Essen: Proteste gegen den Film "Paradise Now"

Bündnis gegen Antisemitismus Rhein/Ruhr 01.09.2005 01:33
Am Abend des 31.08. protestierten einige Antifaschist/innen gegen die Vorpremiere des Films "Paradise Now" Rahmen einer Open Air Filmreihe der Essener "Lichtburg". In diesem Artikel finden sich die Pressemitteilung, der Text des verteilten Flyers sowie Fotos.

Informationen zu der Kampagne "Paradise NO" finden sich unter  http://www.antifanews.de
PRESSEMITTEILUNG:

Am heutigen Abend haben ca. 30 Antifaschist/innen die Vorpremiere des palästinensischen Kinofilms "Paradise Now" in der Essener Innenstadt kritisch begeleitet. Die Antifaschist/innen verteilten ein Flugblatt, diskutierten mit den Kinobesucher/innen und zeigten Transparente gegen Antisemitismus. Das Essener Kino "Lichtburg" zeigte den Film in dem antisemitische Selbtstmordattentate verharmlost werden und Israel sowie seine jüdischen Bürger/innen als abstrakte und unmenschliche Macht dargestellt werden im Rahmen seines Open-Air Programmkinos. Dazu Stefan Herrmann vom Bündnis gegen Antisemitismus Rhein/Ruhr: "Es ist ein Skandal, dass ein Film wie 'Paradise Now' in einem renomierten Essener Kino gezeigt wird, während in Israel andauernd Menschen Opfer des antisemitischen Wahns werden. Wir fordern die "Lichtburg Essen" und alle anderen Kinos auf, diesen Film umgehend aus dem Programm zu streichen".



FLUGBLATT:

Vom langen Weg ins europäische Kino Paradies

“Paradise Now” will Verständnis für die verführten Selbstmordattentäter – in Deutschland ist man damit an der richtigen Adresse

Zu Beginn das Ende vom Film: Khaled hat Skrupel, aber Said sprengt sich in einem Bus voller Menschen in die Luft. Die Leinwand wird weiß, die Folgen des Massakers, wie sie während der zweiten Intifada fast täglich im Fernsehen zu sehen waren – zerfetzte Körper, verstörte blutende Menschen – bleiben unsichtbar.

Es heißt, “Paradise Now” zeige den Konflikt erstmals aus den Augen der Palästinenser, doch der Film versucht sich in die Täter einzufühlen, verharmlost ihre Morde als “Verzweiflungstaten” und rechtfertigt die Anschläge als legitime Gegenwehr gegen israelische Besatzung. Niemand interessiert sich für die israelischen Opfer. Niemand will wahrhaben, dass die palästinensischen Selbstmordattentate willkürlich jeden treffen sollen, der jüdisch ist oder als Jude gesehen wird, egal ob links, rechts, religiös, intellektuell, Kind oder Soldat. Ziel und Zweck des Selbstmordattentates ist nichts anderes, als so viele Juden wie möglich zu ermorden. Die Vertreter der antisemitischen Mordbanden Hamas, Islamischer Jihad und Co. sprechen es offen aus: “Ihr liebt das Leben, wir lieben den Tod”

Hany Abu-Assads hält es nicht ganz so offenherzig, aber sein Film “Paradise Now” verteidigt diese Mordtaten. Auch wenn er keine eindeutige politische Stellung bezieht, weist die Dramaturgie des Films in eine eindeutige Richtung. Die Identifikation der Zuschauer wird von Anfang an auf Said gelenkt, der sich schließlich in einem Bus in Israel selbst in die Luft sprengt. Selbst die Genreversatzstücke aus dem Gangsterfilm bedienen diese Identifikationslenkung.
Auch dort ist es der stille, gut aussehende Protagonist, dem die meisten Sympathien entgegen gebracht werden. So verengt sich auch die Perspektive des Films im Laufe der Handlung immer mehr auf Said. Symptomatisch ist die Kamerafahrt auf Saids Augen in der Schlusssequenz des Films. Seine Opfer werden bildlich aus dem Blickfeld entfernt. Schließlich gibt es nur noch den Attentäter und das Publikum.

