universum nicht von einem mehr oder weniger intelligenten Designer, sondern von einem Fliegenden Spaghettimonster (FSM) erschaffen wurde. Nachdem die "Erste Vereinigte Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters in Deutschland" (EVKdFSMiD) bereits eine ganz klare Abgrenzung der Erfurter Staatskanzlei von den Ideen, die Reinhard Junker und Siegfried Scherer in ihrem Buch dargestellt haben, und die Aufnahme ihrer Lehre des FSM in den Lehrplan öffentlicher Schule verlangt hat (  http://www.venganza.info/aberglaube.htm ) , will sie sich nun in Jena der Diskussion mit den "irrgläubigen" ID-AnhängerInnen stellen und verhindern, "dass hier Kreationisten die Tür geöffnet wird, die falschen Lehren (zu) verbreiten." Sie beendeten ihre Erklärung mit einem lauten RAmen!

 http://de.wikipedia.org/wiki/Fliegendes_Spaghettimonster
 http://www.venganza.info/
 http://www.venganza.org/
 http://jungle-world.com/seiten/2005/51/6856.php
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Ergänzungen

Zitat Scherer

Pastafari 23.01.2006 - 22:13
Scherer im christlichen Nachrichtenmagazin idea: "Ich glaube, daß der Tod eine Folge des Sündenfalls des ersten Menschenpaares Adam und Eva ist. Vorher sind Menschen (und auch Tiere) nicht gestorben. Aus dieser theologischen Sicht heraus versuche ich zu verstehen, wie sich zum Beispiel die Menschenfossilien, die ja alle einen gewaltsamen Tod anzeigen, auf Adam und Eva zurückführen lassen."

Kreationismus in Thüringen (Gesellschaft)
Nachricht von Ralf Poschmann, veröffentlicht am 3.10.2005 um 12:27:01
 http://www.nensch.de/story/2005/10/2/201836/407

Adam und Eva sind schuld. Thüringens Kultusminister findet biblische Schöpfungslegende durchaus diskussionswürdig
 http://www.jungewelt.de/2005/10-10/015.php

40% der Briten wollen Kreationismus im Unterr

Dawkins 26.01.2006 - 20:34
icht:  http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/0,1518,397456,00.html

:-((((((((((

Wie kann man nur so borniert und verstockt sein. Religion ist was für Menschen, die mit der Realität nicht zurechtkommen!

TLZ Jena, 25.01.06

pastafari 27.01.2006 - 13:33
TLZ Jena, 25.01.06
 http://www.tlz.de/tlz/tlz.jena.volltext.rahmen.php?kennung=on7tlzLOKStaJena38740&zulieferer=tlz&kategorie=LOK&rubrik=Stadt®ion=Jena&auftritt=TLZ&dbserver=1

Vortrag mit Adam und Eva

Jena. (tlz) Der umstrittene Kreationist Prof. Dr. Siegfried Scherer ist am Donnerstag zu Gast an der Friedrich-Schiller-Universität. Vom Ministerpräsidenten ausgeladen zum "Erfurter Dialog" am 23. Januar über "Evolution und Schöpfung" spricht der Molekularbiologe auf Einladung des Christlichen Studentenkreises "ce-plus" an diesem Donnerstag in Jena.

Scherer bestreitet die Evolution, weil es sich um einen Vorgang von Millionen von Jahren handelt, "für die wir keine experimentell-naturwissenschaftlichen Beweise haben". Die Frage, ob jeder Mensch auf diesem Planeten von Adam und Eva abstamme, beantwortete Scherer in einem Interview der evangelischen Nachrichtenagentur "idea" mit "Ja". Der Münchner Professor, Leiter der Studiengemeinschaft "Wort und Wissen", verbreitet Begriffe wie den der Schöpfungslehre. In seinem Biologie-Lehrbuch stellt Scherer die christliche Schöpfungsidee neben der Evolutionstheorie als wissenschaftlich fundiert dar. Danach habe Gott Grundtypen von Pflanzen und Tieren geschaffen, aus denen sich weitere Formen entwickelt haben sollen. Dieses Modell schließt eine davor liegende Evolution aus niedrigeren Arten aus. Trotzdem erhielt Scherer 2002 ausgerechnet den Deutschen Schulbuchpreis für sein umstrittenes Werk und der heutige Thüringer Ministerpräsident hielt die Preisrede bei dieser Verleihung. Zudem lud Dieter Althaus Siegfried Scherer nach Erfurt zum Erfurter Dialog ein.

Erst nachdem der renommierte Evolutionsbiologe Ulrich Kutschera aus Kassel eine Diskussion mit Scherer abgelehnt hatte, zog die Thüringer Staatskanzlei die Einladung an Scherer recht überraschend zurück.

Beim "Erfurter Dialog" diskutierten nun am Montag zum Thema "Evolution und Schöpfung" Dr. Uwe Hoßfeld, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Ernst-Haeckel-Haus und die beiden Theologen Prof. Dr. Klaus Tanner (Halle-Wittenberg) sowie Prof. Dr. Michael Gabel (Erfurt). Und nur drei Tage später verbreitet Siegfried Scherer seine Ideen vor dem Christlichen Studentenkreis.

Kein Schaden für die Universität

"Abgesehen davon, dass Scherers Buch völlig ungeeignet sowohl für den Religions- wie auch für den Biologieunterricht ist, sollte man sich damit ruhig auseinandersetzen", sagt Uwe Hoßfeld, der sich seit Jahren mit alternativen Evolutionstheorien beschäftigt. Er selbst aber werde nicht zu dem Vortrag gehen. "Da wird nichts Neues für mich kommen." Natürlich könne eine Studentengruppe einen Referenten einladen. "Doch was soll bei Scherer am Ende stehen außer der Präsentation eines pseudowissenschaftlichen Theoriegebäudes", gibt Hoßfeld zu bedenken.

Einen Image-Schaden für die Universität kann auch Rektor Prof. Dr. Klaus Dicke nicht erkennen: "Es gibt große Unterschiede zwischen dem Erfurter Dialog. und einer Vortragsveranstaltung an der Universität", sagt Prof. Dr. Klaus Dicke, der Rektor der Friedrich-Schiller-Universität. Es sei ein normaler Vorgang, dass studentische Gruppen sich Gäste einladen. Er könne sich gut vorstellen, dass es Leute gibt, die sich den Vortrag von Scherer anhören wollen, aus Interesse. Und: "Ich bin nicht dazu da, eine Zensur auszuüben. Gelegentlich muss der Rektor sein subjektives Urteil in die untere Ecke des Schreibtischs legen."

25.01.2006 Von Barbara Glasser

Kritiker Hoßfeld

Karl 27.01.2006 - 15:02
Der im TLZ-Artikel erwähnte "Dr. Uwe Hoßfeld, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Ernst-Haeckel-Haus" hat Biologie und Spowi auf Lehramt studiert.

Der Mann, den er kritisiert, ist Prof. der Mikrobiologie. Ich denke, Hoßfeld hat er einen Rückzieher gemacht, als daß er Scherer für zu belanglos hält.

Wie es wirklich war...

Johannes 09.02.2006 - 20:40
Der größte Hörsaal war voll (also mehr als 700 Leute, da auch die Gänge besetzt waren).

Ich fands interessant, da Scherer wissenschaftlich blieb und argumentierte; eine unnötige Emotionalisierung vermied.
Gut fand ich, dass viel Zeit für Diskussion blieb (das er das Spagetthimonster toll findet konntet ihr ja nicht wissen ;-) ) und er sich auch von den amerikanischen IDs abgrenzte.

Schade, dass der Erfurter Dialog nicht zustande kam; ich hatte jedenfalls nicht den Eindruck, dass Scherer besonders militant und verbohrt wäre, jemand, mit dem man nicht in einen wissenschaftlichen Dialog treten könne.

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