Israelis werden nur als Besatzer, Soldaten und Polizisten dargestellt. Die Fokussierung auf die israelischen Soldaten selektiert nicht nur in angeblich böse und gute Israelis, sondern leugnet, dass die terroristischen Anschläge ausnahmslos jeden treffen können und nicht nur bewaffnete Israelis.

Dagegen soll ein menschlicher Blick auf die Attentäter geworfen werden. Die Komik in der Szene, in der Khaled sein “Märtyrer Video” aufnimmt, dient keineswegs zur ironischen Brechung oder gar zur Verfremdung im Sinne Brechts. Im Gegenteil ist dies eine Form von Komik, die das Einverständnis zwischen Publikum und Protagonisten auf der Leinwand verstärken soll. Indem der Zuschauer befreit auflacht, soll er sich der letzten moralischen Skrupel entledigen.

Auch das Figurenensemble wiegt scheinbar die verschieden Positionen des Konfliktes gegeneinander ab. Said repräsentiert den Sohn eines vermeintlichen Kollaborateurs, der einerseits seine Treue zur palästinensischen Sache bekräftigen will, andererseits als desillusioniert, frustriert und verzweifelt dargestellt wird. Khaled ist der Draufgänger, der schließlich seine Position ändert und sich nicht in die Luft sprengt. Suha steht für den “kritischen” Intellektuellen und Reimmigranten. Sie lehnt die Selbstmordattentate ab und fordert den “moralischen” Krieg gegen Israel mit friedlichen Mitteln.
Der Film verlässt aber eindeutig Khaleds und Suhas Perspektive. Saids Weg wird die Haupthandlung. Der Zweifelnde wird zum Überzeugungstäter. In seinen Monologen wird Israel sämtlicher Verbrechen angeklagt, sogar die barbarischen Hinrichtungen angeblicher Kollaborateure in den Gebieten der palästinensischen Autonomiebehörde wird noch Israel angelastet, das die “Schwäche” der Menschen “ausnutze” und sie so in den “Verrat” treibe.

“Kunst muss das dürfen” heißt es unisono im Plädoyer für diesen Film. Abu-Assad stilisiert sich als Künstler, der einen Mythos neu schreiben will: der Mythos vom Kämpfer, der in den eigenen Tod geht, um den Feind zu töten. Aus billigem Märtyrerclip und schäbigem Abschiedsvideo wird europäische Filmkunst. Der real existierende mörderische Mythos gelangt zu neuem Adel. Erst die Inszenierung als “Kunst” ermöglicht es, die politisch-ideologischen Ziele, die Legitimierung des Selbstmordattentates gleichzeitig zu verschleiern und zu kodieren, und sie doch für jeden verständlich auf die Leinwand zu bringen. “Paradise Now” repräsentiert so noch eine weitere Strategie im Kampf gegen Israel. Neben den “Moral War” tritt der “Cultural War”. Von diesem Kampf wissen auch die palästinensischen Akteure des Films zu berichten. Es gehe nicht um Kunst, nicht um Licht oder Kameraeinstellungen, sondern um Unrecht. Um das darzustellen, bräuchte es keine Recherche, keine intellektuelle Anstrengung, kein Durchdringen der Situation. Sie seien alle Palästinenser, so die anwesenden Schauspieler einmütig in Berlin, darum wüssten sie, wie man deren Verzweiflung und Leid angesichts der Besatzung richtig darstelle.

Der so genannte Nahostkonflikt und die immer erwähnten Leiden der palästinensischen Bevölkerung sind zur europäischen Herzensangelegenheit geworden. Auf der 55. Berlinale gewann der Film gleich drei Preise. Bernd Eichingers Constantin Film dürfte wenige Schwierigkeiten haben den Film in die deutschen Kinos zu bekommen. Wer, wenn nicht die Deutschen hätten etwas zum Judenmord zu sagen, wer, wenn nicht die Deutschen, weiß welchen Preis der Frieden hat.

Indem die Essener Lichtburg diesen Film zeigt beweist sie ihren Willen antisemitischen Filmen ein öffentliches Forum zu geben, aus Bewunderung für die Überzeugungen des Mörders Said und des Propagandafilmers Abu-Assad sowie aus revanchistischen Wünschen, die in den Tränen des Selbstmitleids alle historische Verantwortung für deutsche oder palästinensische Taten ersticken sollen. Wir fordern diesen skandalösen Film aus dem Programm zu nehmen! Denn wer den Film “Paradise Now” gut heißt und wohlwollend kommentiert der Öffentlichkeit zugänglich macht, bekennt sich zu einer antisemitischen Propaganda, welche die Ermordung jüdischer Israelis verlangt und feiert.

Kein Friede den Verherrlichern antisemitischer Mordtaten!
Solidarität mit Israel!
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Ergänzungen

Ging wohl eher um Selbstdarstellung

Critique 01.09.2005 - 01:42
Bei aller Kritik an diesem Film und dem Abfeiern irgendwelcher geistesgestörter Suicidebombers...
...die Aktion von Euch diente wohl doch eher der Selbstdarstellung. Artig habt Ihr die Banner und Flaggen und für Außenstehende unverständlichen Parolen gezeigt. Das Flugblatt zeit recht gute Ansätze, gleitet aber immer wieder ins demagogische und diffamierende ab. Dürfte also auch nicht die Leute erreichen.
Was mir am Flugblatt und bei allen Aktionen der antideutschen Fraktion generell auffällt: es wird sehr sensibel auf Antisemitismus reagiert, wo ihn keiner vermutet. Das ist ja ok. Aber dort, wo tatsächlich die Gesellschaft wieder in den Faschismus und die Barbarei abgleitet, das wird entweder nicht erkannt oder wissentlich ignoriert. Die sog. "Mitte" steht heute politisch dort, wo die Republikaner mit Schönhuber in den 80ern standen. Die Medien propagieren wieder Militarismus ("unsere deutschen Soldaten kämpfen für das vaterland"), den Überwachungsstaat und Rassismus.
Solange diese Dinge von Euch ignoriert oder nicht erkannt werden, kann ich Euch beim besten Willen nicht als Antifas errnstnehmen. Überlegt Euch mal, wo das "-fa" in Antifa herkommt und welchen Sinn politische Aktion macht, wenn sie ausserhalb der Szene nicht wahr/ernstgenommen wird.

So. nun dürft ihr mich beschimpfen.

Weitere Informationen

research 01.09.2005 - 01:58
finden sich auf der

Frage

egal 01.09.2005 - 13:56
Ist nicht Khaled, der schließlich Skrupel bekommt und das Leben statt des Todes wählt der eigentliche "Held" des Films? So hatte ich nämlich die meisten Zeitungsrezensionen verstanden. Da ich den Film selbst nicht gesehen habe und dies eigentlich auch nicht vorhabe, frage ich mal so. Wenn diesso wäre, hätte der Film natürlich eine andere Bedeutung als die hier dargestellte. Auch wenn der Regisseur die Palästinenser ausschließlich als Opfer darstellt (wie ich vermute), würde er dann doch zeigen, dass sich und andere zu ermorden nicht die richtige Lösung ist.

Ich habe gelesen, dass die staatliche israelische Filmfördergesellschaft die Aufführung des Films in Israel fördert. Weiß jemand, wie sie dass begründet hat?

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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-------------- — dont care

was für ein — no nation

@mods — ...

Gute .... — ....

anti - wall — ...............

@ tagmata — antifa

aha aha aha — Hardcoreveganer

Am längsten lebe Israel — Autonom@ntifA

@... — me

@Autonom@ntifA — Der oder die AutorIn muss angegeben werden

gäääääääääääääähn — gäääääääääääääähn

@AutorIn — Autonom@ntifA

Super Aktion — xyz...

Am längsten lebe Israel — anti-cologne